Heidegger hätte heute keine Chance mehr auf eine Universitätskarriere, meint Peter Strasser und beklagt die um sich greifende Uniformierung der Sprache und des Denkens:
Die Vielfalt geisteswissenschaftlicher Forschungsthemen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade überall dort, wo die Durchlässigkeit am grössten ist, zusehends durch den Druck der Organisationsnotwendigkeiten (Vergleichung des Niveaus, Evaluierungen und Punktevergaben) ein sprachkulturelles Esperanto erzwungen wird – und die damit einhergehende «Monotonisierung» der Projekte und ihrer Ausführung: Aus dem Haus des Seins ist ein übernormiertes Reihenhaus geworden. Ich habe als Gutachter bei Diplomarbeiten davon hinreichend mitbekommen: vom guten Willen der Studierenden ebenso wie von ihrer antrainierten Neigung zu einer sterilen, gestanzten Wissenschaftssprache.
Die Sprache als reines Vehikel der Kommunikation mit professionellen Duftmarken zur internationalen Wiedererkennung von forscherischer «Exzellenz» – das alles führt in eine geistige Verflachung, die durch ihre Schablonenhaftigkeit schliesslich auf die kulturelle Vielfalt übergreift. Nichts ist öder, gleichförmiger und weniger wirklichkeitstief als die genormte Forschungsmaschinerie. Nicht nur am Tummelplatz des politischen Massenniveaus treten schliesslich aggressive Rückbesinnungen auf, kurz: Renaissancen aus- und abgrenzender Nationalismen – auch im Denken.
Dem zu wehren, ist heute vielleicht nicht weniger schwierig als einst, da die Begriffsmarker noch durch und durch «national» waren. Wie kann man der Vieldeutigkeit unserer Humanität gerecht werden? Gewiss nicht durch einen hemmungslosen Wahrheits- und Erkenntnisrelativismus, an dessen Ende ein verwildertes «anything goes» stünde.
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