März 2011

Das letzte Wort hat die Liebe

_images_products_big_191121.jpgRob Bells Buch Love Wins wird pünktlich zum Jugendplus-Kongress 2011 auf Deutsch beim Brunnen Verlag erscheinen. Schade. Dieses Buch brauchen wir nicht!

Inzwischen hat sich auch die Evangelische Allianz in Großbritannien hinter eine kritische Rezension des Buches gestellt. Derek Tidball schreibt:

Love Wins however only presents half the truth, which is disturbing to those who believe in the other half of the truth. Old Testament verses are strung together which speak of God’s grace triumphing over Israel’s sin and that their punishment will have a ’sale by‘ date. But he never mentions repentance in this connection as the prophets do, nor the fact that it was a remnant restored to the homeland. His teaching on hell ducks some hard issues while firing out a lot of questions of his own. God’s wrath, and his holiness, is touched on only very inadequately and insubstantially. He says the sacrificial understanding of the cross belongs to a primitive cultural world we no longer inhabit, so he sidesteps a key understanding of the cross. He assumes that people will come round to accept God’s love in the end, and doesn’t see why death is the irreversible cut-off point. But why does he think people will ‚repent‘ after death when they haven’t done so before? He uses some parables that appear to fit his argument but ignores others and uses them all in a somewhat interesting way.

Hier: www.eauk.org.

Soll es noch ein ärztliches Ethos geben?

Ein Beschluss der Bundesärztekammer verändert das Berufsbild des Arztes in einschneidender Weise: Die deutsche Ärzteschaft stellt sich selbst (!) die Mitwirkung bei der Selbsttötung frei.

Das Philosophin Petra Gehring beschreibt in einem Beitrag für die FAZ einen stillen aber dramatischen Wandel im Selbstverständnis der Ärzteschaft. Mit der neuen Regelung sollen die »verschiedenen und differenzierten Moralvorstellungen von Ärzten in einer pluralistischen Gesellschaft« anerkannt werden, heißt es im Vorwort der neuen Grundsätze. Praktisch ist nun die Duldung der Beteiligung von Ärzten an assistierten Suiziden ausgesprochen.

Professorin Gehring schreibt:

Die Sache klingt bürokratisch, aber es geht um Leben und Tod. Am 21. Januar 2011 hat die Bundesärztekammer ihre Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung verändert. Die zuvor geltende Fassung stammte aus dem Jahr 2004 und war zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung umstritten, weil sie bei schwerstgeschädigten Neugeborenen und Wachkomapatienten auch ohne Vorliegen einer Patientenverfügung den Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen – auch: Ernährung und Flüssigkeit – vorsah. Die Diskussion darüber, ob ein solches Verhungernlassen von Komapatienten erlaubt sein soll, währte nur kurz. Wohl auch, weil für Sterbende unter der juristischen Formel »Änderung des Behandlungszieles« etwas Ähnliches bereits einige Jahre vorher eingeführt worden war. Tatsache ist: Arztentscheidung beziehungsweise Betreuerentscheidung können seit 2004 den Tod von schwerstbehinderten Neugeborenen und Komapatienten herbeiführen, und zwar ohne deren erklärten Willen und obwohl Wachkomapatienten lange leben und manchmal sogar wieder aufwachen, also keine Sterbenden sind.

Die neuen Grundsätze sind demgegenüber eine Revolution. Erstens eröffnen sie für neue Patientengruppen – Demenzkranke – den Pfad einer Gabe des Todes ohne erklärten Sterbewillen, also allein durch Arzt und Betreuer, zweitens verzichten sie auf jegliche Abgrenzung gegen aktive Sterbehilfe, und drittens stellen sie Ärzten die Beteiligung an Selbsttötungen frei. Die Situation Hilfloser in der Klinik verändert sich dramatisch: Auch für Verwirrte werden Betreuer nun zu Herren über Leben und Tod. Wohl noch dramatischer verwandelt sich aber das Profil des Arztberufs. Die Beteiligung an Selbsttötungen hat mit Krankenbehandlung nichts zu tun. Warum also der im Januar beschlossene Schritt?

Hier der Beitrag: www.faz.net.

Mahatma Gandhi

201103311515.jpgWenn stimmt, was in dieser:

neuen Biographie über Mahatma Gandhi steht, dürfte sich das Gandhi-Bild in den nächsten Jahren verschieben. Möglicherweise geht es aber auch bei diesem Buch um »Marketing«, da sich mit steilen Behauptungen in der Presse Verkaufszahlen kostengünstig steigern lassen. Der Autor des Buches, Joseph Lelyveld, war früher Redakteur bei der New York Times und kennt die Spielregeln (vgl. hier).

Hier die The Wall Street Journal-Rezension von Andrew Roberts, die für viel Aufsehen gesorgt hat: online.wsj.com.

