Familienpolitik

Die Respektlosigkeit gegenüber Familien

Leander Scholz ist ein Philosoph und Schriftsteller aus Berlin. Für die Leser der WELT hat er mal aufgeschrieben, weshalb es für ihn und eine Frau ein zermürbender Kampf war, als sie beide noch in Vollzeit erwerbstätig waren. Das unbeirrbare Ideal von Politik und Wirtschaft, dass beide Elternteile in Vollzeit arbeiten, geht seiner Meinung nach hartnäckig an der Lebensrealität vieler Familien vorbei:

Die Aufteilung der Familienarbeit ist längst zum Gegenstand eines politischen Streits geworden. Aber trotz zahlreicher Versuche, die Familien in eine paritätische Richtung zu drängen, entscheiden sich die meisten für ein Modell, bei dem ein Elternteil weniger erwerbstätig ist und dafür einen größeren Anteil an der Familienarbeit übernimmt. Das ist auch bei uns der Fall, nur in Umkehrung der traditionellen Rollenverteilung. Als wir noch beide in Vollzeit gearbeitet haben, war der Kampf um die Zeit oft zermürbend. Wir stritten darum, wer den anstehenden Arzttermin mit Kind wahrnimmt, wer Überstunden machen darf, weil es gerade wichtig ist, oder einen Abendtermin wahrnehmen kann.

Alles auszuhandeln, ist nicht nur anstrengend, sondern erzeugt auch ein dauerhaft schlechtes Gewissen. Ständig stellt sich das quälende Gefühl ein, entweder der Familie oder aber den beruflichen Ansprüchen nicht zu genügen. Familienarbeit ist aufwendig und braucht Zeit. Wenn alles nur noch nebenbei und in Hetze geschieht, wird das Familienleben zum Stressfaktor. Das unbeirrbare Ideal der Politik, dass beide Elternteile in Vollzeit arbeiten, geht hartnäckig an der Lebensrealität vieler Familien vorbei.

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Kultur des Todes (18): Strafbarkeit von Abtreibungen abschaffen

Es passt zur geistlichen Verfassung in Europa: Die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus dringt auf eine Reform des Strafrechts und möchte den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuchs, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt, streichen (zur Lage in Frankreich vgl. hier). Die FAZ berichtet:

„Wer anders als die Schwangeren selbst sollte entscheiden, ob sie ein Kind austragen möchten oder können?“, fragte Paus. „Wer anders als die Frauen selbst sollte darüber entscheiden, wann und in welchen Abständen sie Kinder bekommen?“.

Grundpfeiler des Menschenrechts auf reproduktive Selbstbestimmung seien neben dem Zugang zu sicheren und erschwinglichen Verhütungsmitteln auch die Gewährleistung von Schwangerschaftsabbrüchen sowie einer selbstbestimmten und sicheren Schwangerschaft und Geburt. „Frauen die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, dürfen nicht länger stigmatisiert werden“, sagte die Ministerin.

Die Einsetzung einer Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin wurde übrigens im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbart, ohne die Streichung des Paragrafen 218 zu erwähnen. Dort heißt es (S. 92):

Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Wir stellen Versorgungssicherheit her. Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung wird auch künftig online möglich sein. Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB.

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Offensive zugunsten der Familie

Herrmann Binkert hat in der Zeitschrift DIE TAGESPOST die klassische Familie verteidigt (Ausgabe vom 01.12.22, S. 35). Eine Mehrheit von 61 Prozent der Bevölkerung in Deutschland verbindet laut der Studie „Familie macht den Unterschied“ (2022 durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut INSA Consulere, dem Binker vorsteht) mit einer klassischen Familie aus Vater, Mutter und Kindern etwas Positives. Der Ist-Zustand der Gesellschaft, z.B. der hohe Anteil der Alleinerziehenden, sei gar nicht das Ideal der Menschen.

