Zitate

Was braucht der Pietismus heute?

Klaus Bockmühl schrieb 1977 (Herausforderung des Marxismus, S. 123):

Was der eine soziale Verantwortung empfindende Pietismus heute braucht, ist nicht Anpassung — weder nach rechts noch nach links —, sondern Buße, Umkehr, so daß Gott für ihn wieder zum beherrschenden Faktor in Leben und Gesellschaft wird. Der Pietismus braucht daher — das gilt übrigens für die ganze Christenheit —, um der ideologischen Abhängigkeit zu entgehen, dringend eine an der Heiligen Schrift orientierte Sozialethik.

Gott und sein schlechter Ruf

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„Wie bringt man den liebenden Gott des Alten Testaments mit dem gestrengen Gott des Neuen Testaments überein?“

Dieser erste Satz des Buches Der missverstandene Gott? von David T. Lamb ist schon Mal gut. Der Verlag schreibt:

Man könnte fast glauben, Gott habe einen schlechten Ruf! Viele halten ihn für zornig und wütend. Sie meinen, er schlage Menschen ohne ersichtlichen Grund eins rechts und links um die Ohren. Das Alte Testament scheint Gott als launisch und heimtückisch darzustellen; als einen, der ganze Armeen auslöscht und Feinde aufgrund von extremen Vorurteilen bestraft. Doch neben den verstörenden Passagen von Gottes zornigem Handeln wird im Alten Testament auch ein Gott der Liebe, der Güte und der Geduld porträtiert. Wie sind diese scheinbaren Widersprüche miteinander vereinbar? Um den Charakter Gottes zu erforschen, taucht David Lamb tief in die komplexen Strukturen des Alten Testaments ein. Und findet die richtigen Antworten.

Ich freue mich auf die Lektüre während der Weihnachtstage.

Der Heilige Geist ist kein Skeptiker

Zum Reformationstag ein deftiges Lutherzitat. Der Reformator schrieb 1525 an Erasmus:

Lass uns Zeugen der Wahrheit sein und uns um Wahrheitsbezeugungen bemühen und uns daran erfreuen! Halte du es nur mit deinen Skeptikern und Akademikern, bis Christus auch dich ruft. Der Heilige Geist ist kein Skeptiker! Er hat uns keine Zweifel oder bloße Meinungen in unsere Herzen geschrieben, sondern Wahrheitsgewissheiten, gewisser und fester als das Leben selbst und alle Erfahrung.

Die Herrschaft der Zeit

Hubert Windisch schreibt in seiner Minima Pastoralia (Würzburg: 2001, S. 23):

Eines der markantesten Zeitzeichen der Gegenwart ist das ausgeprägte Interesse an der Zeit als solcher. Es ist bemerkenswert, dass gegenwärtig über nichts so viel nachgedacht und gerätselt, publiziert und gestritten wird wie über die Zeit selbst. Es fällt dabei die Selbstbezüglichkeit des Phänomens der Zeit auf. In gewisser Weise kann man von einer herkunfts- und zukunftslosen Zeit-Selbst-Befassung sprechen, von einem tempus incurvatum in se ipsum, worin sich letztlich Nietzsches Botschaft vom Tode Gottes geltend macht. Denn diese Botschaft ist – genau besehen – eine Botschaft von der Göttlichkeit der Zeit. Die Aufkündigung der Herrschaft Gottes ist die Ankündigung der Herrschaft der Zeit. Der Tod Gottes erhebt die Zeit zum Gott. Da Gott aber tot ist, ist die Herrschaft der Zeit, und das, was die Zeit ausmacht, unerbittlich.

Kirche ist eine zarte Sache

Martin Luther schreibt in seiner Galatervorlesung zu 1,6:

Da die Kirche eine so empfindliche und zarte Sache ist und so leicht zerstört werden kann, gilt es wachsam zu sein gegen jene Schwarmgeister, die, kaum dass sie ein paar Predigten gehört, ein paar Seiten in den hl. Schriften gelesen haben, sich alsbald zu Lehrern aller Lernenden und Lehrenden machen, gegen aller Autorität. Solche Leute findet man heute in großer Anzahl auch unter den Meistern der Künste, freche Menschen, die sich in keiner Versuchung bewährt, niemals Gottesfurcht gelernt haben, niemals einen Geschmack der Gnade gehabt haben. Weil sie ohne den Hl. Geist sind, lehren sie, was ihnen gefällt und was dem Volke leicht eingeht. Das unerfahrene Volk, das nach Neuigkeiten lechzt, fällt ihnen sofort zu. Ja, auch viele, die wie sie meinen, die Glaubenslehre richtig festhalten und die durch Anfechtungen geübt sind, werden von solchen Leuten verführt.

