Ein kluger Theologe lese christliche Ratgeberliteratur der Gegenwart und messe sie an diesem Lutherzitat (geschrieben 1525 an Erasmus):
Die von dir beschriebene Gestalt des Christlichen enthält unter anderem Folgendes: Wir sollen uns mit allen Kräften anstrengen, das Heilmittel der Buße erstreben und auf jede Art und Weise das Erbarmen des Herrn anstreben, ohne das weder der menschliche Wille noch eine Bemühung wirksam sind. Ebenso soll niemand zweifeln an der Vergebung Gottes, der von Natur aus grundgütig ist. Diese deine Worte sind ohne Christus, ohne Geist, kälter als selbst das Eis; sogar deine Beredsamkeit, sonst deine Zierde, leidet Schaden – diese [Worte] hat dir Armem vielleicht gerade noch die Angst vor Bischöfen und Tyrannen ausgepresst, um nicht völlig gottlos zu erscheinen. Das aber behaupten deine Worte doch als Wahrheit: Es gebe in uns Kräfte; es gebe eine Anstrengung aus allen Kräften; es gebe ein Erbarmen Gottes; es gebe Wege, das Erbarmen anzustreben; es gebe einen Gott, der von Natur aus gerecht, von Natur aus grundgütig ist usw. Wenn also einer nicht weiß, was jene Kräfte sind, was sie vermögen, was sie erleiden, welche Anstrengung ihnen eigen ist, was ihre Wirksamkeit, was ihre Unwirksamkeit ist – was wird der tun? Was wirst du ihn zu tun lehren?