Binkert schließt sein Plädoyer mit folgenden Worten: 

Viel spricht für die Analyse von Hans-Werner Sinn, dass „die wenigen jungen Menschen, die es trotz der Kinderarmut noch geben wird“, sich „an traditionelle Lebenswege erinnern und sich kopfschüttelnd vom Lebensmodell der verarmten Alten abwenden (werden), die nicht auf die Unterstützung ihrer Familien zurückgreifen können. Notwendig erscheint mir eine geistige Offensive zugunsten der Familie. Sie darf nicht nur unter funktionalen Gesichtspunkten gesehen werden. Ihr kommt in Staat und Gesellschaft eine grundlegende Rolle zu. Nur starke Familien sind als kleinste Einheit einer subsidiären Ordnung ein gutes Fundament für eine erfolgreiche Gesellschaft. Mit dieser Einsicht ist die Bevölkerungsmehrheit meines Erachtens der Politik voraus.

Kind soll vier Elternteile haben können

Die Schwächung der Bio-Familie wird vorangetrieben. Das ist der logische Schritt nach der Einführung für einen revisionistischen Familienbegriff. Der Queer-Beauftragte der neuen Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), setzt sich dafür ein, dass Kinder künftig mehr als zwei Elternteile haben können. „Ein Kind soll bis zu vier Sorgeberechtigte haben dürfen, denn mittlerweile wächst jedes dritte Kind in einer Familiensituation auf, die nicht einer klassischen Ehe entspricht“, sagte Lehmann. Die FAZ meldet unter Berufung auf den Nachrichtendienst Epd: 

Von so einer Änderung würden nicht nur Regenbogenfamilien profitieren, sondern auch Patchworkfamilien, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Zugleich seien auch die Kinder rechtlich besser geschützt.

Wenn ein Kind in eine Ehe mit zwei Frauen hineingeboren werde, habe es bislang nur einen Elternteil. Werde ein Kind dagegen in eine Ehe mit Vater und Mutter hineingeboren wird, habe es automatisch zwei Eltern. „Das wollen wir ändern, um die Ehen gleichzustellen, aber auch, um die Situation der Kinder abzusichern“, sagte Lehmann. „Denn wenn heute der leiblichen Mutter etwas passiert, ist das Kind quasi Waise“, sagte der Beauftragte für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.

Mehr: www.faz.net.

Gender-Revolution wird die Welt verändern

Ralf Schuller erörtert in der NZZ die Frage, was passiert, wenn das Konzept einer sozial konstruierten Geschlechtlichkeit noch weiter Fahrt aufnimmt. Er meint, dass sich Welt, in der wir leben, weiter stark verändern wird und vor allem die biologische Familie, die enorm zur Wertschöpfung beiträgt, in Mitleidenschaft gezogen werden wird.

In Wahrheit geht es um mehr als Natur contra Gefühl oder soziale Konstrukte: Die klassische Familie ist die elementare Zelle der bürgerlichen Gesellschaft, sie trägt die massgebliche Verantwortung für gelingendes Leben, am Anfang (Zeugung, Erziehung, Kulturkompetenz) und am Ende (Pflege, Versorgung, Generationenzusammenhalt). Sie stellt uns in Traditionslinien, begründet unsere Herkunft und oft genug unsere Zukunft. Kurz: Die klassische Familie prägt unsere Gesellschaftsordnung in ihren Werten und Strukturen. Die klassische Vater-Mutter-Kind-Familie mit leiblicher Abstammung aus dem praktischen Denkbetrieb der Gesellschaft zu nehmen und in eine Regenbogen-bunte Vielfalt zu stellen, verzerrt nicht nur die Realität, sondern wird die Gesellschaft verändern. Das kann man wollen oder auch nicht. Die von etlichen Aktivisten ausdrücklich bekämpfte «Heteronormativität» ist kein Unrecht oder Unfall, sondern gelebte Realität. Wenn sich das grundlegend ändert, sterben wir aus oder müssen auf technische Reproduktionswege setzen – mit allen Risiken und Nebenwirkungen.

