Ein „historischer Analphabetismus“ greife an deutschen Schulen um sich, sagt Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Kaum ein Schüler kenne sich noch in der jüngeren deutschen Geschichte aus. Stattdessen sei die Worthülse „Kompetenzen“ in aller Munde.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, beklagt das „Diktat der Kompetenzenpädagogik“ an deutschen Schulen, die die jungen Leute nur noch standardisieren und auf ökonomische Verwertbarkeit trimmen wollten. Er teile entsprechende Klagen der deutschen Kunsthistoriker, die heute in Mainz tagen, sagte Kraus im Deutschlandradio Kultur. Aus Lehrplänen seien längst „Leerpläne“ geworden.
Eine Kompetenzenpädagogik tut so, als könnte man jungen Leuten Kompetenzen beibringen ohne konkrete inhaltliche Basis. Also: Medien-Kompetenz, Download-Kompetenz, Just-in-time-Kompetenz, Google-Kompetenz. Solche Dinge sind angesagt, klingen modern, aber der mentale und inhaltliche Unterbau fehlt.
Hier geht das empfehlenswerte Interview des Deutschlandradios (eine Mitschrift hier):
VD: AW
Als Betroffener muss ich leider feststellen, dass viele Politiker und (selbsternannte) Bildungsexperten eine ausgeprägte Kompetenz haben, nämlich die Inkompetenzkompetenz.
Das Problem (besonders in Deutschland) ist die weitreichende Verstaatlichung der Bildung! Die meisten Schulen in Deutschland sind staatlich. Die Lehrpläne werden von den jeweiligen Kultusministerien erstellt und sind damit abhängig von der ideologischen Prägung. (Die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg ist ein besonders abschreckendes Beispiel dafür!) Interessant ist, wie es im europäischen Ausland aussieht: Rund 70 % aller Schulen in den Niederlanden sind privat. In Deutschland kommt zudem noch hinzu, dass der Hausunterricht (Homeschooling) streng verboten ist! Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterrichten, statt sie auf eine Schule zu schicken (was in den meisten Ländern dieser Welt als ein Menschenrecht angesehen wird!), werden wie Schwerverbrecher verfolgt! Homeschooler werden in Deutschland eingesperrt und ihnen kann sogar das Sorgerecht entzogen werden! Die Eltern dürfen ihre Kinder noch nicht mal von einzelnen Unterrichtsstunden fernhalten. So hat sogar das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Schulzwang Vorrang habe vor dem Erziehungsrecht der Eltern! Und der Sexualkundeunterricht wird immer perverser! Das alles haben wir dem Reichsschulpflichtgesetz zu… Weiterlesen »
@ dercalvin [?]: Polemik ist wirklich das letzte, was in dieser Diskussion weiterhilft. _
Ansonsten hat hier J.Kraus das inhaltlich Zutreffende demgegenüber gesagt
@ernst: Ich zähle die ganze Zeit Fakten auf! Wo Du Gegenargumente hast oder entgegengesetzte Fakten/Zahlen kennst, nur her damit! Aber wenn Du mir nur Polemik vorwirfst (was Du aufgrund der freien Meinungsäußerung gerne machen kannst), dann entsteht zumindest der Eindruck, dass Du keine Gegenargumente hast. Das ist schade! Denn in einem Forum sollte man doch voneinander lernen. Dazu bin auch ich gerne bereit! Also: Sag doch gerne, was Du anders siehst und vor allem warum! Ich bin auf Deine überzeugenden und durchdachten Gegenargumente sehr gespannt!
Herr Kraus hat ja viele gute Ansichten, aber er will nicht verstehen, daß der Niveauverlust an der Verstaatlichung der Bildung liegt – die er lautstark verteidigt. Manchmal ist es nur weil Planwirtschaft immer schlechte Ergebnisse hervorbringt, manchmal kommt Strategie dazu, in Richtung Gleichheitsherstellung durch Niveausenkung und ‚Dumbing down‘.
Ludwig
„… der Niveauverlust an der Verstaatlichung der Bildung liegt …“
Kann ich so nicht sehen. Nicht die Verstaatlichung ist das eigentliche Problem, sondern dass der Bildungsbereich der Einsparfaktor Nummer eins ist. Ich glaube, keine andere Bevölkerungsgruppe hat eine so geringe Lobby in der Öffentlichkeit bzw Masse wie unsere Kinder. Das ist für mich das eigentliche Problem.
Lieber Peter,
eigentlich bestreitet niemand, dass Privatschulen bildungstechnisch besser sind als staatliche Schulen! Die Gegner der Privatschulen nehmen diese Tatsache sogar als Argument, um gegen die Privatisierung der Bildung zu argumentieren. Denn sie wollen i.d.R. keine Elite. Aber noch mal: Privatschulen müssen gut sein, sonst gehen sie pleite! Staatliche Schulen müssen nicht zwangsläufig gut sein, denn sie bekommen ihr Geld nicht von den Kunden, sondern von Steuerzahlern (die also zur Zahlung gezwungen werden). Aber dass das deutsche Bildungssystem eine absolute Katastrophe ist, bestreitet heutzutage eigentlich kaum noch jemand! Leider fällt es uns als Deutschen oft sehr schwer, über den Tellerrand zu schauen. Bildung ist eine Ware und sie ist niemals kostenlos! Aber das verstehen Deutsche einfach nicht!
„… eigentlich bestreitet niemand, dass Privatschulen bildungstechnisch besser sind als staatliche Schulen …“
Ist dieser Satz aus der Unkenntnis des deutschen Privatschulwesens heraus geschrieben? Z. B. wurde in den letzten 20 Jahren und wird auch heute noch wissenschaftlich begründet bestritten, dass Waldorf-Schulen „bildungstechnisch“ besser sind. Selbst schon deinen Begriff „bildungstechnisch“ ist ein Oxymoron!
„Bildung ist Ware“ – nein, Bildung wurde/wird zur Ware gemacht.
„sie ist niemals kostenlos“ – sage ich auch: die Kids haben keine Lobby, daher will keiner in sie investieren.
@ dercalvin: „der Sexualkundeunterricht wird immer perverser“ – Fakt oder Unterstellung??
Ebenso: „Verstaatlichung der Bildung“ – wann wäre ´Bildung´ denn rein private Angelegenheit gewesen? In wessen Diensten haben denn Humboldt u.a. die seinerzeit bahnbrechende Vorstellung von Bildung durchgesetzt?
@ernst: Hast Du schon mal in offizielle (!) Bildungspläne geguckt? Das ist zu krass!
@Peter: Hast Du schon mal was von christlichen Privatschulen gehört? Was meinst Du, warum sogar viele nichtchristliche Eltern ihre Kinder dort lieber hinschicken als an staatliche Schulen? Frag mal die Eltern!