Sieben Tipps für junge Prediger

Pastor Jeramie Rinne hat kürzlich ein paar Tipps für junge Prediger bei der Gospel Coalition (GC) veröffentlicht. Auf Anregung von Andreas Dück hat Helene Peters den Artikel übersetzt. Pastor Rinne und die GC haben nun die Erlaubnis erteilt, den Beitrag hier zu veröffentlichen. Vielen Dank an alle!

 Sieben Tipps für mein jüngeres „Prediger-Ich“

Jeramie Rinne

Ein befreundeter Ältester unterrichtet an einer örtlichen Predigerschule. Hin und wieder lädt er mich ein, seinen Studenten die Sicht eines Pastors über die Gottesdienst-Vorbereitung, Predigt und Gemeindearbeit zu vermitteln. Erst kürzlich fragte mich einer der Studenten während meines Vortrags: „Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten und sich selbst als jungen Prediger Ratschläge geben könnten, was würden sie ihrem jüngeren Prediger-Ich sagen?“

Ich unterrichte nun schon seit 15 Jahren. Ich weiß nicht, ob das schon genug Zeit ist, um mich zu einem Jedi-Ritter-Prediger zu machen, der weise genug ist, Neulinge zu unterweisen. Aber es scheint lang genug zu sein um mir zu überlegen, welchen Rat ich mir selbst geben würde, könnte ich in der Zeit zurückgehen. Hier sind sieben Empfehlungen für junge Prediger, die ich aus eigener Erfahrung und aus der Beobachtung von jüngeren Kollegen in den letzten anderthalb Jahrzehnten geschlossen habe.

1. Predige das Wort
Dieser erste Ratschlag sollte eigentlich nicht genannt werden müssen, was wahrscheinlich bedeutet, dass wir ihn sehr oft nennen sollten: Predige das Wort. Am Anfang des Gemeindedienstes sollte die Auslegungspredigt stehen. Was bedeutet Auslegungspredigt? Es bedeutet, dass der Sinn des Textes der Sinn der Predigt ist, und dieser soll dann auf die Versammlung angewendet werden.

Während ich die Fragen der Studenten beantwortete, hatte ich das Gefühl, dass viele von Ihnen mit dem Zweifel kämpften: „Werde ich wirklich 10, 15 oder 20 Stunden jede Woche darauf verwenden, mit den gelernten Methoden, die Bedeutung des Textes herauszufinden?“ Ich hoffe sie werden es, und ich hoffe, die Leser dieses Textes auch. Je länger ich Pastor bin, desto mehr beeindruckt es mich, wie ständiges Predigen des Wortes sich auf die breite und tiefe geistliche Gesundheit der Versammlung auswirkt. Lass Woche für Woche regelmäßige Auslegung den Herzschlag und die Atmung sein, welche den lebensspendenden Geist durch den Leib Christi befördert.

2. Vertraue dem Wort
Lass mich hier etwas tiefer gehen. Predige das Wort nicht nur, sondern vertraue dem Wort. Selbst bei ausgeübter Auslegung kann dein Herz sich unbemerkt auf andere Dinge stützen, um die Versammlung zu beeinflussen. Du kannst dich insgeheim auf deinen Humor, dein Alter, deine Gelehrtheit, Herkunft, deinen Stil, auf die Technologie oder auf deine Tätowierungen verlassen, welche wirklich die Leute erreichen sollen. Wenn ich in der Zeit zurückgehen könnte und zu meinem jüngeren Ich reden könnte, würde ich mir selbst sagen, dass ich aufhören soll, zu versuchen witzig zu sein. Ich verwende immer noch Humor in meinen Predigten; dass gehört irgendwie zu meiner Persönlichkeit. Aber mein Humor dient dem Text heute mehr. Gott hat mir gnadenvoll geholfen meine Menschenfurcht und mein tiefes, inneres Verlangen nach Anerkennung zu überwinden. Er hat es mit einem größeren Bewusstsein für die Kraft seines Wortes, Sünder zu retten und Heilige zu stärken, ersetzt.

