Die ewige Sehnsucht nach Treue

Was immer wir Liebe nennen wollen, ob sexuelles Begehren oder ganzheitliches Vertrauen, kommt ohne Vorstellung von Treue nicht aus.

Mit der Treue verhält es sich wie mit dem ICE. Kommt er pünktlich ans Ziel, so redet keiner davon. Entgleist er jedoch, so ist es eine Nachricht, die jeden beschäftigt. Die Seitensprünge königlicher Hoheiten, die Scheidungen prominenter Präsidenten füllen die Blätter, und von den Affären der Reichen und Schönen zehren die Magazine tagaus, tagein. Ihre Leser und Zuschauer nehmen begierig daran Anteil, ob mit offener Schadenfreude oder verhohlener Nachahmungslust.

Es entsteht der Eindruck, die Treue sei etwas Seltenes, allmählich Verschwindendes. Ist sie nicht eine unrettbar altmodische Tugend, die einer zeitgemäß flexiblen Lebensweise nicht mehr entspricht? Tatsächlich aber sind Paare einander aber häufiger treu als untreu, und heutzutage nicht seltener als zu anderen Zeiten. Die Liebe ist ohne das Gelöbnis der Treue im Grunde nicht denkbar. Denn, wie es in Kierkegaards Traktat Entweder – Oder (1843) heißt: »Die Liebe begehrt nur einen zu lieben und hat darin ihre Glückseligkeit, sie begehrt nur einmal zu lieben und hat darin ihre Ewigkeit.«

Ulrich Greiner geht für DIE ZEIT der Frage nach, was uns Dichter über die Sehnsucht nach Dauer lehren: Ps-Treue-Philosophie.pdf.

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