Tagung mit N.T. Wright: Der gekreuzigte Messias

Die Arbeitsgemeinschaft für biblisch erneuerte Theologie, das Theologisches Seminar St. Chrischona und die Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel veranstalten in der Zeit vom 25.–27. Januar 2014 Studientage mit N.T. Wright in der Schweiz.

Auf einer dafür eingerichteten Internetseite schreibt Rainer Behrend zu N.T. Wright:

N.T. Wright ist gleichzeitig ein konservativer, innovativer und auch provokativer Theologe, dessen Gesamtwerk sich durch eine nicht oft zu findende, gut durchdachte erkenntnistheoretische Grundlage und eine fruchtbare Hermeneutik auszeichnet. Faszinierend ist dabei, wie sich seine Erkenntnistheorie und Hermeneutik in seiner exegetischen und theologischen Arbeit praktisch auswirken. So basiert z. B. der Grundaufbau seines großen Jesusbuches Jesus und der Sieg Gottes auf den weltanschaulichen Grundkategorien seiner Erkenntnistheorie. Es geht also um die Storys, die Praxis, die Symbole und die Fragen im Judentum z. Zt. Jesu und um Jesu Umgang mit diesen.

Wright liest die Bibel als dramatische Story in fünf Akten (Schöpfung, Fall, Israel, Jesus, Gemeinde). Er sieht den Anfang des 5. Aktes im NT beginnen. Die Rolle der Christenheit in der Zeit nach dem NT (also auch unsere heutige Rolle) sieht er darin, dass wir das begonnene Drama „weiterspielen“ (um in der Metapher zu bleiben), und dass uns dazu die Darstellung der fünf Akte in der Bibel als Autorität dienen. Diese Autorität definiert Wright in Analogie zur Autorität eines unvollständigen Shakespeare-Stückes, das erfahrenen Schauspielern gegeben wird, die es zu Ende spielen sollen: Sie müssen den Plot der ersten Akte verstehen und verinnerlichen, dürfen im letzten Akt nicht irgendetwas aufführen, was vor dem Hintergrund des Plots und der Charakterentwicklung der ersten Akte völlig unsinnig erscheint, aber sie dürfen im letzten Akt auch nicht immer nur einfach Wort für Wort Abschnitte aus den ersten Akten wiederholen. Es geht also um ein dynamisches Reagieren auf die Autorität Gottes, die er auf ganz verschiedene Weise durch die verschiedene Textgattungen der Bibel ausübt; es geht um die Autorität Gottes, die uns letztlich zu Akteuren in der Story Gottes mit der Welt macht.

Erfreulicherweise sollen auf dieser Veranstaltung auch Kritiker von N.T. Wrights Ansatz und der „Neuen Paulusperspektive“ zu Wort kommen. So ist geplant, dass Prof. Jacob Thiessen, der gerade die Publikation Gottes Gerechtigkeit und Evangelium im Römerbrief. Die Rechtfertigungslehre des Paulus im Vergleich zu antiken jüdischen Auffassungen und zur „Neuen Paulusperspektive“ für eine Veröffentlichung beim Peter Lang Verlag vorbereitet, an einer Podiumsdiskussion teilnimmt.

VD: WB

Leitkultur des Regenbogens

Der gestrige Tag hatte viel zu bieten. Wer sich dem Informationssturm der Medien nicht völlig entziehen konnte, wurde eindrucksvoll mit dem kulturellen Wandel konfrontiert, der unsere Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten erfasst hat.

Was ist passiert?

Da spricht ein Sportler über seine sexuellen Präferenzen und erntet dafür den Respekt der Bundesregierung sowie eine mediale Aufmerksamkeit, von der ein Olympiasieger sein Leben lang nur träumen kann. Als ich heute Morgen bei Spiegel.de vorbeischaute, zelebrierten die ersten fünf Meldungen das „Coming-out“ eines Fußballspielers. Es ist, so wurde mir bekundet, „mutig, überfällig, wunderbar“. Wer das anders sieht, bekommt gleich eine Form der Angststörung unterstellt. Na gut.

