Religionspolitik steht vor erheblichen Veränderungen

Wissenschaftler der Universität Münster prognostizieren einschneidende Veränderungen für die christlichen Kirchen in Deutschland. Die Bevorzugung der Kirchen müsse aufhören, da sonst gegen das Gleichbehandlungsgebot im neutralen Staat verstoßen werde, meint der Politikwissenschaftler Ulrich Willems.

Während einer Tagung über Religionsfreiheit an der Universität sagte Juristen Fabian Wittreck wörtlich: »Da haben die Kirchen in Zukunft große Umbrüche zu erwarten.« Die Kirchen könnten hierzulande nicht mehr selbstverständlich mit einer Rechtsauslegung zu ihren Gunsten rechnen. Das betreffe etwa Kreuze in den Schulen oder die eigenen Arbeitsrechtslinien der Kirchen. Immer mehr Streitfragen würden durch europäische Gerichte entschieden.

Einzelheiten im zweiten Beitrag von »Notizen aus Religion und Gesellschaft« vom 10. März 2011 (ab Minute 00:38, allerdings sind alle Beiträge hörenswert):

[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/03/10/dlf_20110310_0943_b085ba23.mp3[/podcast]

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12 Kommentare
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Wieland
13 Jahre zuvor

Ich kann nur hoffen, dass sich dieser Umbruch schnell vollzieht. Dieses „Staatschristentum“ scheint mir der Tod der Kirche. Wenn ich sehe, wie sich in unserer Gemeinde 4 Pastoren für 10.000 Gemeindeglieder verantwortlich fühlen, von denen vielleicht 100 wirkliche Christen sind, dann ist klar, dass sich hier ein schleichender Anpassungsprozess vollzieht, sich die Kirche immer mehr den Nichtchristen annähert und so ein extrem seichtes Sofakissenchristentum entsteht.
Daher bin ich für die Abschaffung aller Privilegien der Kirche, keine Kirchensteuer mehr, weg das alles. Das wäre ein gesunder Schrumpfungsprozess, bei dem alles „Abgestorbene“ abgeschüttelt wird.

Tim-Christian
13 Jahre zuvor

Sehr interessanter Beitrag. Danke für’s aufstöbern und posten! Als jemand, der gut ausgestattete aber dafür ziemlich leere Priesterseminare von innen kennt, blicke ich einer Neuverhandlung der Kirchensteuer- und Privilegienfragen ehrlich gesagt eher zuversichtlich entgegen. Solange die Finanzlage der großen Kirchen nicht der geistlichen Situation entspricht, kommt es nie zu notwendigen Veränderungen und Aufbrüchen. Meine Meinung.

Kleiner Hinweis: Laut Audio-Beitrag stammt der Satz „Da haben die Kirchen in Zukunft große Umbrüche zu erwarten“ aber vom Juristen Fabian Wittreck und nicht von Willems. Nicht das hier noch jemand als Verteidigungsminister zurücktreten muss … 😉

ernst
13 Jahre zuvor

@ Wieland: Hört sich ja schmissig an, was Du da schreibst, und ist schnell dahingesagt; aber eigentlich ist es auch arrogant, sich derart über „Sofakissenchristentum“, „Abschaffung aller Priviledien“ oder „gesunde(m) Schrumpfungsprozess“ auszulassen. Man mag ja über die Staatsnähe der sog. ´Volks´-Kirchen (was sie jetzt schon nicht mehr sind) wenig erfreut oder unglücklich sein – aber davon haben, trotz aller fragwürdigen Phänomene, bisher nicht nur die Christen profitiert. Und all die kleinen und kleinsten Gemeinden, Kreise und Grüppchen, die sich geistlich so überlegen fühlen, müssen erst mal noch zeigen, ob sie jahrhundertelang Bekenntnis und Glauben hochhalten… Welche Schulen oder Krankenhäuser werden zudem von denjenigen unterhalten, die Du als „wirkliche Christen“ (gibt es ´unwirkliche´?) akzeptierst? Welche Häuser und Einrichtungen für behinderte Menschen usw? Die traditionellen Privilegien der beiden großen Kirchen sind ja auch nicht vom Himmel gefallen, sondern Ausdruck ihrer ehemals historisch gewachsenen Rolle und Bedeutung. Dass eine antichristliche Tendenz der europäischen Instanzen und INstitutionen sich inzwischen immer unverschämter bemerkbar macht, wie… Weiterlesen »