Mehr: www.nzz.ch.

„Schwangerschaftskommunismus“

Wenn ich in den letzten Jahren mit Freunden und Bekannten über den erweiterten Ehebegriff diskutierte, haben einige unter ihnen mit der Einführung der „Ehe für alle“ (Efa) im Jahr 2017 die Hoffnung verknüpft, dass „das Thema gegessen sei“ und man sich wieder den wichtigen tagespolitischen Themen zuwenden werde. Ich hörte sogar das Argument, bei dem Theater gehe es im Kern darum, den Schutz der Familie zu festigen. Schutz eben unter neuen Bedingungen. Die Gesellschaft entwickele sich weiter. Das „Prinzip Ehe“ solle gerade unter den Wandlungen, die die Spätmoderne mit sich bringt, erhalten werden.

Ich war hingegen immer der Meinung, dass genau diejenigen kulturellen Strömungen, die im Streit um die Efa vor „Familienfreundlichkeit“ strotzen, bei genauer Betrachtung das Anliegen verfolgen, die Familie abzuschaffen. Die Efa war nur ein durchschlagender Etappensieg. Weil – um es mal mit dem Neomarxisten Max Horkheimer zu sagen – Familien die „Keimzelle des Faschismus“ sind, kann erst durch deren Abschaffung Ruhe einkehren und sich der Mensch in herrschaftsfreien Räumen natürlich entfalten (siehe a. hier).

Die Wochenzeitung DIE ZEIT macht uns in einem aktuellen Beitrag mit dem Ideal einer elternlosen Gesellschaft vertraut. Aber nicht nur das. Sie rückt unverhohlen die Verteidiger der Familie in eine rechtsradikale Ecke und schreibt ihnen erhebliche Gewaltbereitschaft zu. So entsteht der Eindruck, Anwälte der traditionellen Familie zwischen einem Mann und einer Frau und biologischen Kindern seien per se Feinde der offenen Gesellschaft.

Mit Rückgriff auf die Arbeiten der Britin Sophie Lewis heißt es etwa:

Lewis stellt sich vor, wie es wäre, wenn wir Familien nicht mehr bräuchten, weil die Gesellschaft ausreichend Fürsorge und Nähe spendete, sie schreibt von „Polymutterschaften“ und „Schwangerschaftskommunismus“. Und ihre Hauptforderung lautet: „Wir müssen Wege finden, um der Exklusivität und Vormachtstellung ‚biologischer‘ Eltern im Leben von Kindern entgegenzuwirken.“

Kern dieser Revolution ist die Überwindung der Familie, eine Forderung, mit der Lewis längst nicht allein ist. Sie bezieht sich auf eine Reihe junger queerer Theoretikerinnen, die dazu forschen und schreiben. Jules Joanne Gleeson und Kate Doyle Griffiths zum Beispiel, die 2015 einen Essay mit dem Titel Kinderkommunismus veröffentlichten, „eine Analyse der Beziehungen zwischen Familie, Gender und der Reproduktion des Kapitalismus“. Oder die in Sydney lehrende Professorin Melinda Cooper, die in ihrem Buch Family Values aufzeigt, wie zentral die „Kernfamilie“ nicht nur für „sozial Konservative“, sondern auch für Neoliberale sei (in der Boston Review erschien ein Essay, der aus dem Buch destilliert war). Im Mittelpunkt beider Ideologien stehe am Ende, wie Cooper erklärt, immer noch die weiße, heterosexuelle Familie, als moralische und ökonomische Norm.

Ich lege aufgeweckten Christen die Lektüre des Artikels sehr ans Herz. Der Text stimmt auf die Kulturkämpfe der nächsten Jahre ein. Jene, die meinen, mit Weltflucht oder Resignation reagieren zu müssen, sollten nicht stolz auf ihre Haltung sein. Unsere Kinder und Enkel müssen es ausbaden. 

