Wie aus Evangelikalen Kriegstreiber wurden

Was ist ein Bright? Ein Bright ist eine Person, die ein naturalistisches Weltbild vertritt. »Das Weltbild eines Bright ist frei von übernatürlichen und mystischen Elementen. Die Ethik und Handlungen eines Bright basieren auf einem naturalistischen Weltbild.« (Quelle).

Die Brights sind nicht zimperlich. In dem Artikel »Mit der Jugend in den evangelikalen Gottesstaat« berichten sie kritisch über die Missionsstrategie der Organisation Jugend mit einer Mission (JMEM) und warnen scharf vor den Evangelikalen:

Liebe Eltern, schützen Sie Ihre Kinder vor dieser unerträglichen Indoktrination, wenn Sie nicht wollen, dass jemand versucht aus Ihrem Kind einen Gotteskämpfer zu machen. Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche gestalten evangelikale Freikirchen bewusst äußerst verlockend und zudem extrem günstig. Da die meisten unter dem Deckmantel der Evangelischen Allianz agieren, sollte Ihnen klar sein, dass nicht alles evangelisch ist, was sich so nennt. Allein die Bezeichnung Freikirche sollte immer Anlass sein genau zu prüfen. Schauen Sie sich die Webseiten der Kirchen gut an, falls vorhanden oder besuchen Sie einen Vortrag oder Gottesdienst der Einrichtung. Die wörtliche Auslegung der Bibel kann dabei nicht verborgen bleiben.

Liebe Lehrer, thematisieren Sie bitte die Problematik im Schulunterricht, damit die Kinder nicht naiv ins offene Messer laufen.

Die Evangelikalen sind aus Sicht der Brights nicht nur dumm, sondern gefährlich. Eine offene Gesellschaft kann sie eigentlich nicht ertragen. »Wir können uns alle nicht mehr leisten dieses Phänomen stillschweigend zu ignorieren oder gar zu tolerieren. Das müsste mittlerweile jedem klar sein.«

Ende März stellten die Brights einen neuen Beitrag mit dem viel versprechenden Titel: »Evangelikale Mission ohne Grenzen« ins Netz. Es handelt sich dabei nicht um einen eigenen Beitrag, sondern um den Artikel »Der falsche Flüchtling« aus der Tageszeitung (TAZ).

Der spannende Artikel, geschrieben von der Journalistin Simone von Schlindwein, befasst sich mit falsch begründeten Asylanträgen. Konkret geht es um den 24-jährigen Innocent Irankunda aus Ruanda. Er bat in Deutschland um Asyl, wurde jedoch abgeschoben, da nach Überzeugung der Behörden die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen. Jetzt sitzt Innocent in in Kigali im Gefängnis. Er wurde dort wegen Urkundenfälschung und Gebrauchs gefälschter Dokumente zu vier Jahren Haft verurteilt. Die Einzelheiten können im TAZ-Artikel nachgelesen werden. Noch detaillierter und den deutschen und ruandischen Behörden gegenüber kritischer schildert die Rechtsanwältin Florentine Heiber die Vorgänge.

In dem TAZ-Artikel »Der falsche Flüchtling« wird nun der Leiter einer evangelikalen Missionsgesellschaft als derjenige ausgemacht, der die Einschleusung von Ruandern nach Deutschland professionell organisiert hat und sich das üppig bezahlen ließ.

Irankundas Visum sei echt gewesen, bestätigt die deutsche Botschaft in Kigali. Allerdings seien die Dokumente im Anhang nicht einwandfrei. Die ruandische Organisation, in deren Auftrag Irankunda die Karlsruher Messe besuchen sollte und die den Visumantrag in seinem Namen einreichte, ist der Botschaft gut bekannt. »Evangelikale Missionare ohne Grenzen« heißt sie. Ihre »Trauma- und Stress Rehabilitierungs-Mission«, in der Irankunda beschäftigt sei, ist nichts Ungewöhnliches in einem Land, in dem so viele Überlebende des Völkermordes psychologische Hilfe benötigen. Doch warum schickt diese Organisation fünf Ruander, darunter Irankunda, auf eine Maschinenmesse – junge Menschen, die dann alle Asylanträge stellen?

»Evangelikale Missionare ohne Grenzen«. Das Stichwort ist gefallen. Es löst eine Kettenreaktion aus. Bei den Brights wird aus »Evangelikale Missionare ohne Grenzen« die Schlagzeile »Evangelikale Mission ohne Grenzen«. In einem Kommentar bei der TAZ heißt es dann sogar:

Wundert mich nicht, daß die Evangelikalen da ihre schmutzigen Finger drin haben, immer haben sie zusammen mit anderen christlichen Konfessionen schon den Völkermord an den animistischen Tutsis unterstützt und als heiligen Krieg gegen den Atheismus verklärt. Da wundert es nicht, wenn sie 
versuchen Opfer ihrer Indoktrination als Helfer und Unterstützung für den Versuch sich in den säkularisierten Ländern einzunisten in die erste 
Welt holen.

Da haben wir‘s: Die Evangelikalen sind schuld an dem Völkermord an den Tutsis.

Die Wahrheit ist einfacher. Hinter der Organisation »Evangelikale Missionare ohne Grenzen« steckt die in Ruanda registrierte Organisation »Ministère d’Evangélisation Sans Frontières« (MIESF). MIESF gibt ihren französischen Namen auf der eigenen Internetseite mit »Evangelistic Ministries without Borders« wieder. Die korrekte Übersetzung auf Deutsch heißt: »Dienst für Evangelisation ohne Grenzen« oder »Dienst für Mission ohne Grenzen«.

Alles, was für eine Verbindung zu den Evangelikalen spricht, ist also ein Übersetzungsfehler. Selbst dann, wenn MIESF darüber hinaus Verbindungen zur Evangelikalen Bewegung pflegte, erlaubte dies nicht den verallgemeinernden Schluss auf eine insgesamt kriegsfördernde und korrupte Bewegung. Viele Kriminelle geben sich fromm und christlich, weil sie auf diese Weise die Naivität der Menschen abschöpfen. (Fast täglich wird mir im Namen Gottes per email das Angebot unterbreitet, »armen Afrikanern« lukrativ bei der Verwaltung eines millionenschweren Erbes zu helfen.)

Ich habe nichts gegen Andersdenkende und bin froh, dass es kritische Journalisten oder die Brigths gibt. Der Dialog kann den Horizont erweitern, das Prüfen eigener Anschauung erzwingen und die Erkenntnis von Wirklichkeit fördern. Wir sollten aber sportlich miteinander diskutieren und dem anderen nicht gleich die Existenz- oder Denkberechtigung absprechen. Christen sind keine Feinde der offenen Gesellschaft!

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Der Beitrag kann hier als PDF mit Quellen herunter geladen werden: Kriegstreiber.pdf .

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2 Kommentare
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Katharina
14 Jahre zuvor

Es geht auch anders: Ich habe gerade zwei geniale Seminare an der Uni – das eine zum Thema „Literature and Theology“, das andere über „The History of American Evangelicalism“, und beide Dozenten sind sehr sachlich und ausgewogen. In letzterem Seminar hat der der Dozent erstmal eine differenzierte Einführung zum Thema gegeben und deutlich gemacht, was evangelikal ist und was es nicht ist – zum Beispiel nicht gleich fundamentalistisch. Ich war begeistert 🙂 .

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