3. Predige eher kurze Predigten
Manchmal weise ich jüngere Prediger an, kürzere Predigten von höchstens 25-30 Minuten zu bringen. Warum? Weil sie lernen sollen zum Punkt des Textes zu kommen.

Wir haben alle weitausschweifenden Predigern zugehört. Ich war selbst so einer. Diese ausschweifenden Prediger, zerren uns durch die Windungen von einem Gedanken oder Vers zum nächsten, ohne eine klare Struktur oder Richtung. Wenn der Pastor seine bildlichen Wanderungen auf der Bibel basiert, kann die Versammlung wahre Goldschätze darin finden, sofern sie aufmerksam genug sind. Aber die Menschen werden leicht die Aufmerksamkeit verlieren, auch wenn sie höflich weiter so aussehen, als ob sie zuhören würden. Wenn man sich zu Beginn daran hält, sich kürzer zu fassen, diszipliniert man sich gleichzeitig dazu, sich auf die Hauptaussagen zu konzentrieren und sich nicht festzufahren, oder sogar abzudriften. Sobald man die Fähigkeit entwickelt hat, die Botschaft des Textes deutlich zu vermitteln, kann man langsam damit beginnen, etwas mehr Zeit anzuhängen. Ich begann damit 30 Minuten zu predigen, heute tendiere ich eher zu 45 Minuten. Aber über viele Jahre hinweg habe ich mehr rhetorische Fertigkeiten erlernt, um die Versammlung so lange bei der Predigt zu halten.
Hüte dich vor dem Trugschluss, dass längere Predigten treuere Predigten bedeuten. Manchmal sind längere Predigten einfach nur schmerzhafter.

4. Sprich wie eine normale Person
Versteh was deine Professoren sagen, aber rede nicht wie sie. Rede wie die Leute in deiner Gemeinde. Mach deine Predigten nicht undurchsichtig durch den theologischen, biblischen und historischen Jargon, den du in deinen Bibelstunden gelernt hast. Ich befürworte kein verdummtes Predigen; ich dränge auf verständliches Predigen. Definitiv sollen schwergewichtige theologische Wahrheiten gepredigt werden. Aber bitte erkläre diese. Wenn du die Wirksamkeit von Christi juristischer, stellvertretenden Sühne predigst, dann erkläre den Leuten, was jedes dieser wertvollen Worte bedeutet, und tue das mit der einfachen Sprache der alltäglichen Menschen. Für die Seminarteilnehmer: Seht dies als Inkarnation der Homiletik.

5. Arbeite an der Anwendung
Predigten von frisch geschmiedeten Predigern können manchmal sehr viele biblische Kommentare und nur wenige Anwendungen beinhalten. Die Bibelschule lehrt uns, wie man einen Text deutet. Aber wie lernen wir, unsere Mitmenschen und ihre Herzen zu deuten? Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um das zu lernen. Arbeite hart an der Kunst der Anwendung. Während deiner Vorbereitung für die Predigt, denke daran, welche Anwendung der Text in sich selbst birgt. Und genauso wichtig ist, dass du deine Zuhörer kennenlernst. Liebe ist das Geheimnis zu guter Anwendung. Während du dich in deine Herde verliebst und sie so kennenlernst, wie ein Hirte seine Schafe kennenlernt, werden deine Anwendungsinstinkte sich verschärfen. Du wirst nicht nur eine biblische Predigt bringen, oder biblische Anwendungen herausstellen; sondern du wirst deiner Gemeinde predigen und die Bibel auf sie anwenden.

