Evangelikale

Das Phänomen Antifeminismus

Stellen wir uns mal vor, bei der ARD würde eine evangelikale Redakteuerin sagen: Ich bin eine Evangelikale und möchte jetzt mal wissen, warum es Frauen gibt, die die gefährliche Ideologie des Feminismus bejahen. Undenkbar, oder?

Umgekehrt geht. Eine Feministin knüpft sich einige mutige christliche Frauen vor und malt uns Zuschauern (natürlich mit Deutungshoheit und cleverem Schnitt) ihre vermeintliche ideologische Verblendung vor Augen. Die Botschaft: Wer von einer natürlichen Geschlechterordnung ausgeht, ist demokratiefeindlich. Wer den Feminismus nicht unterstützt, potentiell gefährlich. 

Hier mal reinschauen: www.ardmediathek.de.

Evangelikale versus progressive Theologie

Markus Till fast in einer zweiteiligen Reihe Auszüge aus den Vorträgen zusammen, die er am 4. März 2023 im Rahmen des Studientags „Quo Vadis evangelikale Bewegung?” am Martin Bucer Seminars in München gehalten hat. Im schon publizierten ersten Teil schreibt er zu Was ist „Was ist Progressive Theologie?“: 

Das Bild von einem Umzug erklärt auch gut, wofür der oft verwendete Begriff der „Progressiven Theologie“ stehen kann. Progressive Theologie bedeutet letztlich: Eine Theologie, die sich ständig weiterentwickelt und nicht bei bestimmten Dogmen stehen bleibt. Überzeugungen werden immer wieder überprüft. Dabei ist man bereit, auch grundlegende theologische Weichen umzustellen.

Man beruft sich dabei auf biblische Beispiele für progressive Veränderungen und sagt: Auch Jesus hat den Glauben weiterentwickelt, indem er zum Beispiel mosaische Reinheitsgebote aufgehoben habe. Petrus musste vom Heiligen Geist überzeugt werden, seine Berührungsängste mit Heiden aufzugeben. Und später habe das Apostelkonzil grundlegend neue Weichen gestellt, indem es gesagt hat: Die Heiden müssen sich nicht beschneiden lassen und sich nicht an die jüdischen Gepflogenheiten halten. Diese in der Bibel sichtbare Entwicklung in theologischen Fragen habe nach der Entstehung der Kirche nicht aufgehört. Sie geht bis heute weiter.

Evangelikale gehen hingegen von einer Abgeschlossenheit der Schrift aus. Sie sind überzeugt: Es kann nach der Festlegung des Umfangs der kanonischen Schriften keine grundlegend neuen Offenbarungen mehr geben. Die Bibel bleibt vielmehr dauerhaft der gültige Maßstab für alle Fragen des Glaubens und der Lehre. Deshalb ist es kein Wunder, dass es zunehmende Differenzen zwischen evangelikaler und postevangelikaler/progressiver Theologie gibt. Diese Differenzen sind im Grunde auch gar nicht neu. So schreibt z.B. der postevangelikale Blogger Christoph Schmieding unter der Überschrift “Was ist eigentlich postevangelikal?”:

„Letztlich bewegen postevangelikale Christen dieselben Fragen, die auch die aufkeimende liberale Theologie zu ihrer Zeit diskutiert hat. Es geht um die tradierte Vorstellung von Endgericht und ihrer Topik von Himmel und Hölle. … Es geht um die Frage der Ökumene, und ob man heute einen Exklusiv-Gedanken die eigene Religion betreffend noch formulieren kann oder überhaupt will. Es geht um Fragen der Lebensführung, wie etwa auch der Sexualmoral, und inwieweit Religion und biblische Vorstellungen hier heute noch als moralische Referenz angeführt werden können. Ja, nicht zuletzt steht auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Bibel und das zunehmende Bejahen einer historisch-kritischen Perspektive auf die religiösen Texte im Mittelpunkt des Diskurses.“

Mehr: blog.aigg.de.

Quo vadis – Evangelikale Bewegung?

