Schönheit und Relevanz

In unseren Tagen ist die Apologetik einer christlichen Sexualethik eine große Herausforderung. Ein hilfreicher Text, der sich dieser Aufgabe verpflichtet weiß, ist jetzt als Schönheit & Relevanz: Biblische Sexualethik gut begründen und weise verteidigen bei Evangelium21 erschienen. Ursprünglich wurde der Text in einer langen Version von der Presbyterian Church in America (PCA) herausgegeben. Zu den Autoren gehören Tim Keller, Kevin DeYoung und Bryan Chapell.

Hier aus Auszug aus dem Geleitwort:

Wir erleben etwa, wie sich Jugendliche vom Glauben ihrer Eltern abwenden, weil sie nicht bereit sind, verstaubte Vorstellungen über Sexualität anzunehmen. Viele empfinden die christliche Moral generell als unattraktiv, einengend und lebensverneinend. Die Verantwortlichen in den Gemeinden sehen sich mit der sehr grundsätzlichen Anfrage konfrontiert, ob eine historische christliche Sexualethik noch haltbar ist oder sie der Zeit entsprechend generalüberholt werden muss.Wir dürfen dieser Infragestellung nicht ausweichen, sondern sollten sie vielmehr als Gelegenheit begreifen. Wir sind nämlich quasi gezwungen, dass Wesen und Ziel der christlichen Sichtweise auf Identität, Sexualität und Ehe im Kontext unserer Zeit bewusst nochmals zu durchdenken. Es gilt, die große biblische Vision des von Gott geschaffenen Menschen mit dessen Sexualität neu plausibel zu machen und damit deren Schönheit, Relevanz und Realitätsbezug vor Augen zu führen. Das Booklet Schönheit und Relevanz möchte dabei helfen, biblisch begründete Antworten auf die aktuellen Herausforderungen zu finden.

Das deutschsprachige Booklet ist gemeinsam mit dem Fachnetzwerk Designed in der Schweiz veröffentlicht worden. Vielen Dank für die Zusammenarbeit! 

Der Text kann hier heruntergeladen werden. Demnächst kann dort das Booklet auch in gedruckter Form bestellt werden.

Das Alte Testament vom Glaubensbekenntnis her verstehen

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An das Buch Das Alte Testament vom Glaubensbekenntnis her verstehen von Benjamin Kilchör erinnere ich mich gern. Eine Rezension ist bei Evangelium21 erschienen. Ein Auszug:  

Das Apostolische Glaubensbekenntnis in der uns vorliegenden Form entstand wahrscheinlich im 5. Jahrhundert. Es ist nicht apostolisch in dem Sinne, dass es von jenen Jüngern formuliert wurde, die Jesus noch selbst gesehen haben (vgl. 1Kor 9,1). Als apostolisch gilt es, weil es nach Überzeugung der Alten Kirche die Botschaft der Apostel verdichtet in einem trinitarischen Bekenntnis zusammenfasst. Auch die Reformatoren erkannten es im 16. Jahrhundert zusammen mit dem nicaenischen und athanasischen Bekenntnis als für den christlichen Glauben grundlegend an. In meinem Regal stehen ein paar Bücher, die sich mit der Auslegung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses befassen. Die meisten dieser Werke sind darum bemüht, das alte Bekenntnis aus der Perspektive zeitgenössischer Theologie heraus zu interpretieren. Demnach enthalte das Apostolikum nach wie vor ein „unverzichtbares Grundmuster unseres christlichen Glaubens“ (so etwa H.G. Pöhlmann, Das Glaubensbekenntnis, 2003, S. 7). Aber die Aussagen mit ihren „alten Formeln“ müssten freilich durch neue Zugänge für die Menschen von heute „freigelegt“ werden. Das bedeute dann zum Beispiel, dass der Glaube an „Gott, den Vater“ zu überdenken sei, da „uns die ständige Anrede Gottes als Vater auf ein bestimmtes Gottesbild“ festlege (so Theodor Schneider, Was wir glauben, 2014, S. III). Benjamin Kilchör, Professor für Altes Testament an der STH in Basel (Schweiz), hat für sein neues Buch einen anderen Weg gewählt.

Er geht davon aus, dass das alte Bekenntnis „ganz zeitlos formuliert ist“ (S. 11) und wie ein Konzentrat das biblische Wort zusammenfasst. Das Apostolikum führt seiner Meinung nach in das biblische Wort hinein – auch in das Alte Testament. Es eigne sich sogar dafür, zu zeigen, dass das Alte Testament nicht nur eine Verstehenshilfe für das Neue Testament ist, sondern dass beide Teile der Heiligen Schrift eine Einheit bilden.

