September 2012

Das programmierte Ende

201209251028.jpgOft laufen die Evangelikalen anderen hinterher und sind dabei spät dran. Einige der Anliegen, die sie gegenwärtig auf ihre Agenda setzen, wurden beispielsweise schon vor 40 Jahren von Jürgen Moltmann formuliert (Moltmann wiederum erhielt zahlreiche Impulse von der Frankfurter Schule und dem Neomarxisten Ernst Bloch).

Es gibt Ausnahmen. Francis A. Schaeffer warnte bereits 1970 vor den unsäglichen Folgen der Umweltverschmutzung. Im stilistisch etwas chaotischen Buch Das programmierte Ende: Umweltschutz aus christlicher Sicht beleuchtete er die Missachtung und Ausbeutung der Natur durch den Menschen. Aus der Sicht Schaeffers bietet der christliche Glaube eine solide Begründung für die Wertschätzung der Schöpfung. Die Natur sollte nicht in platonischer Weise ausgeblendet, sondern respektvoll behandelt werden (S. 55).

Gerade die Christen sollten nicht als Zerstörer auftreten. Wir sollten die Natur mit außerordentlichem Respekt behandeln. Wir mögen einen Baum fällen, um ein Haus zu bauen oder ein Feuer anzufachen, das der Familie Wärme spendet. Aber wir dürfen nicht aus bloßer Willkür einen Baum fällen. Wir dürfen, wenn nötig, die Rinde der Korkeiche loslösen und sie verarbeiten. Aber wir dürfen nicht ohne zwingenden Grund einen Baum entrinden und ihn dann austrocknen und als Skelett im Winde stehen lassen. Damit verletzen wir das »Recht« des Baumes. Wir dürfen unser Haus von Ameisen säubern; aber wir dürfen nicht vergessen, daß wir die Ameise an dem Platz, den Gott ihr zugewiesen hat, als Gottes Werk zu ehren haben. Warum sollten wir mutwillig eine Ameise auf einem Waldpfad zertreten? Sie ist ein Geschöpf wie wir selbst; freilich nicht im Bilde Gottes geschaffen, aber doch dem Menschen gleich, was ihre Geschöpflichkeit betrifft. Ameise und Mensch sind gleichermaßen Geschöpfe Gottes.

Das Buch Das programmierte Ende kann bei GenialeBuecher für 4,95 € erworben werden (Rabattaktion beachten):

 

Fuji Farm

Großstädte sind für Künstler, Musiker und Schriftsteller sehr attraktiv. Der im TheoBlog schon mehrfach erwähnte christliche Maler Makota Fujimura hat viele Jahre in New York City gelebt und gearbeitet (siehe z.B. hier). Nun folgt er Künstlern, die gegen den urbanen Trend ihre Heimat auf dem Land suchen. Der lebenskluge Fujimura hat die „Fuji Farm“ gegründet.

The city offers intense concentration. Artists can see great art in art museums, the newest art in galleries, attend lectures and other social events that bring them into contact with artists, collectors, dealers, and critics. The art news cycle runs on a daily basis, and the institutions that are necessary for professional artistic practice are found in the city and are responsive to this news cycle.

Yet the blessing of intense concentration is also a curse. It can limit the scope of the artist’s experience to the micro-level, in which seasonal fashion trends take on significance they do not deserve. And the institutional, social aspects of artistic practice – going to events, meeting the right people – can gradually become the content of an artist’s work, as he or she becomes an art world „insider“ rather than an artist. In fact, cities can breed conservatism among critics, curators, dealers, and artists who are fearful to go against fashion trends, upset convention, and risk marginalization from their peers.

Mehr: www.christianitytoday.com.

