Johannes Calvin (aus dem Widmungsschreiben der Institutio von 1536):
Denn was entspricht dem Glauben besser und genauer als die Erkenntnis, daß wir aller Vorzüge entblößt sind, damit Gott uns bekleide? leer an allem Guten, damit er uns fülle? wir Knechte der Sünde, damit er uns frei mache? wir blind, damit er uns erleuchte? wir schwankend, damit er uns Richtung gebe? wir gebrechlich, damit er uns stütze? uns aller Anlaß zum Rühmen genommen, damit er allein hoch gerühmt werde und wir uns in ihm rühmen? Wenn wir aber all dies und Ähnliches der Art Vorbringen, fallen uns unsere Gegner ins Wort und erheben ein Angstgeschrei, auf diese Weise würde ich weiß nicht was für ein blindes Licht der Natur, würden erfundene Vorbereitungen (für den Empfang der Gnade), freier Wille, Verdienste (für’s ewige Heil samt ihren überverdienstlichen Leistungen) untergraben. Denn sie können es nicht ertragen, daß Lob und Ruhm für alles Gute, für alle Tugend, Gerechtigkeit und Weisheit vollständig auf Gottes Seite gehören. Aber wir lesen doch nirgendwo, jemand sei dafür getadelt worden, daß er zuviel aus dem Quell des lebendigen Wassers geschöpft hätte; wohl aber werden die ernsthaft zurechtgewiesen, die sich selbst Zisternen graben, »rissige Brunnen, die das Wasser nicht halten« können (Jer 2,13).