Immanuel Kant wurde vor 300 Jahren geboren

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Wie verhalten sich Glaube und Vernunft zueinander? Vor der so genannten Aufklärung wurden sie selten als Gegensätze gesehen. Seit Beginn dieser Bewegung im 17. Jahrhundert wurde der Glaube zunehmend durch die Vernunft in seine Schranken verwiesen. Einen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung unter dem Einfluss des Königsberger Philosophen Immanuel Kant, der vor 300 Jahren geboren wurde. Seine Philosophie hat die Theologie der Neuzeit entscheidend geprägt. Das Jubiläum bietet eine Gelegenheit, sich mit den Sichtweisen des vielleicht einflussreichsten Philosophen der Moderne vertraut zu machen.

Hier ein Auszug aus einem Artikel, der bei Evangelium21 erschienen ist:

Wie stand Kant nun zu Glaubensfragen und Religion? In seiner religionsphilosophischen Schrift Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, die als Buch 1793 erschien (2. Aufl. 1794), präsentiert Immanuel Kant seine Sicht auf eine auf Vernunft beruhende Religion. Er erteilt darin der mittelalterlichen Metaphysik und Theologie eine Absage, weil sie Dinge verhandelt, die jenseits unserer Erfahrung liegen und damit nicht Gegenstand des wirklichen Wissens sein können. Trotzdem wollte er die metaphysischen Fragen nicht einfach wegwischen, denn: „Die menschliche Vernunft hat das besondere Schicksal in einer Gattung ihrer Erkenntnisse: dass sie durch Fragen belästigt wird, die sie nicht abweisen kann, denn sie sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber auch nicht beantworten kann, denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft“ (KrV A VII).

Vernünftige Philosophie muss seiner Meinung nach die Idee eines Gottes zulassen, damit das Streben nach höchstem Glück und das moralische Handeln zusammengehalten werden. Diese Einheit lässt sich zwar nicht mehr unabhängig von der menschlichen Vernunft denken (wie früher in der Metaphysik angenommen), ist aber immer noch eine Idee, die uns vor aller Erfahrung in der Vernunft notwendig gegeben ist und die Einheit der Welt verbürgt. Kant verjagte also die Religion aus dem Bereich des Wissens in den Raum der praktischen Vernunft. Gott ist nur noch Gegenstand des vernünftigen Hoffens. Kant wollte „das Wissen aufheben, um zu Glauben Platz zu bekommen“ (KrV B XXX).

Seine Religionsschrift setzt seine drei kritischen Werke voraus. Allerdings wird er in einigen Punkten unmissverständlicher und setzt sich direkt mit dogmatischen und praktischen Fragen des christlichen Glaubens auseinander. Kant erörtert übernatürliche Offenbarungen, geht auf die Erbsünde ein, diskutiert Christologie, Rechtfertigungs- und Gnadenlehre sowie die letzten Dinge (auch Eschatologie genannt). Freilich interpretiert er all diese Themen aus der Perspektive seiner Vernunftreligion. Die Glaubensaussagen, die sich etwa in großen Bekenntnistexten oder Katechismen finden, werden neu ausgelegt. Jüdische Elemente, die in der Bibel enthalten sind, werden herausgefiltert. Die Trinitätslehre lehnt Kant ab. Jesus ist keine göttliche Person, sondern personifizierte Idee des guten Prinzips. Die Gnadentheologie und der Sühnegedanke bereiten ihm größte Schwierigkeiten. „Das Beten, als ein innerer förmlicher Gottesdienst und darum als Gnadenmittel gedacht, ist ein abergläubischer Wahn (ein Fetischmachen)“ (Religion B302). Das „Pfaffentum“ ist eine Form des Afterdienstes (Religion B270 ff.). Wenn es Wunder gäbe, führt Kant aus, wäre unsere Vernunft sowohl in praktischer wie in theoretischer Hinsicht unbrauchbar (vgl. KrV B 122–124). Die biblischen Geschichten werden von ihrer „mystischen Hülle entkleidet“, die den Vorstellungen alter Kulturen geschuldet ist, um schließlich ihren Vernunftsinn für alle Welt und alle Zeiten offenzulegen (Religion B 114). Das Reich Gottes ist irdisch gedacht als das Reich der Sinne und des Verstandes, – ein moralisches Reich, in dem Menschen ihre Pflichten erkennen (vgl. KrV, B 142).

Mehr: www.evangelium21.net. Etwas ausführlicher an dieser Stelle: mbstexte198_phil_anstoesse_deu.pdf.

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