VadisMuenchen

Geht die Erfolgsgeschichte der Evangelikalen in Deutschland zu Ende? Steht die Bewegung gar vor einer großen Spaltung? Wer sind die Postevangelikalen und was wollen sie? Evangelikale Bewegung, wohin? Diese Frage treibt viele Christen um. Wir nehmen uns am MBS-Studienzentrum München einen Tag lang Zeit, um über diese Frage nachzudenken. Falls jemand Interesse hat, dabei zu sein, bitte mit mir über das Kontaktformular in Verbindung setzen.

Jesus à la John Wayne

Sind Evangelikale (Männer) partout patriarchalische Machos, wie das irgendwie Kristin Kobes Du Mez’ Buch Jesus and John Wayne kommuniziert? Ich empfehle, mitzulesen, was Matt Studer darüber denkt: 

Was geschieht, wenn plötzlich alles patriarchal überschattet wird? Ich behaupte, dass die Schablone, mit der Du Mez die Evangelikalen liest, wenig Differenzierung zulässt. Es ist eine Schablone, die vorbestimmt was am Ende rauskommt. Folgende Beobachtungen sollen dies verdeutlichen. Du Mez bespricht die Formierung des sogenannten Council for Biblical Manhood and Womanhood (CBMW) als ‚einen Versuch, das Patriarchat auf der Grundlage der Bibel zu verteidigen‘. (S. 166) Sie nimmt Bezug auf das Danvers Statement (eines Grundlagenpapiers, das die Hauptgedanken des CBMW zusammenfasst): ‚[Dieses Papier] diktierte, dass die Leitung des Mannes [in der Ehe, gemäss Epheser 5] demütig und liebend anstatt dominierend sein solle. Und es hielt fest, dass „Männer von einer harten und eigennützigen Führung in der Ehe absehen und ihre Frauen lieben und für sie sorgen sollen“‚. (S. 167) Obwohl eine dienende, fürsorgliche ‚Autorität‘ sicher besser ist als der chauvinistische Habitus eines John Wayne im Umgang mit Frauen, das Problem für Du Mez ist hier das Paar ‚Führung – Unterordnung‘ (gemäss der Auslegung des CBMW der Epheser-5-Stelle). Natürlich kann man heute, in unserer modernen Welt, die nur noch wenige oder keine Unterschiede mehr zwischen Mann und Frau sieht, über diese und ähnliche paulinische Stellen denken was man will. Aber dass hier Paulus (oder vielleicht besser das Verständnis des CBMW von Paulus) und Mr. Wayne über den gleichen Kamm geschoren werden ist bedenklich. Die Unterschiede zwischen einem chauvinistischen Machoismus, der Frauen als Objekte sieht über die er herrscht, und einer fürsorglichen, dienenden ‚Autorität‘ sind himmelweit. Doch wer nur ansatzweise über eine Möglichkeit unterschiedlicher Rollen aufgrund des Geschlechts nachdenken will, landet bei Du Mez automatisch im patriarchalischen Lager.

Mehr: www.mindmatt.com.

„Gemeinsam für das Evangelium“

GfdE Presse Logo„Das Evangelium, das Jesus Christus in die Welt gebracht hat, kann seine Kraft und Gültigkeit nicht verlieren. Wir aber können das Evangelium verlieren, so dass es uns nicht mehr die Kraft Gottes ist, die uns rettet“, heißt es in einer am 18. Oktober 2022 veröffentlichten Erklärung von der Initiative „Gemeinsam für das Evangelium“. Sechs Initiatoren, darunter Prof. Dr. Friedhelm Jung vom Bibelseminar Bonn, Michael Kotsch von der Bibelschule Brake und Prof. Dr. Harald Seubert von der STH in Basel (Schweiz), haben diesen gemeinsamen Weckruf vorgelegt. Sie werben für eine Umkehr von falschen Wegen und eine im Evangelium begründete geistliche Erneuerung.