Also: Wir brauchen in dieser wichtigen Debatte weder aggressive Kampfschriften noch Gesten der Kapitulation, sondern Mut und Hoffnung, die sich auch darin kundtun, dass wir uns gründlich, vernünftig und praktisch in die Kontroversen einmischen.

Hier der Artikel „Die elternlose Gesellschaft“: www.zeit.de.

Wenn Kinder auf der Strecke bleiben

Reden wir über Vereinbarkeit von Familie und Karriere, geht es meist um Elternwünsche und den Druck im Job. Was aber brauchen die Kinder? Mehr Zeit mit Mama und Papa vielleicht? Ein guter FAZ-Beitrag von Julia Schaaf über die Grenzen einer vergesellschaftlichten Erziehung:

Sabine Andresen ist Kindheitsforscherin. Seit vielen Jahren untersucht die Professorin an der Universität Frankfurt am Main das Wohlergehen von Kindern, und dafür spricht sie auch mit Jungen und Mädchen direkt. Im Rahmen der Kinderstudien des Hilfswerks World Vision zum Beispiel fragt sie Kinder, ob ihre Eltern genügend Zeit für sie haben. Ergebnis: Sofern ein Elternteil nicht oder nur in Teilzeit arbeitet, ist die überwältigende Mehrheit der Sechs- bis Elfjährigen zufrieden. Wenn Mütter und Väter beide Vollzeit machen, finden Kinder häufiger, dass die gemeinsame Zeit nicht reicht.

Offenbar stehen wir vor einem Dilemma: „Was gut ist für das Kind, ist nicht immer gut für die Befreiung aus traditionellen Rollen von Müttern und Vätern“, sagt Andresen. Und: „Vielleicht neigen wir im Moment dazu zu tabuisieren, dass Kinder es womöglich nicht so toll finden, den ganzen Tag außerhalb von zu Hause betreut zu werden.“ Kein Wunder, dass die Professorin so vorsichtig formuliert. Noch immer müssen sich Mütter – und nur Mütter! –, die Vollzeit arbeiten, vor Teilzeitfrauen und konservativen Männern permanent für ihr Lebensmodell rechtfertigen.

Mehr: www.faz.net.

Kritik an „Ehe für alle“ wird Fall für den Presserat

Der österreichische Journalist Martin Leidenfrost hatte sich erlaubt, in einem bissigen Kommentar den politischen Einfluss der Schwulen und Lesben zu hinterfragen. So schrieb er:

Der Nationalrat ist hier mit einem Herzstück der herrschenden Ideologie konfrontiert. Wo Gläubige früher durch die Straßen zogen, um den Leib Christi zu verehren, beten sie jetzt in Latex gepresste Männerärsche an. Die Gay-Pride-Parade ist die Fronleichnamsprozession des frühen 21. Jahrhunderts. Der propagandistische Aufwand ist gewaltig: Filmindustrie und Medien massieren uns mit homosexuellen Rührdramen, die Privilegierung einer im Westen wohlsituierten Minderheit wird als „Ehe für alle“ verkauft, Andersdenkende werden an Schandpfähle gebunden. Aus einer lustigen Travestie ist eine todernste Staatsdoktrin geworden.

Was passiert? Leidenfrost wird mit dem Vorwurf konfrontiert, ein Tabu gebrochen zu haben und der Fall landet nun vor dem Presserat in Österreich.

Kurz: Diejenigen, die sich auf die Fahnen schrieben, im Namen von Toleranz, Aufklärung und Fortschritt möglichst alle Tabus zu brechen, wollen die Kritik an ihnen lieb gewordenen Überzeugungen und Rechten verbieten. Immunisierung.

