Anselm Grün

Anselm Grün: Gott braucht keine Sühne

Manche Leute meinen, Pater Dr. Anselm Grün würde das christliche Evangelium sanft umdeuten. Wer den Vortrag „Tod und Auferstehung Jesu als Bild christlicher Hoffnung“ gehört hat, sollte verstehen können, dass er das Evangelium nicht sanft, sondern wesentlich umdeutet. Verlorengehen heißt für ihn, sich selbst verlieren, Tod und Auferstehung ist das Geheimnis unseres Lebens, Golgatha befreit mich von den Erwartungen anderer, erlaubt, dass ich „Ich“ sein kann.  Ostern heißt, dass wir aufstehen aus dem Grab unserer Angst und Zuschauerrolle. Und so weiter. Nach Anselm Grün ist der Tod am Kreuz keine stellvertretende Sühne, sondern Veranschaulichung und Vollendung der Liebe Gottes. Leider muss man es so sagen: Was Grün verkündigt, ist ein Pseudoevangelium.

Musste Jesus sterben, um uns Rettung zu bringen? Die Schrift sieht das anders als Pater Grün.

Während wir daran gewöhnt sind, davon zu sprechen, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat (vgl. Apg 4,10; 5,30), macht es uns gewisse Schwierigkeiten, zu akzeptieren, dass die Kreuzigung ebenso Gottes Bestimmung war. Dabei spricht die Bibel durchaus davon, dass in der Kreuzigung Gott seinen Sohn in den Tod gegeben hat und er sterben musste. Während wir auf der einen Seite daran festhalten, dass die Menschen durch ihre Sünde den unschuldigen Sohn ans Kreuz gebracht haben, halten wir Golgatha zugleich auch für ein Heilstat Gottes.

Einige Beispieltexte. Ein sehr starker Text ist Röm 8,32:

Er [Gott, vgl. V. 31], der seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?

Apg 2,23 spricht davon, dass Jesus von Nazareth gemäß Gottes „unumstößlichem Ratschluss“ (griech. ὡρισμένῃ βουλῇ, ōrysmenē boulē) getötet werden musste. Jesus starb folglich, weil Gott es so geplant hat. In Apg 2,22–24 lesen wir:

Israeliten, hört diese Worte: Jesus von Nazaret, einen Mann, der sich vor euch als Gesandter Gottes ausgewiesen hat durch machtvolle Taten und Wunder und Zeichen, die Gott – wie ihr selbst wisst – mitten unter euch durch ihn getan hat, ihn, der nach Gottes unumstößlichem Ratschluss und nach seiner Voraussicht preisgegeben werden sollte, habt ihr durch die Hand gesetzloser Menschen ans Kreuz geschlagen und getötet. Ihn hat Gott auferweckt und aus den Wehen des Todes befreit, denn dass er in dessen Gewalt bleiben könnte, war ja unmöglich.

In Apg 4,28 erklärt gemäß dem lukanischen Bericht die Gemeinde in einem gemeinsamen Gebet, dass Herodes und Pontius Pilatus zusammen mit den Heiden und dem Volk Israel getan haben, was Gottes Hand und „Ratschluss zuvor bestimmt hatte, damit es geschehen sollte“.

Auch die Leidensankündigungen in den Evangelien sprechen davon, dass Jesus leiden musste. In Mk 8,31 schreibt der Evangelist über Jesus:

Und er begann sie zu lehren: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten und den Hohen Priestern und den Schriftgelehrten verworfen und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen.

Markus gebraucht für das „Muss“ seines Totes das griechische δεῖ (dei), welches eine Notwendigkeit bezeichnet. Das Verbum steht für eine göttliche, unabwendbare Bestimmung (vgl. Bauer, WB6, Sp. 343 u. EWNT, Bd. 1, Sp. 668–671. Siehe auch die Untersuchung: W. J. Bennett, „The son of man must …“, in: Novum Testamentum 17 (1975), Nr. 2, S. 113–129). In den dann folgenden Leidensankündigungen gebraucht Markus das passivum divinum und drückt damit aus, dass Jesus von Gott dahingeben wurde (vgl. Mk 9,31; 10,33).

Bei Lukas ist die Rede von der Notwendigkeit des Leidens und Sterbens Jesus ebenfalls zu finden. Bevor der Menschensohn wiederkommt, „muss [griech. δεῖ, dei] er viel leiden und verworfen werden von diesem Geschlecht“ (Lk 17,25). „Der Menschensohn muss [griech. δεῖ, dei]“ – lesen wir in Lk 24,7 – „in die Hände von sündigen Menschen ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.“

Im Johannesevangelium ist ähnlich von einem „Muss“ des Erhöhtwerdens des Menschensohnes die Rede. Joh 3,13–15 sagt beispielsweise:

Und niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, der Menschensohn. Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss [griech. δεῖ, dei] der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat.

Dass die Erhöhung die Kreuzigung einschließt, wird anhand von Joh 12,32–33 offensichtlich. Der Evangelist zitiert und kommentiert dort eine Rede Jesu:

Jetzt ergeht das Gericht über diese Welt, jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich von der Erde weggenommen und erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. Das aber sagte er, um anzudeuten, welchen Tod er sterben sollte.

