Mehrheit will weiterhin Gottesdienste online feiern

Wenn ich lese, dass Kirchengemeinden an digitalen Gottesdiensten so großen Gefallen finden, dann frage ich mich, was die Leute unter einem christlichen Gottesdienst verstehen. Das sieht meiner Meinung nach nicht nach einem Erfolgskonzept aus, sondern nach einer Selbstaufgabe. 

Die Nachrichtenagentur idea meldet

Nach Ansicht des EKD-Ratsvorsitzenden, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), ist an vielen Orten nach den Corona-Beschränkungen „eine Stärkung des Gottesdienstes“ und „zeitgleich ein Aufbruch von innen“ zu erkennen. Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter hätten in der Krise neu wahrgenommen, was sich die Menschen erhoffen. „Dazu zählt eine Kirche, die nah dran ist an den Sorgen der Menschen, die in Notlagen ein offenes Ohr hat und neben handfester Unterstützung auch Kraftorte für die Seele bietet“, so Bedford-Strohm. Dies dürfe nicht mehr verloren gehen.

Ähnlich äußerte sich der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel (Düsseldorf). Kirchen und Gemeinden hätten in den letzten anderthalb Jahren mutig neue Wege beschritten, so Latzel. Die meisten Befragten wünschten sich einen digitalen Gottesdienst aus ihrer Gemeinde. Die Ergebnisse hätten gezeigt: „Es gibt für uns keinen Weg zurück in die Vor-Corona-Zeit.“

Die Entwicklung digitaler Gottesdienste sei ein „Musterbeispiel für nachhaltige lokale Digitalisierung“, so der Kommunikationswissenschaftler Holger Sievert von der Hochschule Macromedia in Köln. Er leitete die Midi-Studie. „Zwar ist es den Kirchen nur wenig gelungen, sich neue Dialoggruppen zu erschließen, doch haben die bestehenden quer durch alle Altersschichten diese neue Form der Teilhabe an Kirche für sich als zusätzliche Option entdeckt und möchten sie weiterleben“, so Sievert. Jetzt sei es wichtig, mit entsprechenden Angeboten „am Ball zu bleiben“, so der Kommunikationsexperte.

Gott hat keine rein digitale Kirche geschaffen. Die Feier des Gottesdienst mit Leib und Seele vor Ort sollte selbstverständlich sein, wo immer das möglich ist. Ich empfehle das nachfolgende Video und das dazugehörende Buch:

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14 Kommentare
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Daniel
2 Jahre zuvor

Den im Video beschriebenen Aspekt der Kirche als Ort, an dem das Evangelium in Beziehung gelebt wird, finde ich zentral.
Daneben einfach mal so als Gedankenspiel: Jemand hat (stark vereinfacht) die Progression von orthodoxer zu katholischer zu protestantischer Kirche auch als steigenden Grad der Abstraktion beschrieben. Vom bildhaften,“körperlich erfahrbaren“, sakralen Erleben hin zu einem abstrakten, rationalen Verstehen. Ist dann der Schritt ins Virtuelle nicht einfach nur konsequent weitergedacht? Befeuert von einer internetweiten, konsumentenfreundlichen Angebotsvielfalt.
Mein -ungeprüfter- Verdacht wäre, dass andere Konfessionen nicht so stark von der online-Abwanderung betroffen sind, wie evangelische (Frei-)Kirchen, weil dort das gemeinsame Erleben von Liturgie und Sakramenten wichtiger geblieben ist.

2 Jahre zuvor

Ich habe auch den Eindruck, dass nicht nur in Kirchen, sondern auch Freikirchen noch eine gründlichere theologischr Reflexion über Gottesdienste und das Wesen von Kirche und Gemeinschaft nötig ist. Ausnahmen und Sondersituationen gibt es natürlich immer, aber sie sollten nicht die Regel werden.

Eustace Scrubb
2 Jahre zuvor

Ich bitte darum diesen Beitrag weder als Beitrag eines Häretikers noch eines Verzweifelten, sondern einfach eines Fragenden zu sehen. Als jmd, der schon vor Corona Kirche und Gottesdienste verlassen hat, frage ich mich bis heute immer wieder und eine abschließende, klare, einleuchtende Antwort habe ich bisher weder gefunden noch erhalten: Wozu braucht man Kirche/Gemeinde/Gottesdienst? Und umgekehrt: Wozu braucht diese uns Gläubige? „Dann verkümmert man!“, „wir brauchen einander“.. ist wohl wirklich zu emotional und biblische Schemata als Handlungsanweisungen zu missbrauchen („… die Zusammenkünfte nicht versäumen..“) ist auch nur bedingt rund argumentiert. Einfach mal ins Extreme gedacht: In Ländern, in denen Gottesdienste verboten sind, gibt es kein Heil, weil Gottesdienstbesuch/Kirchenzugehörigkeit heilsnotwendig ist? Wohl eher nicht.. Meine Beobachtung ist eine zunehmende Gruppierung: Gemeinde x hat Menschen vom Schlag/Typ y, Gemeinde z vom Typ/Schlag a usw. Typ a geht zunehmend aus x und y aus z (wenn es gut läuft!). Es entstehen homogene Gebilde, die man auch bei der Feuerwehr oder in einem Rotarierclub… Weiterlesen »

Eustace Scrubb
2 Jahre zuvor

@RonKubsch
Danke, hatte bei Amazon, da auf Englisch gesucht, zunächst nur den Study Guide gefunden.

