Melanie Mühl spiegelt in ihrem ziemlich düsteren Artikel über die postmoderne Kultur das Lebensgefühl vieler Jugendlicher: permanente Verunsicherung.
Ich würde bei der Ursachenforschung noch etwas weiter gehen als Frau Mühl. Ständige seelische Alarmiertheit ist nicht nur soziale und politische Beschwernis, sondern auch philosophische Aufgabe. Die „Makrounsicherheit“ ist nicht einfach so über uns gekommen, sondern Ergebnis einer geistig-geistlichen Krisis.
Der Soziologe Hartmut Rosa hat den flexiblen Menschen einmal als Wellenreiter bezeichnet. Aber heutige Mediennutzer denken da gleich an einen alles überrollenden Tsunami, in dem ein Surfbrettchen wenig hermacht. „Wir sind Getriebene“, schreibt Katharina Nocun. In solchen Gefühlswelten heißt die einzige Konstante Vorläufigkeit. Anders formuliert: Man sitzt innerlich auf gepackten Koffern, fortwährend auf dem Sprung zum nächsten Lebensentwurf. Wer sollte da auf die Idee kommen, sich festzulegen? Wer sollte den Mut aufbringen, eine Familie zu gründen? Wer sollte Kinder kriegen? So treffen die großen globalen Alarmnachrichten auf ein fragiles individuelles Sorgenumfeld der jungen Erwachsenen, denen der Mut zum Wagnis, auch zum kreativen Wagnis verlorengeht. Und damit verschärft sich die Krise so richtig.
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