An ihrem 150. Geburtstag hat die französische Elitehochschule Sciences Po (Institut d’Études Politique) keinen Grund zum Feiern. Stattdessen ringt sie mit Affären und der woken Studentenschaft. Jürg Altwegg hat für die FAZ die Zustände an der Einrichtung in dem Artikel „Keine Zensur für Darwin“ beschrieben (FAZ vom 14.12.2022, Nr. 291, S. N4). Darin heißt es:
Die ganze Welt bewunderte Frankreich einmal für sein Institut d’Études Politiques (IEP), wie „Sciences Po“ offiziell heißt, und schickt weiter Jugendliche zum Studium nach Paris. Dass die französischen Eliteschulen in den internationalen Ranglisten heute weit hinten rangieren, hat viel mit französischen Besonderheiten zu tun. Bei Sciences Po scheint die „exception française“ nur noch aus den Ausschweifungen ihrer Vorsitzenden zu bestehen. Bitter klagen Professoren über den Niedergang nicht nur der intellektuellen „Excellence“, sondern der Allgemeinbildung. Die Minderheiten haben Sciences Po in den Griff genommen und frönen der „Intersektionalität“ aus Islamgauchismus, Antirassismus und Feminismus. Sie tun es mit den Methoden des intellektuellen Terrorismus. Für Gender-Sprache gibt es bessere Noten.
Die Folge der Cancel Culture sind Zensur und Selbstzensur. Ein Seminar über „Biologie, Evolution, Gender“ wurde mit der Begründung verboten, Peggy Sastre rechtfertige mit ihren Thesen zu Darwin die Vergewaltigung der Frauen durch die Männer. Der Deutsche Klaus Kinzler, der am Institut d’Études Politique in Grenoble „civilisation allemande“ unterrichtete, wurde der „Islamophobie“ bezichtigt und auf Mauerinschriften als „Faschist“ beschimpft. Man versprach ihm ein Schicksal wie Samuel Paty, der gerade geköpft worden war. Sechs Wochen stand Kinzler unter Polizeischutz. In einem Aufruf in „Le Monde“ gaben ihn auch die Kollegen, die sich nie mit ihm solidarisiert hatten, zum Abschuss frei: Kinzler habe ihre Ehre verletzt. Von der Schulleitung wurde er suspendiert. Der konservative Präsident der Region, Laurent Wauquiez, drohte dem IEP Grenoble im Gegenzug mit der Streichung der Subventionen aus Lyon. „Inzwischen bin ich endgültig kaltgestellt“, erzählt Kinzler. Zum Semesterbeginn wollte er den Unterricht wieder aufnehmen. Er wurde, ohne dass man ihn je angehört hätte, mit einem Berufsverbot belegt. Sein Gehalt bezieht er weiter.
Klaus Kinzler fasst seine Erfahrung zusammen: „Ich habe gesehen, wie eine Minderheit mit gesetzeswidrigen Methoden und Terror der Mehrheit ihr Gesetz aufzwingt.“