Dieses „Muss“ des Sterbens erschließt sich uns noch tiefer, wenn wir erkennen, dass hier an die alttestamentliche Leidensapokalyptik angeknüpft wird. Jesu Tod ist schriftgemäß, da er schon im Alten Testament ankündigt ist. So spricht Mt 26,24 davon, dass der Sohn des Menschen dahingeht, „wie von ihm geschrieben wird“. Bei seiner Verhaftung begründet Jesus gegenüber den Jüngern die Gewaltlosigkeit mit der Aussage: „Doch wie würden dann die Schriften in Erfüllung gehen, nach denen es so geschehen muss?“ (Mt 26,54).

Lukas berichtet in seinem Evangelium, das schon im Gesetz, bei den Propheten und in den Psalmen darüber geschrieben ist, dass der Menschensohn sterben muss. In Lk 24,44–48 ist zu lesen (vgl. 9,22–23):

Dann sagte er zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch mit euch zusammen war: Alles muss erfüllt werden, was im Gesetz des Mose und bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht. Dann öffnete er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften und sagte zu ihnen: So steht es geschrieben: Der Gesalbte wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in seinem Namen wird allen Völkern Umkehr verkündigt werden zur Vergebung der Sünden – in Jerusalem fängt es an –, und ihr seid Zeugen dafür.

Den Jüngern von Emmaus erklärte der auferstandene Christus (Lk 24,25–27):

Da sagte er zu ihnen: Wie unverständig seid ihr doch und trägen Herzens! Dass ihr nicht glaubt nach allem, was die Propheten gesagt haben! Musste der Gesalbte nicht solches erleiden und so in seine Herrlichkeit eingehen? Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften über ihn steht.

Als Paulus und Silas auf der zweiten Missionsreise in Thessalonich ankamen, predigte der Apostel auf der Grundlage alttestamentlicher Schriften und sagte (Apg 17,2–3):

Er öffnete ihnen die Augen und legte ihnen dar, dass der Gesalbte leiden und von den Toten auferstehen musste, und er sagte: Dieser Jesus, den ich euch verkündige, ist der Gesalbte!

Auf welche alttestamentlichen Ankündigungen beruft sich Jesus hier? Der Befund ist so umfangreich, dass ich nur einige wenige Stellen nennen kann. Im Blick auf das Leiden es Menschensohnes am Kreuz ist Ps 22 sehr bedeutsam. In Psalm 22,2–3 lesen wir als Ankündigung der Gottesferne bei der Kreuzigung (vgl. Mt 27,46; Mk 15,34):

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern meiner Rettung, den Worten meiner Klage? Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du antwortest nicht, bei Nacht, doch ich finde keine Ruhe.“

Schon im Gesetz, also bei Mose, sind Hinweise auf den Tod des unschuldigen Menschensohnes zu finden. In Gal 3,13 teilt Paulus uns mit, dass Christus, obwohl unschuldig, den Tod eines Verbrechers am Holz starb. Hier erfüllt sich, was wir schon in 5Mose 21,22–23 vernehmen:

„Und wenn jemand ein todeswürdiges Verbrechen begeht und er getötet wird und du ihn an einen Pfahl hängst, darf sein Leichnam nicht über Nacht am Pfahl hängen bleiben, sondern du musst ihn noch am selben Tag begraben. Denn ein Gehängter ist von Gott verflucht, …“

Jesu Tod ist also kein „Zufall, Missgeschick oder Betriebsunfall“, sondern in den Schriften angekündigte Tat Gottes. Deshalb schreibt Paulus den Korinthern in 1Kor 15,3:

Denn ich habe euch vor allen Dingen weitergegeben, was auch ich empfangen habe: dass Christus gestorben ist für unsere Sünden gemäß den Schriften, …

Im Herzen der Spiritualität

51q6Zv9cuxL SX303 BO1 204 203 200Anselm Grün hat zusammen mit Ahmad Milad Karimi ein Buch geschrieben, um den Dialog zwischen Muslimen und Christen voranzubringen. Wolfgang Schäuble oder Nikolaus Schneider sind begeistert. Im Herzen der Spiritualität wird wieder ein Bestseller. Margot Käßmann wird Anselm-Botschafterin werden.

Zu den Leuten, die von diesem Buch beeindruckt sind, werden auch viele Evangelikale gehören. In ihren Bücherstuben, Versandhäusern und Regalen wimmelt es von Werken, die der freundliche Mönch verfasst hat. Klarer formuliert: Viele, die sich als Evangelikale verstehen, deuten den christlichen Glauben ähnlich wie Anselm. Mystisch.

Hier einige Zitate von Anselm Grün aus dem neuen Buch. Kommentare kann ich mir bei diesem Geschwurbel sparen.