Auslöser war die Beobachtung einer fortschreitenden Aushöhlung des Evangeliums in der christlichen Verkündigung und Lehre. Die Erklärung nennt folgende Kennzeichen dieser Entwicklung:

  • die Infragestellung der Bibel als Offenbarung Gottes; die Behauptung, die Bibel könne nur mit historisch-kritischer Auslegung richtig verstanden werden sowie die Übernahme von sachkritischen Ergebnissen dieser Exegese;
  • die Verkündigung des Evangeliums vor allem als Lebensgefühl des Angenommen- und Geborgenseins bei Gott, während zugleich biblische Inhalte wie Sünde und Vergebung oder der Sühneopfertod Jesu zweitrangig werden;
  • die Verschiebung des Auftrages der Kirche hin zur Verantwortung für die Lösung gesellschaftlicher Probleme;
  • die Anpassung christlicher Ethik an die gesellschaftliche Moral ohne Achtung von klaren biblischen Weisungen;
  • die Aufforderung, die christliche Einheit dadurch zu bewahren, dass jede Meinung und Lehre akzeptiert wird, auch wenn sie im Widerspruch zu biblischer Offenbarung steht.

Es geht nach Auffassung der Initiatoren hier nicht um Meinungsverschiedenheiten, die es unter Christen immer geben wird. Es geht vielmehr um zentrale Fragen des Glaubens an Jesus Christus. Die Erklärung bezieht daher zu sieben derzeit besonders strittigen Themen Stellung:

  1. Was das Evangelium ist;
  2. Das Evangelium als offenbarte Wahrheit;
  3. Evangelium und Bibel;
  4. Evangelium und Einheit im Glauben;
  5. Das Evangelium und menschliche Identität;
  6. Evangelium und christliches Handeln und
  7. Evangelium und Weltverantwortung.

Matthias Lohmann, 1. Vorsitzender des Netzwerks Evangelium21 und Mitinitiator der Erklärung, ist darüber beunruhigt, dass derzeit das Evangelium sogar innerhalb der evangelikalen Bewegung in Deutschland angegriffen wird. Seiner Meinung nach müssen wir uns zu Herzen nehmen, was Paulus in seiner Abschiedsrede an die Ältesten in Ephesus gesagt hat: „Sogar aus euren eigenen Reihen werden Männer auftreten, die die Wahrheit verdrehen, um die Jünger ´des Herrn` irrezuführen und auf ihre Seite zu ziehen“ (Apg 20,30). Die christlichen Leiter stünden in der Verantwortung, ihre Stimme für das ein für alle Mal überlieferte Evangelium zu erheben (vgl. Jud 1,3). „Unsere Hoffnung und unser Gebet ist es, dass diese Erklärung in Zeiten großer Verwirrung dazu beträgt, Klarheit darüber zu erlangen, was Kernpunkte des christlichen Glaubens sind und was dem Evangelium entgegensteht“, sagt Lohmann.

Der Schriftleiter des Bibelbundes, Thomas Jeising, hat ebenfalls an der Erklärung mitgewirkt. Er betont, dass wir das wunderbare Evangelium von der Erlösung durch Jesus Christus nie in einer sturmfreien Zone bewahren können. Jede Generation müsse es ergreifen und aktiv daran festhalten. Auch jeder Glaubende muss aufmerksam sein, dass ihm nicht die Mitte des Evangeliums verloren geht. Jeising sagte:

Es schmerzt mich, wenn ich sehe, wie guten Freunden der Glaube verloren zu gehen scheint, weil sie den Anfragen und Angriffen, die sie vermehrt erleben, keine tragfähigen Antworten entgegensetzen können. Erst erodiert im Inneren der eigene Glaube, dann verstummt auch das Zeugnis und schließlich wirken alle Glaubenssätze hohl und nicht tragfähig, wenn man in Krisen gerät.

Thomas Jeising weist darauf hin, dass Jesus mit dem dramatischen Bild vom Haus, das in Sturm und Regen weggespült wird, weil es kein tragfähiges Fundament hat, gewarnt hat, wie überlebenswichtig ein biblisches Glaubensfundament ist. „Ich hoffe sehr, dass unsere Erklärung dazu beiträgt, dass für viele ihr Glaubensfundament gestärkt und auf die biblische Grundlage zurückgeführt wird.“

63 Persönlichkeiten des christlichen Lebens haben die Erklärung als Erstunterzeichner unterschrieben, unter anderen Ulrich Parzany, Heinrich Derksen, Armin Mauerhofer, Markus Till, Hartmut Steeb, Christian Wegert, Peter Krell und Hartmut Jäger.

