KI-Tools zerlegen Texte in Häppchen, Videoclips und Podcasts dominieren das Internet: Der Medienwissenschaftler Christoph Engemann befürchtet, dass in Zukunft nur noch eine kleine Elite in der Lage sein wird, Bücher ohne digitale Hilfsmittel zu lesen. Das mündliche Wort wird wichtiger, das Lesen von Bücher gehört für viele junge Leute zur alten Welt.
Die FAZ stellt sein Buch vor und schreibt:
Auch wenn es viele noch nicht wahrhaben wollen: Bildung und Wissen, einschließlich der Verfahren ihrer Überprüfung, sind infolgedessen völlig neu zu verhandeln.
Auf diese Weise verändert sich auch das Verhältnis von Schriftlichkeit und Mündlichkeit grundlegend: „Die Ökonomie des Internets ist eine Ökonomie des Wortes“, so Engemann. Längst haben sich soziale Medien, Videoclips und Podcasts als legitime Formate der Wissensvermittlung jenseits des klassischen Lesetextes etabliert. Mit der maschinellen Sprachverarbeitung verschwimmen die Grenzen zwischen Schrift und Rede; auch Gesprochenes wird jetzt adressierbar, verlinkbar, durchsuchbar.
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Ob sich das Delegieren des Lesens langfristig als eine lohnende Abkürzung zur Texterschließung erweisen wird, mag man bezweifeln. Engemann befürchtet, dass es zwangsläufig zu einem Machtgefälle zwischen den Selbstlesern und den nur noch aus zweiter Hand Lesenden kommen wird. So gerate die Fähigkeit zum Selbstlesen früher oder später zum neuen Latein der wenigen, während die breite Masse häppchenweise und gefiltert ihre Kenntnisse von Chatbots und aus Podcasts bekäme.
Was der Herr Engemann da „befürchtet“, war, ist und bleibt für den größten Teil der Weltbevölkerung die Wirklichkeit. „Check Your Privilege“ sagt der Amerikaner dazu. Zusätzlich gibt bereits ein Machtgefälle zwischen demjenigen, der sein eigenes Buch veröffentlichen kann, und denen die es nur lesen sollen. Die mündliche Weitergabe war zu den meisten Zeiten der Menschheitsgeschichte das dominierende Medium. Nur in einer sehr kleinen privilegierten Welt innerhalb des Westens stammt Wissen ausschließlich aus Büchern.
Meiner persönliche Erfahrung nach ist Populärliteratur schnell veraltet und wird von anderen „digitalen“ Formen zeitlich überholt. Besonders schön sieht man das bei Wikipedia, wo veraltetes Bücherwissen immer im Wettstreit mit digitalen Quellen steht, denn eine Enzyklopädie darf keine Primärquelle für Wissen sein. Die wenigen Bücher, die noch relevant aktuelles Wissen vermitteln können, haben ein Preisschild von 100 € und sind einer für die meisten Menschen unverständlichen Sprache geschrieben. Hier ist die Situation mit dem „Latein“ längst Realität.
Jan Malcolm, bist du es?
Vor 40 Jahren gab es ARD, ZDF, WDR (oder einen anderen Lokalsender), lokale Tageszeitung, und vielleicht noch 3-4 große Blätter. Für längere Hintergrundinformationen las man den Spiegel. Heute: Beschallung von allen Seiten, eine Informationsflut ohne Ende, wer etwas mitteilen möchte kann das über eine Menge Kanäle, allein die Message darf nicht länger sein als der übliche TikTok-Trash. Denn der Konsument meint etwas zu verpassen, wenn er nicht ganz viele kurze Videos / Twiiternachrichten / … konsumiert. Und landet damit in einer Filterblase, weil ihm nur das reingespült wird, für das er Interesse gezeigt hat. Der „Star“ einer politischen Partei glänzt durch Schnellsprechen, so schnell, dass der normale Mensch nicht mitdenken kann. Was auch ganz gut ist, denn wenn man die Transkription des Redeschwalls liest und mitdenkt, erkennt man nur inhaltsarmes ideologisches Geschwätz. Aber das hat Erfolg bei denen, die nicht mitdenken wollen. Es ist also auch die Informationsflut, die die Zeit raubt, in der man ein paar Seiten eines Buches… Weiterlesen »