2 Jahre zuvor

Es ist ein Irrtum davon auszugehen, dass mehr und mehr Christen die institutionellen Gemeinden verlassen, nur weil wir die Coronakrise erleben. Fakt ist, dass schon viele Jahre / Jahrzehnte vorher dieser Exodus begonnen hat. Stichworte: Hausgemeinden, Einfache-Gemeinde, Simple-Church. Ja, Gemeinde muss neu durchdacht, wieder zu der eigentlichen Berufung gefunden werden. Mit dem beständigen Beschwören der immer gleichen Floskeln ist es hier nicht getan. Ich sage und lebe es deutlich: Die institutionellen, programmorientierten Gemeinden / Kirchen sind nicht Gottes Antwort noch ursprüngliche Absicht. Gott versteht unter Gemeinde die beziehungsorientierte Gemeinschaft der Christen. Keine programmorientierte. Ist tatsächlich die Beziehung im Fokus, stehen Gottesdienste, etc. dem natürlich nicht entgegen. Sie können und werden sogar der Gemeinde förderlich sein. Fakt ist aber, dass tatsächlich im Fokus der Gemeinden und Kirchen ein Programm, eine Institution steht und Gemeinschaft innerhalb all dessen geschehen soll – was es tatsächlich aber nur im geringen Maße und trotz all dem vorkommt. Hat sich die Gemeinschaft der Christen mehr und… Weiterlesen »

Anton
2 Jahre zuvor

Wie sieht wohl in so einer „Online-Gemeinde“ die Gemeindezucht aus? „Deine IP-Adresse ist blockiert“…? Ich sehe außerdem Schwierigkeiten z.B. in Bezug auf die folgende konkrete Situation (und all die Hintergründe dahinter), die bei Jak 2,2-4 beschrieben ist: „Denn wenn in eure Versammlung ein Mann kommt mit einem goldenen Ring und in herrlicher Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung, und ihr seht auf den, der herrlich gekleidet ist, und sprecht zu ihm: Setz du dich hierher auf den guten Platz!, und sprecht zu dem Armen: Stell du dich dorthin!, oder: Setz dich unten zu meinen Füßen!, macht ihr dann nicht Unterschiede unter euch und urteilt mit bösen Gedanken?“ Hier müssen beide physisch vor Ort anwesend sein, bevor die Problematik überhaupt bewusst wird – einer ist gepflegt, wohlriechend und schön gekleidet, der andere arm, unsauber, etc. – wie reagiere ich, was ruft das in mir hervor und warum (Stichwort „böse Gedanken“ am Ende von Vers 4), etc. „Online“… Weiterlesen »

Chrissen
2 Jahre zuvor

Also ich finde Online-Gottesdienste/-Predigten besser, weil mich zwischenmenschliche Beziehungen extrem anstrengen – das merke ich gerade in meiner jetzigen offenen Brüdergemeinde. Mir ist allerdings klar, daß Gott sich das für uns anders vorstellt, denn, @Eustace, wenn der HERR sagt, daß wir die Zusammenkünfte nicht versäumen sollen, dann sollen wir das auch nicht. Das ist, wenn es jemand Dir gegenüber sagt, kein lapidares, dürftiges „Blabla“, sondern Gottes Wort, und dennoch gestehe ich, daß ich in diesem Fall eher nicht nach Gottes Willen lebe.

Was Christen in Ländern, in denen christliche Gottesdienste verboten sind, angeht, so treffen sich diese Geschwister in geheimen Hauskirchen im Untergrund. Auch wenn ich wie geschrieben Online-Gottesdienste bevorzuge, weil ich zum Ausgleich privat zu 99 Prozent nur wiedergeborene Christen im Freundeskreis habe, bewundere ich, wie diese Geschwister Leib und Leben riskieren, UM GOTTESDIENSTE IN GEMEINSCHAFT VOR ORT zu feiern!

(Die Großbuchstaben sind nicht als „Schreien“ gemeint, sondern dienen der Hervorhebung.)

