August 2016

Der Heilige Geist als Polemiker

Stephan Holthaus klagte kürzlich über die Streitvermeidungsstrategien unter den Christen: „Die Streitvermeidung hat auch unsere Kirchen erreicht. In Wirklichkeit auch die Evangelikalen. Bei ihnen wird viel weniger gestritten als früher. Problemen geht man gerne aus dem Weg. Die alles nivellierende Gleichgültigkeit der Moderne führt zur Streitphobie. Kämpfen für die Wahrheit: Wer macht das noch?“

Ein passendes Zitat dazu von Ernst Käsemann:

Paulus blieb Juden und Griechen ein Einzelgänger und Fremdling und wird im heutigen Protestantismus zunehmend vom Schatten des Petrus verdeckt, weil man seine Polemik bestenfalls noch historisch begreift. Dazu trägt bei, daß Toleranz und Neopositivismus gegenwärtig Polemik als Äußerung subjektiver Gefühle werten und ihr die Pflicht zur Objektivität entgegenhalten.

Ins Theologische übertragen, besagt das freilich, daß das Bild des gütigen Gottes mehr oder minder das des Richters verdrängt hat und die Funktion des heiligen Geistes nur noch in der Erbauung gesehen wird, obgleich das Neue Testament ihn unaufhörlich als Polemiker schildert.

Die Neue Bachperspektive

Bach„Johann Sebastian Bach war bekennender Anhänger Luthers“, schreibt Rainer Balcerowiak für CICERO, und natürlich auch Anhänger „dessen haarsträubendem Antijudaismus“. Über eine Bachausstellung, die noch bis zum 6. November im Bachhaus Eisenach zu sehen ist, heißt es:

Anhand von Bildern, Texten und anderen Exponaten aus fünf Jahrhunderten wird dort das Spannungsfeld zwischen Protestantismus, Bachs Werk und dessen Rezeptionsgeschichte umfassend beleuchtet.

Für Jörg Hansen, Direktor des Bachhauses und Kurator der Ausstellung, führt kein Weg an der Auseinandersetzung mit den „dunklen Flecken“ in Bachs Lebenswerk vorbei. „Bach war strammer Lutheraner. Das heißt, die antijüdischen Aussagen, also die Betonung des Judentums als negatives Beispiel für die christliche Gemeinde – das ist das, was Bach auch in seinen Passionen ausgedrückt hat.“

Dabei bezog er sich direkt auf Luther, der unmissverständlich die Vertreibung und Vernichtung der Juden als einzige Lösung für das Christentum forderte. Deutlich wird dies vor allem in zwei der kirchenmusikalischen Hauptwerke des Komponisten, der Matthäus- und der Johannes-Passion. Sie sind nicht einfach Vertonungen der antijudaischen Botschaften der Evangelien, sondern nach allen Regeln der Tonsatzkunst – die Bach in seiner Zeit wie kein Zweiter beherrschte – gestaltete Werke mit enorm emotionalisierender Wirkung.

Gewiss, antisemitsche Verfolgungen gab es schon vor Bachs Zeit. Bereits im 16. und 17. Jahrhundert sind unzählige Judenprogrome dokumentiert, die unmittelbar nach Passionsaufführungen stattfanden.

Etwas konkreter wird ein Beitrag des DEUTSCHLANDFUNKS, da hier die Beweise für den Antijudaismus Bachs angeführt werden:

Dagegen ist die Quellenlage für Bachs Antijudaismus – wie überhaupt zu seinem Leben – nicht so üppig. Da sind einerseits Hinweise aus seiner Privat-Bibliothek. Sie beinhaltete explizit judenfeindliche Schriften. Die Ausstellung zeigt ebenso, dass Bach in seiner Bibel genau jene Stellen angestrichen hat, auf die sich jene berufen, die von einer vermeintlichen jüdischen Verstocktheit ausgehen. Jörg Hansen: „Dort sagt der Kommentar, dass das sich auf die im Unglauben verharrenden Juden bezieht, die entsprechend der Vorhersage im Alten Testament nun schon 1500 Jahre – so bei Luther – 1500 Jahre im Exil und Elende ausharren müssen, als Strafe für ihren Unglauben. In dem Calov-Kommentar ist die Zahl dann schon auf 1600 Jahre korrigiert, und Bach korrigiert dann noch in seiner Ausgabe handschriftlich das Datum auf 1700 Jahre.“

