Neuzeit

Journal for Early Modern Christianity

Es gibt ein neues Journal zur Erforschung des  frühneuzeitlichen Christentums. Es erscheint zweimal im Jahr.

Der Verlag De Gruyter schreibt:

ModernChristianity

Das Journal for Early Modern Christianity (JEMC) wird in Zusammenarbeit mit unserem Partner Refo500 und dessen akademischer Abteilung RefoRC herausgegeben. Es widmet sich der interdisziplinären, interkonfessionellen und vergleichenden Forschung über das frühneuzeitliche Christentum.

Die disziplinäre Bandbreite der Beiträge erstreckt sich von Kirchengeschichte über Kultur- und Sozialgeschichte, Kunst- und Literaturgeschichte, Ideengeschichte, Musikgeschichte bis hin zur Archäologie. Dabei werden nicht nur die großen konfessionellen Gruppen des frühneuzeitlichen Christentums in den Blick genommen, sondern auch christliche Minderheiten sowie Gruppierungen, die von den etablierten Konfessionen nicht anerkannt wurden. Auch das Verhältnis vom Christentum zu anderen Religionen, wie beispielsweise Judentum und Islam, wird in einzelnen Beiträgen beleuchtet.

Die komparative Dimension des JEMC zielt sowohl auf vergleichende Studien zu verschiedenen konfessionellen Gruppen ab, als auch auf eine Erweiterung des lokalen und nationalen Fokus hin zu einem transregionalen beziehungsweise globalen Forschungsansatz. Der zeitliche Rahmen umfasst dabei die Periode zwischen 1450 und 1650.

Alle Partner und affilierte Personen von Refo500 erhalten bei einer Bestellung über die De Gruyter Website 30% Rabatt auf den Individual- bzw. den Institutionenpreis.

Die Teilnahmegebühr für die RefoRC Konferenz in Bologna im Mai 2014 beinhaltet das JEMC-Jahresabonnement für die Jahrgänge 2014 und 2015 (vier Ausgaben).

Verlagsseite: www.degruyter.com.

Iwand: „Wenn uns Gott selbst finden soll“

Der Theologe Hans Joachim Iwand folgte 1952 einem Ruf nach Bonn, wo er bis zu seinem Tod 1960 Systematische Theologie lehrte. In der Prinzipienlehre, die er in Bonn gelesen hat, setzt er sich sehr pointiert von dem neuzeitlichen Unternehmen ab, das den Menschen zum Dreh- und Angelpunkt der Wirklichkeitserkenntnis erhoben hat. In radikaler Weise betont er den reformatorischen Gedanken, dass wir Menschen die Welt und uns selbst nur dann verstehen können, wenn Gott von außen in unser Leben tritt. Anders gesagt: Die Wirklichkeit Gottes hängt nicht von meinem Selbstbewusstsein ab, sondern meine Selbsterkenntnis hängt von der Wirklichkeit Gottes ab.

Iwand (Dogmatik-Vorlesungen 1957-1960, 2013,  S. 27):

Gibt es Gott nicht, dann gibt es auch kein „extra nos“! Dann bekommen wir die Welt, die Menschen, ja dann bekomme ich auch letzten Endes mich, mich als Mensch, als dieses rätselhafte Wesen Mensch, nie zu fassen. „Ich bin ich“, was heißt denn das? Ist das nicht der leerste, gedankenloseste Satz, den es gibt? „Extra se stare“, einen Standpunkt außerhalb seiner selbst gewinnen, das hieße eben gerade diese Identität zertrümmern, das Gefängnis des „Ich bin ich“, dieser amor sui [Selbstliebe], zerbrechen, in der Lazarus begraben liegt [Joh 11]. Das ist es, was zerbrochen wird, wenn das Wort Gottes kommt. Das Wort Gottes hebt den Traum dieser Identität auf – hier liegt die Blindheit, hier liegt das Leiden, das mit uns geboren ist, die Blindheit unseres gerade so vernünftigen Wesens. Denn wenn Gottes Wort an uns geschieht, dann heißt es nicht: „Du bist Du“, dann bestätigt er mir nicht jenes „Ich bin ich“, das ich in meinem Stolz oder in meiner abgrundtiefen Verzweiflung sage, sondern er streicht jene Identität durch als die Grundtäuschung, der ich erlegen bin. Und eben damit betreten wir das Reich, wo er Herr ist, wo wir festen Boden unter den Füßen haben, wo nicht mehr die Frage zu unserer Lebensfrage wird, ob wir die Welt gestalten oder sie uns, sondern wo beide Positionen in ihrer Absolutheit aufgehoben sind weil eine dritte Position gefunden und bezogen ist: die des „extra me“!