Auf der Internetseite www.dasevangelium.net gibt es die Möglichkeit, die Erklärung zu zeichnen. Die Initiatoren sind sehr dankbar für jeden Christen, der sich hinter die Initiative „Gemeinsam für das Evangelium“ stellt und sie in Gemeinden und Werken bekannt macht. Lohmann: „Wir ermutigen Christen dazu, sich der Erklärung anzuschließen und mit der gebotenen Demut und Barmherzigkeit den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen.“

Evangelikaler Feminismus

Die Evangelikalen in Deutschland entdecken nun auch den Feminismus. Sie sind etwas spät dran. Dafür sind sie aber forsch. Gefordert wird zum Beispiel eine 50:50 Quotenregelung. Und ich zitiere mal die Theologin Daniela Mailänder (erinnert so ein bißchen an das „Mutterherz Gottes“):

Ich bin 1982 geboren und im Bereich Theologie bin ich sicherlich stärker von Männern geprägt worden. Wir sprechen seit Jahrtausenden von Gott, dem Vater, und eben nicht von Gott, der Mutter, und werden noch lange brauchen, bis wir diese Einseitigkeit aufbrechen.

Interessant finde ich, wer sich alles hinter das Projekt „Gleichstellung“ stellt, darunter Christine und Steffen Kern (Gnadauer Verband), Agnes und Matthias Brender (BibelTV) sowie Mareike und Jörg Dechert (ERF).

Wer ein gutes Buch zum Thema „feministische Exegese“ sucht, sollte sich Jesus and the Feminists: Who Do They Say That He Is? von Margaret E. Köstenberger mal anschauen.

Hier geht es zur Meldung von PRO: www.pro-medienmagazin.de.

Evangelikale haben die Trinität verzweckt

Die Dreieinigkeitslehre hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Auch in evangelikalen Kreise haben wir uns teilweise von der biblischen, theologisch rechtgläubigen Trinitätslehre entfernt. Von manchen wurde die Theologie der Dreieinigkeit so manipuliert, dass sie unseren gesellschaftlichen Vorstellungen entspricht. Zu den Architekten dieser „Sozialen Trinitätslehre“ gehören etwa Jürgen Moltmann und sein Doktorand Miroslav Volf. Gemeinsam ist diesen Ansätzen, dass sie die innertrinitarische Gemeinschaft als der Gottheit ursprünglich und als Modell für Gesellschaft und Kirche verstehen. Matthew Barrett schreibt in dem Magazin CT dazu:

Moltmann freut sich darüber, dass feministische Theologinnen nun für die Gleichheit der Geschlechter kämpfen können, weil die Dreifaltigkeit eine gleichberechtigte Gesellschaft von Personen ist – Gott selbst ist nicht mehr patriarchalisch, sondern bisexuell und gibt dem Matriarchat eine göttliche Stimme. Moltmann bejubelt auch ein Befreiungsevangelium. Dank der fehlenden Hierarchie in der dreieinigen Gemeinschaft können wir uns nun für die Unterdrückten in der Gesellschaft gegenüber dem „politischen Monotheismus“ positionieren.

Ist Moltmann mit seiner sozialen Agenda allein? Wie sich herausstellt, hat er einen sozialen Kreuzzug angestoßen, der von einem seiner eigenen Schüler und einem der populärsten Denker unserer Zeit weitergeführt wird: Miroslav Volf.

Der Beitrag von Matthew Barrett ist ein Auszug aus dem Buch Simply Trinity: The Unmanipulated Father, Son, and Spirit.

Hier geht es zum Artikel: www.christianitytoday.com.