13 Jahre zuvor

Ein neutraler Staat ist eine Illusion. Es geht hierbei doch letztlich darum, den christlichen Einfluss auf Staat und Volk zurückzudrängen, und das kann einem Christen und einem freiheitsliebenden Menschen nicht gefallen. Wo das christlice Ethos und damit Gottes Gebot zurückgedrängt werden, kann nur Tyrannei folgen – denn Freiheit gibt es nur unter Gottes Gebot. Und man kann ja schon daran merken, dass Kirchen in ihren Freiheiten und Rechten beschnitten werden sollen, in welche Richtung wir marschieren …

13 Jahre zuvor

„Der viktorianische Dichter Matthew Arnold schrieb von Gläubigen, die das Zurückweichen des Glaubensmeers als schmerzlichen Verlust erleben. Heute verebbt der säkulare Glaube, und es sind die Apostel des Unglaubens, die mit leeren Händen dastehen.“

Prof. John N. Gray (29.03.2008, britischer Philosoph, Professor an der London School of Economics, Was führen die Atheisten im Schilde?, F.A.Z., 29.03.2008, Nr. 74 / Seite Z1)

13 Jahre zuvor

„Die Welt wäre vermutlich erschüttert, wenn morgen der Kölner Dom zu Staub zerfiele. Wenn aber morgen alle haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiter aller Kirchen für immer aufhörten zu arbeiten, würden es die meisten über eine lange Zeit gar nicht bemerken.“

Christian Nürnberger (21. September 2007, Das Christentum. Was man wirklich wissen muss.)

„Erstmals wird in Württemberg eine evangelische Kirche an einen Bauträger verkauft und abgerissen. […]
Ihre Entwidmung findet am 15. Juli statt. Dabei werden die liturgischen Gegenstände wie Altarbibel, Taufschale und Kanne sowie Abendmahlsgerät und Altarleuchter in einem feierlichen Auszug aus der Kirche getragen.“

idea (10.07.07, Ulm, Württemberg: Kirche wird abgerissen, http://www.idea.de)

„Sag beim Abschied leise Amen“

„Das Bistum Essen schließt fast hundert Kirchen. Eine Reise durch das Revier der verletzten Seelen.“ … „Sie raten »bei der Profanisierung« zu einem Ritus »mit aller Feierlichkeit«.

Am besten ist die Kirche beim Abschied »festlich geschmückt, alle Kerzen sind entzündet.«“

DIE ZEIT (12.04.2006 Nr.16, Sag beim Abschied leise Amen, Hanns-Bruno Kammertöns, DIE ZEIT)

13 Jahre zuvor

Wurde von Johannes schon angeführt: ein weltanschaulich „neutraler“ Staat ist und wird eine Illusion bleiben. In der deutschen Verfassung kommt der Begriff der „Neutralität“ nicht einmal vor, dennoch existiert sowohl dieses Prinzip faktisch, wie auch die „Bevorzugung“ der christlichen Kirche/Religion. Und das aus guten Grund. Ein politisches Gemeinwesen ohne philosophische und/oder religiöse Herleitung ist schlicht nicht möglich. Unsere Kultur, unser Wertesystem, bis hin zu den Feiertagen… alles im Christentum verwurzelt. Das mag man kritisieren oder sogar ablehnen, ändert aber nichts an den Gegebenheiten. Zudem existiert eine verfassungsrechtlich garantierte Bekenntnisfreiheit und es bedarf einer (a)religiösen Neutralität nicht einmal. Zwischen dem ersten und zweiten Absatz des Artikels 4 bestehen weitreichende Unterschiede. Der Islam z.B. kann den Art. 4 Abs. 2 GG, welcher die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung beinhaltet, nicht für sich beanspruchen sondern sich ausschließlich auf Art. 4 Abs. 1 GG, welcher die Freiheit des Glaubens und die des Bekenntnisses schützt, berufen. Da der Islam als politische Religion auch seine religiöse Rechtsordnung,… Weiterlesen »