Die Bibel als Wort Gottes (S. 73)

„Auch wenn wir die Heilige Schrift als Wort Gottes verstehen, das für uns bindend ist, weil es vom Heiligen Geist inspiriert ist, wissen wir doch um die verschiedenen Formen, in denen die Bibel uns das Wort Gottes verkündet. Da gibt es mythologische Erzählungen wie etwa die Erzählung von der Entstehung der Welt und des Menschen. Wir interpretieren diese biblischen Schöpfungsberichte nicht naturwissenschaftlich. Sie beschreiben vielmehr in Bildern den inneren Kern, die Schönheit und das Geheimnis der Schöpfung. Die Bibel kennt geschichtliche Erzählungen, sie kennt Gleichnisse, Berufungsgeschichten, gesetzliche Texte, prophetische Texte, Trostworte und Mahnworte. Es gibt hymnische Texte, Loblieder und Gebete wie etwa die Psalmen. Jede Form hat ihre eigene Wahrheit. Manche Fundamentalisten wollen die Bibel wörtlich auslegen. Aber sie werden damit der eigentlichen Aussageabsicht der Bibel nicht gerecht. Jede Form hat ihre eigene Wahrheit.“

Von Lesen der Bibel (S. 75–76)

„Die Bibel lesen heißt: mit den Worten solange ringen, bis wir sie verstehen. Und wir verstehen sie richtig, wenn wir freundlich mit uns umgehen, wenn wir unser eigener Freund werden. Dann erleben wir auch das Wort Gottes als unseren Freund, der uns zeigt, wie unser Leben gelingt. Wir werden nie damit fertig, die Bibel zu meditieren. Und jede Zeit legt sie immer wieder neu aus. Denn die Worte, die damals geschrieben worden sind, legen unser Leben heute aus und wollen uns Wege aufzeigen, wie unser Leben von Gott her und von Jesus Christus her gelingen kann. Entscheidend ist, dass die Worte der Bibel immer Worte des Lebens sind, Worte, die zu einem authentischen Leben nach dem Geist Jesu führen. Immer wenn uns die Worte Angst machen oder wenn wir die Worte so auslegen, dass wir anderen damit Angst machen, verstehen wir sie nicht im Sinne Jesu, sondern benutzen sie, um unsere eigenen Vorurteile zu verstärken.“

Das Dogma der Uneindeutigkeit (S. 36–37)

„Dogmen sind wahr im Sinn des griechischen Begriff von Wahrheit, aletheia, und das meint, wie Martin Heidegger dieses Wort übersetzt: Unverborgenheit. Dieser Wahrheitsbegriff meint nicht wahre Sätze. Wahrheit bedeutet vielmehr: Der Schleier, der über aller Wirklichkeit liegt, wird gelüftet, und wir erkennen etwas von der tiefsten Wirklichkeit. Wir schauen auf den Grund des Seins. Es wird uns etwas klar, ohne dass wir das in sozusagen mathematisch klare Sätze kleiden könnten. Die Wahrheit ist auch nicht etwas, was ich habe oder besitzen kann. Die Wahrheit kann einem aufgehen. Dogmen sind also keine Festschreibungen, nicht Ausdruck von Rechthaberei, sondern der Versuch, einen Rahmen zu geben, innerhalb dessen die Wahrheit aufleuchtet. Dogmen sind Auslegungen und bedürfen zudem selbst der Auslegung. Für mich ist Dogmatik die Kunst, das Geheimnis offenzuhalten.“

Jesu Gottheit (S. 97):

„Für mich als Theologen ist klar: Dogma heißt nicht, dass ich alles ganz genau erklären kann. Dogma ist für mich vielmehr die Kunst, das Geheimnis offenzuhalten. Auch Dogmen sind letztlich bildhafte Annäherungen an das Geheimnis Gottes und das Geheimnis Jesu. Was die dogmatische Aussage, dass Gott und Mensch in Jesus eins sind, bedeutet, das kann also niemand letztlich ganz verstehen und erschöpfend beschreiben. Unsere Aussagen bleiben offen für das Geheimnis. Ich wehre mich auch gegen Aussagen, die reduzieren. Wenn ich sage: Jesus war nichts als ein religiös besonders begabter Mensch, dann kann ich mich von ihm distanzieren und mich über ihn stellen. Wenn ich aber sage: Jesus ist Gottes Sohn, dann weiß ich zwar auch noch lange nicht, was es wirklich bedeutet. Aber diese Formulierung sagt: Jesus steht mir gegenüber mit einem Anspruch, der dem Anspruch Gottes gleichkommt. Ich erinnere an Paul Tillichs Aussage: „Gott ist das, was uns unbedingt angeht.“ Wenn ich sage, Jesus sei Gottes Sohn, so geht mich dieser Jesus an. Ich nehme seine Worte ernst. Ich ringe mit ihnen. Ich stelle mich nicht über seine Worte. Ich kritisiere Jesus nicht als eine geschichtlich bedingte und beschränkte Persönlichkeit, sondern ich stelle mich seinem göttlichen Anspruch.“

Der Weg der Mystik (S. 222)

