Ralf Frisch: Gott

Frisch Cover.

In seinem neuen Buch Gott kritisiert Ralf Frisch die anthropozentrische Theologie unserer Zeit. Genauso wenig, wie Bäckereien überleben werden, wenn sie Hungrigen Steine statt Brot verkaufen, wird eine Kirche bestehen können, wenn der Mensch die Antwort auf alle Fragen ist.

Hier aus meiner Rezension: 

Aber wer ist dieser Gott, von dem die Kirche zu reden hat? Frisch verteidigt das „Deus semper maior“. Gott ist immer größer, als Menschen glauben und denken. Er übersteigt alle menschlichen Versuche, ihn mit der Vernunft zu fassen (vgl. S. 62). „Der Mensch ist Mensch. Und Gott ist Gott … Gott kann nicht das Wesen sein, dem die Welt überlegen sein könnte. Sonst wäre er nicht Gott“ (S. 63). Doch auch wenn sich Gott den positiven Definitionen entziehe, könne ausgeführt werden, was Gott nicht ist. Gott sei kein vergöttlichter Mensch und keine Chiffre für humanitäre Solidarität (vgl. S. 64 f.). Gott könne laut Frisch auch keine unpersönliche Macht, sondern müsse ein personales Wesen sein. Denn ein „Gott, der keine Person ist, verdient den Namen Gott nicht. Ein Gott, der nur irgendwie da wäre, aber nicht wissen und fühlen würde, wie es ist, ‚da‘ zu sein, wäre kein Gott“ (S. 71).

Es ärgert Frisch, dass die akademische Theologie verlernt hat, über Gott zu staunen. Sie duldet nicht, dass Gott die menschlichen Rationalisierungen aufbricht und „in den intellektuell, psychisch und moralisch abgeriegelten Raum der Welt eindringt“ (S. 85). „Dass Gott in irgendeiner Weise zu fürchten und ihm nicht mit Hochmut, sondern mit Demut zu begegnen sein könnte, ist eine Vorstellung, die von der humanistischen Theologie unserer Gegenwart nahezu rückstandslos entsorgt wird“ (S. 93).

„Eine erschreckend weltfremde Identifizierung von Gott und Natur und von Gottvertrauen und Naturvertrauen im Namen einer naturverklärenden Schöpfungsspiritualität inklusive der theologisch im Blick auf den HERRN längst verabschiedeten Demuts- und Ehrfurchtrhetorik greift immer unverhohlener und immer unwidersprochener um sich.“ (S. 98)

„Von Gottesfurcht und Gottesschrecken, die in der Bibel mit jeder Epiphanie einhergehen, ist vielleicht tatsächlich nur noch die Angst der aufgeklärten Christinnen und Christen übriggeblieben, Gott zum Thema zu machen“ (S. 85 f.). Unter Berufung auf Rudolf Otto und Ludwig Wittgenstein plädiert Frisch dafür, das Unaussprechliche dadurch zu ehren, dass man anbetend schweigt (vgl. S. 88): „Vielleicht herrscht im Protestantismus zu viel Ethos und zu wenig Sprachlosigkeit, also zu wenig Kultus und zu wenig Mystik“ (S. 87).

Mehr: www.evangelium21.net.

Das Problem mit der evangelikalen Elite

Gern wird in Deutschland das Narrativ verbreitet, die Evangelikalen hätten viel zu viel Macht und würden dadurch eine freie Gesellschaft gefährden. Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt Aaeon M. Renn in seiner Analyse. Seiner Meinung nach gibt es, anders als bei den Katholiken, keine einflussreiche evangelikale Elitein Nordamerika:

Das Problem mit der evangelikalen Elite ist, dass es keine gibt. Nur sehr wenige evangelikale Christen bekleiden Führungspositionen in den kulturprägenden Bereichen der amerikanischen Gesellschaft. Evangelikale leiten keine Filmstudios, sind keine Chefredakteure großer Zeitungen und keine Präsidenten von Eliteuniversitäten. Es gibt keine Evangelikalen am Obersten Gerichtshof. Es gibt kaum führende evangelikale Akademiker oder Künstler. Es gibt nur wenige Evangelikale in den Führungsetagen der Finanzwelt. Die prominenten Evangelikalen im Silicon Valley lassen sich an einer Hand abzählen. Es gibt nicht einmal viele Evangelikale, die einflussreiche konservative Thinktanks und Publikationen leiten, obwohl die Evangelikalen eine der größten und wichtigsten Wählergruppen in der republikanischen Koalition sind.