Rückfall in mittelalterliche Forschungsethik

In Zukunft möchte die EU bei medizinischen Tests an Menschen auf die ethische Prüfung verzichten. Der Schutz des einzelnen Probanden gehört für die Europäische Kommission anscheinend nicht zum Gemeinwohl. Stephan Zahm warnt:

Wissenschaft bedarf der externen Kontrolle, wie es der amerikanische Medizinrechtler George Annas im Gefolge der Nürnberger Ärzteprozesse formulierte. Damals wurden Regeln für die Forschung am Menschen entwickelt, die der Weltärztebund schließlich in seiner wegweisenden Erklärung von Helsinki aus dem Jahr 1964 als verbindlich erklärte. Etwas salopp könnte man die Zeit davor als forschungsethisches Mittelalter bezeichnen.

Just dahin will die Europäische Kommission wieder zurück. Sie möchte die bislang in Europa gültige Richtlinie 2001/20/EG für Experimente am Menschen, in der die Helsinki-Prinzipien umgesetzt sind, in wesentlichen Punkten aushebeln. Bisher war es den Wissenschaftlern auferlegt, vor Beginn einer klinischen Prüfung eine unabhängige Ethikkommission zu konsultieren, die den Schutz der Patienten und Probanden sicherstellen soll. Im Vorschlag der Kommission zu einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln vom 17. Juli kommt das Wort Ethikkommission nicht mehr vor.

Schwerer noch wiegt die stillschweigende Verschiebung der Kriterien, die bei der Bewertung der Zulässigkeit einer Studie beachtet werden sollen. Während das deutsche Arzneimittelgesetz den potentiellen Nutzen auch für die Patienten hervorhebt, wird im Entwurf aus Brüssel jetzt ausschließlich sozialethisch argumentiert. So sollen nun „insbesondere der erwartete therapeutische Vorteil und Nutzen für die öffentliche Gesundheit gegen das Risiko und die Unannehmlichkeiten der Probanden abgewogen werden“. Die Kommission will nur noch den Gemeinnutzen zu Buche schlagen lassen.

Morgen soll der Gesundheitsausschuss des Bundestags übrigens den Vorschlag der Kommission durchwinken.

Mehr: www.faz.net.

Du, meine Seele singe

Deutschland singt wieder, vor allem im Chor. Die Singbewegungen haben sich vom Missbrauch durch den Nationalsozialismus und von der Kritik des Philosophen und Musikkritikers Adorno wieder erholt. Die Mehrzahl der Chöre ist konfessionell nicht gebunden, aber das Liedgut ist zum Großteil geistlich.

Hier ein ausgezeichneter DLF-Beitrag über das neue Interesse an den Chören:

Auf der Spur von König David

Die Ausgrabung einer 3000 Jahre alten Stadt hat Archäologen in Aufregung versetzt. Der Fund eines speziellen Schreins liefert sogar Erklärungen für einige biblischen Überlieferungen. Lässt sich das Königreich Davids archäologisch doch nachweisen?

Richard C. Schneider vom ARD-Studio in Tel Aviv hat einen interessanten Beitrag produziert. Das Video „Zwischen Mittelmeer und Jordan“ kann hier eingesehen oder heruntergeladen werden: tagesschau.de.

VD: JO

König Kunde kauft ein Kind

Erobern in Österreich die Marktliberalen die Fortpflanzungsmedizin? Eine Polemik zur bevorstehenden Empfehlung der Bioethikkommission des Bundeskanzleramts, die umstrittene Präimplantationsdiagnostik gesetzlich zuzulassen, hat Prof. Dr. Sören Hoffmann verfasst. Kinder sind keine Produkte. Hier kommt Marx, zurecht, zu seinem Recht:

Das Recht, das noch Recht ist, definiert den Raum einer freien Begegnung. Es erzwingt nicht, voluntaristisch, eine Präsenz. Das Recht ist keine Wunscherfüllungsmaschine, am wenigsten übrigens dann, wenn auf den einen Wunsch (z. B. den Wunsch, keinen Zeugungsakt zu vollziehen) ein anderer folgt, der die Folgen des ersten (also z. B. die Kinderlosigkeit) nicht wünscht. Große begriffliche Toleranz mag dabei auch widersprechendes Wünschen noch irgendwie „Selbstbestimmung“ nennen.