Kommen wir zum überzeugendsten Beweis für die Judenfeindlichkeit Johann Sebastian Bachs. Jörg Hansen, der Direktor des Bachhauses und Kurator der Ausstellung also, sagt:

„Die Turba-Chöre, „wild-dämonisch“ nannte die Philipp Spitta, anderes Zitat dazu von Philipp Spitta ist, „fanatischer Haß in verschiedenfarbigsten Schattierungen“, die Turba-Chöre „Kreuzige Barrabam, „sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ – die sind halt sehr kraftvoll und in der Charakterisierung chromatisch-dissonant, perfide obstinat; das ist eine Charakterisierung des verstockten Unglaubens. Dagegen hat Bach gesetzt: Die schönen Arien und die Choräle, die den Christenglauben der Gemeinde und die individuelle Reue darstellen. Bachs Passionen gewinnen ihre Aussage aus diesem Gegensatz, und ihre Attraktivität. Das ist ja dieses Mitfiebern, wenn man die Musik singt oder hört: Man hat diese aufwühlende Erzählung durch den Evangelisten mit den turbulenten Chören dazwischen, „Ach, jetzt fängt da schon wieder eine Arie an!“ Dann ist diese Arie „Erbarme dich!“ so schön; man möchte gar nicht, dass sie endet, „und jetzt müssen da wieder die blöden Juden brüllen!“ Also, das ist dieser Gegensatz, aus dem diese Musik ihre unglaubliche Dynamik gewinnt; und das ist ein ganz lutherischer Gegensatz: Die Juden sind das Negativbeispiel für Unglauben – verstockt verharrende Sünder. Die Christen bereuen ihre Sünden, und im Glauben erfahren sie die Gnade Gottes!“

Hansen übt sich auch noch als theologischer Analyst, indem er einen Grund für Bachs Fundamentalismus anführt:

Jörg Hansen empfiehlt, immer die Entstehungszeit mitzudenken, den Kontext der lutherischen Theologie, die keine Quellenkritik kannte, sondern nur die Bibel als das authentische Wort Gottes.

Ich kann nur hoffen, dass nach meinem Tod niemand an die falsche Regale gerät: „Er muss ein fanatischer Anhänger Nietzsches gewesen sein. In seiner Bibliothek sind sämtliche Schriften zu finden, samt einiger Biographien. Die Sympathien mit dem linken Faschismus sind ebenfalls unverkennbar, denn eine Werkausgabe Lenins haben wir auch entdeckt.“ Und dann die vielen Markierungen in meinen Bibeln. Ich darf gar nicht dran denken …

Die Ausstellung ändert alles. Es gibt ein nach und ein vor Eisenach 2016. Die Geschichte von Bach bis Hitler muss umgeschrieben werden. Wäre es angesichts dieses überwältigenden Befundes nicht an der Zeit, ein Forschungsprogramm mit dem Titel „Die Neue Bachperspektive“ zu eröffnen?

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Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Was für ein Unsinn. Patrick Bernau benennt mit gewohnter Klarheit, dass sich Thomas Piketty, der neue Superstar der Linken, verrechnet hat und wir trotzdem nichts daraus lernen:

So kann man sich täuschen. Jahrelang hatte der französische Ökonom Thomas Piketty Zahlen über Vermögen und Renditen zusammengetragen. 700 Buchseiten füllte er damit, das Werk wurde in den Vereinigten Staaten ein Bestseller. Denn Piketty zog aus seinen Daten eine Folgerung, die ihn berühmt machte: Die Kapitalbesitzer häuften von Generation zu Generation immer mehr Geld an, während der Rest der Welt zurückbleibe. Als „r>g“ wurde diese Feststellung prominent, denn Piketty hatte eine Prämisse: Die Kapitalrenditen müssten größer sein als das Wirtschaftswachstum – und das sei doch meistens der Fall. Weil der Professor zu Steuererhöhungen als Gegenmittel riet, wurde sein Buch rund um die Welt zu einer Bibel der Linken. Das Problem: Pikettys Folgerung ist so nicht richtig. Doch das ist vielen Leuten egal. Zu vielen.