Gleichzeitig rücken Politiker und die Presse den Initiator der Online-Petition „Kein Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens“ derart ins Zwielicht, dass man den Eindruck bekommt, hier habe sich jemand strafbar gemacht, indem er als Bürger seine Meinungsfreiheit und das Mitspracherecht in Anspruch genommen hat. Die Grünen erkennen in der Petition „ein erschütterndes Maß an Homo- und Transphobie“. „Gegen den Initiator, einen Realschullehrer, gebe es inzwischen eine Strafanzeige und eine Dienstaufsichtsbeschwerde, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums“, schreibt die ZEIT. Die Petition, so der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landesfraktion „birgt den Geist massiver Intoleranz und ist pädagogisch wie politisch unterste Schublade“.  „Lehrer hetzt gegen sexuelle Toleranz“, titelt der SPIEGEL.

Ach so? Heftige Vorwürfe stimulieren Neugier. Ich habe mir also die Petition gleich mal angeschaut. Und siehe da: Der Initiator grenzt sich eindeutig und glaubwürdig gegen die Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung ab. Wörtlich heißt es:

Wir unterstützen das Anliegen, Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle und Intersexuelle nicht zu diskriminieren. Bestehende Diskriminierung soll im Unterricht thematisiert werden. Die „Verankerung der Leitprinzipien“ und der Aktionsplan „Für sexuelle Akzeptanz & gleiche Rechte Baden-Württemberg“ (2) schießen jedoch über das Ziel der Verhinderung von Diskriminierung hinaus. Das vorliegende Papier „Verankerung der Leitprinzipien“ und die Ankündigung die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in ähnlicher Weise in den Bildungsstandards der einzelnen Fächer zu verankern, zielt für uns auf eine pädagogische, moralische und ideologische Umerziehung an den allgemeinbildenden Schulen.

Von Homophobie also keine Spur! Die Petition wendet sich lediglich gegen die Vereinnahmung der Schulkinder durch die einseitig interessengeleitete „Aufklärungsarbeit“. Eine heute nachgeschobene Pressemitteilung macht zudem deutlich, dass die Initiative den pädagogischen Ansatz sehr wohl durchleuchtet hat. Dort ist zu lesen:

Verschiedene Lebensentwürfe sind in einer pluralistischen Gesellschaft selbstverständlich. Es gibt dem, dass diese im Unterricht thematisiert werden, nicht das Geringste entgegenzusetzen. Schon heute ist die Behandlung des Themas Familie & Lebensentwürfe in Fächern wie Biologie, Gemeinschaftskunde oder Ethik Normalität. Nach den Leitprinzipien soll die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in der Sekundarstufe I vermittelt werden. Die LSBTTIQ- Interessensvertreter wollen „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ weiter gefasst sehen. Diese soll „spiral-curricular“ vermittelt werden, das heißt: von der kleinkindlichen Bildung bis zum Abitur in allen Altersstufen und über alle Fächer hinweg. Das würde einen Paradigmenwechsel in der Sexualerziehung darstellen, der das gute Miteinander von Schule und Elternhaus beendet. Wenn die Leitprinzipien so durchgehen, wie sie geschrieben sind, können die LSBTTIQ-Interessensvertreter ihre Agenda – wie bisher am Beirat vorbei – in allen Kompetenzformulierungen der Fächer unterbringen.

Weiterhin fehlt eine Kompetenzformulierung, wie aufrichtige Toleranz gelehrt wird und was „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ konkret bedeutet. Akzeptanz stellt ein zustimmendes Werturteil dar. Indem jemand etwas akzeptiert, heißt er es für gut, billigt es und geht auf die inhaltlichen Forderungen des Gegenübers ein. Akzeptanz schreibt die inhaltliche Positionierung der Schülerinnen und Schüler fest. Ihnen steht die Wahl eines persönlichen Werturteils nicht offen. Demgegenüber bedeutet Toleranz, dass Menschen mit unterschiedlichen Haltungen, Wertevorstellungen, etc. respektiert werden. In dem Werturteil, das man trifft, kann man inhaltlich aber einen anderen Standpunkt einnehmen. In der Akzeptanzforderung der Leitprinzipien wird die begründete Gefahr deutlich, dass der Bereich der Freiheit hin zur Unfreiheit überschritten wird.