Mehr: www.evangelium21.net.

Kinder wichtiger als Karriere

Victoria Bonelli hat fünf Kinder, erwartet ihr sechstes und wirbt als „Vollzeitmutter“ für ein klassisches Familienideal. Sie glaubt: Mutter zu sein ist ein Glück, das viele Frauen sich nicht zu leben trauen, weil sie meinen, gesellschaftliche Konventionen erfüllen zu müssen. 

Auch wenn ich weiß, dass jetzt viele denken: „Das muss man sich erst einmal leisten können!“, weise ich gern auf dieses Modell hin. Was die Bindung zwischen Eltern und ihren Kindern stärkt, macht die Kinder stark fürs Leben.

Hier eine Aussage klasse Aussage von Frau Bonelli:

Es gibt viele Erzählungen darüber, was Menschen auf dem Sterbebett auf die Frage hin antworten: Was hätten Sie in Ihrem Leben anders gemacht? Da sagt niemand: „Hätte ich doch mehr Zeit im Büro verbracht und mehr Geld verdient“. Stattdessen kommen meist Sätze wie „Hätte ich doch mehr Zeit mit meiner Familie verbracht“, „Hätte ich mich doch mit meinem Vater versöhnt“, „Hätte ich doch meine Freundschaften mehr gepflegt“. Mich haben diese Schilderungen sehr bewegt und ich glaube: Dieser Blick aufs Leben kann uns helfen bei den vielen kleinen Entscheidungen, die wir täglich treffen müssen, um für das große Ganze auf Kurs zu bleiben. Familie ist für viele das Wichtigste und das gilt ja nicht nur für die Älteren. Auch in vielen Jugendstudien werden Liebe, Treue, Partnerschaft und Familie als enorm wichtig bewertet. Es sind Beziehungen, die den Menschen am glücklichsten machen, zum Partner, zu Freunden oder der Familie. Die Frage ist aber doch: Warum zerbrechen dann trotzdem so viele Ehen und Partnerschaften?

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Schottland: Neues Gesetz gegen „Hassverbrechen“ sorgt für Verunsicherung

In Schottland sorgt ein neues Gesetz gegen „Hassverbrechen“ für Verunsicherung. Es ist nur die Spitze eines wachsenden Eisbergs in der westlichen Welt, meint die NZZ indem Artikel „Der Kulturkampf gefährdet die Freiheit – darunter werden am Ende alle leiden“:

Pünktlich zum 1. April hat sich die grosse britische Autorin und Feministin J. K. Rowling mächtig und mutig zu Wort gemeldet. Es war kein Aprilscherz, sondern bitterer Ernst: „Ich halte mich derzeit ausser Landes auf, aber wenn das, was ich hier soeben geschrieben habe, gemäss der neuen Gesetzgebung als Verbrechen gilt, freue ich mich auf meine Festnahme, sobald ich in das Land der schottischen Aufklärung zurückgekehrt bin.“

Mit diesen Worten schloss Rowling eine Kette von Tweets auf der Plattform X ab, in denen sie einige landesweit bekannte Personen als Männer bezeichnete, obschon diese sich als Trans-Personen ausgeben. Sie forderte damit die Polizei heraus, der das schottische Parlament die undankbare Aufgabe zugewiesen hat, ein neues Gesetz gegen „Hassverbrechen“ umzusetzen.

Die Hate Crime and Public Order Act war schon 2021 verabschiedet worden, ist aber wegen schwieriger Fragen der Umsetzung erst am Ostermontag in Kraft getreten. Gemäss dem Gesetz macht sich strafbar, wer Drohungen oder Beleidigungen ausspricht mit der Absicht, Hass gegenüber Gesellschaftsgruppen zu schüren. Bisher galt dies schon im Fall von Rassismus. Neu nennt das Gesetz eine Reihe weiterer Merkmale wie Religion, Alter, Behinderungen, sexuelle Orientierung oder Transgender-Identität. 

Mehr: www.nzz.ch.