Mehr: www.faz.net.

Ohne Religion wäre die Welt besser dran?

Bei einer prominent besetzten Debatte über die Religion stritten im Jahr 2011 Wolfgang Huber, Matthias Matussek, Wilhelm Imkamp, Gloria von Thurn und Taxis gegen die Religionskritiker  Monika Frommel, Necla Kelek, Philipp Möller und Alan Posener. Vor allem der Pädagoge Philipp Möller nahm mit seiner Polemik gegen die Religion viele Menschen für sich ein.

Hier ein Mitschnitt der Debatte. Möller, Pressereferent der Giordano-Bruno-Stiftung, spricht ab Minute 28:00:

Hier eine kurze Analyse der Ausführungen von Markus Widenmeyer:

Möller beginnt mit der Aussage, es sei schlicht und einfach absurd, an Gott zu glauben, nur weil man das Gegenteil nicht beweisen kann. Diese Behauptung ist nicht einmal falsch, aber sie ist völlig irreführend. Mir fällt niemand ein, der aus diesem Grund an Gott glaubt. Vielmehr spricht eine ganze Reihe von z.T. recht starken Argumenten für die Existenz Gottes (von denen ich einige in meinem Buch „Welt ohne Gott?“ zu entfalten versucht habe). Solche Argumente werden seit einigen Jahrzehnten in der analytischen Religionsphilosophie auf hohem Niveau diskutiert. Diese Disziplin wechselwirkt dabei z.T. sehr eng mit den Natur- oder Geschichtswissenschaften.

Möller geht mit keinem Wort darauf ein. Und so müssen unter anderem sein witziger (?) Vergleich mit der Zahnfee oder die pauschale Abstempelung von Nicht-Atheisten als primitiv und ohne intellektuelle und emotionale Reife als Ersatz für wirkliche Argumente herhalten.

Den Religionen wirft er sinngemäß vor, die Welt in den Schemata von gut und schlecht zu bewerten. Aber das machen alle Menschen, auch Atheisten. Und Möller zielt ja offenkundig darauf ab, einem (unkritischen) Publikum zu suggerieren, dass Religion schlecht und Atheismus gut sei.

Als (angeblich) große Vordenker nennt er: Epikur, Darwin, Marx, Feuerbach und Kant. Wer aber Autoritäten heranzieht, statt selber wirklich inhaltlich zu argumentieren, zeigt substanzielle Schwäche. Tatsache ist, dass die fünf genannten Herren keine belastbaren Argumente für den Atheismus vorgebracht haben. Kant war sogar ein Gegner des Atheismus und vertrat die Ansicht, dass wir im Rahmen der Moralphilosophie die Existenz Gottes postulieren müssen.

Möller kritisiert den massiven Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen. Um ein wirkliches Argument daraus zu machen, hätte er aber zeigen müssen, dass es dort eine deutlich höhere Missbrauchsrate als sonst gibt und dass dies signifikant mit Religion zu tun hat. Hat er aber nicht. Nicht einmal versucht.

Dann die Behauptung, Grundrechte mussten gegen Religion erkämpft werden. Das ist historisch zwar zum Teil richtig, aber auch zum Teil falsch. Was das biblische Christentum anbelangt, ist es historisch und systematisch-theologisch falsch. Möller hätte z.B. das Buch von Alvin Schmidt „Wie das Christentum die Welt veränderte“ lesen sollen. Übrigens war im Kommunismus der Atheismus quasi Staatsreligion (eine historisch recht einmalige Situation). Der Menschenrechtssituation hat es aber (z.B. unter Stalin, Mao oder Pol Pot) nichts genutzt. Wohl aber die christlich motivierten Bemühungen zur Abschaffung der Sklaverei z.B. durch William Wilberforce, um nur ein Beispiel zu nennen.