Wieland
13 Jahre zuvor

@ernst: Dass die „Volkskirchen“ Schulen oder Krankenhäuser unterhalten ist ein immer wieder genannter Mythos. Der „kirchliche“ Kindergarten unserer Gemeinde wird fast gänzlich vom Staat finanziert. Wenn ich richtig informiert bin, zahlt die Kirche ganze 13% dazu, hat aber das volle Sagen. Gleiches gilt für andere Einrichtungen. Das ist natürlich angenehm für uns als Kirche, aber es ist auch Heuchelei, denn wir tragen den Kindergarten ja gar nicht wirklich. Die Realität ist, wir leben in einem atheistischen Staat. Das Christentum hat im täglichen Leben keine Bedeutung mehr. Fast alle Kinder werden areligiös erzogen. Die Kinder, die bei uns in den Konfirmandenunterricht kommen, wissen zu 95% *nichts* vom christlichen Glauben und wissen auch hinterher nicht viel mehr. Trotzdem werden sie da durchgeschleust. Das ist doch eine Farce. Ich bin daher für die Abschaffung dieses ganzen Humbugs. Ich habe keine Lust für sowas meine Kirchensteuern zu zahlen. Kirchensteuer weg, Privilegien weg. Was dann übrigbleibt, kann man wieder ernstnehmen. Ich kenne übrigens Freikirchen, die… Weiterlesen »

Stewart
13 Jahre zuvor

@wieland
Als Freikirchler in einer Gemeinde mit einem selbst betriebenen Altenheim dabei versichere ich Dir, dass es i.a.R. ohne staatliche Zuschüsse nicht geht. Man muss ein sehr großes Altenheim betreiben, damit es sich rechnet. Dies aber überfordert die durchschnittliche freikirchliche Gemeinde bei Weitem.

ernst
13 Jahre zuvor

@ Wieland: Der Mythos scheint mir ganz auf Deiner Seite: Der Staat gibt zwar ´Zuschüsse´(!) aber er übernimmt selbstverständlich bei weitem nicht alle Kosten. Hier am Ort existiert eine christliche Grundschule, durch einen privaten Trägerverein getragen. Der Staat spart sich eine komplette Grundschule, die er finanzieren müsste, wenn es diese Schule nicht gäbe. Stattdessen refinanziert er bei den Lehrern lediglich eine imaginäre 30jährige, ledige Lehrkraft. Was an Mehrkosten für einen verheirateten Lehrer mit zwei Kindern zu zahlen ist, muss der TRäger zahlen, ebenso wie Hausmeister und Sekretärin oder auch die Unterhaltskosten für die Gebäude, zu deren Erstellung nichts oder nur ein Teilbetrag übernommen wurde. – Ähnlich sieht das bei den anderen Einrichtungen aus. Vielleicht solltest Du auch mal darüber nachdenken, warum denn z.B. die kirchlichen Schulen und Kindergärten meist eine größere Nachfrage oder weit umfangreichere Wartelisten haben als die staatlichen? Und welche Bildungseinrichtungen würden von Freikirchen unterhalten? Noch kein Dutzend in ganz Deutschland (von den eigenen Bibelschulen mal abgesehen)! Dass… Weiterlesen »

Wieland
13 Jahre zuvor

Ich kann nur sagen, ich leide an meiner Kirche.
Ich möchte nicht von 95% Mitläufern finanziert werden und von diesen abhängig sein. Diese Abhängigkeit äußert sich eben auch darin, dass diese Leute auf die inhaltliche Arbeit Einfluss gewinnen, bzw. die Pastoren versuchen, es diesen „Recht“ zu machen. So beobachte ich es jedenfalls in unserer Gemeinde. Hauptsache, alles läuft politically korrekt ab, bloß nicht anecken.
Ich sage gar nicht, dass es in Freikirchen besser ist. Ich sage nur, dass die Staatskirche, so wie sie z.Z. besteht, nicht mehr glaubwürdig ist. Es macht mir schon lange keinen Spaß mehr, da Mitglied zu sein.

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