Zwei Bereiche sind Ausnahmen, die die Regel bestätigen: Politik und Wirtschaft. Viele Evangelikale sind in der Politik erfolgreich. Glenn Youngkin, der Gouverneur von Virginia (und einer der wenigen Evangelikalen, die eine Spitzenposition in der Hochfinanz innehatten, als Co-CEO der Carlyle Group), ist einer davon; Jim Banks, der Junior-Senator aus Indiana, ist ein weiterer.

Es gibt auch viele evangelikale Führungskräfte und Unternehmer. Diese sind jedoch eher in profitablen, aber prosaischen Branchen mit begrenztem kulturellem Einfluss zu finden: Gastronomie (Chick-fil-A), Einzelhandel (Hobby Lobby), Vertrieb (Gordon Food Service) oder Öl und Gas. Im Gegensatz dazu stehen Rupert Murdochs Medienimperium, Google oder BlackRock. Große Medien prägen Überzeugungen und kulturelle Narrative; die Algorithmen von Google bestimmen, was wir online sehen; die Investitionskriterien von BlackRock veranlassen CEOs zum Handeln. Nur wenige Unternehmen mit einem solchen Einfluss werden von Evangelikalen geführt.

Und: 

Ich habe R. R. Reno gefragt, und er hat darauf hingewiesen, dass die letzten beiden Chefredakteure des Wall Street Journal überzeugte Katholiken waren. Charles Taylor, wohl einer der drei oder vier einflussreichsten lebenden Philosophen, ist katholisch. Leonard Leo, der Architekt von Donald Trumps Umgestaltung der Justiz, ist katholisch. Und dann sind da noch der Vizepräsident und sechs der neun Richter des Obersten Gerichtshofs.

Die Evangelikalen selbst haben sich gefragt, warum sie unter ihrem zahlenmäßigen Gewicht bleiben. Der Historiker Mark Noll schrieb über „den Skandal des evangelikalen Geistes” und wies auf den Anti-Intellektualismus der Bewegung hin. Der Evangelikalismus ist stark populistisch, und diese Ausrichtung führt zu Misstrauen gegenüber Institutionen und Eliten.

Die evangelikale Theologie vernachlässigt die Schöpfung und hat im Gegensatz zum historischen Protestantismus keine Tradition des Naturrechts. Der Schwerpunkt liegt auf der Rettung von Seelen. Die evangelikale Kultur neigt auch dazu, die Rolle der Frau im Familienleben zu betonen, was der Entstehung weiblicher Eliten entgegenwirkt. Evangelikale sind allzu oft in ihren parallelen Institutionen, wie christlichen Hochschulen, eingeschlossen, die sie von den Wegen und Netzwerken der Elite fernhalten. Sie stehen Macht und deren Ausübung zutiefst misstrauisch gegenüber. In gewisser Weise kommt das Streben nach Elite-Status einem Verrat an der evangelikalen Kultur, wenn nicht sogar an den evangelikalen Überzeugungen gleich.

Mehr: firstthings.com.

Nochmal: Weihnachtsaktion 2025

Bald ist es soweit: Unter den Teilnehmern an der Weihnachtsaktion werden drei Gewinner verlost. Noch ist es möglich, mitzumachen. Daher hier nochmals die Einladung dazu: 

ch möchte mich bei allen TheoBlog-Lesern für das Interesse, die Dialoge sowie die vielen anregenden Kommentare bedanken! Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich bei Konferenzbesuchen oder sonstigen Terminen auf den Blog angesprochen werde. Schön, dass sich so viele Leute hier Anregungen und Denkanstöße einholen und Beiträge kritisch begleiten und ergänzen.

Die Arbeit für den TheoBlog kostet neben Zeit freilich auch Geld. Seit der Verabschiedung der Europäischen Datenschutzverordnung (DSGVO) sind die Kosten für datenschutzkonforme Dienste in die Höhe geschossen. Auch Abos für Zeitschriften etc. haben ihren Preis. Daher bin ich dankbar für jeden, der mit einer Spende dem TheoBlog „unter die Arme greift“. Dafür gibt es eine Bankverbindung oder ein Paypal-Formular.