Ein anderer Vorwurf lautet: Religiöse Gruppierungen glaubten im Besitz absoluter Wahrheit zu sein. Aber was will Möller damit sagen? (Und was ist der logische Unterschied zwischen „absolut wahr“ und „wahr“?) Macht dieser Umstand (falls er stimmt) z.B. die Existenz Gottes unplausibel? Wenn Mathematiker z.B. an die „absolute Wahrheit“ mathematischer Theoreme glauben, beweist dies dann, dass diese Theoreme falsch sind? Es ist richtig: Theisten (so wie ich einer bin), glauben, dass ihre eigene Weltsicht wahr ist. Aber das tut jeder rationale Mensch. Oder glaubt etwa jemand, dass das, was er für wahr hält, falsch ist? Und glauben Atheisten nicht, dass der Atheismus wahr, meinetwegen „absolut wahr“, ist?

Sodann kritisiert Möller „Berufschristen“, die Homosexualität als Sünde bezeichnen, die wider die Natur sei. Auch hier müsste Möller erst seine Hausaufgaben machen. Er müsste z.B. belegen, dass es objektiv schlecht ist, HS als Sünde zu bezeichnen, bzw. warum dies den Glauben an Gott unplausibel macht. Übrigens hatte bereits Immanuel Kant, den Möller soeben lobend als Aufklärer gegen Religion erwähnte, in seinen Vorlesungen über Moralphilosophie Homosexualität als Verbrechen wider die Natur (lat. crimen carnis contra naturam).

Keinen Einwand habe ich gegen Möllers These, dass Kritik an Religion (er erwähnt den Islam) erlaubt sein müsse. Ja, Kritik an jeder Weltanschauung muss erlaubt sein, sei es am Christentum, am Islam – und genauso am Atheismus, lieber Herr Möller. Am Ende wird der rationale Mensch sehen (wollen), für was die Kraft der Fakten und Argumente in Summe spricht.
Die Alternativen zu Religion, so Möller: Aufklärung, Humanismus, Wissenschaft, Philosophie. Nun, echte Aufklärung, Wissenschaft und Philosophie sind (oder wären), dass man wirklich bessere Gründe und Argumente vorbringt. Genau das hat Möller jedoch nicht getan, ja nicht einmal in Ansätzen.

Möller plädiert für eine Ethik, „die sich an den Interessen des Menschen orientiert und übrigens auch aller anderer Tiere.“ Mit keinem Wort erwähnt er aber die m.E. schwerwiegenden Probleme, wie Interessen objektivierbar sind, wie man gegensätzliche Interessen ausgleicht, und vor allem, wie eine solche Ethik ohne eine absolute Instanz des Guten (Gott) wirklich begründbar ist. Auch nicht, dass die Tendenz der ethischen Nivellierung von Mensch und Tier ein Vorläuferphänomen des Nationalsozialismus war (z.B. beim Lieblingsvordenker vieler moderner Atheisten, Ernst Haeckel).

Es darf die Forderung nicht fehlen, Religion müsse Privatsache sein. Gut, aber dann müssen alle anderen Weltanschauungen, wie z.B. der Atheismus, auch Privatsache sein. Ich fordere eine strikte Trennung von Wissenschaft und Atheismus sowie Politik und Atheismus!!

Realistischer wäre aber anzuerkennen, dass Menschen für ihre Weltanschauung jeweils werben, und sie in Politik, Gesellschaft und auch Wissenschaft hineintragen, so dass es nicht selten (meist unterschwellig) um weltanschauliche Auseinandersetzungen geht. Und hier ist seit über einem Jahrhundert gerade der Atheismus bzw. Naturalismus sehr einflussreich, was man z.B. am allseits beliebten Kreationisten-Bashing erkennen kann.

Interessanterweise vertritt gerade das Neue Testament der Bibel recht klar die Trennung von Staat und Glaube. Denn die wirkliche Wahrheit kann nicht staatlich verordnet, mit Gewalt durchgesetzt oder mittels staatlicher Bildungseinrichtungen indoktriniert werden. Vielmehr verlangt sie von jedem Menschen eine persönliche Entscheidung ab.

