Wie man einen Personenkult erkennt

Für Martin Luther ist Ruhmsucht eine der schlimmsten Sünden überhaupt. Wer den eigenen Namen groß macht, entehrt laut dem Reformator den Namen Gottes. Er schreibt (Von den Guten Werken, 1520, in: J. Schilling, A. Beutel, D. Korsch, N. Slenczka, & H. Zschoch (Hrsg.), Martin Luther: Glaube und Leben: Heutiges Deutsch, Bd. 1, S. 141):

Auf diese Weise wird durch unseren verfluchten großen Namen, unsere Selbstgefälligkeit und Ehrsucht der heilige Name Gottes unnütz gebraucht und entehrt, der doch allein geehrt werden sollte. Diese Sünde wiegt vor Gott schwerer als Totschlag und Ehebruch, aber wegen ihrer Subtilität sieht man ihre Bosheit nicht so klar wie die des Totschlags, denn sie wird nicht offensichtlich und äußerlich, sondern im Geist vollbracht.

Trotzdem oder vielleicht genau deshalb gib es so etwas wie einen frommen Personenkult, auch in rechtgläubigen Kreisen. Die digitalen und sozialen Medien begünstigen narzistische Ambitionen. Mark Hampton hat sich mit diesem Thema beschäftigt. Wenn Verkündiger im Vordergrund stehen, wird eben keine christozentrische Gemeindekultur gefördert. Vielmehr binden narzistische Leiterpersönlichkeiten Menschen an sich selbst. Sie suchen Aufmerksamkeit und Bewunderung. Hampton zählt einige Merkmale des Personenkults auf:

  • Schamlose Eigenwerbung: Dies ist vielleicht das verräterischste Zeichen eines Personenkults und in der Regel auch am leichtesten zu erkennen. Schauen Sie sich die sozialen Medien oder die Webseite der Persönlichkeit oder der Gemeinde an. Gibt es dort viele Fotos von der Person auf der Bühne und vor großen Menschenmengen? Personenkulte zwingen Ihre Aufmerksamkeit auf eine einzige Person, und die kommt nicht aus Nazareth. Personenkulte bieten Ihnen viele Möglichkeiten, Abonnent, Anhänger oder Kunde zu werden. Oft handelt es sich dabei nicht um Evangelisation oder Jüngerschaft, sondern um Werbung.
  • Zahlen sind das Wichtigste: Die Zahl der Anhänger oder die Höhe des eingesammelten Geldes sorgt regelmäßig für Aufmerksamkeit und rechtfertigt die Arbeit der Persönlichkeit. So viele Menschen können sich nicht irren, könnte man meinen.
  • Abdrängung von Andersdenkenden: Wenn diejenigen, die Fragen oder Bedenken äußern, zum Schweigen gebracht oder an den Rand gedrängt werden, haben Sie es möglicherweise mit einem Personenkult zu tun. Personenkulte scharen sich um eine einzige Person. Jeder, der nicht an Bord ist, der etwas in Frage stellt, nicht zustimmt oder abweicht, wird in der Regel hinausgedrängt.

Mehr hier: www.thegospelcoalition.org.

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3 Kommentare
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anonym
2 Jahre zuvor

Das ist ja merkwürdig. Heute habe ich bei mir selbst auch etwas „Narzistisches“ festgestellt, wenn auch nicht im Sinne eines ausgeprägten „Personenkultes“: Ich erwischte mich dabei, wie ich eifersüchtig auf jemanden war, der in einer bestimmten (christlichen) Sache mehr Aufmerksamkeit bekommen könnte, als ich es für mich gerne hätte. Total schrecklich, so etwas bei sich selbst erkennen zu müssen! Peinlich! Ich schaue mir oft auch Joyce Meyer an. Vieles, was sie sagt, gefällt mir gar nicht. Manches hingegen finde ich hilfreich. Sie fällt mir aber tatsächlich immer wieder in dem Sinne auf, daß sie ständig von sich selbst redet, wie „groß“ ihr „Werk“ ist, vor wievielen Menschen sie schon gesprochen hat und was sie so alles mit ihrer Arbeit international macht. Das tut sie merkwürdigerweise immer irgendwie mit einer Körperhaltung und einem Gesichtsausdruck in der Erwartung von Beifall – und das Publikum klatscht dann auch schön. (Ich möchte Frau Meyer nichts Böses unterstellen, aber mir ist das nur aufgefallen.) Hinweis:… Weiterlesen »

Udo
2 Jahre zuvor

Dem „Personenkult“ auf dem Leim zu gehen, kann wohl vielen passieren (mir auch!). Sich selbst zu wichtig zu nehmen und Zweifel zu hegen, ob man ersetzbar ist, sind da schon ernste Symptome und leider auch in Kirche und Gemeinde an der Tagesordnung. Da gibt es auch bedenkliche Desorientierung in evangelikaler Presse und auch bei ProChrist, wenn man mehr auf Publizität und Bekanntheit setzt statt auf Inhalt. Erst neulich schaute ich in BibelTV in eine Übertragung von ProChrist Hoffnungsfest rein. Inhaltlich fand ich es recht wenig aussagekräftig für Kirchenferne.Unklar, was das Evangelium eigentlich ist. Dann der Gesangsauftritt: inhaltsleer aus biblischer Perspektive, aber dafür hatte der Interpret ja bei der Castingshow „Voice of Germany“ einen guten Platz belegt. Sehr schade. Klares Evangelium geht anders.

anonym
2 Jahre zuvor

Nachtrag: Ich habe vor ein, zwei Tagen noch mal recherchiert, weil auch Freunde mich vor Joyce Meyer mal gewarnt hatten … Bei YouTube habe ich ein Video gefunden, in dem sie „in Zungen“ irgendwelche merkwürdigen Laute und Worte von sich gibt, diese aber auch nicht näher erklärt. Das Publikum hält die Arme nach oben und ruft irgendetwas, im Hintergrund spielt seltsame Musik … Für mich befremdlich … Ich werde wohl eher keine ihrer Sendungen mehr sehen …

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