Vielen Dank für Deine Unterstützung!

Erneut darf ich mich durch eine Aufmerksamkeit erkenntlich zeigen. Es gibt in diesem Jahr eine Verlosungsaktion mit drei Preisen.

Der erste Preis ist ein Paket aus der LOGOS-Silberbibliothek in Kombination mit einem Jahr lang Zugang zu den erweiterten Funktionen von Logos Pro.

Logos ist eine führende Bibelsoftware und im deutschsprachigen Raum der größte Anbieter für digitale Literatur aus dem Bereich Theologie. Ich selbst arbeite seit vielen Jahren intensiv mit Logos und bin sehr zufrieden (siehe hier).

Das Paket eignet sich ideal für Bibelschüler, Älteste oder Laienprediger. Die Funktionen von Logos 10 Silber umfassen Studienhilfen, das Faktenbuch, einen Atlas, und vieles mehr. Die Software ist verfügbar unter Windows, Mac, Android, iOS und kann auch mit einem Internetbrowser genutzt werden. Weitere Informationen über das Paket gibt es hier.

Falls ein Teilnehmer gewinnt, der die Silber-Edition bereits besitzt, wird die Firma Faithlife großzügigerweise das vorhandene Abo um ein Jahr verlängern und ein Bibliotheks-Upgrade im Wert der Silber-Bibliothek freischalten.

Ich danke dem Produktmanagement von Faithlife Deutschland an dieser Stelle für seine hervorragende Arbeit und für die Unterstützung dieser Weihnachtsaktion!

Derjenige, der bei der Verlosung den zweiten Preis gewinnt, erhält die neue ELB-Studienbibel im Wert von 130,00 Euro (siehe die Beschreibung der Bibel hier). Möglich ist dies, da der TheoBlog-Leser Frank S. freundlicherweise diese Bibel gesponsert hat.

Der Gewinner des dritten Preises erhält einen Gutschein für den Online-Shop des Verlags Verbum Medien in Höhe von 25,00 Euro. Der Gutschein darf für alle Produkte im Online-Shop angewendet werden.

Die Teilnehmer der Verlosung sollten bitte folgende drei Punkte beachten:

  • Du musst TheoBlog regelmäßig lesen (Vertrauenssache).
  • Du musst mir über das Kontaktformular Deine E-Mail-Adresse mitteilen (und dabei unbedingt exakt das Stichwort: „Weihnachtsaktion 2025“ in der Betreffzeile erwähnen, da der Eingang automatisiert ist).
  • Am 22. Dezember 2025 werde ich von meiner jüngsten Tochter die drei Gewinner über ein Losverfahren auswählen lassen und die gewählte Person kontaktieren (Vertrauenssache).

Ich wünsche eine besinnliche Adventszeit!

Natürliche Freiheit versus moralische Freiheit

Robert Bellah, Richard Madsen et al. schreiben in Gewohnheiten des Herzens über den Puritaner John Winthrop (Bund-Verlag, 1987, S. 53):

Die Puritaner waren nicht uninteressiert an materiellem Wohlstand und werteten ihn unglücklicherweise als ein Zeichen der Belohnung durch Gott Dennoch war ihr grundlegendes Erfolgskriterium nicht der materielle Reichtum, sondern der Aufbau einer Gemeinschaft, in deren Mittelpunkt ein genuin ethisches und geistiges Leben stand. Während seiner zwölf Amtsperioden als Gouverneur widmete sich Winthrop, ein für die damalige Zeit relativ reicher Mann, vor allem der Aufgabe, für die Wohlfahrt der Kolonie zu sorgen. Er verwendete dazu oft auch eigenes Geld für öffentliche Zwecke. Gegen Ende seines Lebens mußte er sein Gouverneursamt aufgeben, weil sein vernachlässigtes Landgut vom Bankrott bedroht war. Die puritanischen Siedlungen des 17. Jahrhunderts können als der erste Versuch verstanden werden, eine utopische Gemeinschaft in Amerika zu schaffen. Viele ähnliche Projekte folgten. Sie gaben dem amerikanischen Experiment insgesamt eine utopische Färbung, die nie ganz verblaßte, auch wenn die Utopien scheiterten.