„Die Mystiker, die Gott erfahren haben, nageln Gott nicht fest auf starre Dogmen. Sie beschreiben die Erfahrung Gottes in Bildern, die für alle offen sind, die sich auf den Weg zu Gott gemacht haben. Die mystischen Wege aller Religionen verstehen einander, weil sie von ähnlichen Erfahrungen sprechen. Sie deuten diese Erfahrungen nur jeweils auf dem Hintergrund ihrer eigenen theologischen Tradition.“

Sexualethik (S. 207)

„Die Kirche kann die Sexualmoral nicht festschreiben. Sie kann nur im Dialog mit der heutigen Psychologie und Genderforschung theologische Grundsätze aufstellen. Aber gerade in moraltheologischen Fragen gibt es keine festen Dogmen, sondern eine Entwicklung im Dialog mit der jeweiligen Zeit.“

Allerlösung (S. 259)

„Im Tod werden wir Menschen, Christen wie Muslime, Juden, Buddhisten oder Hindus, in die Liebe Gottes hineinsterben. Es ist der eine Gott, der uns alle erwartet. Wenn wir Gott schauen, dann hören unsere Bilder und Vorstellungen, dann hören unsere theologischen Lehren auf. Und wir schauen gemeinsam auf den Gott jenseits aller Bilder, auf den Gott des absoluten Geheimnisses. Aber in diesem Gott werden wir alle eins werden, wenn wir uns von Gott richten, ausrichten lassen auf ihn hin und auf die absolute Liebe hin, in der wir eins werden miteinander und mit Gott. So ist der Blick auf das, was uns erwartet, auch ein Weg, uns schon jetzt miteinander auf Gott hin auszurichten, nicht gegeneinander zu kämpfen, sondern uns darauf vorzubereiten, dass es im Tod keine Differenzen mehr gibt, sondern wir alle in Gott eins werden.“

Gründlich lesen (4): Die Erfahrung des Christlichen

Anselm Grün ist ein Meister der Manipulation (vgl. auch hier). Schade, dass das so viele Leser gar nicht bemerken.

Im nachfolgenden Zitat verpasst er allen, die an der Verlorenheit der Menschen jenseits von Christus festhalten, das Prädikat: Fundamentalisten. Mehr noch, er bescheinigt ihnen, Paulus falsch verstanden zu haben und nimmt für sich selbst in Anspruch, Paulus korrekt zu deuten. Nämlich: Die Begegnung des Apostels mit dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus ist eine von vielen möglichen Erfahrungen, die ein Mensch, der sich nach Verwandlung und Erneuerung sehnt, machen kann.

Hier (Paulus, Verlag Kreuz, 2007, S. 171):

Wenn manche fundamentalistischen Christen sich auf Paulus berufen mit ihrer Meinung, alle, die nicht an Christus glauben, seien verloren, dann haben sie Paulus missverstanden. Paulus achtet die Menschen in ihrer jeweiligen Religion und in ihrer philosophischen Ausrichtung. Er versucht, das Gemeinsame in seiner Botschaft herauszuarbeiten. Aber zugleich kommt er immer wieder auf das Entscheidende seiner religiösen Erfahrung zu sprechen: seine Begegnung mit Jesus Christus, der für uns gekreuzigt worden und am dritten Tag auferstanden ist. Diese Erfahrung greift die religiösen Sehnsüchte der Menschen nach Verwandlung und Erneuerung auf, kritisiert sie aber zugleich und befreit sie von allen Projektionen, die wir auf unserem spirituellen Weg oft auf Gott werfen und so sein Wesen verstellen.

Ein weiteres Beispiel: Was ist der Kern der paulinischen Gnadentheologie in Römer 7? Die Antwort von Anselm Grün (S. 142): „Nur wenn die Menschen den Mut finden, sich selbst, ihn sich zu verurteilen oder abzuwerten, anzunehmen, werden sie menschlicher und vermögen das, was Gott von ihnen will, zu erfüllen.“ Paulus wird damit zum Vorbild für die Tiefenpsychologie (S. 142):

Die Therapie vermittelt dem Menschen, dass er das, was in ihm ist, anschauen soll, ohne es zu bewerten. Indem er sich mit allem, was er in seinem Herzen wahrnimmt, annimmt, hebt sich auf einmal sein sittliches Niveau. Er integriert die Schattenseiten in sein Leben und wird so fähig, das zu verwirklichen, was das Gesetz eigentlich von ihm wollte.

Gründlich Lesen (3): Totenauferweckung tiefenpsychologisch

Lukas überliefert in seinem Evangelium die Totenauferweckung zu Nain. Jesus kam in diese Kleinstadt, als der einzige Sohn einer Witwe beerdigt werden sollte. Lesen wir den Abschnitt (Lk 7,11–17):

Und es begab sich danach, dass er in eine Stadt mit Namen Nain ging; und seine Jünger gingen mit ihm und eine große Menge. Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, der der einzige Sohn seiner Mutter war, und sie war eine Witwe; und eine große Menge aus der Stadt ging mit ihr. Und als sie der Herr sah, jammerte sie ihn und er sprach zu ihr: Weine nicht! Und trat hinzu und berührte den Sarg, und die Träger blieben stehen. Und er sprach: Jüngling, ich sage dir, steh auf! Und der Tote richtete sich auf und fing an zu reden, und Jesus gab ihn seiner Mutter. Und Furcht ergriff sie alle, und sie priesen Gott und sprachen: Es ist ein großer Prophet unter uns aufgestanden, und: Gott hat sein Volk besucht. Und diese Kunde von ihm erscholl in ganz Judäa und im ganzen umliegenden Land.

