Das gute schlechte Gewissen
Blaise Pascal:
Niemals tut man derart vollständig und heiter das Böse, als wenn man es mit gutem Gewissen tut.
Beiträge aus dem Bereich Ethik.
Blaise Pascal:
Niemals tut man derart vollständig und heiter das Böse, als wenn man es mit gutem Gewissen tut.
Die neue EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann hat sich in einem Interview mit der Zeitschrift Rheinischer Merkur zur Sterbehilfe und zur gemeinsamen Zukunft der Kirchen positioniert. Aber was für eine Position steckt hinter folgender Äußerung?
Unsere Zeit bildet sich manchmal zu viel darauf ein, dass sie Tabus bricht und beiseiteräumt. Es gibt auch Tabus, die uns an notwendige Grenzziehungen erinnern. Das Wort Euthanasie, der angeblich gute Tod, hat in Deutschland einen bösen Klang, weil mit diesem Begriff die Ermordung behinderter Menschen gerechtfertigt wurde, denen die nationalsozialistischen Machthaber in Wahrheit das Lebensrecht bestritten haben. Doch wenn Menschen, die auf das Sterben zugehen, von ihrer Kirche nur den Satz hören: Du darfst am Ende deines Lebens nicht selbst bestimmen, dann fühlen sie sich alleingelassen.
Hier das Interview: www.merkur.de.
Eine Grundrechtsklage gegen den Ethikunterricht an Schulen in Berlin ist vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gescheitert. Die Kläger, ein evangelisches deutsches Elternpaar und ihre 16-jährige Tochter aus Berlin, hatten mit der Religions- und Gedankenfreiheit argumentiert und eine Befreiung ihrer Tochter vom Pflichtfach Ethik verlangt. Das Gericht wies die Klage der Familie als unbegründet zurück.
Hier mehr: www.morgenpost.de.
Kann man Schläger oder Mörder für ihre brutalen Taten verantwortlich machen? Noch setzt die Rechtsprechung voraus, dass Kriminelle (mehr oder weniger) für ihre Taten verantwortlich sind. Hirnforscher Gerhard Roth zweifelt am Sinn des Schuldprinzips und fordert ein neues Strafrecht. Markus Schulte von Drach schreibt dazu in der Süddeutschen Zeitung:
»Aus psychologischer Sicht kann man uns eine Handlung nur dann als unser Handeln zuschreiben, wenn es von unseren Motiven bestimmt wird«, so Roth. In der Strafrechtstheorie werde aber das genaue Gegenteil als Grundlage für Willensfreiheit angesehen: die Fähigkeit, sich von der Bedingtheit durch Motive zu befreien.
Unterstellt wird seit Kants Vorstellung eines inneren Sittengesetzes, dass grundsätzlich alle Menschen motiviert sein müssten, moralisch-rechtstreu zu handeln oder Strafe zu vermeiden. Allerdings hatte Kant die Frage nach Sittlichkeit, Schuld und Gewissen in die Metaphysik verlagert.
»Unser Rechtsgewissen ist aber das Produkt unserer Erziehung oder Lebenserfahrung und unterliegt wie alle Motive der Persönlichkeitsentwicklung«, sagt Roth. »Ich kann mich nicht außerhalb meiner Persönlichkeit und ihrer Geschichte stellen.«
Ähnlich sehen es auch Wissenschaftler wie der Frankfurter Hirnforscher Wolf Singer und der Leipziger Kognitionswissenschaftler Wolfgang Prinz, aber auch bekannte Philosophen wie der Amerikaner Daniel Dennett oder sogar Arthur Schopenhauer.
Es wäre demnach an der Zeit, sich von Begriffen wie Schuld und Sühne zu lösen und sich von der Vorstellung von Gut und Böse an sich zu verabschieden, wie es unter anderen der Philosoph Michael Schmidt-Salomon energisch fordert.
Nach der Lektüre des umfänglichen SZ-Artikels »Solln und Sühne« empfehle ich besonders die Abhandlung des Philosophen Daniel von Wachter: »Hat die Wissenschaft festgestellt, dass der Mensch nicht frei ist« sowie meinen Beitrag »Die Entwertung des Menschlichen«.
Was als Protestbewegung begann, ist zu einem riesigen Spektakel geworden. Die Homosexualisierung der Gesellschaft erreicht ihren Höhepunkt, und wer sich outet, wird zum leuchtenden Märtyrer einer bekennenden Kirche. Philipp Gut schreibt in einem Essay für DIE WELT:
Die moderne Homosexuellenbewegung ist jung, in diesem Jahr hat sie ihr 40. Jubiläum gefeiert. Kaum eine andere Emanzipationsbewegung hat in so kurzer Zeit so viel erreicht. Von Ächtung und Diskriminierung kann, nüchtern betrachtet, keine Rede mehr sein. Einst verlacht und verfolgt, üben Homosexuelle heute selbstverständlich alle erdenklichen Bürgerrechte aus. Doch die rechtliche Gleichstellung macht bloß einen Teil des triumphalen Aufstiegs aus. Die Anerkennung, die Homosexuelle genießen, geht weit darüber hinaus. Der Staat fördert sie, die Gesellschaft buhlt um ihre Gunst. Die Schwulen bestimmen heute, wie über Schwule zu denken und zu sprechen ist – und vor allem, worüber man nicht sprechen darf.
Hier der vollständige Artikel: www.welt.de.
Im Gender-Denken verstummt der Leib mit seiner erotischen Dimension, mit der Fähigkeit zu zeugen und zu gebären. Der Körper wird zum passiven Objekt des Selbstentwurfs.
