Reformation

500 Jahre Zwingli

In der Schweiz wird 500 Jahre Reformation gefeiert. Die Kirche könne vom Reformator Ulrich Zwingli lernen, dass die Gottesfrage zentral sei, sagt die sehr gelehrte Berliner Kirchenhistorikerin Dorothea Wendebourg in einem interessanten Gespräch mit dem DLF. 

Hier: 

 

Das Wort Gottes treiben

Gerhard Ebeling beschreibt in seiner Einführung zu Luther, wie dieser im Anschluss an die Zeit auf der Wartburg nach Wittenberg zurückkehrte, um das Wort zu predigen (Gerhard Ebeling, Luther: Einführung in sein Denken, Tübingen: Mohr Siebeck, 1965, S. 67):

In Wittenberg aber geht Luther auf die Kanzel, Tag für Tag, eine Woche lang, und hat durch das Wort dem rechten Gang der Reformation die Bahn gemacht, indem er klarstellte, daß das, was der Inhalt des Evangeliums ist, auch bestimmend sein muß für die Frage des reformatorischen Handelns, nämlich daß alles abzustellen ist auf Wort und Glauben: „Denn das Wort hat Himmel und Erde geschaffen und alle Dinge; das muß es tun und nicht wir armen Sünder. Summa Summarum: Predigen will ich’s, sagen will ich’s, schreiben will ich’s. Aber zwingen, dringen mit der Gewalt will ich niemand. Denn der Glaube will willig, ungenötigt angezogen werden. Nehmt ein Exempel von mir: Ich bin dem Ablaß und allen Papisten entgegen gewesen, aber mit keiner Gewalt. Ich habe allein Gottes Wort getrieben, gepredigt und geschrieben, sonst hab ich nichts getan. Das hat, wenn ich geschlafen habe, wenn ich Wittenbergisch Bier mit meinem Philippus und Amsdorf getrunken habe, also viel getan, daß das Papsttum so schwach geworden ist, daß ihm noch nie kein Fürst noch Kaiser so viel Abbruch getan hat. Ich hab nichts getan, das Wort hat es alles getan und ausgerichtet.“

GLAUBEN UND DENKEN HEUTE 2/2017

Gudh 2 2017 c TitelDie Ausgabe Nr. 20 (2/2017) der Zeitschrift GLAUBEN UND DENKEN HEUTE ist erschienen. Anläßlich des 500. Reformationsjubiläums sind einige Beiträge reformatorischen Themen gewidmet. Frau Professor Burghartz stellt uns das bewegende Leben von Wibrandis Rosenblatt vor, die gleich viermal heiratete; zu ihren Ehemännern gehörten Johannes Oekolampad, Wolfgang Capito und Martin Bucer.

In der Rubrik „Von den Vätern lernen“ geben wir die Geschichte über das Leben von Martin Luther wieder, die Philipp Melanchthon schon kurz nach dem Tod es Reformators veröffentlicht hat.

Dr. Wolfgang Reinhardt plädiert in seinem Vortrag „Reformation aktuell …“ für die Mündigkeit aller Christen, alle Lehre zu beurteilen. Hintergrund dafür ist seine Beobachtung, dass die Pflicht zur Unterscheidung zwischen rechter und falscher Lehre vernachlässigt wird.

Bemerkenswert ist auch ein Aufsatz von Tanja Bittner zur Frage, ob es einen biblischen Auftrag für den Erwerb der Selbstliebe gibt. Ich zitiere:

Haben wir hier vielleicht nach vielen freudlosen Jahrhunderten, in denen die Christen zur Selbstverleugnung ermahnt wurden, den wahren Schlüssel zu einem gelingenden christlichen Leben gefunden? Dann ergeben sich daraus weitreichende Konsequenzen. In dem Fall müssen wir tatsächlich alles daransetzen, durch Lehre und Seelsorge Christen zur „gesunden“ Selbstliebe zu führen (wie dies vielfach schon geschieht), um hingegebene Nachfolger Christi aus ihnen zu machen. Aber vermittelt die Bibel tatsächlich, dass Selbstliebe ein solch fundamentales Lernziel ist?