Barth über die Entstehung der Barmer Erklärung

Warum heißt die »Barmer Erklärung« eigentlich nicht »Barmer Bekenntnis«? Die Antwort gab Karl Barth am 2. März 1964 in einem Gespräch mit Tübinger Stiftlern.

Hier ein Mitschnitt:

[podcast]http://www.karlbarth.unibas.ch/fileadmin/downloads/mp3/EntstehungDerBarmerErklaerung.mp3[/podcast]

Ein herzliches Dankeschön geht an das Karl Barth-Archiv Basel, das das Tondokument zur Verfügung stellt.

Das Böse: Es macht ihnen Spaß

_images_I_41WAwWn33aL._SL160_.jpgDie Lust an der Grausamkeit ist größer als alle moralischen Hemmungen. Drei neue Studien gehen dem Ursprung des Bösen nach. Über Die Lust am Bösen: Warum Gewalt nicht heilbar ist von Eugen Sorg schreibt DIE WELT:

Für Eugen Sorg, den weitgereisten Reporter mit psychiatrisch belehrtem Blick, ist die Antwort klar. Das Böse ist eine Leidenschaft, die nur sich selbst kennt. Es ist keine Folge pathogener Zustände, keine Ausgeburt von Verzweiflung und keine Rache für erlittenes Unrecht. Das Böse ist auf der Welt, seit Menschen sich dazu entschließen, Böses zu tun.

Die Übeltäter wissen genau, dass ihre Untaten unrecht sind. Aber der Spaß an der Grausamkeit ist größer als alle Hemmnisse. Bosheit ist durch keine Zivilisation zu tilgen. Menschen sind gewalttätig, nicht weil sie müssen, sondern wenn sie dürfen. Nicht soziale, seelische, politische oder kulturelle Umstände produzieren Gewalt. Sie eröffnen nur Gelegenheiten, welche die Subjekte allzu gern nutzen.

Sorgs Belege für die brutalen Potenzen des Gattungswesens sind erdrückend. Umso stärker ist sein Zorn auf die Verleugnung des Bösen, auf die Torheit falscher Hoffnung, die den medialen und akademischen Diskurs bestimmt. Sorgs Buch steht in der besten Tradition einer Kritik der Illusionen und Klischees. Der populäre Therapiekult glaubt beharrlich an die Heilbarkeit des Bösen.

Hier mehr: www.welt.de.

Der neue Mensch

In einem neuen Handbuch für Studierende der Politikwissenschaft und der Philosophie (Politische Theorie und Politische Philosophie, C.H. Beck Verlag, 2011) ist der aufschlussreiche Satz zu finden:

Während die Bereiche von Politik und Ökonomie einen Prozess der Entfamiliarisierung und Entpersonalisierung, der Anonymisierung und Artifizialisierung durchlaufen, erfährt die Institution der Familie infolge des Verlusts ihrer politischen und wirtschaftlichen Funktionen zugleich mit ihrer gesellschaftlichen Marginalisierung einen Prozess der Privatisierung im Sinne von Intimisierung, Sentimentalisierung und Naturalisierung.

Mehr dazu in einer »unkorrekten« Kolumne von Alexander Kissler: www.theeuropean.de.

VD: EP

Der berühmte Satz, den Galilei nie sagte

201103271635.jpg»Und sie bewegt sich doch« – dieser Ausspruch sollte die Standfestigkeit des Astronomen Galileis gegenüber der Inquisition zeigen. Der Satz fiel allerdings nie. Trotzdem wird die Geschichte um Galilei immer wieder dafür missbraucht, um die Vorstellung vom aufrechten Wissenschaftler und der fortschrittsfeindlichen Kirche zu befestigen (auch Brian McLaren hat dieses Bild eindringlich bemüht, vgl. dazu Fußnote 5 in dem Vortrag hier). Bemerkenswert ehrlich schreibt DIE WELT dazu:

Die Päpste hatten gegen die These vom heliozentrischen Weltbild gar nicht so viel einzuwenden – solange sie nicht mit dem Anspruch absoluter Wahrheit auftrat. Das war nicht nur hinsichtlich der biblischen Lehren nachvollziehbar, sondern auch wissenschaftlich: Denn ein letzter Beweis fehlte zu diesem Zeitpunkt ja noch. Von Kerkerhaft, Folter und erzwungenen Eingeständnissen konnte erst recht keine Rede sein: Galilei logierte zunächst in der florentinischen Botschaft in der Villa Medici, während des Prozesses erhielt er eine Drei-Zimmer-Wohnung mit Aussicht auf die Vatikanischen Gärten.

