Jeder Bibelschüler oder Theologiestudent muss eine Fülle von wissenschaftlichen Ausarbeitungen verfassen. Dabei soll er unter Beweis stellen, dass er sich in das zu behandelnde Thema eingearbeitet hat und die wichtigsten Techniken wissenschaftlichen Arbeitens beherrscht.
Das Erstellen akademischer Texte erfordert nicht nur Kreativität und Eigenständigkeit, sondern auch Sorgfalt im Umgang mit den verarbeiteten Quellen. Fremder Stoff, der in einer eigenen Arbeit referiert und ausgewertet wird, muss gewissenhaft zitiert und belegt werden. Für Theologen ist das eine oft sehr mühevolle Arbeit, da bereits bei kleineren Hausarbeiten eine Fülle von Quellen zu kennzeichnen sind. Biblische Bücher, außerkanonische Schriften, jüdisches Schrifttum, antike Schriftsteller, Lexika und Wörterbücher und natürlich zahlreiche Fachzeitschriften sind zu benennen.
Damit der wissenschaftliche Apparat nicht zu umfangreich ausfällt, greifen Theologen gern auf Abkürzungen zurück. Das funktioniert allerdings nur, wenn nicht jeder Autor seine eigenen Abkürzungen erfindet. Also haben sich Verzeichnisse etabliert, die das Abkürzen von Titeln vereinheitlichen.
Das bekannteste Verzeichnis ist das Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete (IATG). Das von Siegfried Schwertner herausgegeben Werk macht schon in der ersten Ausgabe von 1974 für 7500 Titel von Zeitschriften, Serien, Lexika und Quellenverweisen normative Abkürzungsvorschläge. In der zweiten Auflage von 1992 werden noch mehr Werke berücksichtigt. Besitzt jemand dieses Register, kann er z. B. bei Zitaten aus Zeitschriften komfortabel auf entsprechende Abkürzungen zurückgreifen. Für die Zeitschrift für Kulturgeschichte wäre das beispielsweise das Sigel ZKuG. Natürlich wird in dem Verzeichnis auch umgekehrt jede Abkürzung mit dem vollen Titel aufgelöst.
Das ITAG kostet jedoch stolze 129,95 Euro. Bevor sich ein Student das Verzeichnis zulegt, wird er wahrscheinlich lieber »nur« 99,00 Euro ausgeben und dafür das neun Bände umfassende Handwörterbuch Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG4) in vierter Auflage erwerben (siehe dazu hier).
Erfreulicherweise hat die Redaktion des RGG4 2006 ein separates Abkürzungsverzeichnis vorgelegt. Bei der Festlegung der Siglen wurde in den meisten Fällen auf das IATG zurückgegriffen. Für Abkürzungen, die dort nicht zu finden sind, wurden die Verzeichnisse des Der neue Pauly (DNP) und des Lexikon für Theologie und Kirche (LThK) eingearbeitet. Die Redaktion von Abkürzungen Theologie und Religionswissenschaften nach RGG schreibt im Vorwort:
Für die biblischen Bücher, die außerkanonischen Schriften, die Handschriften aus Qumran, die rabbinischen Schriften und diejenigen aus Nag Hammadi bietet dieses Verzeichnis einen weitgehend vollständigen Überblick über das vorhandene Schrifttum. Die Abkürzungen der Lexika, Quellenwerke, Serien und Zeitschriften sind sukzessive aus den in der RGG verwendeten Abkürzungen entstanden und wurden Band für Band ergänzt. Dieser Entstehungsprozeß bedingt, daß sie nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben können. Wenn auch keine anderweitigen Quellen zur Ergänzung ausgewertet wurden, so umfaßt das Verzeichnis doch einen Großteil der heute in der Theologie verwendeten Literatur dieser Gattungen.
Ich kann das handliche Buch für 12,90 Euro wärmstens empfehlen. Das Schreiben von Arbeiten macht damit gleich mehr Spass.
Das Abkürzungsverzeichnis der RGG4 enthält darüber hinaus natürlich auch solche Siglen, die sich weder bei Schwertner, noch DNP, noch LThK3 finden – z.B. Siglen für aktuellere Titel und Reihen, meist wie sie von den jeweiligen Herausgebern oder Verlagen vorgeschlagen werden.
Schon alleine deshalb macht es eigentlich kaum noch Sinn, sich den Schwertner selbst anzuschaffen – auch in den Vorgaben für Seminararbeiten etc. wird an den theologischen Fakultäten mittlerweile das Abkürzungsverzeichnis der RGG4 dem von Schwertner vorgezogen.
Kann die Anschaffung auch nur empfehlen. Damit lässt sich wunderbar arbeiten und ich kenne niemanden, der auf der Verwendung des Schwertner bestanden hätte.
Einzige Manko: Nicht alle Abkürzungen des Schwertner sind in dem Abkürzungsverzeichnis der RGG enthalten. D.h. in Einzelfällen muss man dann doch wieder auf den Schwertner zurückgreifen.