Religionsfreiheit

Im 21. Jahrhundert wird die Nachfolge jeden Jünger etwas kosten

Timothy Paul Jones hat im Februar 2023 am Seminar der Südlichen Baptisten (Louisville, Kentucky, USA) einen bemerkenswerten Vortrag über die Verteidigung des christlichen Glaubens gehalten (in der Fachsprache „Apologetik“). Ähnlich wie James R. Wood in seinem Aufsatz „Warum ich mich von Tim Kellers Apologetik abgenabelt habe“ (Glauben und Denken heute, Nr. 22/2022, S. 28–30), macht Jones darauf aufmerksam, dass die Apologetik nicht länger davon ausgehen darf, die Gesellschaft sei für die Option der christlichen Sichtweise aufgeschlossen. Die Zeit, in der die westliche Kutlur gegenüber dem Christentum hin- und hergerissen war, sei vorbei. Die Stimmung sei inzwischen so sehr gekippt, dass die Kirche für die Probleme in der Welt verantwortlich gemacht würde. 

Timothy Paul Jones erwartet dabei interessanterweise nicht, dass die Apologetik viele Menschen überzeugt. Vielmehr sei sie notwendig, um den gesellschaftlichen Anspruch der christlichen Kirche zu verteidigen. Vor allem gebrauche Gott die „neue Apologetik“, um seine Kirche dafür zuzurüsten, beharrlich ihren Glauben trotz Gegenwind öffentlich zu praktizieren und verkündigen. Er schreibt („Brothers and Sisters, We Are All Apologists Now“, SBJT, Nr. 27/2, 2023, S. 110-127, hier S. 122): 

Ich bin nicht sonderlich zuversichtlich Blick darauf, dass diese Argumente [für den christlichen Glauben] irgendeinen zeitgenössischen säkularen Progressivisten davon überzeugen werden, dass christliche Berufe und Praktiken gut für die Welt sind. Soweit man das heute beurteilen kann, haben die Entschuldigungen von Aristides, Justin und Athenagoras die kaiserliche Wahrnehmung des Christentums nicht verändert. Im zweiten Jahrhundert standen die schlimmsten Verfolgungen ja noch bevor. Warum also habe ich Ihnen diese antiken Beispiele angeführt? Und warum habe ich es gewagt, zu erklären, dass wir jetzt alle Apologeten sind? Nicht, weil ich erwarte, dass diese Praktiken jeden Säkularisten vom sozialen Nutzen des Christentums überzeugen werden. Sondern weil Gott uns durch Handlungen wie diese zu einer Gemeinschaft formt, die über den Aufstieg und Fall jeder Macht, die sich der Wahrheit Gottes widersetzt, hinaus Bestand hat. Was durch diese besonderen Handlungen wahrscheinlich Gestalt annimmt, ist nicht die Überzeugung der Welt, sondern die Formung eines Volkes – eines Volkes, das beharrlich seinen Glauben öffentlich praktiziert und verkündet.

Ich sehe die Dinge etwas hoffnungsoller als Jones und bete weiterhin für ein geistlichen Erwachen in Europa. Nichtsdestotrotz erkenne ich einen bedeutsamen Wahrheitsmoment in seiner Argumentation. Apologetik ist nicht nur für das Erreichen der Menschen draußen notwendig, sondern auch für die Zurüstung der Gemeinde. Und: Es wird uns in Zukunft etwas kosten, unseren Glauben öffentlich zu bekennen.

Der Aufsatz „Brothers and Sisters, We Are All Apologists Now“ kann hier heruntergeladen werden: SBJT-27.2-We-are-All-Apologists-Now-Timothy-P.-Jones.pdf.

Russland: Zweite Haftstrafe für Meinungsäußerung gegen Ukrainekrieg aus religiösen Gründen

Ioann Kurmoyarov, ein orthodoxer Priester, der die russische Invasion der Ukraine auf seinem YouTube Kanal verurteilte, wurde am 31. August 2023 wegen „Verbreitung falscher Informationen über die russischen Streitkräfte“ zu drei Jahren Haft in einem Arbeitslager allgemeinen Regimes verurteilt. Bei diesem Urteil eines Gerichts in St. Petersburg gegen den 55-jährigen Kurmoyarov handelt es sich um die zweite Verurteilung einer Person wegen aus religiösen Gründen vorgebrachten Einwänden gegen den Ukrainekrieg. Im März wurde Mikhail Simonov aus demselben Grund zu sieben Jahren Haft verurteilt.