Für Winthrop war Erfolg viel ausdrücklicher an die Stiftung einer ethischen Gemeinschaft gebunden, als es für die meisten Amerikaner heute der Fall ist. Seine Freiheitsidee unterscheidet sich mehrfach von der unserer Gegenwart. Er wandte sich gegen die von ihm so genannte „natürliche Freiheit“, unter der er die Freiheit des Menschen verstand, zu tun, was er will, ob es nun böse oder gut sei. Dagegen sei wahre Freiheit, die er auch „moralische“ Freiheit nannte, „in Ehrfurcht vor dem Bund zwischen Gott und den Menschen, (…) dem Guten, Gerechten und Ehrenvollen“ verpflichtet. „Für diese Freiheit“, so sagte er, „müßt ihr mit dem Wagnis eures Lebens einstehen.“ Jede Autorität, die diese Freiheit verletzt, ist keine wahre Autorität und muß beseitigt werden. Hier betont Winthrop wieder den ethischen Kern seiner Freiheitsidee, den andere Traditionen in Amerika nicht anerkannt haben.

In ganz ähnlicher Form war Gerechtigkeit für Winthrop ein grundsätzliches Anliegen und nicht nur eine Frage des Verfahrens. Cotton Mather beschreibt Winthrops Regierungsstil folgendermaßen: „Er hat als Gouverneur äußerst gründlich ein Buch studiert, das, obwohl es vorgab, Politik zu lehren, nur drei Blätter enthielt. Auf jedem dieser Blätter stand nur ein Wort, und das hieß ‚Mäßigung‘.“ Als ihm während eines besonders langen und harten Winters berichtet wurde, ein armer Mann aus seiner Nachbarschaft hätte Holz bei ihm gestohlen, rief Winthrop ihn zu sich und teilte ihm mit, daß er wegen der Strenge des Winters und seiner Bedürftigkeit die Erlaubnis erhalte, für den Rest der kalten Jahreszeit Winthrops Holzvorräte mitzubenutzen. Freunden erzählte er, diesen Mann habe er gründlich vom Stehlen kuriert.

Die falschen Freunde der Linken

Ivo Goldstein, Professor für Geschichtswissenschaft an der Universität Zagreb, untersucht in seinem FAZ-Gastbeitrag „Die falschen Freunde der Linken“, weshalb der Islamismus so anziehend auf die westliche Linke wirkt:

In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Konzept der Dekolonisierung an westlichen Universitäten und Kulturinstitutionen zu einem intellektuellen und moralischen Imperativ. Der Gedanke, wonach moderne Ungerechtigkeiten auf die Kolonialgeschichte zurückgehen, ist in den Sozialwissenschaften, der feministischen Theorie und im politischen Aktivismus tief verwurzelt. Innerhalb dieses Diskurses wird der Kampf der Palästinenser oft als ein Dekolonisierungsprozess und Kampf gegen „Siedlerkolonialismus“ interpretiert.

Der radikale Islamismus übernahm diese Sichtweise sehr geschickt. Statt auf rein religiöse Rhetorik zu setzen, verwenden islamistische Narrative Begriffe wie „Befreiung“, „Gerechtigkeit“ und „Widerstand“. Ihre Vision ist zwar theokratisch und autoritär, doch die Möglichkeit, sich als die Stimme der Unterdrückten zu präsentieren, verleiht ihnen in den Augen mancher Linken eine zeitweilige moralische Legitimität.

Ein entscheidender Faktor ist die Logik, wonach „der Feind meines Feindes mein Freund ist“. Die liberale Linke und der radikale Islamismus haben gemeinsame Feinde: das kapitalistische System, die US-amerikanische Hegemonie und die israelische Militärmacht. Für Teile der Linken steht Israel für neoliberalen Militarismus und einen technokratischen Westen, der die globale Ungleichheit perpetuiert. Für Islamisten ist Israel der Feind des Islams und ein Anhängsel der „ungläubigen“ Zivilisation.