„Glaube an dich selbst“

G.K. Chesterton schreibt in seinem Buch Orthodoxie (S. 37–38; siehe dazu hier):

Ich erinnere mich, dass ich einmal mit einem wohlhabenden Verleger spazieren ging und der eine Bemerkung machte, die ich schon oft zu hören bekommen hatte; fast kann man sie als Motto der heutigen Welt ansehen … Der Verleger äußerte über jemanden: „Dieser Mann wird es weit bringen; er glaubt an sich.“ Und ich erinnere mich, dass, als ich lauschend den Kopf hob, mein Blick auf einen Omnibus fiel, auf dem der Name „Hanwell“ [Anmerkung: eine psychiatrische Anstalt in London] stand. Ich sagte zu ihm: „Wollen Sie wissen, wo sich die Leute befinden, die am meisten an sich glauben? Ich kann es Ihnen sagen.“

Der höchste Vorsatz des Teufels

Martin Luther schreibt in der Vorrede zu seiner Auslegung des Galaterbriefes (Vorlesung von 1531):

Und das ist der höchste Vorsatz des Teufels und der Welt von Anfang an: Wir sollen nicht als Übeltäter erscheinen, sondern, was immer wir tun, das muß Gott gutheißen und dazu müssen alle seine Propheten Ja und Amen sagen. Wenn sie das nicht tun wollen, sollen sie sterben. Zugrund gehe Abel, es lebe Kein! Das soll unser Gesetz sein! Und so geschiehts.

Abwehrmechanismen

Hans Asmussen (1898–1968) schrieb 1935:

Ich wage nicht zu sagen, welcher Rettungsversuch der Gefährlichere ist: Gott umzustimmen oder sich selbst vorzumachen, dass man sich irrt, also sich selbst umzustimmen.

Die ungeheure Härte des Glaubens

DSuF_Cover_2012.jpegDie Ausgabe 2/2012 der Zeitschrift Sinn und Form wird Gespräche publizieren, die der Arzt Heinrich Huebschmann (1913–1995) im Jahre 1942 mit einigen herausragenden Intellektuellen geführt hat. Sinn und Form schreibt über Huebschmann:

Die Lust am Widerspruch gehörte zu seinen Wesenszügen, sie war für ihn eine Art Wünschelrute, mit der er sich auf die Suche nach der Wirklichkeit begab. Die nachstehenden Aufzeichnungen zeigen dies am Beispiel seiner Galilei-Kritik, sie zeigen seine Haltung gegen eine Naturwissenschaft, die das Meßbare zum Hauptkriterium erhebt und so zu einer mechanischen Sicht des Lebens kommt.

Die FAZ hat bereits am Mittwoch das bemerkenswerte Gespräch mit dem Pädagogen Eduard Spranger abgedruckt (07.03.2012, Nr. 57, S. N5). Huebschmann bekennt dort: „Ich selbst aber muß für mich gestehen, daß ich erst wieder festen Boden unter den Füßen gewann, als ich mich mit dem Christentum mehr befaßte.“ Kontext des Bekenntnisses ist die Kritik sowohl am extremen Subjektivismus wie auch am Kollektivismus (dem „Marschiertaumel“). Spranger kritisiert anschließend die Roosveltsche und Niedermöllersche Gegenbewegung, die Niedermöllersche dafür, dass sie mehr von der Antithese lebt. In seiner Antwort spricht Huebschmann von der Lebendigkeit und Härte des christlichen Glaubens:

Ja, wenn die letztere nur vom Neinsagen lebt, dann ist auch sie dem Untergang geweiht. Aber es gibt doch auch viele Anzeichen echten Lebens. Ich selbst las kürzlich das Matthäusevangelium. Ich war auf das tiefste überrascht, daß ich eine ganz falsche Schulerinnerung daran hatte. Nichts von jener pietistisch-humanitären Weichheit, die man dem Christentum vorwirft. Welch ungeheure Härte liegt in den Gleichnissen. Das Himmelreich ist ein Fischzug. Die guten Fische werden aufgehoben, die faulen weggeworfen – endgültig! Oder wie grausam ist das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen! Für die törichten, die kein Öl in der Lampe haben, ist es erbarmungslos endgültig aus!

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