Eckhard J. Schnabel: New Testament Theology

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Viele Leute in Deutschland kennen Eckhard J. Schnabel noch aus der Zeit, in der er in Deutschland lebte und an der Freien Theologischen Hochschule unterichtete. Inzwischen ist er Mary French Rockefeller Distinguished Professor für Neues Testament am Gordon-Conwell Theological Seminary (Hamilton, MA, USA). Kürzlich hat er eine Theologie des Neuen Testaments mit 1176 Seiten vorgelegt. Paul Gesting hat sie gelesen und stellt und das Buch vor:

Schnabel zeigt seine Affinität zur deutschen Wissenschaft in der Art, wie er sein Material anordnet. Er folgt eher einer historischen Gliederung des Materials (Johannes der Täufer, Verkündigung Jesu, dann Paulus, dann andere neutestamentliche Autoren) als den eher thematischen Ansätzen, die viele der englischsprachigen Standardwerke zur neutestamentlichen Theologie bevorzugen. Er lehnt jedoch die Methode des 19. Jahrhunderts (wie sie von William Wrede und in jüngerer Zeit von Heikki Räisänen vertreten wurde), das Neue Testament nur durch die historische Linse und ohne theologische Annahmen oder Agenda zu betrachten, ab. Schnabel sieht seine Arbeit zu Recht in den „theological convictions of the exegete“ (theologischen Überzeugungen des Exegeten) verortet (S. 9).

Schnabel verfolgt in seinem Projekt insgesamt jedoch eher einen „thematischen Ansatz“, indem er das Thema „Jesus als Messias“ als verbindendes Prinzip anführt, auch wenn seine einzelnen Kapitel dem historischen Ansatz folgen. Auf diese Weise wird versucht, die Einheit des Neuen Testaments über alle Autoren hinweg zu bewahren, anstatt die „Theologien“ der einzelnen Autoren zu betrachten (wie es in einigen Büchern der neutestamentlichen Theologie der Fall ist).

Das verbindende Thema „Jesus ist der Messias“ wird in Kapitel 3 umrissen und zieht sich durch das ganze Buch. Allerdings sieht Schnabel weitere ähnlich verbindende Themen in der Erfüllung von Gottes Verheißungen (§ 8.3, Kapitel 10 u. 21) und in der neuen Schöpfung (Kapitel 15 u. 26).

Mehr: www.evangelium21.net.

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Calvins Vorlesungsgebete

Eberhard Busch über die Gebete Calvins bei öffentlichen Vorlesungen (Gotteserkenntnis und Menschlichkeit: Einsichten in die Theologie Johannes Calvins, 2006, S. 53):

Öffentliches Gebet fand bei Calvin aber nicht nur im Gottesdienst statt, sondern auch in seinen Vorlesungen, die in der Auslegung biblischer Bücher bestanden. Diese eröffnete er in der Regel mit demselben Gebet: „Der Herr gebe, dass die Beschäftigung mit den Geheimnissen seiner göttlichen Weisheit unsere Frömmigkeit wahrhaft fördere, zu seiner Ehre und zu unserer Erbauung, Amen.“ Und er beendete sie jeweils mit einem kurzen freien Gebet. Dieses Faktum zeigt die Nähe von Predigten und Vorlesungen nach Calvins Verständnis. Beide stehen in Entsprechung zum prophetischen „Lehramt“ Jesu und gelten als „Unterweisung“.

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Das christliche Konzept von Wahrheit

Der 2017 verstorbene Harry Blamires hat vor 60 Jahren einmal über das christliche Denken gesagt (The Christian Mind, 1963, Kindle Position 1392ff):