Michal Cotler-Wunsh und Nadav Steinman kommen in dem Artikel „How antisemitism is entering mainstream culture“, den sie für die Washington Post verfasst haben, zu einem ganz ähnlichen Urteil. Darin suchen sie nach plausiblen Erklärungen für das Phänomen, dass sich westliche Künstler für die Freilassung des palästinensischen Terroristen Marwan Barghouti einsetzen, der wegen 26 Fällen von Mord und versuchten Mordes angeklagt wurde. Sie schreiben:

Der Brief, in dem die Freilassung von Barghouti gefordert wird, muss vor dem Hintergrund dieses umfassenderen kulturellen Wandels verstanden werden. Er spiegelt ein Umfeld wider, in dem Gewalt gegen Israelis romantisiert und Antizionismus als moralische Pflicht dargestellt wird, verpackt in Menschenrechtssprache. Sobald Antisemitismus den Anschein von Legitimität erhält, verbreiten sich die Rechtfertigungen für Extremismus über dieselben Kanäle. Die Normalisierung eines sich ständig wandelnden Antisemitismus schafft die Voraussetzungen für Hass, der nicht bei Juden Halt macht, denn es geht nie nur um Juden. Was sich etabliert, ist eine brutale Mentalität, in der jede Zielgruppe dämonisiert und Menschen zu ihrer eigenen „Sicherheit“ aus dem öffentlichen Raum verbannt werden können. Die tiefere Bedrohung durch den zunehmenden Antisemitismus ist die allgemeine Aushöhlung grundlegender Prinzipien des Lebens und der Freiheit. Der Brief zu Barghouti zeigt nicht nur den moralischen Verfall (mehrerer Dutzend) Prominenter. Er ist eine Sirene, die sich vielen anderen anschließt und vor einem Feuer warnt, das noch lange nicht gelöscht ist. Die Feuerwehr braucht die Hilfe von Millionen Menschen, Juden wie Nichtjuden, die die Prinzipien des Lebens und der Freiheit schätzen.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Evangelium21-Hauptkonferenz 2026: „Ein Glaube, der bleibt – von Generation zu Generation“

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Die nächste Evangelium21-Hauptkonferenz findet vom 30. April bis zum 2. Mai 2026 in der Arche Gemeinde in Hamburg statt. Das Thema der Konferenz lautet „Ein Glaube, der bleibt – von Generation zu Generation“. Dazu heißt es: 

Der christliche Glaube versteht sich als einer, der weitergegeben werden muss – von Generation zu Generation. Jede Generation muss dabei neu für den Glauben gewonnen und begeistert werden, damit Gottes Reich wächst. Auf der diesjährigen E21-Hauptkonferenz wollen wir uns anhand des 2. Timotheusbriefs anschauen, wie diese Glaubensvermittlung gelingen kann – in verschiedenen Bereichen, wie dem des pastoralen Trainings, der Familie und Jüngerschaft. Wir sehnen uns danach, dass bereits auf der Konferenz das Miteinander der Generationen für den Glauben an unseren dreieinen Gott sichtbar wird.

Einblicke in das Hauptprogramm und die Seminarangebote gibt es zusammen mit einer Anmeldemöglichkeit hier: www.evangelium21.net.

Selbstfürsorge ist keine Sabbatruhe

Noch ein starkes Zitat aus Brad Edwards’ Buch The Reason for Church (Zondervan, 2025, S. 21–22):

Wie die Kirche im Allgemeinen betrachtet auch der spirituelle Pragmatismus den wöchentlichen Gottesdienst nur als ein Werkzeug in unserem Werkzeugkasten, um unsere spirituellen Bedürfnisse zu befriedigen. Sicher, wir könnten in die Kirche gehen, es sei denn, wir sind zu müde und müssen ausschlafen, oder unsere Kinder haben ein Fußballspiel, oder wir hatten eine lange Woche und brauchen einfach etwas Zeit für uns selbst. Nach einer langen Woche der Selbstverwirklichung fühlt sich der Gang zur Kirche eher wie Arbeit an, nicht wie Erholung. Wir könnten sogar Jesu Lehre zitieren, dass „der Sabbat für den Menschen gemacht ist und nicht der Mensch für den Sabbat“ (Markus 2,27), um zu rechtfertigen, dass wir uns mit einem Wochenende in den Bergen spirituell erholen wollen. Als Zugezogener in Colorado kann ich diese Versuchung gut nachvollziehen, glauben Sie mir. Aber Selbstfürsorge ist keine Sabbatruhe. Jesus lädt uns zu mehr als nur zur Ruhe von der Arbeit ein; der Sabbat ist auch eine Ruhe „für den Herrn, deinen Gott“ (2. Mose 20,10, Hervorhebung hinzugefügt). Der Sabbat ist Ruhe in und durch Gottes Anbetung unter Gottes Volk. Der wöchentliche Sabbat (Ruhe durch Anbetung) wird wie ein Fernglas Gott in unserem Leben vergrößern und unseren Blick mit seiner Herrlichkeit erfüllen. Umgekehrt betrachtet der spirituelle Pragmatismus die Anbetung durch ein Fernglas rückwärts: Er minimiert Gott, indem er unser Wohl statt seiner Herrlichkeit zum Maßstab für unsere wöchentliche Anbetung macht. Eine selbstverwirklichende Anbetung wird sich überhaupt nicht erholsam anfühlen, und ein Sabbat ohne Anbetung ist nur Erholung und Entspannung. Beides ist nicht das lebensspendende Geschenk, das Gott mit dem Sabbat beabsichtigt.