In mehr als sechzig Videos auf seinem Kanal „Orthodoxe Virtuelle Pfarrer“ argumentierte Ioann Kurmoyarov, dass alle Christen gegen die Invasion sein sollten und beschuldigte die russischen Truppen, Verbrechen zu begehen. In seinem Schlusswort beim Prozess erklärte er: „Nach meiner Meinung kann ein Christ dem Leiden von Menschen, insbesondere von Kindern, nicht gleichgültig zusehen, unabhängig davon, wodurch es verursacht wurde“. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ist noch nicht bekannt, ob der Staatsanwalt, der sieben Jahre Haft für Kurmoyarov gefordert hatte, Berufung gegen das Urteil einlegen wird. Zusätzlich zu der Haftstrafe wurde gegen Kurmoyarov ein Verbot ausgesprochen, zwei Jahre lang etwas ins Internet zu stellen.

Am 31. Mai hatte Kurmoyarov aus der Untersuchungshaft in einem offenen Brief geschrieben: „Ich habe die Militärische Sonderoperation als persönliche Tragödie erlebt, denn auf beiden Seiten des Konflikts stehen einander Menschen desselben Bluts und Glaubens gegenüber, oft Angehörige derselben orthodoxen Kirche“ … „Wie jeder normale Mensch und umso mehr als Christ wollte ich alles in meiner Macht Stehende tun, damit dieser Konflikt so bald wie möglich endet und Friede kommt.“ Ioann Kurmoyarov wurde bereits im Juni 2022 festgenommen und nach dem neuen Artikel 207.3, Teil2, Absätze G und D des Strafgesetzbuchs angeklagt. Diese Gesetzesstelle wurde nach der Invasion eingeführt, um die öffentliche Verbreitung von „Falschinformationen“ über die russischen Streitkräfte „aus selbstsüchtigen Motiven“ und „aus Gründen politischen, ideologischen, rassischen, nationalen oder religiösen Hasses bzw. Feindschaft oder aus Hass oder Feindschaft gegen eine Gruppe der Gesellschaft“ zu bestrafen. Die Höchststrafe dafür beträgt 10 Jahre Haft.

Der Priester befindet sich noch bis zur Rechtskraft seines Urteils in einem Gefängnis in St. Petersburg, wo er bereits seine Untersuchungshaft verbracht hat. Er beklagte, dass ihm dort eine angemessene medizinische Behandlung verweigert wird, und dass er auf ein „vorbeugendes Register von zu Extremismus und Terrorismus neigenden Häftlingen“ gesetzt wurde, obwohl die Anklage gegen ihn nichts mit Extremismus oder Terrorismus im Sinne des russischen Rechts zu tun hatte.

Sein Status als Priester des Moskauer Patriarchats wurde Kurmoyarov bereits am 1. April 2020 wegen eines Konflikts mit der Diözese Novosibirsk entzogen, wo er von 2018 bis 2020 als Lektor des Seminars gewirkt hatte. Die Ursache des Konflikts war seine öffentliche Kritik an der Errichtung der Russischen Hauptkirche der Streitkräfte anlässlich des 75. Jahrestages des Sieges über Nazideutschland.

Seit Ausbruch des Krieges wurden bereits in mehreren Fällen Geldstrafen gegen Personen verhängt, die Kritik am Ukrainekrieg geäußert hatten.

Am 8. August 2023 kam es zu einer Razzia in der Wohnung des Baptistenpastors und ehemalischen Vorsitzenden des russischen Baptistenbundes Yury Kirillovich Sipko, dem dieselben „Vergehen“ zur Last gelegt werden, wie Ioann Kurmoyarov. Man konnte ihn jedoch nicht festnehmen, da er Russland bereits verlassen hatte. Daraufhin wurde er auf die Fahndungsliste des Innenministeriums gesetzt.
 Am 29. Juni 2023 wurde der Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen Andrey Kapatsyna, Angehöriger einer Pfingstgemeinde, zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt, weil er einen Kampfeinsatz in der Ukraine verweigert hatte. Er hatte gegenüber den Kommandanten erklärt, er könnte gemäß seiner religiösen Überzeugung keine Waffen ergreifen und gegen andere Menschen einsetzen.

Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 8. September 2023, Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA).

Siehe zum Thema auch einen Beitrag der FAZ

Experte: Religionsfreiheit muss LGBTQ+-Interessen untergeordnet werden

Family Research Council berichtet über einen Bericht, den Victor Madrigal-Borloz dem UN-Menschenrechtsrat vorgelegt hat Folgendes: 

Letzte Woche legte der Unabhängige Experte der Vereinten Nationen für sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität, Victor Madrigal-Borloz, der 53. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates einen Bericht vor, in dem er argumentierte, dass Religionsfreiheit „nicht unvereinbar mit der Gleichstellung von LGBT-Personen“ sei. Liest man jedoch den Bericht von Madrigal-Borloz, so scheint es, dass sein Verständnis von „Vereinbarkeit“ bedeutet, dass lang gehegte religiöse Überzeugungen und Traditionen der LGBT-Ideologie untergeordnet werden müssen.

Fazit: „Nahezu jede Zeile des Berichts von Madrigal-Borloz ist beunruhigend. Er stellt ein kühnes Beharren darauf dar, dass die Religion der LGBT-Ideologie untergeordnet werden muss. Wenn man nur die Freiheit hat, bestimmte, von LGBT anerkannte religiöse Überzeugungen und Praktiken zu vertreten und auszuleben, dann hat man überhaupt keine Religionsfreiheit.“

Mehr: washingtonstand.com.

VD: PB

Weitere Kirchenprivilegien sollen fallen

Der Staat mischt sich immer stärker in das kirchliche Leben ein. Bisher erlaubt das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) kirchlichen Arbeitgebern, Vorgaben zur privaten Lebensführung zu machen, wozu zum Beispiel die sexuelle Orientierung gehört. Der Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, passt das nicht. Sie fordert: „Solche weiter gehenden Rechte gehören abgeschafft.“ 

Die FAZ meldet:

Ataman spricht sich auch dafür aus, die sogenannte Kirchenklausel aus dem AGG zu streichen. Konfessionelle Arbeitgeber dürfen bisher die Religionszugehörigkeit als entscheidendes Kriterium für die Einstellung eines Bewerbers geltend machen. Die von Ataman vorgeschlagene europarechtskonforme Ausgestaltung würde dazu führen, dass Ausnahmeregelungen für Kirchen nur bei Pfarrern zum Tragen kämen, nicht aber bei Erziehern in konfessionellen Kindergärten oder Lehrern in entsprechenden Schulen.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

„Was passiert zum Schluss mit der Bibel?“

In manchen Verlagen, Redaktionen und Behörden wird daran gearbeitet, alte literarische Texte umzuarbeiten, um sie an die Woke-Kultur anzupassen. Die Texte werden also engagiert darauf gescannt, ob sie rassistische, sexistische oder soziale Diskriminierung stimulieren könnten (vgl. hier und hier). Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann von der Partei Bündnis90/Grüne stellt dazu die richtige Frage:  

Man müsse Texte wie den Roman „Tauben im Gras“ von Wolfgang Koeppen, der zur Abiturienten-Pflichtlektüre im Südwesten zählt, geschichtlich einordnen, sagte Kretschmann in Stuttgart. Wenn man sich nicht mehr mit Texten aus Zeiten befasse, in denen andere Maßstäbe gegolten haben, hätte das weitreichende Konsequenzen. „Was passiert zum Schluss mit der Bibel? Mit dem populärsten, meistgelesenen Buch?“, fragte der Grünen-Politiker.