Väter in der Familie

Professor Bradford Wilcox von der Universität Virginia (USA) hat sich genauer mit der Arbeit und Funktion der Väter in der Familie befasst. Jürgen Liminski hat die Ergebnisse für iDAF zusammengefasst:

Die jüngste Weltfamilienkarte (World Family Map 2017), an der Forscher aus Europa, Amerika, Afrika und Asien teilnehmen – deutsche sind nicht dabei – , zeigt anhand von Daten aus diesen Kontinenten, dass der Rückgang der Ehe deutlich Einfluss auf die Stabilität der Kinder, der jüngeren Generation und damit auch auf die gesellschaftliche Stabilität ausübt. Umgekehrt lässt sich sagen: Ehe stabilisiert, wer sie schwächt, schwächt auch die Gesellschaft. Das ist nicht neu, in Deutschland allerdings kaum verbreitet. Die Blockaden des Relativismus funktionieren, besonders in der Medienwelt. Zu diesen Blockaden gehören auch Mythenbildungen. Manche Mythen sind zäh, zum Beispiel, dass nichtverheiratete Väter genauso gut erziehen wie verheiratete. Oder dass signifikant immer mehr Väter Vollzeit zuhause blieben, oder dass die Hälfte aller Mütter die Aufgaben des Haushalts partnerschaftlich zu fifty-fifty mit den Vätern teilen wollten. Oder auch der Mythos von der „guten Scheidung“, also der Trennung der Eltern ohne bedeutsame Folgen für die Kinder.

In amerikanischen Universitäten ist man solchen Mythen jetzt auf den Grund gegangen. Professor Bradford Wilcox von der Universität Virginia und dort Direktor des „Nationalprojekts Ehe“ (http://nationalmarriageproject.org) hat sie anhand von neuen wissenschaftlichen Befunden und Daten entzaubert.

Mehr: www.i-daf.org.

Falsche Vätermythen

Jürgen Liminski stellt für den TAGESSPIEGEL eine Studie vor, die den Einfluss der Ehe  auf die Stabilität der Kinder, der jüngeren Generation und damit auch auf die Gesellschaft untersucht. Die Ergebnisse widerlegen einige Mythen.

Der dritte Mythos – nichtverheiratete Väter erziehen genauso gut wie verheiratete – geht von einem individualistischen Menschenbild aus, das Beziehungen nicht um ihrer selbst willen und als personale Verbindung sieht, sondern als Instrument des Individuums. Es ist ein Unterschied, ob jemand in einem verlässlichen, auf unbegrenzte Dauer angelegten Bezugsrahmen lebt und handelt oder ob die Beziehung unter der unausgesprochenen Option der Trennung steht. Die Soziologen, die Daten zu der Studie beigetragen haben, gehen zunächst von dem Faktum aus, dass vierzig Prozent aller Kinder heute in Haushalten leben, in denen die Eltern nicht verheiratet sind. Sandra Hofferth von der Universität Maryland und Kermyt Anderson von der Universität Oklahoma konnten nun nachweisen, dass verheiratete Eltern in der Regel deutlich zärtlicher, emotionaler und teilnehmender mit den Kindern umgehen als nicht verheiratete. Die Weltfamilienkarte zeigt zudem, dass Kinder aus nichtehelichen Haushalten doppelt so wahrscheinlich die Trennung der Familie vor ihrem 12. Lebensjahr erleben als Kinder aus ehelichen Haushalten. Eine Studie der Universität Bowling Green State sowie der Universität von Michigan wies sogar nach, dass in den USA jedes zweite Kind von nicht verheirateten Eltern den Bruch der Familie vor seinem fünften Geburtstag erleidet. Dagegen erlebten nur 15 Prozent der Kinder von verheirateten Eltern diesen Schock. Die Soziologen Frank Frustenberg und Andrew Cherlin führen das darauf zurück, dass verheiratete Väter Ehe und Vaterschaft als „eine einzige Sache, als ein Paket“ betrachten. In diesem Sinn ist auch der Mythos von der „guten Scheidung“, die den Kindern nichts ausmache, zu sehen.

Mehr: m.die-tagespost.de.

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