Die Gemeinde ist kein Unternehmen, sondern der Leib Christi

Zwei starke Zitate aus Brad Edwards’ Buch The Reason for Church, das bei CT zum Buch des Jahres gekührt wurde (Zondervan, 2025, S. xvi u. 14):

Zu Beginn meiner Tätigkeit als Pastor dachte ich, dass es am schwierigsten sein würde, Nichtchristen davon zu überzeugen, dass Gott existiert. Es war jedoch um ein Vielfaches schwieriger, jemanden davon zu überzeugen, dass die Kirche etwas Gutes und Schönes ist. Ein Teil unserer Skepsis rührt von schlechten Erfahrungen mit der Kirche her, aber dies ist eher ein kulturelles Phänomen als ein individuelles oder persönliches. Misstrauen ist heute in unserer Gesellschaft die vorherrschende Haltung gegenüber allen Institutionen (einschließlich der Kirche). Da ich die Kirche nicht einmal als „Institution” wahrnahm – geschweige denn mir meiner eigenen Vorurteile gegenüber Institutionen bewusst war –, war ich völlig unvorbereitet darauf, unsere Gemeinde durch eine Zeit zu führen, die ich heute als den Beginn eines Zeitalters verstehe, das von unzähligen und oft widersprüchlichen Formen radikalen Individualismus geprägt ist. Obwohl es den Anschein hatte, als sei dieser Wandel während der Pandemie allmählich und dann plötzlich eingetreten, hatten sich die Anzeichen und Symptome der Veränderung bereits seit mehreren Jahren ausgebreitet. Ich habe sie nur nicht als solche erkannt.

Die Bestrebungen hinter der Seeker-Sensitivität waren zwar edel, doch ein Pragmatismus nach dem Motto „Was auch immer nötig ist“ erwies sich als Trojanisches Pferd. Wenn eine Institution (z.B. eine Kirche) unkritisch aktuelle kulturelle Normen und Moden übernimmt oder sich daran anpasst, kann sie unbeabsichtigt andere Annahmen einschleusen, die zunächst harmlos erscheinen, sich aber mit der Zeit als gefährlich erweisen. Ich habe mir große Mühe gegeben, den historischen Hintergrund, die wirtschaftlichen Kräfte und die Generationsdynamik zu beschreiben, um zu erklären, warum der Pragmatismus der Babyboomer natürlich zu Unternehmenswachstumsstrategien tendierte, ohne jedoch die nachgelagerten Konsequenzen vorherzusehen. Dieselben pragmatischen Strategien, die mehrere Jahrzehnte lang für explosives Wachstum sorgten, schmuggelten auch die Marktlogik in die Kirche.

Als nahezu perfekte Illustration dieses blinden Flecks soll Bill Hybels angeblich ein Zitat des Management-Gurus Peter Drucker direkt vor seinem Büro in der Willow Creek Community Church aufgehängt haben: „Was ist unser Geschäft? Wer ist unser Kunde? Was schätzt der Kunde?“ Eine solche Marktlogik ist für ein Unternehmen oder eine gewinnorientierte Gesellschaft völlig angemessen. Aber Kirchen sollten sich an der Logik des Reiches Gottes orientieren. Die Fragen, die vor Hybels Büro hingen, hätten lauten müssen: „Wer ist unser König? Was schätzt er? Wer müssen wir werden, um unseren Nächsten zu lieben?“

Anthropozentrismus als Herausforderung

Wolfhart Pannenberg (1928–2014), ein großer systematischer Theologe aus München, hat darauf hingewiesen, dass die heutigen theologischen Positionen sehr eng mit der Theologiegeschichte des 19. Jahrhunderts in Verbindung stehen. Die Verknüpfung „mit der alten Kirche und dem Mittelalter“ ist demgegenüber nicht so eng, da damals „die Problemlage“ eine andere war.