Wenn wir Christen von den „großen Wahrheiten“ des christlichen Glaubens sprechen, meinen wir vor allem jene Lehren, die das Zusammentreffen des Zeitlichen und des Ewigen beschreiben, Lehren, die von einer Wirklichkeit jenseits unserer endlichen Ordnung zeugen, die auf diese Ordnung eingewirkt hat und immer noch eingewirkt; die Lehren von der göttlichen Schöpfung, der Menschwerdung, der Erlösung, dem Wirken des Heiligen Geistes. Mit dieser Illustration, wie wir Christen in der Praxis das Wort Wahrheit verwenden, wenn wir christlich denken und sprechen, soll die ganze Breite der Kluft aufgezeigt werden, die den christlichen vom weltlichen Geist trennt. Für den Christen ist die Wahrheit übernatürlich begründet: Sie wird nicht in der natürlichen Welt hergestellt. Die Heftigkeit des Zusammenstoßes zwischen dem säkularen und dem christlichen Denken wird in dieser Hinsicht oft unterschätzt. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass das Versäumnis, klar zwischen dem christlichen Wahrheitsbegriff und dem Wahrheitsbegriff zu unterscheiden, der im säkularen Denken verbreitet ist, zu den bedauerlichsten Versäumnissen unserer Zeit gehört. Dieses Versäumnis hat mehr als alles andere dazu beigetragen, die intellektuelle Überzeugungskraft der Kirche zu schwächen. Es hat im Denken der Christen selbst zu schwammiger Sentimentalität und Ausflüchten geführt und damit Klarheit und Autorität zerstört. Umgekehrt hat sie in der säkularen Welt die Überzeugung genährt, dass die Kirche dieser Generation nichts zu sagen hat, was tiefer oder verblüffender wäre als die herkömmlichen Plattitüden der Wohlfahrtsethik. In aller Kürze kann man den Konflikt zwischen christlichem und säkularem Geist so zusammenfassen: Der Säkularismus behauptet, dass das rechthaberische Ich der einzige Richter der Wahrheit ist. Das Christentum erhebt die gegebene göttliche Offenbarung zum letzten Prüfstein der Wahrheit. Die Kennzeichen der christlich verstandenen Wahrheit sind also: Sie ist übernatürlich begründet und nicht in der Natur entstanden; sie ist objektiv und nicht subjektiv; sie ist eine Offenbarung und keine Konstruktion; sie wird durch Nachforschung entdeckt und nicht durch ein Mehrheitsvotum gewählt; sie ist verbindlich und nicht eine Frage der persönlichen Entscheidung.

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Die cusanische Rechtfertigungslehre

Die einzige gründliche Auseinandersetzung mit den Ideen von Cusanus (1401–1464, auch Nikoluas von Kues genannt) aus reformatorischer Sicht wurde im Jahr 1538 publiziert. Es handelt sich dabei um eine Untersuchung von Johannes Kymeus  (1498–1552). Unter anderem hat er sich in Des Bast Hercules wider die Deudschen mit der Rechtfertigungslehre des Nikolaus von Kues auseinandergesetzt.  

Ich zitiere dazu Walter Andreas Euler (Studien zur Biographie und Theologie des Nikolaus von Kues, 2022, S. 168–167):

Das vierte Kapitel der Schrift von Kymeus befasst sich mit einem zentralen Anliegen der reformatorischen Bewegung, der Lehre von der Rechtfertigung des Menschen allein aus Glauben, ohne die Werke des Gesetzes (man könnte auch sagen: ohne die frommen bzw. guten Werke). In der lutherischen Tradition bezeichnet man diese Doktrin als den articulus stantis et cadentis ecclesiae, d.h. den Artikel, mit dem die Kirche steht und fällt. 

Die katholische Auffassung, welche besagt, dass der Mensch durch Glaube und Werke, nicht durch den Glauben allein zum Heil komme, hat Luther stets als die größte Verirrung und Abweichung von der Hl. Schrift betrachtet, weil dadurch die Intention des Evangeliums, das unbedingte Vertrauen auf Gott und seine Heilstat in Jesus Christus zu verkünden, in das glatte Gegenteil verkehrt werde, nämlich in ein Vertrauen auf die eigene Leistung, welches sich eben im Gedanken der Heilsnotwendigkeit der Werke ausdrücke.

Kymeus’ These in der Überschrift des vierten Kapitels lautet: „Das inn sachen, vnser Justification belangen, der Cardinal Cusanus dem Babst zu wider vnd an vielen örten vnserm Evangelio gemes geschrieben hat“. Kymeus rekurriert im Folgenden zunächst ausführlich auf die Schrift De pace fidei, Cusanus‘ 1453 verfasste Vision von der Einheit aller Religionen, aus der Kymeus fast das gesamte 16. Kapitel wörtlich übersetzt hat.

In diesem Kapitel wird der Glaube als Weg zum Heil bezeichnet und diese These in einem Gespräch zwischen einem Tataren und dem Apostel Paulus erläuter „Erkläre bitte“, so fragt der Tatar, „wie der Glaube Heil bringt“. Darauf antworte: Paulus: „Wenn Gott etwas aus reiner Großzügigkeit und Gnade verspricht, muss man dann nicht dem, der mächtig ist, alles zu geben, und der wahrhaftig ist, glauben?“ Darauf der Tatar: „Ganz gewiss. Niemand, der ihm glaubt, kann in die irre gehen.“ Und wer ihm nicht glaubt, würde unwürdig sein, irgendein Gnadengs schenk zu erhalten. Der Glaube rechtfertigt also den Menschen vor allen Taten und Verdiensten, weil durch den Glauben der Mensch Gott als seinen Schöpfe und Herrn anerkennt und sich selbst als abhängiges Geschöpf begreift. In diesen Zusammenhang verweist Nikolaus auf Abraham, den er den Vater des Glaub aller Glaubenden, der Christen, Juden und Muslime nennt und auf die bekann von Paulus im Galater- und Römerbrief zitierte Stelle: Abraham glaubte und dieser Glaube wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet“ (Gen 15,6; Gal: Röm 4,3.9.22). Abrahams Glaube erfüllte sich in Christus, seinem ihm Gott verheißenen Nachkommen, in dem alle Völker des göttlichen Segens teilhaftig werden. 

