Juni 2015

Tim Keller: Bibel ist Abenteuer für Prediger

Tim Keller, Preaching: Communicating Faith in an Age of Scepticism (Viking, 2015, S. 36)

Die Auslegung der Bibel ist auch ein Abenteuer für den Prediger. […] Man kann nicht mit letzter Sicherheit festlegen, was die Gemeinde in den nächsten Wochen zu hören bekommt. Wenn wir an den jeweiligen Text herantreten, werden plötzlich Fragen aufkommen, die wir nicht erwartet haben. Wir sehen die Bibel manchmal einfach nur als Buch der Antworten auf unsere Fragen. Aber wenn wir wirklich den Text sprechen lassen, wird Gott uns vielleicht aufzeigen, dass wir nicht einmal die richtigen Fragen stellen.

Mehr Zitate aus dem Buch gibt es hier: www.evangelium21.net.

W. Pannenberg: Neuauflage der Systematischen Theologie

978 3 525 52203 5Wolfhart Pannenberg (1928–2014) war in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung. Ohne Frage gehört er zu den herausragenden Systematischen Theologen des 20. Jahrhunderts. Er hat in seinen Werken den Offenbarungsanspruch des christlichen Glaubens nicht nur vor den Ansprüchen der kritischen Vernunft schützen wollen, sondern in pointierter und scharfsinniger Weise den Diskurs mit den neuzeitlichen Wissenschaften gesucht und die selbstherrliche Vernunft des Weltmenschen angegriffen. Schließlich gehört er – und das allein sagt schon viel – zu den wenigen Intellektuellen, die über die Nietzschelektüre zum Theologiestudium fanden. Wie viele Leute andersherum wegen Nietzsche ihr Theologiestudium abgebrochen oder gar nicht erst angetreten haben, mag ich mir kaum vorstellen.

Pannenbergs in den Jahren von 1988 bis 1993 herausgegebene dreibändige Systemtische Theologie ist als Druckausgabe seit längerer Zeit vergriffen. Wer versucht hat, die Bände antiquarisch zu erwerben, musste unter Umständen tief in die Tasche greifen. Erfreulicherweise hat der Verlag Vandenhoeck & Ruprecht nun eine Neuauflage des bedeutenden Entwurfes gewagt. Der Verlag musste bei der Umsetzung des Projektes allerlei technische Hürden überwinden, allein schon deshalb, weil die Paginierung der Erstausgabe erhalten werden sollte. Dass das aufwendige Unternehmen erfolgreich umgezogen werden konnte, verdankt der Verlag neben dem Engagement seiner Mitarbeiter auch dem Herausgeber Gunther Wenz, der seit kurzem Leiter der Pannenberg-Forschungsstelle in München ist, sowie der Hilke und Wolfhart Pannenberg-Stiftung, die einen Druckkostenzuschuss bereitstellte.

In der Neuauflage wurden vor allem Druckfehler korrigiert und Änderungswünsche berücksichtigt, die der Autor persönlich in seinem Handexemplar vorgenommen oder auf Notizzetteln hinterlassen hatte. Es gibt keine inhaltlichen Bewegungen. Jeder einzelne Band enthält wie zuvor ein eigenes Register der Bibelstellen, Namen und Schlagwörter.

Die Bände zeigen auf imposante Weise, dass der christliche Glaube keineswegs antiquiert ist. Die Art, wie Pannenberg die einzelnen Themen angeht und dabei auf aktuelle Problemstellungen eingeht, zeigt ganz im Gegenteil die Gegenwärtigkeit der Fragen, die der christliche Glaube beantwortet. Um es mit Pannenbergs eigenen Worten zu sagen: „In ihrem Kern ist der Inhalt der christlichen Lehre den intellektuellen Moden unserer säkularistischen Kultur weit überlegen. Es ist für die Kirche wichtig, dieses Bewusstsein wieder zu gewinnen“ (aus dem Vorwort des Herausgebers, S. 1).

Freunde der Systematischen Theologie kommen an Pannenberg auch dann nicht vorbei, wenn sie seinem Entwurf kritisch gegenüberstehen. Sie dürfen dem Verlag dankbar sein, dass die Gesamtdarstellung jetzt wieder zu einem erschwinglichen Preis zugänglich ist. Es ist dem Verlag zudem hoch anzurechnen, dass er mit großem Aufwand Verschiebungen im Satzspiegel vermieden hat. Wer die drei Bände bereits im Regal stehen hat, braucht die Neuauflage nicht erwerben.

Eine Leseprobe gibt es übrigens hier: www.v-r.de.