Udo
2 Jahre zuvor

Meine Hypothese ist, dass Gott bewusst mit der Corona Pandemie die Pausetaste gedrückt hat, weil er die meisten „Gottesdienste“ einfach grauenhaft findet. Insofern haben digitale Gottesdienste den Vorteil, dass man sie einfach ausschalten kann. Die eigentliche Aufgabe wäre es, neu darüber nachzudenken, was ein Gottesdienst eigentlich ist und wer oder was dabei im Mittelpunkt stehen sollte. Demoskopische Marktforschung wird hier sicherlich in die gesellschaftlich gewünschte Richtung weisen: noch weiter in die Gottesferne …

Stephan
2 Jahre zuvor

Wenn jetzt die Online-Gottesdienste so als großer Erfolg gefeiert werden, der beibehalten werden sollte: Übertragungen im Rundfunk sind kein Neuland, einige Gemeinden haben früher schon auf YT gestreamt, und in anderen Ländern sitzt auf dem Kirchturm eine CB-Funkantenne. Nur weil das Übertragunsmedium jetzt ein anderes Trägermedium bekommt, also Videokonferenzsoftware statt Streamingsoftware, ändert sich erstmal gar nichts. Aber da sich manch Präses oder Landesbischof gerne reden hört … Die Versammlung ist der „natürliche Lebensraum“ des Christen – ich verbringe die Zeit mit den Leuten, mit denen ich wahrscheinlich auch die Ewigkeit verbringen werde. Da möchte ich doch vorher schon ein paar kennenlernen. Die Versammlung ist der Ort, an dem meine Ecken abgerieben werden (wenn ich mal vom Bild eines Bausteines ausgehe). Das ist der Ort, an dem ich mich an die Ecken und Kanten der anderen gewöhne – oder an das, was ich für Ecken und Kanten halte, die aber doch nur meine eigenen sind. Ein Übertragungsmedium daneben für Leute, die… Weiterlesen »

FrankS
2 Jahre zuvor

Das Wesen des Leibes Christi ist das einer Lebensgemeinschaft. Das Treffen zu einem Gottesdienst ist da ein Teil, neben diversen anderen. Eine Online-Feier kann das gemeinsame Erleben nur teilweise abdecken.

Menschen, die sowieso nur in einer gewissen Distanz zu den anderen Teilnehmern verharren, werden den Unterscheid zu einer Online-Feier nur wenig oder überhaupt nicht wahrnehmen. Wer kennt sie nicht, die berühmten „man setzt sich in eine Bank, begrüßt sich und geht nach dem Segen mit einer Verabschiedung wieder heim“-Mentalität in vielen Kirchen? Bei solchen Gottesdiensten fällt es nicht auf, wenn man sich persönlich gar nicht begegnet.

In Corona-Zeiten hatten wir unseren Hauskreis über Zoom fortgeführt. Was ein Unterschied war es, als man sich wieder persönlich treffen konnte! Das muss man erlebt und sich drauf eingelassen haben, um es vermissen zu können.

2 Jahre zuvor

Ich finde es schon bezeichnend, dass bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema im Buch an sechster Stelle und bei Einzelnen hier Gemeindezucht an erster Stelle steht. Das sagt mir eine Menge darüber aus, wie Gemeinde verstanden wird. Von echter Gemeinschaft im Sinne Jesu jedenfalls rel. wenig 🙁 Da ich mich doch rel. gut in den verschiedensten Kirchen und Freikirchen auskenne und sehr viel Austausch pflege, funktioniert nach meiner Erfahrung Gemeindezucht eigentlich in unserer westlichen Welt so gut wie nie. Spricht die eine Gemeinde Gemeindezucht aus, findet der betroffene Christ mit rel. Sicherheit in räumlicher Nähe eine andere Gemeinde, wo die Leitung über die Begründung der Gemeindezucht nur den Kopf in Unverständnis schüttelt und diesen Christen gerne in ihren Reihen aufnimmt. Ganz davon abgesehen, dass die Meisten eh nicht verstanden haben, wozu Gemeindezucht ist und wie wir uns in der letzten Konsequenz derer tatsächlich verhalten sollten. Gemeindezucht wird, wenn überhaupt, zumeist nur als eine Art Bestrafung durchgezogen, wozu sie überhaupt nicht… Weiterlesen »

Chrissen
2 Jahre zuvor

Hallo Charly!

Ja … das, was Du schreibst, finde ich sehr interessant. Ich schließe mich Dir an.

Lars
2 Jahre zuvor

@Eustace Scrubb
 
Ein Versuch „den theologischen Sinn“ von Gemeinde aufzuzeigen:
Gott ist ein dreieiniges Wesen. Christen sollen den Charakter Gottes demonstrieren. Daher ist das christliche Leben (und das menschliche Leben allgemein) auf Gemeinschaft angelegt. Ein radikal-individualistisches Sein widerspricht der Trinität. Das Prinzip der Gemeinschaft manifestiert sich in einer spezifischen Form (=Gemeinde). Mit echten Menschen, an einem konkreten Ort, in liebevoller Beziehung, informiert durch biblische Instruktion. Gruß Lars

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