David Wells

Evangelikale, Praktische Theologie, Soziologie

David Wells: Von der Faszination weltlicher Weisheit

David F. Wells schreibt über die Faszination der weltlichen Weisheit (God in the Wasteland: The Reality of Truth in a World of Fading Dreams, 1994, S. 54–55):

An dieser Stelle sollte klar sein, dass Weltlichkeit nicht einfach eine unschuldige kulturelle Eskapade ist, und schon gar nicht eine Angelegenheit, bei der es sich nur um unbedeutende Verhaltensverstöße oder das Übertreten trivialer Regeln der Kirche oder der erwarteten Frömmigkeit handelt. Weltlichkeit ist eine religiöse Angelegenheit. Die Welt, wie die Autoren des Neuen Testaments sie beschreiben, ist eine Alternative zu Gott. Sie bietet sich selbst als ein alternatives Zentrum der Treue an. Sie bietet einen gefälschten Sinn. Sie ist das Mittel, das Satan in seinem Kampf gegen Gott einsetzt. Teil dieser „Welt“ zu sein, bedeutet, Teil der satanischen Feindschaft gegen Gott zu sein. Deshalb ist die Weltlichkeit so oft götzendienerisch, und deshalb sind die biblischen Sanktionen gegen sie so streng. „Wisst ihr nicht“, fragt Jakobus, „dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, macht sich zum Feind Gottes“ (Jakobus 4,4).

In der heutigen evangelikalen Bewegung ist die Weltlichkeit zu spüren. Auf den ersten Blick erscheint diese Weltlichkeit keineswegs hässlich. Ganz im Gegenteil. Sie hat eine warme und freundliche Ausstrahlung und präsentiert sich als erfolgreiches Unternehmertum, als organisatorische Meisterleistung und als ein Paket ausgeklügelter PR-Kenntnisse, die für die Förderung evangelikaler Angelegenheiten unerlässlich sind.

Nun ist an sich nichts falsch an Unternehmertum oder organisatorischer Meisterleistung oder Öffentlichkeitsarbeit oder Fernsehbildern und Hochglanzmagazinen. Das Problem liegt in der gegenwärtigen Unfähigkeit der Evangelikalen zu erkennen, dass diese Dinge Werte in sich tragen, die dem christlichen Glauben feindlich gegenüberstehen. Das Problem liegt außerdem in der mangelnden Bereitschaft der Evangelikalen, auf die unmittelbaren und überwältigenden Vorteile der Moderne zu verzichten, selbst wenn korrumpierte Werte ein wesentlicher Bestandteil dieser Nutzeffekte sind. Was also ganz offensichtlich fehlt, ist Unterscheidungsvermögen, und das hat viel mit der Verdrängung der biblischen Wahrheit aus dem Leben der Kirche heute und viel mit dem Sterben ihrer theologischen Seele zu tun.

Unterscheidungsvermögen ist eine geistliche Fähigkeit. Es ist die Einsicht, die mit christlicher Weisheit einhergeht. Es ist die Fähigkeit, das Leben zu „durchschauen“, es so zu sehen, wie es wirklich ist. Manche Menschen sind von Natur aus klüger als andere, manche kritischer als andere, und Gott mag diese Art von Gabe durch seine Gnade verstärken, aber es ist nicht diese natürliche Fähigkeit, auf die ich mich hier beziehe. Der Kern der Fähigkeit, in den konkreten Lebensumständen zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden, ist die reiche Entfaltung, die Gott aus dem Zusammenspiel der Wahrheit seines Wortes, dem Nachdenken darüber und dem daraus erwachsenden moralischen Charakter beabsichtigt. Es ist diese Kultur der Weisheit, mit der sich die Bibel in beiden Testamenten intensiv beschäftigt und für die die evangelikale Welt das Interesse verloren zu haben scheint.

Die alternative Weisheit, die die Moderne heute vorschlägt, hat eindeutig ihre Faszination, um nicht zu sagen ihre Vorteile. Die westliche Gesellschaft akzeptiert sie als normal und besteht in ihren frechen Momenten lautstark darauf, dass sie normativ ist. Sie ist populär, weil sie funktioniert. Aber in vielerlei Hinsicht bietet sie der Kirche eine gefälschte Realität, die die Macht hat, das zu zerstören, was die Kirche ist. Sie beraubt die Kirche gewiss ihrer Einsicht in den wahren Sinn des Lebens, einer grundlegenden moralischen Einsicht, weil sie die Kirche ihrer Fähigkeit beraubt, sich an Gott zu orientieren, der im Zentrum der Heiligkeit steht.

Mehr mehr über David Wells wissen möchte, kann den Artikel von Sarah Eekhoff Zylstra lesen.