6. Hole dir Rückmeldungen
Nichts wird dein Predigen so verbessern, wie durchdachte Kritik. Es ist ermutigend, wöchentliche Komplimente wie: „Gute Predigt heute“, zu hören, während man nach dem Lobpreis im Foyer steht. Aber du brauchst außerdem achtsame, konstruktive Kritik. Wenn du andere begabte Prediger in deiner Mitarbeitergruppe hast, oder unter den Ältesten deiner Gemeinde oder vielleicht auch verständnisvolle nicht-predigende Gemeindemitglieder, dann frage diese nach regelmäßiger Kritik. Wenn du der einzige Pastor bist, befreunde dich mit anderen örtlichen Pastoren, die sich auch der Auslegungspredigt verschrieben haben und bewertet euch gegenseitig. Meine Pastorengemeinschaft hört sich jeden Monat eine der Predigten eines anderen an und kritisiert diese (konstruktiv). Diese Übung ist sehr hilfreich für uns alle. In meinen Anfängen habe ich mir kein Feedback zu meinen Predigten geholt, wenn ich jetzt die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich mich selbst ermutigen, das einzuführen.

7. Sei geduldig
Zu guter Letzt, sei geduldig mit dir selbst. Erlaube dir selbst zu wachsen. Auf der Kanzel gibt es keinen Ersatz für die Zeit, seine Stimme zu finden, seine Fähigkeiten zu entwickeln und aus Erfahrungen zu lernen, auf Gottes Wort und Geist zu vertrauen. Wenn du nicht der hauptsächliche Prediger in deiner Gemeinde bist, sorge für eine wöchentliche Zusammenkunft, um zu predigen und zu lehren, wie etwa eine Jugendgruppe, einen Erwachsenenkurs oder einen Abendgottesdienst. Sieh dein Predigen auf lange Sicht. Ertrinke nicht in Verzweiflung, weil du bei der Predigt einmal ein Katzengewölle von dir gegeben hast. Auch wenn das zwei- oder fünfmal passiert. Sei demütig, rüste dich und versuche es wieder. Alle jungen Prediger (und auch die alten) sollten sich 1.Timotheus 4,13.15 an Ihre Wand hängen: „Widme dich bis zu meinem Kommen ganz dem Vorlesen der Heiligen Schrift, dem Ermutigen der Gläubigen und dem Lehren … Mühe dich um das, was dir aufgetragen ist. Dann werden deine Fortschritte allen offenbar sein.“

Hast du den letzten Teil verstanden? Gott ruft uns Prediger dazu auf, unsere Fortschritte unseren Versammlungen zu zeigen, nicht Perfektion. Ich habe das Predigen definitiv noch nicht „gemeistert“, was auch immer diese Perfektion bedeuten mag. Aber mit Gottes Gnade habe ich in den letzten 15 Jahren beim öffentlichen Lesen der Schrift, beim Predigen und beim Lehren, Fortschritte gemacht. Mit seiner Gnade wird es auch dir so ergehen.

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Gospel Coalition.
Übersetzung: Helene Peters, FKGW

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Beitrag als PDF-Datei: 7TippsPrediger.pdf

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3 Kommentare
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11 Jahre zuvor

Sehr schön!
Kleine Ermutigung dazu: Ich versuch immer – VOR ich ein „praktische“ anwendung bringen ERST die Verbindung zu Christi herzustellen und dann praktisch zu werden.. perfekte Beispiel = David und Goliath… fast jeder nutzt diesen Passage für „Mut“ – oder welche Goliath hab ihr in euer leben….usw… WICHTIG meine Meinung ist zuerst CHRISTI praktische anwendung zu zeigen und dann wird oft die „mut oder die persönliche Goliath“ echt klein in vergleich zu was CHristii an Kreuz erreicht hat. Ich habe mut NUR weil Christi alles vermag… Meine „Goliath“ ist nichts im vergleich … usw… bitte meine Schriftliche Deutsch verzeihen.

Roderich
11 Jahre zuvor

@james,
Danke. (Sehr gute Predigten auf Deiner Seite, danke!)
Gottes Segen.

11 Jahre zuvor

Ein guter Beitrag. Danke.

Ich denke gerade zu Punkt 6 ist ein Mentor hilfreich. Wenn ich predige ist meist ein anderer Prediger dabei und wir gehen danach, anhand verschiedener Kriterien diese gemeinsam durch.

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