Evangelikal, weiblich, befreit – Beth Barrs Buch über „Biblische Weiblichkeit“

51kJBZidb4S SY264 BO1 204 203 200 QL40 ML2Beth Allison Barrs einflussreiches Buch The Making of Biblical Womanhood versucht, die historischen Wurzeln der „biblischen Weiblichkeit“ aufzuzeigen. Es ist alles in allem eine polemisch-kritische Abrechnung mit dem Komplementarianismus (bedeutet vereinfacht so viel wie: die beiden Geschlechter ergänzen einander in ihrer Unterschiedlichkeit). Nach Barrs sind die Bibeltexte in einer patriarchalischen Kultur entstanden und kommunizieren daher auch die Unterschiedlichkeit zwischen Mann und Frau sowie eine Ordnung, in der der Mann das Oberhaupt der Familie ist und die Kirchengemeinden von Männern geleitet werden. Allerdings transportiere die Bibel diese Vorstellungen nur, weil sie von Menschen geschrieben sei. Die kulturbedingten Annahmen seien nicht das, was Gott kommunizieren wolle. Gott möchte etwas anderes sagen, nämlich, dass wir Menschen uns zum Guten hin entwickeln sollen.

Dass dieses Buch sowohl in Nordamerika wie auch in Europa großen Zuspruch erfährt, kann kaum überraschen. Die Dekonstruktion konservativer Werte (die übrigens nicht per se biblisch sein müssen) ist in einer emanzipativen Kultur in der Regel sehr willkommen. Der semi-emergente Scot McKnight schreibt etwa: „Barrs sorgfältig ausgewählten historischen Beispiele, vor allem die aus dem Mittelalter, fügen sich zu einer brillanten, donnernden Erzählung zusammen, die das komplementäre Narrativ entlarvt. Ich konnte dieses Buch nicht aus der Hand legen.“

Ein sehr gutes Beispiel für die völlig unkritischen Aufnahme der Thesen von Beth Allison Barrs ist ein Beitrag, den der Deutschlandfunk kürzlich veröffentlicht hat. Barrs wird dort euphorisch als eine Wissenschaftlerin und Historikerin gefeiert, die erfolgreich gegen die Unterdrückung der Frauen in den evangelikalen Kirchengemeinden kämpft. Nicht eine kritische Frage wird gestellt. Es kommt niemand zu Wort, der die Dinge anders beurteilt. Keiner macht sich die Mühe, herauszufinden, ob ihr hermeneutischer Ansatz redlich ist. Beth Allison Barrs setzt sich für emanzipierte Glaubensvorstellungen ein und deshalb muss das Buch einfach gut sein. Punkt.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin der Meinung, dass Vertreter der komplementären Sichtweise immer in der Gefahr stehen, Gepflogenheiten der Gegenwartskultur oder eigene sündhafte Begierden mit einem biblischen Mandat zu verwechseln. Ich selbst sehe manche Spielarten dieser Sichtweise skeptisch. Von daher ist es wichtig, dass sich jede Generation neu vergewissert, was die Heilige Schrift zu diesen Themen sagt. Gleichzeitig ist es jedoch möglich, dass Vertreter egalitärer Sichtweisen die Anliegen ihrer Gegenwartskultur in die Bibel hineinlesen. Und es ist nicht nur möglich. Es lässt sich zeigen, dass dies oft passiert.

Hier also erstens der Beitrag des DLF über das Buch The Making of Biblical Womanhood:


Für Leute, die herausfinden möchten, ob Beth Allison Barrs das Buch als Wissenschaftlerin oder als Aktivistin geschrieben hat, empfehle ich zweitens eine ausführliche Rezension von Kevin DeYoung (Themelios, Vol. 46 (2), 8/2021, S. 402–412). Sein Fazit:

Barrs historisches Argument „funktioniert“, weil es ausgeschlossen ist, dass es nicht funktioniert. Welche Beweise man auch immer vorbringen mag – aus der Bibel, von Theologen aus allen Epochen oder aus der menschlichen Natur selbst –, die für die männliche Leiterschaft in der Kirche und im Haushalt sprechen, oder für die hohe Berufung der Mutterschaft oder für den allgemeinen Grundsatz, dass Männer führen, beschützen und versorgen sollten, all das kann als Patriarchat abgetan werden. Im Gegensatz dazu kann jedes Zeugnis, das zeigt, dass Frauen andere lehren oder Führungsaufgaben wahrnehmen – ganz gleich, um welche Art von Führung oder Lehre es sich handelt, ganz gleich, in welchem historischen Kontext oder wie zuverlässig die historischen Quellen sind, und ganz gleich, wie sehr die Frauen selbst darauf bedacht waren, die Grenzen der Autorität nicht zu überschreiten – all das zählt als Widerstand gegen das Patriarchat. Angesichts dieser Hermeneutik und angesichts der gesamten menschlichen Geschichte, mit der man arbeiten kann, können Barrs These und ähnliche Thesen nicht scheitern. Sie ist nicht falsifizierbar. Jedes bisschen Patriarchat bedeutet, dass sie recht hat, und jedes bisschen Nicht-Patriarchat bedeutet, dass sie auch recht hat.

Wie verändert Gott seine Gemeinde?

Prof. Volker Gäckle, Rektor der Internationalen Hochschule Liebenzell, hat das neue Buch Raus aus der Sackgasse! Wie die pietistische und evangelikale Bewegung neu an Glaubwürdigkeit gewinnt von Michael Diener besprochen.

Hier ein Auszug:

Das Plädoyer Michael Dieners würde mich deutlich mehr überzeugen, wenn sich der von ihm gelobte EKD-Protestantismus mit seiner vorbildlichen Pluralitätsfähigkeit vor Zulauf nicht mehr retten könnte und die Massen bei seinen offenen, einladenden, toleranten und in keiner Weise milieuverengten Gemeinden die Kirchentüren einrennen würden. Mir würde es auch schon reichen, wenn es wenigstens die eigenen Mitglieder tun würden. Aber dieser Protestantismus verliert gerade jedes Jahr etwa 2% seiner Mitglieder. Selbst an den Heiligabendgottesdiensten hat sich die Zahl der Besucher in 14 Jahren von 51% im Jahre 2005 um 30% auf 21% im Jahr 2019 (und das war vor der Pandemie!) reduziert. Warum soll der Pietismus der Hermeneutik, Theologie und Ethik eines Protestantismus folgen, der sich in Europa gerade im freien Fall befindet?

Die grundlegende Frage, die Michael Diener in seinem Buch stellt, ist die Frage nach der Veränderung der Gemeinde im Wandel der Zeiten. Diese Veränderungen hat es in der Geschichte des Volkes Gottes im alten und neuen Bund immer gegeben und sie stehen auch Kirche und Pietismus bevor. Davon bin auch ich überzeugt. Aber diese Veränderungen vollziehen sich nie einfach durch die Anpassung an eine dominierende Leitkultur, sondern weil Gott neu handelt, in neuer Weise wirkt durch neu geöffnete Augen für das Wort Gottes (Martin Luther und die Reformation), durch das Wirken seines Geistes in Zeiten der Erweckung, durch das Wachstum oder das Zusammenwachsen seines Volkes (Evangelische Allianz, Weltchristenheit). Es ist immer Gottes Wort und Geist, die seine Gemeinde verändern und die Gemeinde wird dieses verändernde Wirken Gottes auch in seinem Wort wiedererkennen. Genau das ist das Problem an unserer leidigen Diskussion um die Bewertung homosexueller Handlungen: Zu viele Menschen können nicht erkennen, dass der geforderte Wandel durch Gottes Wort und Geist bestätigt wird.

Hier die vollständige Rezension: Rezension_zu_Diener-Michael_Raus-aus-der-Sackgasse_Fragen-aus-der-Sackgasse_Volker-Gaeckle_2021-10-20.pdf.

VD: JT

„Stimme sein und stärken“

Das Netzwerk Evangelium21 stellt sich hinter das „Kasseler Memorandum“, das Bibel und Bekenntnis in Kassel auf der letzten Konsultation verabschiedet wurde (siehe hier). Wer wissen möchte, was für Fragen und Perspektiven auf dem Online-Treffen erörtert wurden, sollte sich z.B. den Vortag von Markus Till anhören:

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