Soziologie, Syst. Theologie

Die Schwerelosigkeit Gottes

David Wells schreibt in God in the Wasteland (1994, S. 88):

Es ist eines der entscheidenden Merkmale unserer Zeit, dass Gott heute schwerelos ist. Ich meine damit nicht, dass er ätherisch ist, sondern dass er unwichtig geworden ist. Er ruht so unbedeutend auf der Welt, dass er nicht wahrgenommen wird. Er hat seine Bedeutung für das menschliche Leben verloren. Diejenigen, die den Meinungsforschern versichern, dass sie an die Existenz Gottes glauben, mögen ihn dennoch für weniger interessant halten als das Fernsehen, seine Gebote für weniger verbindlich als ihre Gier auf Wohlstand und Einfluss, sein Urteil für nicht ehrfurchtgebietender als die Abendnachrichten und seine Wahrheit für weniger zwingend als den süßen Nebel der Schmeicheleien und Lügen der Werbeindustrie. Das ist Schwerelosigkeit. Es ist ein Zustand, den wir ihm zugewiesen haben, nachdem wir ihn an den Rand unseres säkularisierten Lebens gedrängt haben.

Bücher, Calvinismus, Evangelikale

Der vergessene Wegbereiter der „Neuen Calvinisten“

Wenn du Kenner der Evangelikalen danach fragst, wer in den 70er und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts den reformierten Flügel dieser großen Bewegung geprägt hat, wirst du Namen wie J.I. Packer, Martyn Lloyd-Jones, John Stott, Francis Schaeffer, R.C. Sproul oder James Montgomery Boice hören. Ihre Predigten, Vorträge und Bücher konnten eine beachtliche Wirkung entfalten und werden heute noch gern gelesen. Von David F. Wells haben – besonders in Europa – nur sehr wenige etwas gehört. Es wird also Zeit, dass Sarah Eekhoff Zylstras Artikel über diesen beeindrucken Mann in der deutschen Sprache erscheint. Vielen Dank an die Mitarbeiter von Evangelium21 für die Übertragungsarbeit!

Wells Buch No Place for Truth kann ich herzlich empfehlen. Wells beschreibt dort ein sich wandelndes Wahrheitsverständnis der Frommen in den Vereinigten Staaten. Dazu schreibt Sarah Eekhoff Zylstra:

Amerikaner begannen damit, Medikamente, Selbsthilfebücher und Therapeuten zu suchen, um mit dieser Scham fertig zu werden. Und Christen, die dieselben öffentlichen Schulen besuchten und dieselben Fernsehprogramme sahen, waren dieser Veränderung gegenüber nicht immun.

Anstatt das Leben an der Bibel auszurichten, begannen Christen, sich an ihren Gefühlen, Gedanken und Erfahrungen zu orientieren, wofür sie dann entsprechende Bibelstellen heraussuchten. Pastoren fokussierten sich nicht mehr darauf, biblische Lehre zu studieren und zu erklären, sondern begannen, den Menschen zu helfen, sich in ihrem Leben zurechtzufinden. Die Gemeinden gaben schwierigere Lehren zugunsten von besucherfreundlichem Marketing auf. Die Emerging Church interpretierte Anbetung, Evangelisation und was es bedeutet, Pastor zu sein, um.

Zunehmend verlagerte sich auch der Unterricht in den theologischen Seminaren von systematischer Theologie oder hebräischer Exegese zu Kursen wie „Geistliches Wachstum“ oder zu Themen wie Theologie und die Künste. Christliche Buchläden, die einst vor Theologiebüchern strotzten, tauschten diese langsam gegen weniger ernsthafte Bücher aus, bevor sie selbst diese gegen Poster und Potpourri eintauschten, bemerkte der Präsident des Southern Baptist Theological Seminary, Al Mohler.

„Wenn man seinen geistlichen Dienst beginnt, sind diese Einsichten, wie das Evangelium auf die Gemeinschaft und die Kultur einwirkt, sehr wichtig“, sagt Pastor Chris Castaldo, der kurz nach dem Erscheinen von No Place am Moody Bible Institute und anschließend bei Wells am Gordon-Conwell studierte. „Wells war eine der Stimmen, die das auf eine Art und Weise angesprochen haben, die durchdacht und klar war. Er hatte keine Angst, Dinge zu benennen und zu sagen: ‚Das ist so nicht richtig‘“.

Wells geht in No Place nicht so sehr auf die Lösung ein, was bei einigen Lesern Kritik hervorgerufen hat. Der Grund hierfür war aber schlicht, dass er noch nicht fertig war (No Place wurde zu einer Reihe ausgebaut) und weil er dachte, die Antwort sei selbstverständlich: Kehre zurück zum Evangelium. Lebe ein gottzentriertes, durch die Gnade und das Opfer Christi bestimmtes Leben.

Mehr: www.evangelium21.net.