Hanniel Strebel plädiert in seinem Beitrag dafür, dass Christen den Menschen Antworten auf die brennenden Fragen unserer Zeit geben. Christen sind Hoffnungsträger. Die biblische Offenbarung gibt Antworten auf die Dinge, die die Menschen im 21. Jahrhundert umtreiben, meint Hanniel.

Abgerundet wird die Ausgabe wie immer durch Rezensionen und Buchhinweise. Viele Spass beim Stöbern!

Hier der Inhalt:

ARTIKEL

  • Ron Kubsch: Editorial: An Christus vorbei glauben – Warum Martin Luther der Glaube allein nicht reicht
  • Tanja Bittner: Muss Selbstliebe erworben werden?
  • Philipp Melanchthon: Die Historie Martin Luthers
  • Hanniel Strebel: Der Sog der 98%
  • Susanna Burghartz: Wibrandis Rosenblatt
  • Wolfgang Reinhardt: Reformation aktuell …

REZENSIONEN

  • Colin Marshall, Tony Payne (Hg.): Das Spalier und der Weinstock (Daniel Vullriede)
  • Chiara Bertoglio: Reforming Music (Daniel Dangendorf)
  • Ron Kubsch: Der neue Paulus (Andreas Münch)
  • Miroslav Volf: Zusammen wachsen (Daniel Facius)
  • Jan Dochhorn, Susanne Rudnig-Zelt u. Benjamin Wold (Hg.): Das Böse, der Teufel und Dämonen (Ron Kubsch)
  • Eugene Ulrich: The Dead Sea Scrolls (Mario Tafferner)
  • Hendrik J. Koorevaar, Mart-Jan Paul (Hg.): Theologie des Alten Testaments. (Jonathan de Oliviera)

BUCHHINWEISE

  • Miles V. Van Pelt: A Biblical-Theological Introduction to the Old Testament (Ron Kubsch)
  • Rudolf Decker: Europa und Afrika (Thomas Schirrmacher)

Die Ausgabe kann hier heruntergeladen werden: gudh_2_2017_c.pdf.

 

Luther auf dem Reichstag zu Worms

Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms im Jahre 1521:

Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, daß sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!“

Carl Truman: Reformatorische Theologie

Zum 500. Reformationsjubiläum sprach Marvin Olasky am Patrick Henry College mit Carl Trueman über die reformatorische Theologie. Bei der Erörterung von Luthers „Theologie des Kreuzes“ kommen auch das Wohlstandsevangelium und das positive Denken à la Norman Vincent Peale zur Sprache. Besonders hilfreich finde ich Truemans Ermahnung zur Orthodoxie in der Liebe.

Luther-Programm mit umfassendem Harmoniebedürfnis

Über Jahre hat Margot Käßmann für das Reformationsjubiläum geworben, annähernd eine halbe Milliarde Euro sind für das Ereignis investiert worden. Doch die Zwischenbilanz ist ernüchternd, denn die Interessenten bleiben aus.

Ralph  Bollmann hat ein seinem Artikel „Luther ist die Pleite des Jahres“ den Theologen Friedrich Wilhelm Graf zitiert:

Der Münchener Theologe Friedrich Wilhelm Graf glaubt, dass die Kirche ihre Anziehungskraft im Jubiläumsjahr überschätzt hat. „Die sprudelnden Kirchensteuern bilden nicht ab, wie stark die tatsächliche Bindung an die Kirchen abnimmt“, sagte er. „Das sagt etwas über die Schwäche des kirchlichen Protestantismus in Deutschland aus.“ Niemand fahre eigens ins abgelegene Wittenberg, um sich auf einer Wiese einen unbekannten Prediger aus der Dritten Welt anzuhören. „Ich kann nicht erkennen, was die Kirche mit dem Reformationsjubiläum eigentlich will.“ Tatsächlich zeugt das kirchliche Luther-Programm von einem umfassenden Harmoniebedürfnis, das jede Polarisierung vermeidet und damit auch wenig Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Mehr: www.faz.net.

