In dem Beitrag „Die Schweigespirale“ habe ich auf zwei Ausführungen zur „Neuen Toleranz“ verwiesen. Jene – so die Behauptung – die eine vom Mainstream abweichende Sichtweise vertreten, kann es heute hart treffen. Gewöhnt haben sie sich an soziale Ausgrenzung und mediale Ächtung. Es kann schlimmer kommen: Der australischen Musikwissenschaftler Richard Parncutt, der in Graz lehrt, plädierte vor einigen Monaten dafür, Gegner der These von der globalen Erwärmung mit der Todesstrafe zu belegen. Inzwischen hat Parncutt unter dem Druck des Rektorats seinen Text zurückgezogen (hier ist er noch zu finden), aber der Vorfall bleibt symptomatisch für eine Gesellschaft, die mit dem dümmlichen „Fundamentalismusvorwurf“ Gleichdenkerei rechtlich einfordert.
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich das Video „No Pressure“ bewerben soll. Aus zwei Gründen. Erstens bin ich selbst für den realitätsbezogenen Umweltschutz. Mir liegt wenig daran, mich über Leute lustig zu machen, die sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. (Das der Umweltschutz inzwischen so etwas wie ein neuer „Meganarrativ“ geworden ist, ist eine anderes Thema.) Zweitens ist das Video nicht gewaltfrei. Ich kann es nur Leuten mit starken Nerven empfehlen.
Da es insgesamt ungewollt auf eine gesellschaftliche Neigung aufmerksam macht, nehme ich den Protest in Kauf. Warum ungewollt? Nach allem, was ich weiß, handelt es sich um eine Produktion der Umweltorganisation 1010global.org. No pressure!
Also hier das Video in englischer Sprache:
Weiterführendes und vertiefendes Material hier:
http://www.youtube.com/watch?v=Fu66OCA0Zac (sehr beängstigend)
http://www.youtube.com/watch?v=kljRmuACnJE
Schade, wird wohl nichts mit meiner Postmill.-Hoffnung 😉
„eine Gesellschaft, die mit dem dümmlichen „Fundamentalismusvorwurf“ Gleichdenkerei rechtlich einfordert“ – das gehörte ins Feuilleton des SZ. Prägnanter kann man es wohl kaum ausdrücken.
Ich habe das Video auf der Seite von 1010global.org nicht gefunden. Vielleicht hat jemand von Euch mehr Glück. Es kommt mir allerdings eher so vor, als ob es von Kritikern der Aktion lanciert wurde. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.
Gruß, Jürgen
@Jürgen:
http://en.wikipedia.org/wiki/No_Pressure_(film)
Liebe Grüße, Ron
@Ron: danke.
„A funny and satirical tongue-in-cheek little film in the over-the-top style of Monty Python or South Park“ Aha! Naja, britischer Humor ist schon immer etwas merkwürdig gewesen, aber selbst den kaufe ich denen hier nicht mehr ab.
Es gibt gewisse Grenzen, deren innere, unbewusste Überschreitung durch einen gewisser Humor erst offenbar wird. Das kann auf den Immigrantenwitz am Stammtisch ebenso zutreffen, wie auf dieses Video. Dann ist der Witz die sichtbarer Spitze eines ideologischen Eisberges.
Ich war erschrocken, als ich dieses Video sah. Gerade weil ich mich als jemand bezeichnen würde, der bemüht ist bewusst und nachhaltig auf kleinen (CO2-)Fuss zu leben.
Ohne die potentielle Selbstentlarvung des Films zu negieren, sollte man vielleicht der Fairness halber auch hierauf aufmerksam machen: „The film was withdrawn from public circulation by 10:10, on the same day it was released, due to negative publicity.“
@Alexander: Warum wurde der Film zurückgezogen? Weil sogar The Guardian (als Mitstreiter) kalte Füße bekommen hat und einige Sponsoren ihr Spendenverhalten „überdachten“.
Obwohl ich derben Humor mag, kann ich über den Witz des 10:10-Gründers Amstrong nicht lachen:
„Nichts gegen den Klimawandel zu tun, ist heute ein noch ziemlich verbreiteter Missstand. Was macht man mit diesen Leuten, die zusammen jedermanns Existenz auf diesem Planeten bedrohen? Natürlich glauben wir nicht wirklich, sie sollte gesprengt werden, das ist nur ein Witz für einen Kurzfilm. Aber vielleicht wäre eine kleine Amputation für den Anfang ganz gut?“
Das wirkt auf mich öko-faschistisch.
Liebe Grüße, Ron
Vielleicht ja deshalb die 800 noch leerstehenden Konzentrationslager allein in den USA? 😉
Ron, fair enough, der Film und die Kommentare sind widerlich. Das wirkt nicht nur, sondern ist Öko-Faschismus, erst recht wenn der Film nicht aus Einsicht, sondern aufgrund äußeren Drucks zurückgezogen wurde. Aber immerhin: er wurde zurückgezogen. Die Zeit mag kommen, in der er nicht zurückgezogen würde.