Was ist die Botschaft dieser Geschichte? Anselm Grün hat kürzlich eine Auslegung vorgelegt und meint, die Erzählung zeigt, wie aus einer krankhaften Beziehung eine neue Beziehung von zwei erwachsenen Menschen entstanden ist. Jesus gibt der Mutter den Sohn zurück, der aus seiner Identität als Muttersohn auferstanden ist; der nun endlich wagt, er selbst zu sein (A. Grün, „Damit beide leben können“, Christ in der Gegenwart, 68. Jg. vom 05.06.2016, S. 1–2).

Psychologische Bibelinterpretation

Schauen wir uns zunächst an, wie Grün zu dieser Deutung gekommen ist. Ich fasse die wesentlichen Gedanken zusammen.

Auslegen heißt für ihn, „dass wir das eigene Leben mit dem Text in einen Dialog bringen“. Da zum Leben auch Mutter-Sohn-Beziehungen gehören, lässt sich diese Erzählung als Beziehungsgeschichte auslegen. Die Beziehung zwischen der Witwe und ihrem einzigen Sohn ist sehr eng. Dem Sohn wurde es zu eng. Er konnte darin nicht mehr leben und starb schließlich.

Grün lässt offen, wie der Sohn starb. Wir dürfen vermuten, dass er an der überbordenden Beziehung erstickt ist. Dass eine große Menschenmenge ihn auf einer Leichenbahre aus der Stadt trägt, signalisiert: Er wird aus dem mütterlichen Einflussbereich herausgetragen.

Weshalb spricht Jesus dann die harten Worte: „Weine nicht!“ zur Mutter? Jesus will ihr sagen: „Lass deinen Sohn ziehen. Er muss seinen Weg gehen. Schau da sind viele Menschen, die dich begleiten. Du bist nicht allein.“ Jesus sagt dem Sohn: „Das ist nicht der richtige Ort, an dem du bist. Du kannst dich nicht dein Leben lang auf Händen tragen lassen, Ich befehle dir, stehe auf.“

Der Sohn braucht einen männlichen Beistand, um sich aus dem Einflussbereich der Mutter herauszubewegen und sich auf eigene Füße zu stellen. Denn: „Das griechische Wort egerthete kann beides bedeuten: „Steh auf, aber auch: Wach auf! Mach endlich die Augen auf: Du lebst im mütterlichen Bereich wie in einem Schlafzustand“. Weil Jesus dem Sohn wie ein Vater den Rücken stärkt, kommt er mit seiner eigenen Kraft in Berührung und kann sich gegen seine Existenz auf der Bahre auflehnen. Er spürt jetzt, was ihn bewegt und spricht es an.

So gibt Jesus einer Mutter ihren Sohn zurück. Das ist laut Anselm Grün nicht als Regression zu denken. Der Sohn braucht die Wurzel der Mutter. Er kann sie nicht einfach abschneiden, sonst schneidet er sich selbst vom Leben ab. Jetzt hat er jedoch seine neue Identität gefunden. Wir sehen die gesunde Beziehung zweier erwachsener Menschen.

Verführung durchschauen

Warum lohnt es sich, diese phantasievolle Ausdeutung genauer zu betrachten? Ich glaube, wir finden in ihr bei genauer Betrachtung drei typische Bestandteile von Verführung.

In 2. Timotheus 4,3 lesen wir: „Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, weil es ihnen in den Ohren kitzelt.“ Mit anderen Worten: Menschen wollen das Evangelium nicht mehr hören. Sie laden sich Leute ein, deren Lehren für die Ohren angenehm zu hören sind. Sie wollen hören, was das Wort verdreht und für ihr selbstsüchtiges Sehnen passend macht. Denn, so schreibt Paulus im nächsten Vers (4,4), man will der Wahrheit nicht mehr Gehör zu schenken, sondern sich erfundenen Fabeln (griech. mythous) zuwenden.

Was ist nun das Verführerische dieser Bibelauslegung?

Erstens rechtfertigt Anselm Grün die Auslegung mit dem Hinweis, dass Bibeltexte auf verschiedene Weise ausgelegt werden dürfen. Nun will er damit nicht etwa sagen, dass Bibeltexte unterschiedlich interpretiert werden. Wir wissen alle, dass das so ist. Grün will sagen: Diese Texte wollen unterschiedlich ausgelegt werden und jede einzelne Auslegung hat ihre Berechtigung. Da die Bibeltexte keine objektive Bedeutung haben, stehen unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten gleichberechtigt nebeneinander. Jede Auslegung ist auf ihre eigene Weise wahr.