Vielleicht ist dieses „Ich bin ich“ überhaupt der Gott geraubte Name, den der Mensch sich fälschlich, zu Unrecht angeeignet hat, der nicht sein Name ist. Er ist ein Göttername. Und wenn ihm dann, diesem sich absolut setzenden Menschen, bei seiner Einsamkeit und Isolierung bange wird, dann erträumt er sich einen Helfer über den Sternen, den nennt er Gott. Das ist sozusagen jenes Wesen, das alles das hat, was ihm fehlt, sein Partner sozusagen, der große Menschengott, den wir brauchen, damit wir nicht „aufwachen“ [vgl. Rom 13,11f]. Dieser Menschengott muss als solcher offenbar, enthüllt, zerbrochen werden, er ist die letzte und äußerste Form der Gottlosigkeit, der Unwirklichkeit unseres Lebens, wenn uns Gott selbst finden soll, wenn wir ihn und mit ihm zugleich das finden, was wir das Leben nennen. Die Wirklichkeit schlechthin.

Glauben fängt mit dem Zweifel an

Der postmoderne Skeptizismus hält es für eine Wahrheit, dass nichts wahr ist. Erst wenn auch diese Wahrheit radikal in Zweifel gezogen wird, kommt man zum Grund der Erkenntnis.

In der Nacht vom 10. zum 11. November 1619 hatte der damals 23 Jahre alte René Descartes drei Träume mit grossen Folgen für Europa. Alles, was Descartes bis dahin bestimmt hatte, will er in dieser Nacht hinter sich gelassen haben. In seinen Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, die ungefähr 20 Jahre später erschienen (1641), beschreibt er es folgendermas sen: «… ich will so lange weiter vordringen, bis ich irgendetwas Gewisses, oder, wenn nichts anderes, so doch wenigstens das für gewiss erkenne, dass es nichts Gewisses gibt» (Meditationen, S. 21).

Descartes hat das Bedürfnis nach Gewissheit. Mittels des radikalen und methodischen Zweifels sucht er nach dem, was nicht mehr bezweifelt werden kann. Er scheint selbst überrascht darüber, dass man so gut wie alles anzweifeln kann. Er sieht sich gezwungen, einzugestehen, «dass an allem», was er früher für wahr hielt, «zu zweifeln möglich ist» (Meditationen, S. 41). Das Letzte, was er nicht mehr bezweifeln kann, entdeckt Descartes im Selbstbewusstsein: «Und so komme ich, nachdem ich nun alles mehr als genug hin und her erwogen habe, schliesslich zu der Feststellung, dass dieser Satz: ‹Ich bin, ich existiere›, sooft ich ihn ausspreche oder in Gedanken fasse, notwendig wahr ist» (Meditationen, S. 22). Descartes hatte sein Fundament gefunden. Sein «cogito ergo sum» («Ich denke, also bin ich») ist für ihn eine unerschütterliche Grundlage für das Erschliessen der Welt.

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Erträumte Neuzeit

Decartes.jpgDescartes war dreiundzwanzig Jahre alt, als er in der Nacht vom 10. zum 11. November 1619 drei Träume hatte. Von dieser Nacht der Träume her datierte er jene geistige Revolution, aus der seine Philosophie hervorging, die durch einen absoluten Neuanfang gekennzeichnet war. Alles, was ihn bis dahin bestimmt hatte, will er in dieser Nacht hinter sich gelassen haben. Dies ereignete sich, als Descartes im Dienst der bayerischen Armee stand und an der militärischen Kampagne von 1619 in Deutschland teilnahm. Im Winterlager in Ulm 1619/20 fasste er, wie Paul Valéry schreibt, den Entschluss, sich selbst als Quelle und Bürgen allen Wertes in Fragen der Erkenntnis zu nehmen. Das berühmte »Cogito, ergo sum«, Ich denke, also bin ich, soll in diesem Winter zur Grundlage seiner Philosophie geworden sein.

Mehr im Artikel »Die Nacht der Träume« von Henning Ritter: www.faz.net.

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