Kymeus’ Kommentar zum 16. Kapitel von De pace fidei lautet: „Hie sihet man, wie das dieser Lerer aus S. Pauli schrifften mitten inn der nacht das helle liecht des erkentnis Christi erlangt hat, da er so klerlich bezeugt, man solt den rechten ewigen segen inn keinem Gesetz nach Ceremonien suchen, der allein inn Christo, dem samen Abrahe, stehet vnd durch den Glauben erlangt wird.“ 

Im Anschluss daran zitiert bzw. paraphrasiert er noch weitere Stellen zur Glaubensgerechtigkeit bei Cusanus in dessen Predigten, in De docta ignorantia und in Cribratio Alkorani. Im Wesentlichen ist die Argumentation von Kymeus überzeugend. Auch wenn Cusanus natürlich nicht die Terminologie Luthers verwendet und ihm dessen ständige Betonung des Gegensatzes von Glaubens- und Werkgerechtigkeit fremd ist, so stellt er doch unermüdlich heraus, dass der Mensch das Heil nur durch Glauben, durch Vertrauen in Gottes Barmherzigkeit und Gnade, die sich uns in Jesus Christus gezeigt habe, erlangen könne. In diesem Zusammenhang ist noch ein weiterer Punkt aus dem letzten Kapitel der Schrift De pace fidei wichtig, auf den Kymeus hinweist und den er, in geraffter und leicht veränderter Form, mit lebhafter Zustimmung zitiert: „Wenn man nicht eins werden kan, sol man eine jede Nation bey seiner Secten vnd Ceremonien bleiben lassen, sofern solche dem Glauben vnd Friede nicht zuwider ist. Vnd würde villeicht aus solcher manigfalt der Christen andacht grösser, da ein jde Nation würde mit ernst vnd vleis (d.h. Fleiß) darnach stehen, das ire sitten besser vnd vbertrefflicher weren denn der andern völcker sietten.“

Cusanus hat mit dieser Aussage gewissermaßen zwei wichtige Sätze aus der Confessio Augustana von 1530, Art. 7 vorweggenommen: „Und zur wahren Einheit der Kirche ist es genug, dass man übereinstimme ir der Lehre des Evangeliums und in der Verwaltung der Sakramente. Es ist nicht notwendig, dass die menschlichen Traditionen und die Riten und die Zeremonien, welche von Menschen eingeführt wurden, sich überall gleichen.“

Auf diese Übereinstimmung zwischen Cusanus‘ Schrift vom Frieden im Glauber und dem Augsburgischen Bekenntnis hat der hessische Reformator nicht hingewiesen.

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Die Transgender-Organisation WPATH

Viele Ärzte und Therapeuten orientieren sich bei der Transgender-Problematik an den Maßstäben der Organisation WPATH für den Umgang mit geschlechtsangleichenden Operationen. Die Journalistin Mia Hughes hat vor einigen Wochen WPATH-Files veröffentlicht, die eine internationale Debatte ausgelöst haben. DIE WELT hat mir ihr gesprochen. Sie sagte in dem Interview:

Die Akten geben Einblick hinter die Kulisse dieser Gruppe, die im Bereich der Transgender-Gesundheit als weltweit führend betrachtet wird. Die Dateien zeigen, dass Patienten, die nur begrenzt oder gar nicht die Tragweite der Behandlungen abschätzen können, von diesen Ärzten auf einen lebensverändernden medizinischen Weg gebracht werden. Viele der Patienten, über die sich die Ärzte austauschen, wissen nicht, wie sich die invasiven Hormone und Operationen auf ihre Gesundheit und ihre Fruchtbarkeit auswirken.

WPATH bezeichnet sich als wissenschaftliche und medizinische Organisation und beruft sich bei ihren Richtlinien auf bestmögliche Evidenz. Die Auszüge aus dem internen Nachrichtenforum von Ärzten und anderen WPATH-Mitgliedern sowie durchgesickerte Videoaufnahmen einer Podiumsdiskussion zeigen jedoch etwas ganz anderes. Daraus geht hervor, dass WPATH politischen Aktivismus betreibt. Ärztliche Mitglieder improvisieren bei Behandlungen und experimentieren an ihren Patienten. Dabei beobachten sie vielfach schädliche Auswirkungen, kümmern sich aber nicht um die Folgen für die Patienten. 

In einem anderen Thread schrieb eine Therapeutin aus Kalifornien, dass sie sich in 15 Jahren nur ein einziges Mal geweigert habe, eine Überweisung für eine Operation auszustellen – und zwar, weil sich der Patient in aktiver Psychose befand und während der Untersuchung halluzinierte. Alle anderen, ob obdachlos oder an Schizophrenie oder DID leidend, hatten von ihr Empfehlungen zur Operation erhalten.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Wahrheiten und Mehrheiten

Ob Klima-, Umwelt- oder Gesundheitskrise: Die Machtworte der Wissenschaft verheißen – so argumentieren viele Politiker und Journalisten – Abhilfe. Tatsächlich aber verbündet sich hier naive Wissenschaftsgläubigkeit mit einem tendenziell undemokratischen Machtanspruch. Jakob Hayner stellt das Buch Wahrheiten und Mehrheiten von Peter Strohschneider vor, in dem der heute so verbreitete Szientismus unter die Lupe genommen wird: 

Mit klarer Argumentation und nüchterner Analyse nimmt Strohschneider auf knapp 200 Seiten einige der Irrtümer über Wissenschaft und Politik auseinander, die in den vergangenen Jahren geradezu endemisch geworden sind. Der 1955 geborene Strohschneider ist zwar von Beruf Literaturwissenschaftler, war aber auch langjähriger Vorsitzender des Wissenschaftsrats und der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zudem Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Kurz: Hier spricht ein Mensch der Wissenschaft aus intimer Kenntnis der Sache.

„Wahrheiten und Mehrheiten. Zur Kritik des autoritären Szientismus“ heißt das Buch von Strohschneider. Szientistisch, in Abgrenzung zu szientifisch (schwer einzudeutschen: wissenschaftistisch statt wissenschaftlich), nennt Strohschneider die „Follow the Science“-Pose, die allein „die Fakten“, aber keinerlei Erkenntnis- und sonstige Wissenschaftsprobleme kennt, sondern ausschließlich einen alternativlos wirkenden Handlungsdruck aufbaut. Zu finden ist das bei Gruppierungen wie „Scientists for Future“ oder bei Leuten, die es wie der SPD-Politiker Karl Lauterbach vom Twitter-Troll zum Minister gebracht haben.

Ein Zitat aus dem Buch (Wahrheiten und Mehrheiten: Kritik des autoritären Szientismus, 2004, S. 135–136):

So „sorgt die Rhetorik des Notstands für despotische Verhältnisse,“ und dieser Schritt lässt sich nicht nur in politischen Stellungnahmen wie denjenigen der Jugendklimabewegung oder von Karl Lauterbach verfolgen, sondern auch an gesellschaftstheoretisch erheblich ambitionierteren Beispielen. So hat etwa der Soziologe Anthony Giddens, in den neunziger Jahren einer der intellektuellen Väter des britischen New Labour-Projektes, schon vor über einer Dekade in seinem Buch The Politics of Climate Change durchbuchstabiert, wie manifestes Politikversagen behoben werden könne, indem man diese Politics um alles Politische programmatisch bereinige. Es müsse „der scharfe Gegensatz von Links und Rechts sowohl ideologisch als auch in der parteipolitischen Praxis überwunden werden […].“ Denn tatsächlich bestehe längst kein sachlicher Dissens mehr über das, was bei der Bekämpfung des Klimawandels ‹eigentlich› erforderlich sei. Vielmehr seien es allein politische Gegnerschaften, welche die richtigen Entscheidungen behinderten. Und gegen diese Blockaden durch das Politische empfahl Giddens nun einen parteiübergreifenden monitoring body. Dieser sollte die Verfolgung von Klimaschutzzielen nicht bloß überwachen, sondern gegebenenfalls auch selbst direkt in die entsprechende Gesetzgebung eingreifen. Unüberhörbar ist, dass dieser klimapolitische Herrschaftsentwurf bis in jene Vorstellungen des bundesrepublikanischen Gesundheitsministers hinein nachhallt, nach welchen Politik durch Szientifizierung ertüchtigt werden soll.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