Wenn die Forderungen der Landtagsfraktion der Grünen zum Bildungsplan 2015 durchgesetzt werden, müssen Lehrkräfte zukünftig auch irrationale Gender- Theoriekonstrukte unterrichten. Hier stellt sich die Grundsatzfrage, wie es die Landesregierung mit dem Wissenschaftsprinzip in Schule, Unterricht und Lehrerbildung hält. Zudem sind die Forderung nach „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ auf ihre Übereinstimmung zum Grundgesetz und dem Erziehungsauftrag der baden-württembergischen Landesverfassung zu überprüfen.

Das ist sachlich, nachvollziehbar und verdient Zustimmung!

Um das Jahr 2000 herum gab es in Deutschland eine Debatte um das Thema „Leitkultur“. Der Begriff, der von dem muslimischen Politologen Bassam Tibi in die politikwissenschaftliche Debatte eingeführt wurde, sollte einen gesellschaftlichen Wertekonsens beschreiben. Der Streit um die kulturelle Identität wurde damals reflexartig abgewürgt. Tage wie der 8. Januar 2014 erwecken den Eindruck, dass wir freilich doch eine Leitkultur bekommen. Vor allem diejenigen, die damals vor einer Leitkultur-Diskussion gewarnt hatten, zwingen uns nun intelligent und im Verbund mit mächtigen Medieninstitutionen eine Kultur auf, die von den Interessen einiger elitärer Minderheiten bestimmt ist. Wer anders denkt, wird schnell mal wegen Verunglimpfung einer bestimmten Personengruppe oder wegen Volksverhetzung angezeigt.

Das Verfahren gegen den Initiator wurde – wie die STUTTGARTER ZEITUNG heute meldet (09.01.2014, S. 6) – übrigens eingestellt. Die Prüfung habe ergeben, dass die Äußerungen der Petition durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien.

Ich bin für die Aufregung des gestrigen Tages gar nicht so undankbar. Sie gab mir den Anstoß, die Petition „Kein Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens“ heute zu unterzeichnen.

Asia Bibi darf nicht sterben

Zum 3. Jahrestag der Ermordung von Salmaan Taseer, dem Gouverneur der pakistanischen Provinz Punjab, nahm Waqar Ahmad, Vizekonsul im pakistanischen Konsulat in Frankfurt am Main über 2.000 Solidaritätsunterschriften für Asia Bibi aus den Händen von Karl Hafen, dem Geschäftsführenden Vorsitzender der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), entgegen. Die pakistanische Christin Asia Bibi war am 8. November 2010 wegen angeblicher Gotteslästerung als erste Frau in Pakistan zum Tode wegen Blasphemie verurteilt worden. Anders als einige Menschenrechtsorganisationen und Agenturen vermuten haben (siehe auch hier , ist Frau Bibi bisher nicht entlassen worden, sondern sitzt im Frauen-Gefängnis der pakistanischen Großstadt Multan in der Provinz Punjab in Einzelhaft.

Mehrere hochrangige Politiker setzten sich für ein faires Verfahren für Asia Bibi ein, darunter auch Salmaan Taseer, der deswegen von seinem eigenen Leibwächter ermordet wurde. Vizekonsul Waqar Ahmad erklärte, dass seine Regierung bemüht sei, islamische Extremisten in ihre Schranken zu weisen und allen religiösen Minderheiten gleiche Rechte wie der muslimischen Mehrheit zu gewährleisten. Jedoch gäbe es im Inneren radikale Kräfte, die die Macht an sich reißen wollten, und äußere, die sie dabei massiv unterstützten.