Reformation: Zentren – Akteure – Ereignisse

Nachfolgend ein Buchhinweis:

51aH9zozqbL SY346Die Reformation, die auf eine umfassende theologische Erneuerung abzielte und zugleich tiefgreifende Wirkungen in Kultur, Gesellschaft und Politik hervorbrachte, war für Europa ein einschneidendes Ereignis. Als maßgebliches Datum gilt das Jahr 1517. Mit der Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers erhielt nicht nur das Nachdenken über zentrale theologische Fragen, sondern auch der Ruf nach Neuausrichtung der Kirche, bedeutsame Impulse. Allerdings beschränkte sich die Reformation nicht auf Thüringen. Die Prozesse dort wurden von gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen sowie weiteren reformatorischen Ansätzen in Europa begleitet. So entwickelte etwa die Reformation in Straßburg oder in Genf eine enorme Wirkung.

Das Buch von Irene Dingel, Direktorin des Leibnitz-Instituts für Europäische Geschichte in Mainz, versucht, die vielfältigen Prozesse der Etablierung und Entfaltung der Reformation im Spannungsfeld der politischen Entwicklungen in Europa nachzuzeichnen. Es ist in drei große Teile gegliedert: Hintergründe (S. 15–44), Reformation (S. 45–248) und Ausstrahlung (S. 249– 276). Ergänzt wurden die Kapitel durch ein Quellen und Literaturverzeichnis und mehrere Register.

Ein erster Blick auf die spätmittelalterlichen Strukturen in Politik, Gesellschaft und kirchlichem Leben dient dazu, die Voraussetzungen zu erklären, auf denen sich die Reformation entfaltete. Nicht nur Wittenberg und die von dort ausgehende Reformation kommt zur Sprache, sondern auch weitere reformatorische Zentren und ihre herausragenden Akteure, deren Ausstrahlung nicht nur den Westen, sondern auch den Osten Europas erreichte. Im zweiten Teil werden die bedeutendsten Zentren und Akteure der Reformation beschrieben. Behandelt werden ausführlich neben Wittenberg auch Zürich, Straßburg und Genf. Die Autorin legt ebenfalls die inhaltlichen Auseinandersetzungen um Taufe, Spiritualismus und antitrinitarische Strömungen blendend dar. Der dritte Teil erörtert die Ausstrahlungen der Reformation in Europa (Niederlande, Nordeuropa, Preußen und Baltikum, Ungarn und Siebenbürgen, Böhmen und Mähren, Frankreich, England, Schottland, Spanien und Italien).

Irene Dingel ist es alles in allem gelungen, über historische Darstellungen hinaus theologische Ideen und Kontroversen verständlich auf dichten Raum präzise zu vermitteln. Ein empfehlenswertes Buch zur Reformationsgeschichte! (rk)

E21-Konferenz 2017: Zurück zu Gottes Wort

Viele Landeskirchen und Freikirchen in Deutschland haben ihr reformatorisches Erbe aufgegeben. Das stellte der erste Vorsitzende des Netzwerks Evangelium21, Matthias Lohmann, zum Abschluss der 7. Jahreskonferenz in der Hamburger Arche-Gemeinde fest. „Das durchschnittliche Bibelwissen ist auf einem historischen Tiefststand, das theologische Desinteresse frappierend und die ethische Orientierungslosigkeit riesengroß“, sagte der Pastor.

Die 1400 Konferenzteilnehmer rief er dazu auf, nicht verächtlich auf diese Situation zu blicken, sondern für Veränderung zu beten. „Reformation ist Gottes Werk, wir können sie nicht bewirken.“ Letztlich bräuchten die Kirchen und Gemeinden in Deutschland nichts dringender als das Gebet um Erneuerung. Diese beginne im Herzen eines jeden Christen. Lohmann bekannte: „Ich wünsche mir, dass mein Herz wieder ganz neu für Christus brennt!“

Von den Kirchenvätern lernen

Der Rektor des Reformed Theological Seminary (Jackson, Mississippi, USA), Ligon Duncan, betonte die zentrale Rolle der Bibel für die Reformation. Auf Grundlage der Heiligen Schrift hätten die Reformatoren den Glauben wieder hergestellt. Geholfen habe ihnen dabei das Zeugnis der frühen Kirche. Damals hätten Kirchenväter wie Clemens, Polykarp oder Ignatius gegen Irrlehren gekämpft, die den christlichen Glauben bedrohten. Sie hätten falsche Lehren dadurch entlarvt, dass sie sie anhand der Schriften des Alten Testaments prüften. „Die Kirchenväter wussten: Die Schrift legt die Schrift aus“, sagte Duncan. Die Reformatoren seien diesem Prinzip gefolgt und hätten der Bibel damit wieder die Autorität gegeben, die sie als Gottes Wort verdiene.