Das bringt uns zum zweiten Punkt, der sehr eng mit ersten zusammenhängt. Die Wahrheit einer Auslegung wird hergestellt, indem das eigene Leben in ein Gespräch mit dem Bibeltext eintritt. Verstehen wir Bibelauslegung so, erlangen wir eine Geltungsumkehr. Der Bibeltext wird nämlich im Lichte der eigenen Erfahrung gedeutet. Es ist nicht das Wort Gottes, das Licht in unser Leben bringt, sondern es ist umgekehrt: Wir schreiben dem Wort Gottes einen Sinn zu; wir tränken die Bibel in den Farben unserer eigenen Lebenserfahrung. Die Erfahrung bekommt größere Geltung als der Bibeltext. Wir zwingen den Text in die Knie.

Ein beliebter Trick dafür ist die semantische Neubesetzung von Begriffen oder Aussagen. Wir lesen Dinge hinein, die dort gar nicht stehen, etwa hier die viel zu enge Beziehung zwischen Mutter und Sohn oder die Flucht aus dieser Beziehung durch den Tod. Einzelne Wörter kann man schöpferisch mit Bedeutungen belegen, die sie im Kontext ihrer Verwendung gar nicht tragen. Grün klärt uns zum Beispiel darüber auf, dass das griechische Verb lalein ein Sprechen meint, das aus dem Herzen kommt. Deshalb ist dem Text entnehmbar: Der Sohn spricht nach seiner Auferweckung endlich aus, was er in seinem Herzen spürt.

Es lohnt sich, derartige Beteuerungen zu prüfen. Lukas verwendet das Wort lalein fernerhin in Kapitel 22,60. Während Petrus dort redet (griech. lalountos), kräht der Hahn. Das, was Petrus sagt, ist das Gegenteil von dem, was er im Herzen trägt. Er verleugnet die Wahrheit und weiß es. In einem exegetischen Wörterbuch zum Neuen Testament heißt es: „Im NT findet sich [lalein] nur in der Bedeutung sprechen, reden, wobei die Bedeutungsnuance reden können für eine Reihe von Stellen charakteristisch ist“ (EWNT, Bd. 2, Sp. 828). Genau dieses reden können ist in Lukas 7,15 gemeint. Der Sohn lebt, er kann wieder sprechen!

Das bringt uns zu einen dritten Punkt. Das Sinnzentrum der Erzählung wird verschoben. In den Mittelpunkt rückt, was Jesus den Menschen bringt. Jesus schafft die Heilung, ein Wunder, die Auferweckung, die wiederhergestellte Beziehung.

Wo aber liegt das Sinnzentrum dieser Geschichte? Es steht da (Lk 7,16-17): „Alle aber ergriff Furcht; und sie verherrlichten Gott und sprachen: Ein großer Prophet ist unter uns erweckt worden, und Gott hat sein Volk besucht.“

Ein Mensch kann Tote nicht zum Leben erwecken. Es gibt auch im Alten Testament keine Totenauferweckungen aus menschlicher Kraft. So etwas kann nur Gott. Die Menschenmenge, die das Wunder miterlebt, weiß das. Sie lobt Gott, denn er besucht sein Volk. Dieser Jesus ist ein großer Prophet. Dass Jesus nicht nur mit der Autorität Gottes handelt, sondern selbst Gott ist, bleibt ihnen freilich noch verschlossen. Doch genau darum geht es in dieser Geschichte.

Jesus stillt den Durst des Lebens

Leider sind tiefenpsychologische Auslegungen heute in den Predigten öfter zu hören, als wir es uns wünschen können. Sie haben etwas betörend Angenehmes. Sie rücken den Menschen mit seinen Ängsten, Sehnsüchten und unersättlichen Wünschen ins Zentrum. Das tut gut. Das ist es, was unsere Ohren kitzelt.

Doch die Antworten und Lösungen, die uns diese Auslegungen bieten, sind allzu menschlich. Sie helfen nur für den Augenblick.

Wenn wir hören wollen, was Gott zur Not des Menschen sagt, müssen wir genau hinhören, die Texte gründlich studieren und ihnen das Recht einräumen, unser Leben auszudeuten. Was wir dann bekommen, mag manchmal weh tun. Doch es trägt uns zu Christus. Er kann den Durst unseres Lebens stillen und tut das auch. Wer von dem Wasser trinkt, das Jesus gibt, „den wird in Ewigkeit nicht dürsten, es wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt (vgl. Joh 4,13).