Der neue Präsident Mamnoon Hussain bemühe sich, mit allen Religionen und Ethnien in seinem Land in Kontakt zu treten und einen Dialog zwischen den Religionen anzustoßen. Seiner jüngsten Offensive, am 25. Dezember 2013 Vertreter aller Religionsrichtungen zu Weihnachtsfeiern einzuladen, seien viele gefolgt. Der Regierung sei bewusst, dass die Lage für religiöse Minderheiten gerade in der Provinz nicht sicher sei und das sei unbefriedigend. Viele Muslime seien erschüttert über das Bombenattentat auf eine anglikanische Kirche in Peschawar im September 2013, bei dem 127 Menschen ums Leben kamen. Gerne werde er sich für das Schicksal von Asia Bibi verwenden.

Heute noch Kinder aufziehen?

Die tollste Sache der Welt, Kinder bekommen und aufziehen, ist in unserer Gesellschaft für viele zu einem Albtraum geworden. Die persönliche Bestandsaufnahme von Antonia Baum kann als Zeichen einer tiefgreifenden Verunsicherung mit einigen feinen Beobachtungen gelesen werden. 

Bei all diesem Durcheinander frage ich mich vor allem: Warum soll ich ein Kind bekommen, wenn ich gar keine Zeit dafür haben und es pausenlos wegorganisieren werde? Wann soll denn da eine Beziehung zu dem Kind entstehen? Mit einem Jahr in die Kita, zack, Schule, Ganztagsschule. Auf dem Weg zur Kita rennen, damit ich nicht zu spät komme, aber mein Kind will sich vielleicht irgendeine Blume ansehen oder findet einen Lastwagen toll, und dann muss ich es da wegziehen, weil ich, im Dienst der Arbeit, keine Zeit habe. Ich verstehe dieses Selbstausbeutungskonzept nicht, welches natürlich schon vor den Kindern anfängt – perfekte Arbeit, perfekte Beziehung, perfekter Körper, perfekte Bildung und perfekte Einrichtung – und sich nach den Kindern, nur unter verschärften Bedingungen, fortsetzt, denn da möchte man natürlich weiterhin alles haben und perfekte Kinder obendrauf, wobei es eben die Kinder sind, die sich dem Perfektions- und Timing-Wahn nicht unterwerfen lassen, aber ich lebe inzwischen dermaßen effizient, dass mir bestimmt alle naselang der Geduldsfaden reißen würde. So: Es ist jetzt aber total unpassend, dass du schlecht träumst, muss das sein? Ich habe zu tun!

Mehr: www.faz.net.

Bach und die Ehre Gottes in der Musik

Die Werke von Johann Sebastian Bach schlagen auch heute noch viele Menschen in ihren Bann. Gerade diese vereinnahmende Wirkung machte sie in Kirchenkreisen mehr als verdächtig. Ihm wurde vorgeworfen, eine Musik mit „teuflischer Versuchung“ zu schaffen. Dabei ging es Bach vor allem um die Ehre Gottes: „Mit aller Musik soll Gott geehrt und die Menschen erfreut werden. Wenn man Gott mit seiner Musik nicht ehrt, ist die Musik nur ein teuflischer Lärm und Krach.“

Hier ein empfehlenswerter DLF-Beitrag über Johann Sebastian Bach:

Moltmanns Umdeutung der Kreuzestheologie

Ich kann der sorgfältigen und fairen Analyse von Michael Korthaus (Kreuzestheologie, 2007, S. 294) nur zustimmen:

In Moltmanns Theologie vom gekreuzigten Gott und ihrer Fortschreibung im passionstheologischen Teil in „Der Weg Jesu Christi„ ist die Theologie des Kreuzes in einer Theologie der politisch instrumentalisierten Eschatologie untergegangen: das Kreuz Christi stellt auch dort nicht die Mitte des Moltmannschen Denkens dar, wo dieses den ausdrücklichen Titel Kreuzestheologie führt. Stattdessen steht hier stets eine auf Gott projizierte Vorstellung von Gerechtigkeit und Menschenwohl im Hintergrund, die dann als Auftrag Gottes an den Menschen deklariert im politisch-gesellschaftlichen Handeln vom Menschen verwirklicht werden soll.