Ruf zur Mission

Für einen neuen Blick auf Mission warb David Platt, Präsident der Missionsgesellschaft der Südlichen Baptisten. Gott rufe jeden Christen zum Missionsdienst auf. Zwar sei nicht jeder dazu berufen, als Missionar in ein fremdes Land zu gehen, doch alle sollten sich für die Verbreitung des Evangeliums engagieren. „Ohne den rettenden Glauben an Jesus Christus geht ein Mensch für immer verloren“, sagte Platt. Angesichts von 2,8 Milliarden Menschen, die weltweit keinen Zugang zum Evangelium hätten, sei Mission dringender denn je. Er erinnerte die Konferenzteilnehmer an ihre Verantwortung: Gott errette Menschen aus einem ganz bestimmten Grund durch das Evangelium vom Tod. Er wolle, dass sie seine Herrlichkeit in der ganzen Welt bekanntmachen. „Weltmission ist kein Programm oder Arbeitszweig einer Kirche, sondern Sinn und Zweck unseres Lebens“, sagte Platt. Die 7. Evangelium21-Konferenz stand in diesem Jahr im Zeichen des 500-jährigen Reformationsjubiläums. Sie fand in enger Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Pastorenkonferenz „Together for the Gospel“ (T4G) statt, die 2006 von den Pastoren und Theologen Mark Dever, Ligon Duncan, Albert Mohler und C.J. Mahaney begründet wurde. Zu Evangelium21 gehören Christen aus verschiedenen Kirchen und Gemeinden, die ihren Glauben fest auf Jesus Christus gründen. Ausgerichtet auf die von den Reformatoren wiederentdeckten Wahrheiten – Gnade allein, Glaube allein, die Schrift allein, Christus allein und zu Gottes Ehre allein – setzt das Netzwerk Impulse, durch die Gemeinden neu belebt und gestärkt werden.

Einige Impressionen von der Konferenz:

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Die Hauptredner der Konferenz 2017 gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern von Evangelium21. Bild: E21

 

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Die Hauptkonferenz 2017 zählte am dritten Tag 1400 Teilnehmer. Bild: E21

 

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Mark Dever spricht über Johannes 16. Übersetzer ist Matthias Lohmann. Bild: E21

 

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Ligon Duncan erklärt anhand des Epheserbriefes das „sola gratia“. Übersetzer ist Kai Soltau. Bild: E21

 

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Al Mohler im Gespräch mit Konferenzteilnehmern. Bild: E21

 

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Auch in diesem Jahr haben wieder etliche christliche Verlage ihre Bücher vorgesetellt. Bild: E21

Wer schützt Luther?

Eine zutreffende Beobachtung von Ulrike Jureit aus ihrem Artikel „Wer schützt Luther vor seinen Lobrednern?“ (FAZ vom 17.03.2017, Nr. 65, S. 14):

Die aktuellen Anstrengungen zum Reformationsjubiläum 2017 verdeutlichen hinlänglich den Wunsch, sich identifikatorisch auf den 31. Oktober 1517 zu beziehen. Es scheint kaum noch möglich, historische Großereignisse zu vergegenwärtigen, ohne danach zu fragen, welches Identitätsangebot diese Vergangenheit für uns heute bereithält. Das überrascht nicht, wenn man sich vor Augen hält, dass unsere Erinnerungskultur, vor allem in Deutschland aufgrund der Geschichte des Nationalsozialismus, bereits seit Jahrzehnten zu einer von Identitätsfragen gesteuerten Naherinnerung neigt. Sie macht es überaus beschwerlich, historische Bezugsereignisse früherer Epochen in ihrer zeitgenössischen Komplexität jenseits vorschneller Skandalisierangen und affektgesteuerter Mitmachangebote zu vergegenwärtigen. An den zunehmend touristisch und kommerziell gestalteten, gleichwohl als authentisch deklarierten Orten will Geschichte offenbar weniger erlernt, reflektiert oder verstanden, sie will vor allem erlebt und gefühlt werden.

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