Ziel des Evangeliums

Calvin schreibt zu 1. Korinther 1,9: „Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn“:

Das ist das Ziel des Evangeliums, dass Christus unser werde und wir zu Gliedern seines Leibes. Wenn der Vater ihm uns zu eigen gibt, so schenkt Er uns damit sich selbst, so dass wir teilhaben an allen seinen Gütern. Paulus will also hier sagen: Ihr habt das Evangelium im Glauben angenommen und habt dadurch Gemeinschaft mit Christus. Darum braucht ihr den Tod nicht mehr zu fürchten, denn Er hat den Tod besiegt. – Wenn ein Christ sich selbst betrachtet, so kann er nur verzagen und verzweifeln. Weil er aber in die Gemeinschaft mit Christus berufen ist, darf er sich als Glied Christi betrachten und darum seines Heils gewiss sein, zumal er alle Güter Christi nun sein eigen nennen darf.

Gefunden auf dem empfehlenswerten Blog Mehrere Kanonenmehrerekanonen.blogspot.de.

Akzeptanz von Polygamie?

Laut TAZ fordert Hamza Piccardo, der Gründer der Union der islamischen Gemeinden in Italien, die zivilrechtliche Anerkennung der Vielehe (Polygamie). Als Begründung führt er die gleichgeschlechtliche Ehe an: „Wenn es hier um Zivilrechte geht, dann ist Polygamie ein Zivilrecht. Muslime sind mit homosexuellen Lebenspartnerschaften nicht einverstanden und trotzdem müssen sie ein System akzeptieren, das sie erlaubt.“ 

Empörung gibt es in sämtlichen Lagern. Aber wie wird die Argumentation von Hamza Piccardo zurückgewiesen?

Was sind die Argumente gegen eine konsensuelle, also eine einvernehmliche Polygamie? Und könnte Polygamie tatsächlich ein Bürgerrecht werden?

Die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften öffnet zwar die bisherige zivilrechtliche Definition der Ehe. Aber sie öffnet diese Definition nur in einer Hinsicht – in Hinsicht auf das Geschlecht. Deren weitere Bestimmungen behält sie aber bei. Diese lauten: Eine Ehe muss unzertrennlich und dauerhaft, partnerschaftlich und gleichberechtigt, treu und vertrauend sein.

Wenn dies die wesentlichen zivilrechtlichen Kriterien der Ehe sind, dann bedeutet die Öffnung der Definition: Auch gleichgeschlechtliche Paare können diese Bestimmungen erfüllen. Polygamie aber kann genau dies nicht. Sie ist weder partnerschaftlich noch gleichberechtigt noch treu.

Das werden aber viele anders sehen, etwa diejenigen, die in polyamoren Beziehungen leben (vgl. hier).

Hier die Kolumne der TAZ: www.taz.de.

Der letzte Manichäist

Der letzte Manichäist ist ein vor rund hundert Jahren gestorbener Chinese gewesen, meint Siegfried Richter von der Arbeitsstelle für Manichäismus-Forschung an der Universität Münster in einem DLF-Beitrag über die Religion des Manichäismus.

Der Beitrag führt unterhaltsam in die Mysterienreligion ein, der auch Augustinus vor seiner Bekehrung zugeneigt war (seine Abkehr begründet er in De vera religione). Da heute kaum noch jemand weiß, was hinter der gnostischen Bewegung des Manichäismus steckt, möchte ich den Beitrag empfehlen. Übertrieben wird allerdings am Ende der Darstellung, wenn dem Kirchenvater und seinen Kollegen die grausame Verfolgung der Manichäer vorgehalten wird.

Die junge christliche Kirche hält den Manichäismus für brandgefährlich und verfolgt ihn mit allen Mitteln. Es gibt viele polemische Schriften gegen die Manichäer. Darin verunglimpfen einflussreiche christliche Theologen sie als moralisch verkommen und bezeichnen die manichäische Religion als Irrlehre …

Augustinus hat vor allem mit dem Wort gegen die Manichäer gekämpft. Ein schönes Beispiel ist sein Versuch, den Freund Honoratus in der Schrift De utilitate credendi für den christlichen Glauben zu gewinnen.  Der Bischof hatte nämlich Honoratus während seiner Studienzeit in den Manichäismus eingeführt. Inzwischen Christ, hörte er davon, dass Honoratus öffentlich gegen das Christentum polemisierte. So versuchte er seinen Freund davon zu überzeugen, dass der Manichäismus irrt und das Christentum wahr ist. Augustinus war also nicht von Machtambitionen getrieben, sondern von seiner Liebe zur Wahrheit. Neigt jemand freilich zum Wahrheitspluralismus, kann es so etwas wie „Irrlehre“ gar nicht mehr geben, muss also die Berufung auf Wahrheit Machtkalkül sein.