Die Theologie von Anselm Grün

Bettina Hahne-Waldscheck schreibt in der empfehlenswerten Zeitschrift factum (Ausgabe 7/2014, S. 49) über das Buch:

UnknownGrün, so schreibt der Autor, «psychologisiert die christliche Botschaft». Laut Grün sind wir zusammengesetzt aus Gegensätzen, die wir annehmen müssten. So würden wir dann «eins werden mit dem ganzen Kosmos». Eugen Schmid zeigt brillant auf, dass im Zentrum von Grüns Lehre die Innenschau (Esoterik) und der Mensch stehen. Indem Grün Gott im Innern zentriert, überhöht er die menschliche Natur. Nicht die Entfremdung von Gott sei die Schuld des Menschen, sondern die Entfremdung von sich selbst. So wird Jesu Tat am Kreuz bei Grün auf eine innerweltliche Ebene der Vergebung reduziert. Er spricht nicht von Jesus als Erlöser, sondern von einem, der uns innen erleuchten soll. Damit verkündet er einen anderen «Christus», der mit dem Jesus Christus, von dem die Bibel erzählt, nicht mehr viel zu tun hat. Schmids Buch ist übersichtlich gegliedert in Themen wie unter anderem «Die Frage des Bösen», «Liebe», «Himmel», «Demut», «Vergebung», «Erlösung». Mit vielen Zitaten Grüns untermauert der Autor seine Thesen und zeigt die Wurzeln von Grüns Denken, besonders mit Blick auf die Tiefenpsychologie, auf.

Spirituelles Woodstock

Fernsehpfarrer Fliege kommt mit einer Veranstaltungsreihe nach Bad Wörishofen – und bringt TV-Koch Schuhbeck, Anselm Grün und eine Horde Geistheiler mit. Die Hoteliers rufen Hosianna. Die Stadt ist aber gar nicht begeistert.

Flieges viertägige Veranstaltung ist eine Art Esoteriker-Treff und Messe mit christlichen Elementen. Die Dauerkarte für alle Veranstaltungen kostet 201,30 Euro. Es gibt durchaus unverfängliche Programmpunkte: Beim Eröffnungsabend am Donnerstag sprach Pater Anselm Grün über »Spiritualität als Weg in die Heimat«, an diesem Freitag berichtet Starkoch Alfons Schuhbeck über »Kneipps Gesundheitslehre«. Andere Angebote klingen abstrus bis unseriös, allen voran die »Nacht der Heiler«. Wer bei diesen »Gruppensitzungen mit alternativen Heilmethoden« dabei sein will, muss 35 Euro extra bezahlen. Laut Fliege liegen etwa 700 Anmeldungen vor.

Hier der Artikel von Stefan Mayr: www.sueddeutsche.de.

Wie Anselm Grün & Co die Theologie verniedlichen

Alan Posener geht dem Phänomen »Kuscheltheologie« nach und meint, dass die Leute genau das hören wollen, was Grün & Co den Leuten zutrauen. »Längst haben die Gläubigen mit den Füßen und dem Geldbeutel abgestimmt: Wenn sie sich eine Kirche wünschen könnten, Anselm Grün wäre ihr Papst.«

Von diesem »strengen, kontrollierenden Gott« will Grün nichts wissen; er vertritt eine »optimistische Theologie«, und für ihn ist darum auch das Jüngste Gericht »kein Gericht mit einem Urteil, sondern dieses Wort bedeutet, dass wir ausgerichtet werden auf Gott«. Nirgends ruft diese Küchenetymologie auch nur ein skeptisches Lächeln hervor.

Aus den biblischen Geschichten macht Grün Alltägliches. Opfern wir nicht alle wie Abraham unsere Kinder auf dem Altar des Erfolgs? Bileams Esel sieht einen Engel und will nicht weiter – ist das nicht wie unser Körper, der uns warnt, wenn wir uns überfordern? Wenn Tobias einem männermordenden Dämon begegnet, erinnert das nicht an einen Mann, der nicht von seiner Mutter loskommt? Erinnern uns die Jünglinge im Feuerofen nicht an das Feuer unserer Leidenschaften? Daniel in der Löwengrube, da geht es um aggressives Mobbing, nicht wahr? Und der Engel der Auferstehung: Ist es nicht so, dass er den Stein wegrollt, damit wir auferstehen können aus dem Grab unserer Angst und unseres Selbstmitleids? Eigentlich nicht, aber es kommt an: Bibelkunde als Therapiestunde.

Die muntere Enthistorisierung, Verniedlichung, Banalisierung und Psychologisierung der Theologie erweckt beinahe Sehnsucht nach einem beinharten Theologen wie Joseph Ratzinger, der in seiner kompromisslosen Enge den Gläubigen wenigstens etwas zumutet.

Dieses seichte, aromatherapeutische »Ich bin okay, du bist okay«-Christentum kann es doch nicht sein – aber man blickt um sich und sieht, dass die Leute an den Lippen des Predigers hängen, dass sie seine Worte aufsaugen. Und als er sie am Ende auffordert, aufzustehen, die Arme über der Brust zu kreuzen und mit ihm zu beten, da erhebt sich die ganze Kirche und tut es ihm nach. Das Ökumenenische, hier wird’s Ereignis. Und man erkennt: Anselm Grün bedient eine Sehnsucht nach Trost, die eben nicht nur in Hildesheim wach ist und wächst.

Wie sagte schon der Apostel Paulus (2Tim 4,3): »Denn es wird die Zeit kommen, da sie die gesunde Lehre nicht mehr ertragen, sondern nach eigenem Gutdünken und Verlangen von einem Lehrer zum andern laufen werden, um sich die Ohren kitzeln zu lassen.«

Hier der Artikel Alan Posener: www.welt.de.