Syst. Theologie, Zitate

Kein Glaube ohne heilsame Lehre

In seinem Buch Kein Platz für die Wahrheit (engl. No Place for Truth: Or Whatever Happened to Evangelical Theology?, William B. Eerdmans Publishing Company, 1993) schreibt David F. Wells  (S. 102–103):

Deswegen gossen die Apostel den christlichen Glauben nicht nur in eine lehrmäßige Struktur, sondern verlangten auch seine Konservierung und seinen Schutz in genau dieser Form. Ohne „gesunde Lehre“ (1Tim 1,10; Tit 1,9), „gesunde Unterweisung“ (1Tim 6,3) oder „das Muster der gesunden Worte” (2Tim. 1,13-14) gibt es keinen christlichen Glauben. Es ist diese Lehre, oder – genauer gesagt – die Wahrheit, die sie enthält und der sie Ausdruck gibt, die von den Aposteln „gelehrt“ und der Gemeinde „überliefert“ wurde. Diese Botschaft ist der alleinige Grund unserer Hoffnung (Tit 1,9) und unseres Heils (1Kor 15,2; 1Petr 1,23-25). Ohne sie haben wir weder den Vater noch den Sohn (2Joh 9). Paulus sagt sogar, dass wir nur dann in Christus wachsen können, wenn wir innerhalb dieser lehrmäßigen Struktur bleiben, denn deren Wahrheit liefert die Mittel zu unserem Wachstum (Kol 2,6). Kein Wunder, dass Christen aufgefordert werden, bei der apostolischen Lehre zu bleiben, die sie „von Anfang an“ hatten (1Joh 2,7. 24. 26; 3,11) bzw. die sie gehört hatten (Heb 2,1), denn diese ist „der Glaube, der den Heiligen ein für allemal überliefert worden ist“ (Jud 3).

Mehr: www.evangelium21.net.

Bücher

Interview mit David Wells

41HtCTZNkTL._BO2,204,203,200_PIsitb-sticker-arrow-click,TopRight,35,-76_SX385_SY500_CR,0,0,385,500_SH20_OU03_Justin Taylor hat Professor Wells zu seinem neuen Buch God in the Whirlwind interviewt. Ich habe das Buch angelesen und  bin beeindruckt. Nachdem Wells in seinen Büchern bisher vor allem Kulturhermeneutik betrieben hat (siehe hier die Rezension von Hanniel zu No Place for Truth), zeigt er hier Wege auf, die in Zukunft zu gehen sind.  Kurz: Die Heiligkeit, Liebe und Ehre Gottes gehören wieder in die Mitte der Theologie. Ich wünschte mir eine deutsche Ausgabe von „Gott im Wirbelsturm“.

Hier das Interview:

Bücher, Postmoderne, Theologie

David Wells spricht über neues Buch

41HtCTZNkTLDavid Wells hat kürzlich ein Interview zu seinem neuen Buch:

gegeben.

Auf die Frage: „How does God in the Whirlwind contribute to the work you’ve already done in No Place for Truth, God in the Wasteland, Losing Our Virtue, Above All Earthly Powers, and The Courage to Be Protestant?“ hat Wells geantwortet:

Christianity Today has dismissed this new book as being a mere retread of these prior works with lots of hurrumphing, they say, along the way! Oh, dear. I am sorry that they were unable to see that this book is actually quite different from what I have written in the past. It is true that my understanding of modernized culture remains substantially the same as before. In this book, though, I have focused most of my attention, not on the culture, but on developing a biblical understanding of the character of God. This is something I have not done before and some of my critics have said that while I have exposed the problems in the church, I have not given the answers. Well, the answers are all tied up in knowing God and obeying him. This book is really a biblical theology of God’s holy-love showing how that holiness and that love are progressively revealed through the O.T., are embodied in Christ, and come together in the cross that God’s love provided and that his holiness required. This is what grounds and defines our sanctification, worship, and service in the world.

Das macht mich neugierig. Das Buch erscheint im Januar 2014.

Hier mehr: www.crossway.org.

Allgemein, Theologie

David Wells: Kein Platz für Wahrheit

Im zweiten Teil des Gesprächs zwischen David Garner und David Wells geht es um die Entfremdung der evangelikalen Theologie vom Denken. Kurz: Woher kommt die denkfaule und vor allem therapeutisch ausgerichtete Verkündigung in den evangelikalen Kreisen? Die Antwort: Es hat etwas mit unserer Lebenskultur zu tun, die unsere Gottesdienste und Predigten imprägniert. Impulse für eine Erneuerung der Theologie sieht Wells in der christozentrischen „Biblischen Theologie“, wie sie beispielsweise von John Piper betrieben wird.

Professor Wells hat übrigens am WTS einen Vortrag über 1. Kor 1,21 gehalten, wo es heißt: „Denn da die Welt, umgeben von Gottes Weisheit, auf dem Weg der Weisheit Gott nicht erkannte, gefiel es Gott, durch die Torheit der Verkündigung jene zu retten, die glauben.“ Hier der Mitschnitt des Vortrags „The Stupidity of Preaching and the Contemporary Moment“.

Hier Teil 2 des exzellenten Interviews!

Postmoderne

Wells: Christentum und die postmoderne Kultur

David Wells, Professor am Gordon-Conwell Theological Seminary und Autor des Buches Courage to be Protestant: Truth-lovers, Marketers and Emergents in the Postmodern World, hat in einem IE24-Radiointerview über das Thema »Christentum und die postmoderne Kultur« gesprochen.

Hier das englischsprachige Interview:

[podcast]http://www.podtrac.com/pts/redirect.mp3/issuesetc.org/podcast/756052311H2.mp3[/podcast]

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