Nachtrag: Sollte übrigens die Bibel eines Tages durch „tugendhafte“ Sensitivity-Redakteure umgeschrieben werden, jubeln die Postevangelikalen wahrscheinlich mit. Da ja die Heilige Schrift aus ihrer Sicht nur verschriftlichte Gefühle besonders religiöser Menschen enthält, sollten sie kein theologisches Problem damit haben, die biblischen Texte an die Empfindungen der „Generation Woke“ anzupassen. Ganz im Gegenteil: die sprachlichen Entschärfungen machen – so die Progressiven – den christlichen Glauben attraktiver. 

Mehr: www.deutschlandfunkkultur.de.

Das Ende der Christen in der islamischen Welt

Vielen Christen in der islamischen Welt droht Diskriminierung und Verfolgung. Dabei existieren ihre Gemeinden dort häufig schon länger als der Islam. Alfred Schlicht schreibt für DIE WELT

Einen scharfen Kontrast hierzu bietet die ernüchternde Realität, der Christen in der islamischen Welt ausgesetzt sind. Nach dem Weltverfolgungsindex – der zwar einerseits kritisiert, andererseits aber auch weithin anerkannt wird – sind unter den 15 Staaten, in denen die Lage für Christen am schlimmsten ist, nur drei nichtmuslimische. Von den zehn Staaten, in denen Christen am stärksten diskriminiert werden, ist nur eines ein nichtmuslimisches Land, nämlich Nordkorea.

Immer wieder schreckt die Weltöffentlichkeit auf, wenn besonders grausame und brutale Taten gegen Christen in der islamischen Welt verübt werden. Am Palmsonntag 2017 starben in Ägypten 40 Kopten bei Anschlagen auf Kirchen, ein Anschlag auf eine christliche Kirche am Pfingstsonntag im nigerianischen Owo kostete etwa 100 Menschenleben. Ein Experte sagte im Interview mit der Deutschen Welle im Januar 2023: „Es gibt in Nigeria Regionen, bei denen ist der Weg in die Kirche zum Gottesdienst wie ein One-Way-Ticket“ – so hoch sei die Gefahr tödlicher Gewalt.

Die Zunahme von Gewalt gegen Christen sei zwar, so das überkonfessionelle christliche Hilfswerk „Open Doors’“, ein globaler Trend, doch stehen immer wieder muslimische Länder im Fokus. Massive Gewalt gegen Christen ist dabei keine ganz neue Erscheinung, sondern hat eine unselige Tradition, wobei selbst Ereignisse mit Tausenden Opfern bei uns in Vergessenheit geraten oder erst gar nicht die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt haben.

Mehr (allerdings hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Ukraine: Keine Spur von entführtem Pastorenehepaar aus Mariupol

Nach wie vor fehlt jede Spur von dem am Abend des 21. September verhafteten Pastor Leonid Ponomaryov, Leiter einer Gemeinde des Rats der Baptistengemeinden in Mariupol und seiner Frau Tatyana. Abgesehen von dieser Entführung sind auch weitere, teilweise mehrere Monate zurückliegende Übergriffe gegen religiöse Leiter in den von Russland besetzten bzw. annektierten Gebieten der Ukraine bekannt geworden. Bereits am 23. Juni brachte das russische Militär eine Delegation von Priestern des Moskauer Patriarchats nach Mariupol. Sie besuchten mehrere Kirchen, darunter auch die der Orthodoxen Kirche der Ukraine angehörende Kirche des Heiligen Petro Mohyla. Petro Andriuschtschenko, ein Berater des bereits aus der Stadt geflohenen ukrainischen Bürgermeisters von Mariupol bezeichnete die ungebetenen Besucher als mit Priestergewändern bekleidete Geheimdienstbeamte und berichtete, sie hätten die zahlreichen von Freiwilligen und Wohltätern gesammelten Bücher der Bibliothek der Kirche in den Hof gebracht und verbrannt.