Anselm Grün: Die krummen Wurzeln seiner Theologie

0e7b494cec.jpgViele moderne Theologen arbeiten erfolgreich, weil sie durch den Gebrauch von vertrauten Symbolen bei den Menschen bestimmte Assoziationen auslösen. Sie setzen religiöse Begriffe wie »Kreuz«, »Liebe« oder »Christus« ein, um (ihre eigenen) Botschaften zu kommunizieren, die mit den ursprünglichen Bedeutungsfeldern dieser Begriffe nur noch wenig zu tun haben.

Diesem Schema folgend treibt Anselm Grün seine Lebensberatung seit vielen Jahren erfolgreich voran. In der Sprache des Christentums transportiert er Lebensweisheiten und Weltbilder, die aus ganz anderen Quellen stammen. Der »Christus« steht für das Selbst, »Erlösung« für die Überwindung der inneren Gespaltenheit.

Eugen Schmid untersucht seit Jahren den modernen Mystizismus und hat die Bücher von Grün mit dem Hintergrundwissen gelesen, das man braucht, um den Sprachmystizismus zu entschlüsseln. Anselm Grün gilt als meistgelesener christlicher Autor im deutschsprachigen Raum. Doch der tiefere Blick auf die Wurzeln seiner Theologie ernüchtert: Grüns Quellen sind trübe.

Leider legt Grün das Gewicht ausschließlich auf die Lebensweisheit, weil er vom fernöstlichen Denken, vom Zen-Buddhismus, von der griechischen Philosophie und von der Gnosis der Antike beeinflusst ist. Das christliche Gedankengut allein als erlösungsrelevant zu sehen, scheint ihm zu eng. Er weitet die Erlösungsbedeutung aus auf alle möglichen mystischen religiösen Erfahrungen.
Insofern bedeutet ihm die Erlösung am Kreuz, die Auferstehung Jesu, die Sünde, die Moral und das Böse nicht mehr das, was die Bibel darunter versteht. Gott ist für ihn im göttlichen Kern des Menschen, Christus sei ein Symbol für das Selbst des Menschen. Das Selbst sei das ganzheitliche Zentrum im Menschen. Eine Moral versucht er zu vermeiden, da für ihn das Böse nicht etwas ist, das es auszugrenzen gilt. Im Sinne von C. G. Jung muss das Böse integriert werden. Als Folge kann er auch die Sünde nicht mehr verstehen als Trennung des Menschen vom persönlichen Gott. Denn auch das personale Gegenüber von Gott und Mensch gibt es nicht mehr. Was bleibt da noch von einem christlichen Menschen-, Gottes- und Weltbild?

Hier kann der MBS Text 150 »Krumme Wurzeln« von Eugen Schmid herunter geladen werden: mbstexte150_d.pdf.

Die erotischen Gefühle eines Benediktinermönchs

Pater Anselm Grün ist einer der erfolgreichsten deutschen Ratgeberautoren. Er verfasste bisher etwa 100 Bücher wie 50 Engel für das Jahr oder Quellen innerer Kraft.

Mir begegnen immer wieder Freunde und Leute, die davon überzeugt sind, dass der Pater das biblische Evangelium verkündigt. Wer genau hinhört oder sorgfältig liest, sollte merken, dass er der »philosophia perennis« und dem östlichen Mystizismus näher steht als dem jüdisch-chrislichem Glauben. Ein Beispiel:

Menschliche Zuneigung ist die Erfahrung von Verzauberung und Verletzung, von Erfüllung und Enttäuschung. Man träumt davon, die große Liebe des Lebens zu finden, eine Liebe, die für immer satt macht. Doch egal, wie glücklich eine Beziehung ist: Die Sehnsucht bleibt immer größer als die Erfüllung. Das will mich an den Grund der Seele führen, in der die Quelle der Liebe ist. Platon spricht vom Eros, der alles verbindet. Wenn Paulus von der Liebe spricht, spricht er nicht von der Liebe zu Gott, zu einer Frau oder zum Nächsten, sondern von der Liebe als Qualität des Lebens.

Hier das Interview, das Anselm Grün anlässlich der Veröffentlichung einer Biographie der Zeitschrift WELT gegeben hat: www.welt.de.

Anselm Grün über das Sühneopfer von Jesus Christus

AGruen.jpgDer Benediktinerpater Anselm Grün, viel gelesener Autor spiritueller Bücher und beliebter Lebensberater schreibt in seinem Buch Erlösung (Kreuz Verlag, 2004, S .7) über das Sühneopfer von Jesus Christus:

In manchen Köpfen schwirrt noch immer die Idee herum, dass Gott seinen Sohn sterben lässt, um unsere Sünden zu vergeben. Doch was ist das für ein Gott, der den Tod seines Sohnes nötig hat, um uns vergeben zu können?

Bitte auch den Beitrag Das Sühneopfer von Jesus Christus lesen.

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner