Jetzt fallen die „Sensitivity Reader“ der Verlage, also Leute, die Texte auf Diskriminierungen prüfen, auch noch über Miss Marple her. Welche Folgen aber hat der Eingriff?
Natürlich ist das alles hochbedenklich. Warum kann man Lesern nicht die Originaltexte zumuten, im Vertrauen darauf, dass die sich ihre eigenen Gedanken über die Beschränktheiten einer vor 47 Jahren mit 85 gestorbenen Kriminalschriftstellerin machen? Ist es nicht Verfälschung, wenn Romanfiguren, durch deren innere Monologe Wahrnehmungen puckern, die sich heute niemand mehr gestatten würde, nun auftreten, als hätten sie ein Antidiskriminierungs-Training hinter sich?
Und wo soll das noch hinführen – wird man irgendwann nicht mehr feststellen können, dass Autoren wie Agatha Christie, Roald Dahl oder Ian Fleming rassistisch, antisemitisch oder sexistisch gedacht haben, weil man es nicht mehr mit ihrem um alle Irritationen bereinigten Werk belegen kann?
Das Ansinnen grenzt an Gehirnwäsche. Wir sollten nicht überrascht sein, wenn es irgendwann auch bereinigte Ausgaben der Bibel gibt.
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