Aber Selbstbestimmung gibt es im Recht nicht im Monolog. Das Recht, auch das Biorecht, koordiniert die Selbstbestimmung des Einen mit der des Anderen. Wenn Kinder gerade keine „Produkte“, keine Wunschmarionetten, sondern Andere und zur Selbstbestimmung Bestimmte sind, begegnen sie in solchen Räumen. Ein „Recht“ auf sie selbst, die Kinder, gibt es dann nicht – für niemanden.

Hier: derstandard.at.

Vom Nazi zum Pastor – eine Wende?

Im Mai hatte ich hier über Johannes Kneifel berichtet, der mit 17 einen Mann so brutal zusammenschlug, dass er starb. Im Gefängnis bekehrte sich Johannes zum christlichen Glauben und entschied sich für Theologiestudium.

Der Fall hat jetzt eine möglicherweise bedeutsame Wende genommen:

Im Frühjahr wurde eine TV-Dokumentation über seine Geschichte ausgestrahlt. Im Anschluss habe sich ein Mann bei ihm gemeldet, so Kneifel. Der Anrufer war nach eigenen Angaben Augenzeuge in jener verhängnisvollen Nacht im August 1999 – und er erzählte laut Kneifel eine ganz neue Version. Peter Deutschmann sei ansprechbar gewesen, als die Rettungssanitäter in seiner Wohnung eingetroffen seien. Er habe sich sogar selbst das Blut abgewaschen. Im Krankenhaus sei er dann mit einem Arzt derart in Streit geraten, dass der Mediziner ihn nicht behandelt habe. Die Prügelverletzungen seien, so behauptet der angebliche Zeuge, normalerweise nicht tödlich gewesen. Deutschmann sei gestorben, weil er zu spät behandelt worden sein soll.

Wahr oder falsch – der Anruf wühlte Kneifel jedenfalls auf. War er vielleicht doch nicht allein für den Tod von Peter Deutschmann verantwortlich? Zumindest Kneifel hält die Schilderung des Anrufers für glaubwürdig. Er kennt dessen Identität, doch sie soll nicht öffentlich gemacht werden. Auch für SPIEGEL ONLINE war die Person nicht zu sprechen. Die Person wäre wohl bereit, die Angaben vor Gericht zu wiederholen, sagt Kneifel.

Mehr: www.spiegel.de.

Buschkowskys Gesellschaftsanalyse

201209202310.jpgHeinz Buschkowsky legt mit dem Buch Neukölln ist überall eine beunruhigende Analyse des Zustandes unserer Gesellschaft vor. Er weiß, wovon er schreibt, denn der SPD-Mann ist Bezirksbürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln. Allein die Buchbesprechung von Regina Mönch „geht an die Nieren“. Lesen!

Dieses Buch ist kein Horrortrip ins Herz der Finsternis. Aber Wohlfühllektüre für den Sessel vor dem Kaminfeuer ist es auch nicht. „Neukölln ist überall“ (Ullstein Verlag) ist ein aufregender, hochpolitischer Zustandsbericht aus einem Zukunftslabor namens Neukölln. Hauptperson ist der Autor, Bürgermeister einer mittleren Großstadt, die zur deutschen Hauptstadt gehört, was diese oft vergisst. Er erzählt von Verwahrlosung, Gewalt und Verlust der Zivilität, von Misserfolgen ohne Zahl, so dass einem beim Lesen schwindlig werden kann. Und er verblüfft, wenn sich Verzweiflung breitmacht, sogleich mit seiner Überzeugung, dass die Vernunft und ein klarer Blick für das wirkliche Leben immer auch Auswege finden lassen. Die nicht unbedingt zum Erfolg führen, aber nicht selten eben doch. Er beruft sich dabei auf Lassalle, wonach alle politische Kleingeisterei im Verschweigen und Bemänteln dessen besteht, was ist.

Mehr: www.faz.net.

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