  • Wolfhart Pannenberg. Systematische Theologie, neu hg., 3 Bde. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 2015. ISBN: 978-3-525-52203-5. 1850 S., 79,99 €

J. Edwards: Geistliche Empfindungen

Jonathan Edwards, (Sind religiöse Gefühle zuverlässige Anzeichen für wahren Glauben, 2012, S.118–119):

Der Heilige Geist gibt den Seinen religiöse Empfindungen. Also ist der Charakter und die Weise, in welcher der Heilige Geist in den Heiligen wirkt, in hohem Maße anders als alles, was ein Mensch auf natürliche Weise erkennt oder erfährt. Die Menschen, in denen der Geist Gottes wohnt, werden nicht nur geistlich genannt, sondern auch ihre Empfindungen und charakteristischen Erfahrungen. Dies unterscheidet sich völlig von allem, was für den Menschen natürlich ist. Es ist ein Werk, welches dem Heiligen Geist eigen ist.

Diese Wahrheit wird in der Schrift durch Sätze ausgedrückt wie, dass die Heiligen „göttlicher Natur teilhaftig“ werden (2.Petr 1,4) und er in ihnen bleibt und sie in Gott (s. l.Joh 4,12.15-16; 3,24). Dieses Werk bedeutet, dass Christus in ihnen ist (s. Joh 17,21; Röm 8,10). Es bedeutet, „ein Tempel des lebendigen Gottes“ zu sein (2.Kor 6,16). Es meint, durch das Leben Christi zu leben (s. Gal 2,20). Es hat damit zu tun, Gottes Heiligkeit teilhaftig zu werden (s. Hebr 12,10). Es heißt, dass Christi Liebe in einem wohnt (s. Joh 17,26). Es besteht darin, Christi Freude völlig in sich zu haben (s. Joh 17,13). Es besteht darin, in Christi Licht das Licht zu schauen und mit dem Strom seiner Wonne getränkt zu werden (s. Ps 36,9-10). Es heißt, Gemeinschaft mit Gott zu haben, an ihm teilzuhaben oder mit ihm in Verbindung zu stehen (s. l.Joh 1,3).

Dies meint jedoch nicht, dass die Heiligen an der Essenz Gottes Anteil erhalten und so mit Gott vergöttlicht oder mit Christus „verchristlicht“ werden, wie manche irrtümlich und fälschlich lehren. Sondern es heißt, um den biblischen Begriff zu verwenden, dass sie an Gottes Fülle Anteil haben (s. Eph 3,17-19; Joh 1,16), das heißt, nach dem Maß und Vermögen eines Geschöpfes an Gottes geistlicher Schönheit und Seligkeit teilhaben. Das meint das Wort „Fülle“ in der Bibel.

Pippi Langstrumpf und die „Homo-Ehe“

Thomas Jeising hat sich sehr persönliche Gedanken über die Homo-Ehe gemacht und geht dabei ausführlich auf die Betroffenheitsrhetorik ein:

Ich kenne Männer, die zur Pädophilie neigen und andere, die Kinder missbraucht haben, Frauen, die ihr Baby abgetrieben haben, Betrüger, die ins Gefängnis gewandert sind. Ich kenne sie nicht nur aus der Presse, sondern aus nächster Nähe. Ich empfinde Herzenswärme, wenn ich an sie denke. Das gilt auch für Leute, die ihre Ehe gebrochen, Steuern hinterzogen, sich prostituiert oder einen Raub begangen haben, genauso für andere, die an Alkohol und Drogen gebunden oder gewalttätig geworden sind. Aber es ist deutlich, dass mein Mitgefühl und sogar meine Zuneigung zu ihnen nicht dazu führen kann, dass ich ihre Taten für richtig halte oder sogar dafür plädiere, dass Raub, Betrug oder Vergewaltigung zu gesellschaftlicher Anerkennung kommen sollten. Meine Liebe zu diesen Menschen ändert nichts an meiner strikten Ablehnung ihrer Taten.

Was eine Ehe ist, ist nicht zuerst durch menschliche Definition bestimmt, sondern durch geschöpfliche Wirklichkeit. Offenbar ist das auch ohne die biblische Offenbarung erkennbar, denn jede menschliche Kultur kennt Ehe und damit auch Ehebruch. Selbst wenn offenbar noch andere Verhältnisse bekannt sind, wird das eine nicht mit dem anderen verwechselt. Das wäre mindestens verwunderlich, wenn Ehe und Familie nur eine soziale Konstruktion darstellten, die ersetzbar wäre, etwa durch die Definition „Familie ist, wo Kinder sind“ oder „Ehe ist jedes dauerhafte Verhältnis, in dem Menschen Verantwortung füreinander übernehmen“.