Noch deutlicher und m.E. zutreffend fällt das Urteil Ulrich Körtners aus. In seinem bemerkenswerten Aufsatz „Das Wort vom Kreuz“ (P.-G- Klumpiges u. D.S. Du Toit, Paulus – Werk und Wirkung, 2013, S. 625–646, hier S. 641–642) schreibt er:

Während er in seiner Monographie „Der gekreuzigte Gott“ mit Emphase forderte, alle Theologie habe Kreuzestheologie zu sein und den Tod Christi am Kreuz als Kreuzestod Gottes zu begreifen, ist die Theologie des Kreuzes in Moltmanns späterer Christologie, wie er sie in seinem Buch „Der Weg Jesu Christi“ entfaltet hat, völlig in den Hintergrund getreten, um nicht zu sagen aufgegeben worden. Moltmann selbst erklärt den Sinneswandel damit, dass die Leiden Christi nicht auf Jesus von Nazareth beschränkt seien, sondern eine universale Dimension hätten, „weil sie im apokalyptischen Horizont der für alle befristeten Zeit stehen. Die apokalyptischen Leiden ‚dieser Zeit‘ aber sind in den ,Leiden Christi‘ auf Golgatha zusammengefaßt. […] Ich wähle damit einen neuen Ansatzpunkt gegenüber der Kreuzestheologie, die ich 1972 in ,Der gekreuzigte Gott‘ entwickelt hatte. […] Ich habe von dem dort Gesagten nichts zurückzunehmen, sondern setze es für diese apokalyptische Theologie der Leiden Christi voraus.“ Bereits in seinem Buch „Trinität und Reich Gottes“ (1980) ist Moltmann nach eigenem Bekunden über „Kreuz und Auferstehung“ „hinausgegangen“ und hat einerseits „die Sendung des Sohnes“, andererseits „die Zukunft des Sohnes“ in eine „trinitarische Christologie integriert“. Nunmehr sind die Leiden Christi „Teil der Leidensgeschichte Israels und der Propheten Gottes“. In Wahrheit hat Moltmann damit jedoch seine Theologie des Kreuzes und schon gar nicht diejenige des Paulus vertieft und fortgeführt, sondern sich von ihr verabschiedet. Auch seine Vorschläge zur inhaltlichen Erweiterung des Nicäno-Konstantinopolitanums und des Apostolikums verlieren kein Wort zur theologischen Deutung des Kreuzes.

Wohl deutet Moltmann den Kreuzestod Jesu als Tod eines Sklaven und Armen. Er erinnert an die Massenkreuzigungen nach Niederschlagung des Spartakusaufstandes und verweist auf Phil 2, wo von Christus gesagt wird, er habe die Gestalt eines Sklaven angenommen. Dann aber verallgemeinert Moltmann sogleich: Jesus teilt das Schicksal seines jüdischen Volkes. „Jesus ist auch der Lazarus-Christus, und Lazarus ist eine Christusgestalt (Lk 16). Jesus wurde einer von diesen Ärmsten der Armen: ein gefolterter, geschändeter und gekreuzigter Sklave. Die ‚Leiden Christi‘ sind in dieser Hinsicht auch die Leiden der machtlosen, rechtlosen, heimatlosen Massen der Armen in dieser Welt, und ihre Leiden sind in dieser Hinsicht auch die ‚Leiden Christi‘.“

Blüm greift das Verfassungsgericht an

Die Familie sei die „Elementareinheit der Gesellschaft“, schreibt der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm in einem Gastbeitrag für die FAS. Der CDU-Politiker kritisiert „rhetorische Tricks“ in den Urteilen der Karlsruher Richter zur Homo-Ehe.

