Der Antisemitismus der künftigen Elite
Amerika wird nicht nur von rechts bedroht. An den Hochschulen führt eine woke Studentenschaft das Wort und trägt dazu bei, dass der Meinungskorridor immer enger wird – auch hinsichtlich der Krise im Nahen Osten.
Majid Sattar schreibt:
Nicht jeder Demonstrant mit Palästinensertuch ist von Judenhass getrieben. Mancher folgt einfach dem linken Zeitgeist und solidarisiert sich mit dem Underdog, ungetrübt von Kenntnis über den Nahostkonflikt. Neu ist nur das Etikett: Was heute akademisch verschwiemelt Siedlungskolonialismus genannt wird, hieß nach dem Sechs-Tage-Krieg bei linken Studenten schlicht Imperialismus. Damals wie heute galt: Die Bewegung ist von Antisemitismus durchzogen, was spätestens mit der Gleichsetzung von Zionismus und Rassismus klar wird. Antisemitismus war auch in Amerika nie nur rechts beheimatet. In Teilen afroamerikanischer Organisationen gibt es ebenfalls eine Kontinuität. So wie einst bei den „Black Panthers“ erklären nun Vertreter der „Black Lives Matter“-Bewegung ihre Solidarität mit dem „Widerstand“ gegen den Unterdrücker.
Das liberale Amerika wird nicht nur von rechts bedroht. Die aufgeheizte Atmosphäre an den Universitäten wirft ein Licht darauf, dass nach dem Vertrauensverlust staatlicher Institutionen, der auf das Konto der Rechtspopulisten ging, auch zivilgesellschaftliche Leuchttürme bröckeln. Seit Jahren arbeiten eine links-woke Studentenschaft und ihre akademischen Förderer daran, den zulässigen Meinungskorridor einzuengen, Gastvorträge nicht genehmer Wissenschaftler zu sabotieren, politisch korrekte Sprachkodizes durchzusetzen – und am Ende auch zu definieren, wer Opfer und wer Täter ist. Die Diversity-Behörden wirken dabei nicht selten als ihre Verbündeten. Liberale und konservative Wissenschaftler beklagen mitunter, die Diskurswächter wirkten einschüchternd.
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