So viel Komfort hinderte ihn freilich nicht daran, im Prozess mit triumphaler Selbstgewissheit aufzutreten – als »geistige Pygmäen« bezeichnete er all jene, die an seinen Lehren zweifelten. Das Urteil der Inquisition, das ihm am Ende die Weiterverbreitung seiner Ideen und seine Lehrtätigkeit untersagte, ging auch auf seine trotzige Unerbittlichkeit zurück. Galilei lebte noch neun weitere Jahre, die letzten verbrachte er in seinem Landhaus im florentinischen Stadtteil Arcetri.

Hier mehr: www.welt.de.

Augustinus: Gottesstaat und Menschenstaat

Aurelius Augustinus unterscheidet in seiner – allerdings noch nicht voll entwickelten – »Staatstheorie« zwischen einem vergänglichen Staat, in dem der Mensch mit Macht regiert und einem unvergänglichen Staat, zu dem diejenigen gehören, die sich von der himmlischen Liebe leiten lassen (De civitate Dei XIV,28):

Demnach wurden die zwei Staaten durch zweierlei Liebe begründet, der irdische durch Selbstliebe, die sich bis zur Gottesverachtung steigert, der himmlische durch Gottesliebe, die sich bis zur Selbstverachtung erhebt. Jener rühmt sich seiner selbst, dieser »rühmt sich des Herrn«. Denn jener sucht Ruhm von Menschen, dieser findet seinen höchsten Ruhm in Gott, dem Zeugen des Gewissens. Jener erhebt in Selbstruhm sein Haupt, dieser spricht zu seinem Gott: »Du bist mein Ruhm und hebst mein Haupt empor.« In jenem werden Fürsten und untertworfene Völker durch Herrschsucht beherrscht, in diesem leisten Vorgesetzte und Untergebene einander in Fürsorge und Gehorsam liebevollen Dienst. Jener liebt in seinen Machthabern die eigene Stärke, dieser spricht zu seinem Gott: »Ich will dich lieben, Herr, meine Stärke.«

Ägypten: »Vom Geist der Revolution ist nichts übrig«

Am vergangenen Samstag haben die Ägypter mit großer Mehrheit für eine Verfassungsänderung in ihrem Land gestimmt. Daniel Ottenberg, Referent für Menschenrechte der Hilfsorganisation »Open Doors Deutschland«, hat die Zeit vor der Wahl in Ägypten verbracht. Im Gespräch mit pro erklärte er, warum eine Überarbeitung der Verfassung zum jetzigen Zeitpunkt den Christen in Ägypten schadet.

Das Militär sendet sehr gemischte Signale aus. Einerseits sehen wir Gesten guten Willens: Vor drei Wochen wurde in einem Vorort von Kairo eine Kirche niedergebrannt. Die Christen haben öffentlich demonstriert, das wurde sogar vom TV-Sender »Al Dschasira« aufgenommen und gesendet. Es gab eine Aufnahme, in der eine junge Demonstrantin ein Plakat in die Kamera hielt, auf dem stand: »Jesus ist Liebe«. Eine solche Freiheit für Christen hat es in Ägypten noch nie gegeben. Das Militär hat sofort bekannt gegeben, es wolle die Täter ermitteln, bestrafen und die Kirche wieder aufbauen. Wir haben in der vergangenen Woche erfahren, dass die Staatssicherheit aufgelöst worden ist. Das war die Behörde, unter der die Christen ganz besonders gelitten haben. Die Staatssicherheit hat Christen festgenommen, verhört, gefoltert und auch getötet. Die Frage ist: Was kommt jetzt? Christen sind in Ägypten noch immer in der Minderheit, sie werden nach wie vor diskriminiert und missachtet. Es ist kein Zufall, dass die Armee ausgerechnet kurz vor den Wahlen am vergangenen Samstag die Abschaffung der Staatssicherheit bekannt gegeben hat. Damit wollte man die Christen in Sicherheit wiegen. Auf der anderen Seite hat das Militär den Drahtzieher des Mordanschlags auf Anwar al-Sadat im Jahr 1981 in der vergangenen Woche aus der Haft entlassen. Sadat hatte sich zu seiner Zeit als Staatspräsident verstärkt für den Frieden mit Israel eingesetzt. In den Medien wurde sein Widersacher gefeiert und er verkündete seine Überlegung, sich zur kommenden Wahl zu stellen. Das ist beängstigend.

Hier das vollständige Gespräch: www.pro-medienmagazin.de.

Friedrich Schleiermacher

201103241058.jpgWer durchschauen möchte, wie sehr – trotz Neo-Orthodoxie –, die Theologie der Gegenwart von Friedrich Schleiermacher (1768–1834) geprägt ist, sollte sich diese ausgezeichneten Beiträge des DLF anhören (vgl. auch diesen Beitrag):

Teil 1:

[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/03/22/dlf_20110322_0940_7a6fa86c.mp3[/podcast]

Teil 2:

[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/03/23/dlf_20110323_0941_ea510c36.mp3[/podcast]

Teil 3:

[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/03/24/dlf_20110324_0942_0d896c7d.mp3[/podcast]

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