Die Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz hat einen bemerkenswerten Artikel über die Gender Mainstream-Ideologie verfasst:
Frau muss Mann werden, um Mensch zu sein – so die Kurzthese des Egalitätsfeminismus (Simone de Beauvoir); Frau soll Frau werden, um Mensch zu sein, so die Kurzthese des Differenzfeminismus (Luce Irigaray). In diesen Richtungsstreit hat sich eine neue, postfeministische Debatte eingeschaltet: Es gebe gar kein biologisches Geschlecht (sex), nur noch ein sozial und kulturell zugeschriebenes Geschlecht (gender). In seinem »harten« Kern ist Gender radikal »dekonstruktivistisch«, löst die gewohnten Sichtweisen über Frau und Mann als ideologisch auf und entwirft spielerisch-unverbindliche Entgrenzungen. Sind wir damit anstelle von Frau oder »Männin« bei der »Menschin« angekommen? Oder beim Menschen ohne (Geschlechts-)Eigenschaften?
Schon Sigmund Freud hatte den Unterschied der Geschlechter bezweifelt: Wer den Schleier des Weiblichen lüfte, treffe auf das Nichts (des Unterschieds). Geschlechter seien nur ein Konstrukt versteckter »phallogozentrischer« Macht. Das behauptet Judith Butler in »Gender Trouble« (1990). Die feministische Argumentation sieht die 1956 geborene Rhetorikprofessorin in Berkeley widersprüchlich: Einerseits sei das Geschlecht nur sozial geprägt (und somit durch Kritik veränderlich), andererseits aber biologisch bestimmt (und somit unveränderlich). Aber nach Butler gibt es überhaupt keinen »natürlichen« Körper, der »vor« der Sprache und Kultur liegt. Radikalisiert heißt das: Der Unterschied zwischen »Sex« und »Gender« ist pure Interpretation. Noch schlichter: Auch »Biologie« ist Kultur. Emanzipatorisch ist daher ein subjektives und offen pluralistisches Geschlecht zu »inszenieren«.
Am 26. September 2009 zogen ungefähr 1000 harmlose Abtreibungsgegner beim »Marsch für das Leben« durch die Hauptstadt Berlin. Nicht allen hat das gefallen: »Hätt‘ Maria abgetrieben, wärt Ihr uns [gemeint sind die Christen] erspart geblieben.«
Hier Einblicke in die Perspektive der Gegendemonstranten: www.youtube.com.
Für Feministinnen ist die Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht. Dennoch haben junge Frauen heute viel mehr Chancen als ihre Mütter – und ganz andere Prioritäten als die Gleichstellung von Mann und Frau. Dorothea Siems zeigt, dass die Wünsche der Frauen nicht mit den Vorstellungen der Gleichstellungspolitiker verwechselt werden dürfen:
Das neue Leitbild der Politik sind die doppelt vollberufstätigen Eltern. Vor allem sie profitieren vom neuen Elterngeld und dem Krippenausbau. Das neue Unterhaltsrecht signalisiert den Frauen ebenfalls, dass sie auch als Mütter beruflich keinesfalls kürzertreten sollten, wollen sie im Fall einer Trennung nicht sozial absteigen. Linke Gleichstellungspolitiker propagieren ohnehin schon seit langem, dass Frauen nur dann gleichberechtigt seien, wenn sie – wie die Männer – einen Vollzeitjob hätten. Dabei haben die meisten Frauen mit Kindern hierzulande ganz andere Wünsche. Eine Allensbach-Umfrage im Auftrag des Bundesfamilienministeriums zeigt, dass flexiblere Arbeitszeiten, viele Teilzeitjobs und Erleichterungen beim Wiedereinstieg nach der Elternzeit die vordringlichsten Wünsche berufstätiger Eltern sind.
Hier der Artikel: www.welt.de.
Ist die Gender-Doktrin praxistauglich?
Die Antwort gibt dieses Video: www.spiegel.de.
Ein neuer Historikerstreit bahnt sich an. In seinem Buch Weltgeschichte der Sklaverei stellt der Historiker Egon Flaig die These auf, dass islamische Länder die Sklaverei noch übler betrieben als christliche Eroberer. Viele wittern schon einen Skandal. Berthold Seewald verteidigt Flaig vorsichtig:
Das klingt mehr nach Diffamierung denn nach Argumentation. Denn Flaig ist Historiker genug, um seine Zahlen durchaus mit Literatur zu untermauern – gegenüber rund elf Millionen Menschen, die von Afrika aus nach Amerika verkauft wurden, hält er es allerdings mit der umstrittenen Maximalschätzung, die von 17 Millionen Verschleppten in die Kernländer des Islams ausgeht. Dass »die einheimische Sklaverei in Afrika und Asien allmählich von den Kolonialmächten zerstört« wurde, kann man schon bei dem großen Übersee-Historiker Jürgen Osterhammel nachlesen. Und um die komplizierte Frontlage in der aktuellen Sklaverei-Debatte zu skizzieren, bräuchte man, wie der schwelende Streit in Frankreich und jüngst erst Wolf Lepenies (WELT v. 13.7.) gezeigt haben, ein ganzes Buch.
Die ganze Aufregung dient also wohl dem Ziel, eine zentrale Aussage Flaigs kleinzureden: Die Sklaverei sei bis in die Gegenwart hinein ein integraler Bestandteil muslimischer Gesellschaften.
Hier der vollständige Beitrag: www.welt.de.