Im Juli eroberten russische und von Russland unterstützte Truppen die Stadt Lyssytschansk in der Region Lugansk. Innerhalb weniger Tage beschlagnahmten sie das Gebäude der Baptistengemeinde, der größten protestantischen Gemeinde in der Stadt. Männer in Uniform rissen das Eingangstor nieder, um sich Zutritt zu verschaffen. „Sie warfen all unser Eigentum hinaus, einschließlich unserer christlichen Literatur, darunter Bibeln und Lehrmaterial“, berichtete der Pastor der Gemeinde, Eduard Nosatschov. Einige der verbliebenen Gemeindeglieder nahmen die Bibeln, die man in einen Nebenraum geworfen hatte, nach und nach mit und versteckten sie trotz der Gefahr an sicheren Orten. Das Gebäude wird jetzt von der von Russland kontrollierten Stadtverwaltung genutzt. Ende September nutzten es die Behörden der Volksrepublik Lugansk auch als Wahllokal für das Scheinreferendum über den Anschluss des Lugansker Gebiets an Russland. Pastor Nosatschov, der selbst bei den Ereignissen nicht anwesend war, da er bereits im April die Stadt wegen der Kämpfe verlassen hatte, berichtete auch, dass die christlichen Gemeinden am Ort vor dem Krieg die Bevölkerung unterstützt hätten. Dennoch hätten die Bewohner nach Einrücken der Russen die örtlichen Christen und deren Wohnsitz an die neuen Machthaber verraten. Nach Angaben von Pastor Nosatschov hätten Russische Beamte auch gegenüber Mitgliedern verschiedener christlicher Gemeinden in Lyssytschansk erklärt, dass die Militärverwaltung alle Baptisten, Pfingstler und Adventisten als Extremisten eingestuft und ihnen die Betätigung verboten hätte.

Am 14. Juni führten Beamte des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB eine Razzia in einer Baptistengemeinde in Vasilivka durch und erfassten die Daten aller Anwesenden. Dies berichtete ein Leiter des Ukrainischen Baptistenbundes gegenüber Forum 18. Die Beamten erklärten, dass die Gemeinde als „destruktive Sekte“ geschlossen würde und dass keine weiteren Versammlungen gestattet würden. Durchsuchungen fanden an mehreren Gottesdienststätten in den besetzten Gebieten statt. Am 18. Juni nahm das russische Militär Valentin Zhuravlev, einen Pastor der protestantischen Kirche Quelle des Lebens in Melitopol, der auch als Tierarzt tätig ist, bei einer nicht politischen überkonfessionellen Gebetsversammlung auf dem Stadtplatz fest. Er wurde Berichten zufolge bereits freigelassen. Anfang August beschlagnahmte das russische Militär das Gebäude der von Pastor Viktor Sergeyev geleiteten Christengemeinde Melitopol und verbot alle weiteren Gottesdienste. Das große Gebäude mit Brunnen und Palmen auf dem Gelände wird inzwischen als Kultur-, Unterhaltungs- und Sportkomplex genutzt. Am 4. August postete die Ortschefin eines nahegelegenen Dorfes ein Foto von sich selbst und dem beschlagnahmten Gebäude der Christengemeinde Melitopol auf Telegram, auf dem eine große russische Flagge prangte. Dazu schrieb sie: „Grüße vom Jugend- und Sportministerium. Das Gebäude der Sekte, die sich gegen die russische Föderation versammelt hat, dient ab jetzt dem Nutzen der Russischen Föderation.“ Das Gebäude der Pfingstgemeinde von Melitopol wurde laut Berichten einer lokalen Nachrichtenagentur vom 30. August vom russischen Militär beschlagnahmt und dient jetzt als Militärbasis

Am 11. September war die protestantische Gnadenkirche in Melitopol Ziel einer Razzia des russischen Militärs während des sonntäglichen Gottesdienstes. Die Soldaten erfassten Namen und Ausweisdaten aller Anwesenden. Allen Männern wurden Fingerabdrücke abgenommen und ihre Identitätsdokumente wurden ihnen abgenommen. Das Militär beschuldigte die Mitglieder der Gemeinde, Verbindungen zu den USA zu haben und erklärten das Gebäude für verstaatlicht. Sie sprachen ein Verbot aus, wieder zu kommen. Zwei Pastoren wurden festgenommen.

Am 21. September besuchten russische Militärangehörige die Baptistengemeinde im Dorf Tschkalovo im Bezirk Melitopol und verboten alle weiteren Gottesdienste. „Nach dem Referendum werdet ihr nicht mehr hier sein wir haben nur einen Glauben – den Orthodoxen“ erklärte laut Angaben eines Gemeindemitglieds einer der Soldaten.