Wer allein die Logik des Lebenspartnerschaftsgesetzes näher betrachtet, der kann sich verwundert fragen, warum die eingetragene Lebenspartnerschaft allein als Quasi-Ehe für homosexuelle Paare konstruiert wurde. Es wurden damit exklusive Wünsche einer besonderen Gruppe befriedigt. Warum wurde das Gesetz nicht so breit angelegt, dass sich in der Lebenspartnerschaft Menschen dauerhafte Partnerschaft zusagen, woraus Versorgungs- und Beistandspflichten abgeleitet werden, aber auch etwa bestimmte steuerliche Rechte? Dann hätte auch eine ehelose Tochter in einer Lebenspartnerschaft ihre Mutter pflegen können – oder sogar ihre Eltern – und dafür den Splittingtarif des Steuerrechts in Anspruch nehmen können. Warum sollte die Lebens­partnerschaft auf zwei Personen begrenzt sein? Es könnten auch mehrere Personen in einer Lebensgemeinschaft sein. Ob und welchen sexuellen Umgang diese Menschen miteinander haben, müsste den Staat gar nichts angehen. So hätten auch Mit­glieder einer christlichen Lebensgemeinschaft dauerhaft bestimmte Rechte und Pflichten füreinander übernehmen können.

Mehr: bibelbund.de.

Devolution

Jesus Christus:

Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer sie von Anfang an als Mann und Frau geschaffen hat? Und dass er gesagt hat: Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die beiden werden ein Fleisch sein.

Wolfhart Pannenberg:

Denn eine Kirche, die sich dazu drängen ließe, homosexuelle Betätigung nicht mehr als Abweichung von der biblischen Norm zu behandeln und homosexuelle Lebensgemeinschaften als eine Form persönlicher Liebesgemeinschaft neben der Ehe anzuerkennen, eine solche Kirche stünde nicht mehr auf dem Boden der Schrift, sondern im Gegensatz zu deren einmütigem Zeugnis. Eine Kirche, die einen solchen Schritt tut, hätte darum aufgehört, evangelische Kirche in der Nachfolge der lutherischen Reformation zu sein.

Heinrich Bedford-Strohm:

Für mich ergibt sich aus zentralen biblischen Geboten der Impuls zu einer Öffnung der Kirche gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.

J. Edwards: Satan und die Schrift

Jonathan Edwards, (Sind religiöse Gefühle zuverlässige Anzeichen für wahren Glauben, 2012, S. 82–83):

Gibt es keine Belege dafür, dass der Teufel Stellen aus der Schrift nehmen und falsch anwenden kann, um Menschen zu täuschen? Dies steht sicherlich in der Macht Satans. Es ist keine große Sache, Menschen Laute oder Buchstaben ins Gedächtnis zu rufen, und wenn Satan die Macht dazu besitzt, dann hat er auch die Macht, Worte hervorzubringen, die in der Bibel stehen. Für Gefühle ist es keine größere Sache, durch Stellen der Schrift zu entstehen, wie aus irgendeiner sinnlosen Geschichte oder einem Lied. Sind Texte aus der Schrift so heilig, dass der Teufel nicht wagt, sie zu missbrauchen oder anzutasten? Hat er nicht Christus selbst frech in der Wüste herausgefordert, ihn hierhin und dorthin gebracht, auf einen hohen Berg und auf die Zinne des Tempels? Er fürchtet sich nicht davor, die Schrift anzutasten und sie für seine eigenen Zwecke zu missbrauchen. In der Tat legte er Christus eine Schriftstelle nach der anderen vor, um ihn zu täuschen und zu versuchen. Kann er dann nicht weiterhin versuchen, heute Menschen mit Stellen aus der Schrift zu täuschen? Er kann Verheißungen der Schrift anhäufen und sie verdreht anwenden, sie benutzen, um aufkommende Zweifel zu zerstreuen oder in einem armen, irregeführten Sünder falsche Freude und falsches Vertrauen zu stärken.

Auch falsche Lehrer können die Schriften benutzen. Desgleichen können verkehrte und falsche Lehrer die Schrift zu ihrem eigenen und anderer Leute Verderben verdrehen und tun es auch (s. 2.Petr 3,16). Wir sehen, wie sie die Schrift frei benutzen, sodass es keinen zu kostbaren oder heiligen Text gibt, den sie nicht zum ewigen Verderben vieler benutzen können. Das Herz des Menschen ist trügerisch, wie der Teufel, und der Mensch benutzt die gleichen Mittel, um zu täuschen.