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Die Polemik gegen Calvin

Heinz Langhoff schreibt über die Polemik gegen Calvin („Der verkannte Calvin“, in: Joachim Rogge (Hg.), Johannes Calvin, 1963, S. 51):

Das vorige Jahrhundert mit seinem allzu leichtfertigen, zivilisationsfreudigen Optimismus sah auf Grund all der vielen überkommenen Verzeichnungen in Calvin ebenfalls den finsteren, diktatorischen Wüterich gegen Menschenrecht und Freiheit. Bezeichnend dafür ist das Werk des liberalen J. B. Galiffe aus Genf, von dem Ernst Pfisterer schreibt: „Wo man an Hand der … Akten und Urkunden ihn kontrollieren kann, immer ergibt sich dasselbe Bild: entweder er zitiert sie falsch, oder er unterschlägt sie völlig, wenn sie ihm nicht passen, oder er legt völlig sinnwidrig aus; oder er phautasiert Tatsachen hinzu! Nur in einem Stück bleibt er sich treu: alles, aber restlos alles, was er erzählt, verzerrt und verdunkelt das Bild Calvins.“

Auf Galiffes Darstellungen fußt, obwohl sie inzwischen widerlegt waren, die Arbeit des Katholiken Kampschulte, der „Calvin nicht verstanden und nicht geliebt“ hat (Stickelberger). Sie wird grundlegend für das Urteil mancher Wissenschaftler, auch auf evangelischer Seite. Wir müssen heute mit Bedauern feststellen, daß sich durch diese geschickte und eingängige Arbeit mehr als eine Generation von katholischen wie evangelischen Pfarrern und Religionslehrern aufs Ganze gesehen vom Studium der Quellen abhalten und am wirklichen Calvin vorbeiführen ließ. So kommt es, daß die vorhin erwähnte „accusativus“-Legende sogar in ein wissenschaftlich anerkanntes Werk wie die Realencyklopädie durch den Artikel R. Stähelins eingeschleppt wurde. Darüber hinaus widerfährt es Calvin bis auf den heutigen Tag, daß die Entstellungen seiner schärfsten Gegner sogar von denen für bare Münze genommen und weiterverbreitet werden, denen nicht zuletzt durch sein Wirken das Evangelium wiedergewonnen und erhalten geblieben ist. Im Begleittext eines vom Reformierten Rat für Presse- und Publikationsangelegenheiten in Holland herausgegebenen Bildstreifens steht u.a. die ungeheuerliche Behauptung, Calvin habe ein Mädchen enthaupten lassen, das seine Eltern geschlagen habe.

Die große Umkehrung

Tim Keller schreibt über die Erlösung (Hoffnung in Zeiten der Angst, 2022, S. 128): 

Wenn Jesus uns dazu auffordert, unser Kreuz auf uns zu nehmen und ihm nachzufolgen (Matthäus 16,24), bedeutet das: Um durch die große Umkehrung gerettet und verändert zu werden, müssen wir durch unsere eigene „Umkehrung“ gehen. So wie Jesus unsere Erlösung nicht durch das Ausüben seiner Macht bewirkte, sondern durch die freiwillige Aufgabe von Macht, so erlangen wir diese Erlösung nicht dadurch, dass wir all unsere Kraft zusammennehmen, um moralisch perfekt zu werden, sondern indem wir unsere totale Schwäche, Hilflosigkeit und Bedürftigkeit eingestehen. Und so wie bei Jesus Schwachheit und Schande der einzige Weg zu wahrer Kraft und Herrlichkeit war, so ist bei uns die Reue über unsere Schuld und Sünde der einzige Weg zu größter Zuversicht und Ehre – zu dem Wissen, dass wir in Christus von dem Herrn des Universums angenommen und geliebt sind.

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ARD und ZDF werben fürs Gendern

Die Bevölkerungsmehrheit ist gegen das Gendern. Im ÖRR gewinnt die geschlechtergerechte Sprache trotzdem die Oberhand. Drei Jahre haben Fabian Payr und Stefan Beher  untersucht, mit welchen Methoden die Sender für Varianten der vermeintlich gendergerechten Sprache werben. Gern beruft man sich auf DIE Wissenschaft. Besonders auffällig ist, wie Kinder indoktriniert werden. 