Ebenfalls geschlossen wurde die Birlik (Einheit) Moschee in einem Dorf in der Region Cherson. Rustem Asanov, der Imam der Moschee, ein Krimtatar, wurde bereits im Frühjahr festgenommen und in einem unterirdischen Raum von russischen Besatzern misshandelt. Die Moscheegemeinde wurde wie andere Religionsgemeinschaften aufgefordert, sich von ihrem ukrainischen Dachverband zu trennen und der entsprechenden russischen religiösen Körperschaft anzuschließen. Ein Behördenvertreter, der sich weigerte seinen Namen zu nennen und sich nur mit dem Pseudonym „Bars“ (Leopard) zu erkennen gab, erklärte gegenüber Imam Asanov, dass sich zu gegebener Zeit alle Religionsgemeinschaften in den von Russland kontrollierten Gebieten nach russischem Recht beim Justizministerium der Russischen Föderation neu registrieren lassen müssten.

Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 21. Oktober 2022). Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA.

Krim: Menschenrechtsverletzungen nach russischem Recht

Auf dem Territorium der von Russland besetzten Krim werden alle Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Religions- bzw. Glaubensfreiheit massiv eingeschränkt. Das heißt, die in Russland geltenden Gesetze und Einschränkungen werden auch auf der Halbinsel Krim angewandt. Das meldete das Forum 18 am 23. September 2022.

Seit der russischen Invasion im Jahr 2014 kam es demnach wiederholt zu Razzien, religiöse Literatur wurde beschlagnahmt, religiöse Leiter aus dem Ausland, die auf Einladung auf der Krim weilten, wurden ausgewiesen, Mietverträge für Gottesdienststätten einseitig aufgelöst und die Rückgabe von während der Ära der Sowjetunion beschlagnahmten Gottesdienststätten behindert. Mehrere Gottesdienststätten wurden durch die Behörden geschlossen. Es wurden wiederholt Geldstrafen gegen Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaft verhängt, die Gottesdienste oder Versammlungen ohne staatliche Erlaubnis geleitet hatten. Einige Muslime und Zeugen Jehovas wurden zu langjährigen Kerkerstrafen verurteilt.

Nach der Besetzung der Krim mussten sich alle Religionsgemeinschaften nach russischem Recht neu registrieren lassen. Von den 1.156 Gemeinschaften, die nach ukrainischem Recht legalen Status hatten, konnten bis zum von den russischen Behörden gesetzten Termin 1. Januar 2016 nur etwa 400 die Registrierung nach russischem Recht erlangen.

Vertreter der Zivilgesellschaft und Mitglieder zahlreicher Religionsgemeinschaft zögern aus Furcht vor möglichen staatlichen Repressionen Russlands, offen über Themen zu sprechen, die als Kritik an der Besetzung der Krim interpretiert werden könnten. Aleksandr Sedov von der nunmehr verbotenen Menschenrechtsgruppe der Krim merkte gegenüber Forum 18 an, dass die von der russischen Besatzungsmacht wegen der Ausübung der Religions- bzw. Glaubensfreiheit verhängten Strafen internationale Menschenrechtsnormen verletzen. Die Menschenrechtsgruppe wurde am 4. Mai 2022 von der russischen Generalstaatsanwaltschaft zur „unerwünschten Organisation“ erklärt. Dadurch macht sich jede Person, die sich vor an den Aktivitäten der Gruppe beteiligt, strafbar und kann sogar zu einer Haftstrafe verurteilt werden.

In seinem Bericht über die Menschenrechtslage in der Ukraine während des Zeitraums 1. August 2020 bis 31. Januar 2021 verurteilte das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen (OHCHR) die unrechtmäßige Anwendung des Rechts der Russischen Föderation in dem besetzten Gebiet. Zu vergleichbaren Menschenrechtsverletzungen kommt es auch in den nur von Russland anerkannten „Volksrepubliken“ Lugansk und Donezk.