Der Fall sei Ausdruck einer „hastenden gerichtlichen Assimilation an die launische Wechselhaftigkeit dessen, was gerade ‚in‘ ist“, die in Karlsruhe häufig zu beobachten sei. Dabei handele es sich „teilweise um fundamentale Umdeutungen von elementaren Begriffen des Rechtsstaates“.

Die Argumentation der Richter, ihre Entscheidung „verändere nicht den Schutz von Ehe und Familie, sondern gleiche lediglich diesen an andere Partnerschaftsmodelle an“, nennt Blüm einen „rhetorischen Trick“: „Genauso gut könnte jemand behaupten, er verändere den Schutz im Straßenverkehr nicht, wenn er ihn an Gewohnheiten des Straßenverkehrs anpasse, auch wenn diese unfallträchtiger sind.“ Blüm schreibt weiter: „Die Familie ist die Elementareinheit der Gesellschaft, die auf ihr Weiterleben angelegt ist. Diese Funktion vermögen gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht einzulösen. Kinder, ihr Kommen und Gedeihen, spielen offenbar beim Hohen Verfassungsgericht eine niedere Rolle.“

Mehr: www.faz.net.

Kurs der Evang.-lutherischen Kirche Lettlands

Während die EKD zeitgeistbeflissen Familie „neu denkt“ und auf der 11. Synode sogar eine Form der Frauenquote für ihre Gremien eingeführt hat, besinnt sich so manche europäische Kirche wieder auf ihren Bezug zum Wort Gottes. Auch in der Lutherische Kirche Lettlands hat es unter der Leitung von Erzbischof Vanags eine Rückbesinnung auf den geistlichen Auftrag gegeben. „Ich glaube“, sagte Vanags in eine Interview,  „dass in der Zukunft weiterhin Gesetz und Evangelium gepredigt werden muss, Gottes Wort.“ Zur Ideologie des Relativismus, die in vielen westlichen Gesellschaften eingezogen ist, sagt er im gleichen Gespräch:

Die Herausforderungen für die Kirche haben sich radikal verändert. Unter den Kommunisten gab es Verfolgung und militanten Atheismus, aber nun haben wir die Säkularisierung und die Ideologie der Postmoderne. Unser Volk hat diese neue Ideologie sehr schnell aufgenommen, besonders die junge Generation. Der Unter-schied im Vergleich mit dem Westen ist, dass die Jungen dort besser erkennen, was sie verlassen, wenn sie die neue Ideologie annehmen. Sie sind sich bewusster, dass sie nun die Wertvorstellungen der Eltern verlassen, die christlichen Wertvorstellungen, und sich auf ein anders Wertesystem einlassen. Die jungen Menschen in Lettland haben dieses Empfinden nicht, da sie keinen christlichen Hintergrund haben, sondern ihre Eltern waren schon während der Sowjetzeit säkularisiert. Sie haben den Postmodernismus ­ den totalen Relativismus – als einen Teil der neuen Freiheit übernommen, als einen Teil des Gutes der freien Welt.

Ich glaube, dass dies die große Herausforderung für die Kirche in unserer Zeit ist. Wir sollten uns in erster Linie nicht mit den Kirchen der westlichen Welt während der 60-er Jahre vergleichen, sondern mit der ersten christlichen Kirche in ihrem Gegenüber zum Heidentum.