Wir können dieser Analyse mit kleinen Einschränkungen zustimmen, besonders hinsichtlich der protestantischen Kirchen. Die katholische oder orthodoxe Theologie war und ist nach ihrem Selbstverständnis stärker um eine Kontinuität mit der Alten Kirche und der Scholastik bemüht. Allerdings ist heute auch unter den Lutheranern, Reformierten oder Evangelikalen die Sehnsucht zu finden, eine Verbindung zum alten und mittelalterlichen Denken herzustellen. Umgekehrt bemüht sich die Katholische Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) um Anschlussfähigkeit an modernes Denken.

Aber worauf genau reagierte die Theologie des 19. Jahrhunderts? 

Konservative wie liberale Theologen stellen einen Zusammenhang mit der Aufklärung her, insbesondere mit der Philosophie Immanuel Kants (1724–1804). Obwohl der Einfluss von Kant und der Aufklärung groß war, formten freilich noch andere Kräfte Denkströmungen und Umstände die theologischen Entwicklungen ab dem 19. Jahrhundert. Das 18. Jahrhundert brachte nicht nur den Übergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild, sondern auch den Übergang von einem gottzentrierten zu einem menschenzentrierten Weltbild. Der Mensch rückte mehr und mehr in den Mittelpunkt. Karl Barth (1886–1968) sprach in diesem Zusammenhang vom absolutistischen Menschen.

„‚Absolutismus‘ kann offenbar allgemein bedeuten: ein Lebenssystem, das gegründet ist auf die gläubige Voraussetzung der Allmacht des menschlichen Vermögens. Der Mensch, der seine eigene Kraft, sein Können, die in seiner Humanität, d. h. in seinem Menschsein als solchem schlummernde Potentialität entdeckt, der sie als Letztes, Eigentliches, Absolutes, will sagen: als ein Gelöstes, in sich selbst Berechtigtes und Bevollmächtigtes und Mächtiges versteht, der sie darum hemmungslos nach allen Seiten in Gang setzt, dieser Mensch ist der absolutistische Mensch.“

Vor Karl Barth kritisierte bereits Erich Schaeder (1861–1936) die anthropozentrische Theologie: „Sie neigt in verschiedenen Formen und Graden dahin, die offenbare Herrlichkeit Gottes durch die Rücksicht auf den Menschen und auf das Menschliche zu verkürzen oder zu lädieren. In das Zentrum ihrer Betrachtung, in das Gott gehört, schiebt sich ihr mit größerer oder geringerer Energie der Mensch.“ Demnach hat der Mensch zu sich selbst gefunden. Er besann sich auf seine Fähigkeiten und setze sich selbst zum „Maß aller Dinge“.

Der aus einer anderen Ecke kommende Philosoph Hans Blumenberg (1920–1996) hat eine ähnliche Beobachtung gemacht. Anders als Barth oder Schaeder bewertete er die Tendenz als Befreiung. Er sprach von einer „Selbstbehauptung“ des Menschen „gegen den theologischen Absolutismus“ in der Neuzeit. Das Denken und Leben im 18. Jahrhundert war also erheblich geprägt von dieser Konzentration auf das menschliche Erkennen, Wissen und Wollen, kurz: auf das Vermögen des Menschen. Dieser Anthropozentrismus, wie wir es nennen können, hat Strömungen wie Aufklärung, Säkularisierung und Humanismus beflügelt.

Gott angesichts des Todes vertrauen: Mein letztes Gespräch mit Tim Keller

Timothy Keller wurde am 19. Mai 2023 in seine himmlische Heimat berufen. Ungefähr ein halbes Jahr vorher sprach Michael Horton mit ihm über die Themen: Leid, Vergebung, Gebet, die Hölle, Apologetik und die Rechtfertigung allein durch den Glauben. Hier das Gespräch, das im Mai 2025 veröffentlicht wurde:

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