Hier der Beitrag:

 

Thomas Freibott hat 1996 eine Arbeit über „Augustinus und der Manichäismus: Eine Untersuchung anhand einiger seiner Schriften“ verfasst, die hier heruntergeladen werden kann: augustinus_manichaeismus.pdf.

Kritik am Moscheenverband Ditib wächst

Seit der Putschversuch in der Türkei scheiterte, distanzieren sich immer mehr Politiker vom Islamverband Ditib (Ditib steht für  „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“). Zuletzt hat sich sogar Hannelore Kraft dafür ausgesprochen, den Verband genau zu beobachten. Reinhard Bingener kommentiert diese Entwicklung für die FAZ u.a. mit den Worten:

Wer wollte, der konnte schon lange wissen, dass die Ditib der verlängerte Arm der türkischen Religionsbehörde Diyanet ist, dass ihre Imame in der Türkei ausgebildet und diese von Ankara dafür bezahlt werden, in Deutschland jenen sunnitischen Islam zu predigen, der der amtierenden Regierung gerade passt. Einst war dies ein passiver, zum kemalistischen Laizismus eines Militärstaats passender Islam; heute ist es das islamistisch grundierte Weltbild des Autokraten Erdogan. Im Kern handelt es sich beide Male um eine Theologie, die politischen Zwecken dient. Zugespitzt formuliert: Ankara nutzt die Ditib für eine Ethnopolitik, deren Ziel darin besteht, die Assimilation der in Deutschland lebenden Türken zu verhindern.

Nun konnte das in der Tat jeder wissen, der sich für die Materie interessiert hat. Aber durfte es auch jeder sagen, ohne dafür öffentlichen Widerspruch zu ernten? Ich erinnere mich noch gut an die politischen und medialen Reaktionen auf die Ditib-Kritik von Ralph Giordano. Wenn der jüdischer Schriftsteller darauf verwies, dass Ditib die Integration behindert, stand er ziemlich einsam da. So schrieb beispielsweise damals DIE ZEIT:

Denn Ditib ist nicht irgendein kleiner Moscheeverein, sondern der bundesweite Dachverband von 870 Moscheen. Ditib vertritt einen moderaten Islam und ist eng mit der türkischen Religionsbehörde verbunden. In der Schäubleschen Islamkonferenz gilt Ditib als Pfeiler der Vernunft.

Bekir Alboga, Giordanos Sparringspartner bei dem Streitgespräch, ist Gesicht und Stimme der Organisation. Schon in der Mannheimer Moschee hat Alboga sich einen guten Namen gemacht, indem er als Imam das Gotteshaus für den interreligiösen Dialog öffnete. Der 44-jährige Gastarbeitersohn, der 1980 nach Deutschland kam, engagiert sich seit Jahren gegen häusliche Gewalt, Zwangsheirat und Ehrenmorde. Er lehnt die Burka als unislamisch ab. Alboga vertritt einen auf fromme Innerlichkeit setzenden Sufismus und ist eine treibende Kraft bei der Öffnung der Ditib für die deutsche Öffentlichkeit. Seit Jahren spricht er sich klar und hart gegen Terror im Namen Allahs aus. Bekir Alboga, ein Deutschtürke, der in Heidelberg Islamwissenschaft studierte, hat es nicht verdient, von Ralph Giordano heruntergemacht zu werden, er komme wohl aus »einem Kulturkreis, dem die kritische Methode völlig unbekannt ist«. Es gibt nicht so viele Verbündete bei der Reformierung und Beheimatung des Islams in Deutschland, dass man einen Modernisierer wie Bekir Alboga derart vor den Kopf stoßen sollte.

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