Professor Reinhard Slenczka (Erlangen), der nach seiner Emeritierung in Riga die theologische Ausbildung der Evangelisch-lutherischen Kirche Lettlands als Rektor der Luther-Akademie leitete, hat in den protestantischen Kirchen des Westen ebenfalls einen tiefen Abfall von den Grundlagen diagnostiziert. IdeaSpektrum meldete 2010:

Einen „Abfall von den Grundlagen christlicher Gemeinschaft“ wirft der lutherische Theologieprofessor Reinhard Slenczka (Erlangen) den Leitungsgremien von protestantischen Kirchen in Europa und Nordamerika vor. Mit zahlreichen Erklärungen und Resolutionen schadeten sie der Einheit der Christenheit, schreibt er in einem Sonderdruck der konservativen Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“. Als Beispiele für umstrittene Beschlüsse nennt er die Einführung der Frauenordination und die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Viele Veröffentlichungen hätten keine biblische Begründung oder stünden in offenem Widerspruch zur Heiligen Schrift. Theologen, die dagegen unter Berufung auf die Bibel und kirchliche Bekenntnisschriften protestierten, würden als fundamentalistisch und unwissenschaftlich disqualifiziert und diffamiert oder durch Androhung oder Durchführung von Ordinationsverweigerung beziehungsweise Amtsenthebung diszipliniert. Mahnende Stimmen aus russischen, baltischen und afrikanischen Kirchen würden im Westen kaum verbreitet und schon gar nicht ernst genommen. Stattdessen werde mit materiellem Druck versucht, kritische Kirchen zur Einführung der Frauenordination oder zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zu veranlassen. So seien der Theologischen Hochschule in der lettischen Hauptstadt Riga, der Luther-Akademie, Ende der neunziger Jahre aufgrund von Eingriffen aus Deutschland bereits bewilligte Mittel wieder gestrichen worden.

Der DLF hat kürzlich über die Kehrung der Evangelisch-lutherischen Kirche Lettlands berichtet. Freilich bleibt die Perspektive der Betrachtung den EU-Dispositionen treu.

Mark Dever in der New York Times

IMG 1515Mark Dever, 2013 Dozent am MBS-Studienzentrum und Referent der E21-Regionalkonferenz in München, ist in der New York Times zur Renaissance des Calvinismus befragt worden:

Calvinism is a theological orientation, not a denomination or organization. The Puritans were Calvinist. Presbyterians descend from Scottish Calvinists. Many early Baptists were Calvinist. But in the 19th century, Protestantism moved toward the non-Calvinist belief that humans must consent to their own salvation — an optimistic, quintessentially American belief. In the United States today, one large denomination, the Presbyterian Church in America, is unapologetically Calvinist.

But in the last 30 years or so, Calvinists have gained prominence in other branches of Protestantism, and at churches that used to worry little about theology. In 1994, when Mark Dever interviewed at Capitol Hill Baptist Church, a Southern Baptist church in Washington, the hiring committee didn’t even ask him about his theology.

“So I said, ‘Let me think about what you wouldn’t like about me, if you knew,’ ” Mr. Dever recalled. And he told them that he was a Calvinist. “And I had to explain to them what that meant. I didn’t want to move my wife and children here and lose the job.”

Mr. Dever, 53, said that when he took over in 1994, about 130 members attended on Sundays, and their average age was 70. Today, the church gets about 1,000 worshipers, with an average age of 30. And while Mr. Dever tends not to mention Calvin in his sermons, his educated audience, many of whom work in politics, knows, and likes, what it is hearing.

Hier mehr: www.nytimes.com.

Wäre die Welt ohne Religion besser?

Tim Keller schreibt in Warum Gott? (P. 346):

Die Kommunisten in der Sowjetunion, China, Kambodscha und anderswo, aber auf ihre Art auch die Nazis in Deutschland waren entschlossen, die Religionsausübung einzudämmen, um zu verhindern, dass sie die Gesellschaft spaltete oder die Macht des Staates gefährdete. Das Ergebnis war regelmäßig nicht mehr Friede und Harmonie, sondern mehr Unterdrückung. Die tragische Ironie dieser Situation hat Alister McGrath in seiner Geschichte des Atheismus so beschrieben: „Im 20. Jahrhundert finden wir eines der größten und traurigsten Paradoxe in der Geschichte der Menschheit: dass die größte Intoleranz und Gewalt dieses Jahrhunderts von denen praktiziert wurden, die glaubten, dass die Religion zu Intoleranz und Gewalt führt.“

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