Es ist klar, dass jeder durch das Lesen von Texten der Schrift heftige Empfindungen erleben kann wie Hoffnung und Freude. Es können einem in der Tat kostbare Verheißungen der Schrift unvermutet und ungewöhnlich in wunderbarer Folge und als wären sie gerade gesprochen ins Gedächtnis gerufen werden. Doch nichts davon ist ein hinreichendes Argument dafür, dass diese Empfindungen von Gott angeregt sind. Sie können tatsächlich die Wirkungen von Satans Trug sein.

Reizsüchtige Gesellschaft

Der Freiburger Mediziner und Psychiater Joachim Bauer spricht in der WELT über die Reizüberflutung und die Versuchung, allerlei Reizen möglichst schnell nachzugeben. Es klingt drollig, wenn er davon spricht, dass wir dem „Reptiliengehirn“, das auf die sofortige Befriedigung von Bedürfnissen ausgerichtet ist, zu oft nachgeben.

Die Bedeutung dieses Wandels ist immens. Den größten direkten Einfluss auf unseren persönlichen Lebensstil haben die neuen Kommunikationsmöglichkeiten, also die vielen Angebote des Internets, die sozialen Netzwerke, die Möglichkeit zum vernetzten Spielen, die Kommunikation per E-Mail und die Smartphones mit ihren unzähligen Apps. Viele dieser elektronischen Angebote haben Suchtpotenziale, sie sprechen im Hirn die gleichen Zentren an wie Kokain. Die entscheidende Frage ist: Wer hat die Macht über wen? Haben diese Geräte die Macht über mich, oder habe ich die Kontrolle? Steuere ich mein Verhalten oder werde ich gesteuert, lebe ich oder werde ich gelebt? Wer auf jedes Pling, das aus einem der Geräte – heute bezeichnet man sie ja gerne als „Gadgets“ – kommt, sofort reagieren muss, wird zu einer Reiz-Reaktions-Maschine und hat aufgehört, seinen Rhythmus selbst zu bestimmen. Inwieweit wollen wir es diesen Geräten also erlauben, uns vor sich herzutreiben, unseren Takt zu bestimmen und uns zu versklaven?

Hier das Interview: www.welt.de.

Desolate Schulpolitik

Jutta Dreßler war vier Jahrzehnte lang Lehrerin im Gymnasium, erst im Osten, dann im Westen von Berlin. Jetzt ist sie im Ruhestand und zieht eine ernüchternde Bilanz über das Schulsystem von heute. Äußerst lesenswert!

Zwei Beispiele:

Das Niveau sinkt. Wenn man allen die gleichen Chancen einräumen will, muss das Level sinken. Das merken die Eltern. Jugendliche, die heute mit 2,0 von der Schule gehen, sind nicht so gut wie Schüler, die vor zehn Jahren eine 2,5 hatten. Die Bewertung im Abitur hat sich geändert. 15 Punkte gab es einmal für 100 Prozent. Heute gibt es die 15 Punkte bei 95 Prozent. Das setzt sich in den anderen Stufen auch fort. Die Politik findet immer Schrauben, an denen man drehen kann. Was leidet, ist das Wissen, die Allgemeinbildung.

Ich habe immer wieder festgestellt, dass Schüler eine Bewertung für sich brauchen. Nur verbal zu sagen „Haste fein gemacht“, reicht nicht. Ich erkenne die Entwicklung bei der jüngeren Generation, die immer gesagt bekommt, dass sie alles toll macht. Die Kinder kommen in die siebte Klasse, sind nur gestreichelt worden und in Watte gepackt. Das wird echt schwierig. Sie haben nicht gelernt, sich mit negativen Ergebnissen auseinanderzusetzen. Man muss einem Kind auch mal deutlich sagen: So wirst du keinen Erfolg haben. Wenn doch, kommen sofort die Eltern vorbei.

Hier: www.welt.de.

VD: ET

Die biblischen Wurzeln des Kommunismus

Hin und wieder bin ich auf der Suche nach humorigen Beiträgen. Heute habe ich etwas gefunden. Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow, Mitglied der Linkspartei und der evangelischen Kirche, hat der ZEIT erklärt, dass Luther Papst Franziskus und die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe begrüßen würde. Ein Höhepunkt des Gesprächs gewiss:

Die Linke schließt nicht aus, sich auch auf diese Wurzeln [gemeint ist das Matthäusevangelium, Anm. R.K.] zu besinnen. Karl Marx hat ja auch viele Anleihen aus lutherischer Betrachtung gezogen. Die Schriften von Marx und Engels sind ja sehr geprägt aus den Betrachtungen der Texte des Alten und Neuen Testaments.

Selten habe ich so viel „Bullshit“ (siehe zum Begriff bitte diesen Blogbeitrag) innerhalb einer Unterredung gelesen.

Hier das gesamte Interview: www.zeit.de.

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