Zitat aus der WELT: 

Die Unausgewogenheit in der Darstellung „gendersensibler Sprache“ manifestiert sich in den Sendungen auf unterschiedlichen Ebenen: 1) Gender-Befürworter erhalten in vielen Sendungen einen deutlich größeren Redeanteil als Genderkritiker. 2) Die konsultierten Experten stammen schwerpunktmäßig aus dem Lager der Befürworter. 3) Wird auf Forschung Bezug genommen, so vorrangig aus den Bereichen der Psycho- oder Genderlinguistik. 4) Die Auswahl der Gesprächspartner bildet die Positionen in der kontroversen Debatte und deren Zustimmungsraten in der Bevölkerung nicht ab. 5) Oft wird die Pro-Position in aller Breite dargestellt, die Kontra-Argumente erhalten hingegen nur wenig Raum. Nicht selten wird auf diese auch ganz verzichtet, nicht zuletzt in den satirischen Formaten der Sender (z.B. „Die Anstalt“, „Heute Show“). Dort werden Genderkritiker mit nur wenigen Ausnahmen als reaktionär, rückständig, schrullig oder frauenfeindlich dargestellt.

Diese wenig schmeichelhafte Charakterisierung von Genderskeptikern wird aber auch in anderen Formaten durch geschicktes Framing erreicht, etwa in der 3sat-Doku „Krieg der Sternchen“ (Oktober 2022), in der die Bandbreite aller säuberlich aufgelisteten Genderkritiker bis hin zu AfD und Wladimir Putin reicht – ein Club, in den wohl die weitaus meisten Genderskeptiker nicht aufgenommen werden möchten.

Zur Klarstellung: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk lässt durchaus auch Kritiker des Genderns zu Wort kommen. Im Vergleich zu den vielen Stimmen aus dem Pro-Lager, in die sich gerne auch Moderatoren einreihen, sind diese jedoch deutlich in der Minderheit – und das, obwohl eine Mehrheit der Bevölkerung diesen Sprachgebrauch ablehnt und diese Ablehnung auch nachvollziehbar begründen kann. 

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Wie die Luft die wir atmen

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Glen Scrivener möchte uns in seinem Buch Wie die Luft, die wir atmen „die Augen dafür öffnen, dass das, was wir in unserer Welt erleben, die fortdauernden Nachbeben der Jesus-Revolution sind“ (S. 16). Dabei ist es nicht nur sein Anspruch, gläubige Christen in zehn kurzen Kapiteln auf nur 256 Seiten von dieser These zu überzeugen und ihnen Mut zu machen, „ihren Weg weiterzugeben“ (S. 16). Vielmehr möchte er gerade der Gruppe der unreligiösen Menschen zeigen, was das Evangelium bedeutet.

Lukas Meier hat das Buch gelesen und schreibt: 

Eins ist sicher: Langweilig wird dieses Buch nie. Es erinnert an eine Netflix-Serie mit dramatischen Szenen, starken Kontrasten, verwegenen Charakteren und schnellen Schnitten. Nirgendwo verweilt der Blick länger. Rastlos schweift das Auge über ganze Jahrhunderte hin und nimmt nur grobe Konturen wahr. Man bleibt stets aufmerksam, erwartet gespannt die nächste Wendung, den nächsten Einfall, den nächsten Akteur auf der Bühne.

Die Argumentation ist mutig, bisweilen gewagt. Nachweise für die aufgestellten Behauptungen fehlen weitgehend. Natürlich könnte und müsste man alles viel differenzierter sagen – darauf weist der Autor zu Beginn des Buches auch gleich selbst hin. Scrivener führt keinen wissenschaftlichen Beweisgang. Er erzählt eine Geschichte, die mitreißt, die zur Identifikation einlädt, die nicht zuletzt auch unterhalten soll. Und das tut sie, auch dank der gelungenen Übersetzung, die dem Tempo und der Dramatik des Buches gerecht wird.

Am Ende klappt man die Buchdeckel zu und ist ermutigt, denn bei der Lektüre wird einem wieder ganz neu klar: Der christliche Glaube ist ein einzigartiges und wundervolles Geschenk Gottes, das nicht nur unsere westliche Zivilisation, sondern auch das Leben von Millionen Menschen unendlich viel besser, freier und leichter gemacht hat. Es lohnt sich, an diesem Glauben festzuhalten, wohin auch immer unsere Gesellschaft sich weiterentwickeln mag.

Mehr: www.evangelium21.net.

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