VD: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA 

Finnland: Päivi Räsänen freigesprochen

Die frühere finnische Innenministerin Päivi Räsänen ist in dem Prozess wegen angeblicher Hassrede gegen Homosexuelle freigesprochen worden. Ein Bezirksgericht in Helsinki wies am 30. März alle Anklagepunkte zurück. Die Nachrichtenagentur idea meldet:

Hintergrund: Die finnische Generalstaatsanwältin Raija Toiviainen hatte im April 2021 Anklage gegen Räsänen erhoben. Die christdemokratische Politikerin hatte in der Vergangenheit mehrfach öffentlich geäußert, dass praktizierte Homosexualität aus biblischer Sicht Sünde sei. Konkret geht es in dem Prozess um eine 2004 verfasste Broschüre mit dem Titel „Er schuf sie als Mann und Frau – Homosexuelle Beziehungen stellen das christliche Menschenbild infrage“.

Auch der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Missionsdiözese Finnlands, Juhana Pohjola, war wegen angeblicher Hassrede angeklagt, weil der die Broschüre auf der Internetseite seiner Kirche veröffentlicht hatte. Er wurde ebenfalls freigesprochen.

Zur Begründung für den Freispruch erklärten die Richter, dass es „nicht Sache des Bezirksgerichts ist, biblische Begriffe auszulegen“. Räsänens Aussagen seien von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Die Staatsanwaltschaft kann innerhalb der nächsten sieben Tage Berufung gegen das Urteil einlegen.

Mehr hier: www.idea.de.

Das Ende des „bequemen“ Christentums

Der Lutheraner Matthew C. Harrison, Präsident der Missouri Synode (USA), ist überzeugt: Das Ende des „bequemen“ Christentums ist eingeläutet. Er ist darüber nicht nur traurig. Es könnte die Kirche nämlich geistlich wachrütteln.

Matthew C. Harrison schreibt:

Die Kirche ist kein Country Club und war es auch nie – auch wenn sie im letzten Jahrhundert, vor allem in Nordamerika, mit einem solchen verwechselt werden konnte … Pfarrer konnten in Einzelhandelsgeschäften einen „Geistlichen-Rabatt“ erhalten. Das waren die „guten alten Zeiten“, als die Zugehörigkeit zu einer christlichen Konfession erwartet wurde, normal und sogar amerikanisch war.

Diese Zeiten sind vorbei. Gott sei Dank.

Während ich dies schreibe, stehen unsere guten Freunde, Bischof Juhana Pohjola von der Evangelisch-Lutherischen Missionsdiözese Finnlands (ELMDF) und Dr. Päivi Räsänen, ein Mitglied des finnischen Parlaments, wegen „Hassreden“ vor Gericht, weil sie sich zu dem bekennen, was die Heilige Schrift einfach und klar über Gottes Plan für die Ehe und die sündige Natur der Homosexualität lehrt. Sie haben den großen „Fehler“ begangen, zu zitieren, was die Bibel in Römer 1 und anderen Passagen sagt.

Das Christentum war noch nie bequem. Wenn die Kirche es sich in der Kultur bequem macht, wird ihr Bekenntnis verwässert. Die Verkündigung des Gesetzes wird abgeschwächt, und die Verkündigung des Evangeliums geht verloren.

Nordamerika wird Europa bald folgen. In Kanada gibt es bereits ähnliche Gesetze gegen Hassreden wie in Finnland. Wahrscheinlich nicht in dieser Generation, aber vielleicht in der nächsten, werden Christen in Amerika vor Gericht stehen müssen wie unsere finnischen Brüder und Schwestern. Was werden wir sagen? Wir werden wie unsere Freunde in Finnland bei jeder Gelegenheit bekennen, dass alle Menschen wertvoll und nach dem Bild Gottes geschaffen sind und dass wir alle sündig sind und einen Erlöser, Jesus, brauchen.

Wir predigen Christus, den Gekreuzigten. Die Kirche ist „kreuzförmig“. Das ist nicht bequem. Das war es noch nie. Aber wir haben eine Hoffnung, die über die Annehmlichkeiten dieses Lebens hinausgeht. Jesus hat Verfolgung versprochen. Und er versprach die Auferstehung.

Mehr: reporter.lcms.org.

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