Markus Till fast in einer zweiteiligen Reihe Auszüge aus den Vorträgen zusammen, die er am 4. März 2023 im Rahmen des Studientags „Quo Vadis evangelikale Bewegung?” am Martin Bucer Seminars in München gehalten hat. Im schon publizierten ersten Teil schreibt er zu Was ist „Was ist Progressive Theologie?“:
Das Bild von einem Umzug erklärt auch gut, wofür der oft verwendete Begriff der „Progressiven Theologie“ stehen kann. Progressive Theologie bedeutet letztlich: Eine Theologie, die sich ständig weiterentwickelt und nicht bei bestimmten Dogmen stehen bleibt. Überzeugungen werden immer wieder überprüft. Dabei ist man bereit, auch grundlegende theologische Weichen umzustellen.
Man beruft sich dabei auf biblische Beispiele für progressive Veränderungen und sagt: Auch Jesus hat den Glauben weiterentwickelt, indem er zum Beispiel mosaische Reinheitsgebote aufgehoben habe. Petrus musste vom Heiligen Geist überzeugt werden, seine Berührungsängste mit Heiden aufzugeben. Und später habe das Apostelkonzil grundlegend neue Weichen gestellt, indem es gesagt hat: Die Heiden müssen sich nicht beschneiden lassen und sich nicht an die jüdischen Gepflogenheiten halten. Diese in der Bibel sichtbare Entwicklung in theologischen Fragen habe nach der Entstehung der Kirche nicht aufgehört. Sie geht bis heute weiter.
Evangelikale gehen hingegen von einer Abgeschlossenheit der Schrift aus. Sie sind überzeugt: Es kann nach der Festlegung des Umfangs der kanonischen Schriften keine grundlegend neuen Offenbarungen mehr geben. Die Bibel bleibt vielmehr dauerhaft der gültige Maßstab für alle Fragen des Glaubens und der Lehre. Deshalb ist es kein Wunder, dass es zunehmende Differenzen zwischen evangelikaler und postevangelikaler/progressiver Theologie gibt. Diese Differenzen sind im Grunde auch gar nicht neu. So schreibt z.B. der postevangelikale Blogger Christoph Schmieding unter der Überschrift “Was ist eigentlich postevangelikal?”:
„Letztlich bewegen postevangelikale Christen dieselben Fragen, die auch die aufkeimende liberale Theologie zu ihrer Zeit diskutiert hat. Es geht um die tradierte Vorstellung von Endgericht und ihrer Topik von Himmel und Hölle. … Es geht um die Frage der Ökumene, und ob man heute einen Exklusiv-Gedanken die eigene Religion betreffend noch formulieren kann oder überhaupt will. Es geht um Fragen der Lebensführung, wie etwa auch der Sexualmoral, und inwieweit Religion und biblische Vorstellungen hier heute noch als moralische Referenz angeführt werden können. Ja, nicht zuletzt steht auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Bibel und das zunehmende Bejahen einer historisch-kritischen Perspektive auf die religiösen Texte im Mittelpunkt des Diskurses.“
Mehr: blog.aigg.de.
Der größte Knackpunkt ist die Christologie.
Markus Till weiter:
So schreibt zum Beispiel der Postevangelikale Jason Liesendahl in seinem Blog unter der Überschrift “Was ist progressive Theologie?”:
Ist wie alles bei den Postevangelikalen nicht wirklich neu. Da wird mal eben wieder das Fundament des christlichen Glaubens weggesprengt. Übrig bleibt selbstentworfene Religion mit leeren christlichen Vokabeln.
Ob der Postevangelikalismus neue Inhalte vertritt oder nicht, ist doch gar nicht die entscheidende Frage. Fakt ist, dass es immer mehr gläubige Menschen gibt, die sich – warum auch immer- für alternative Deutungen der Bibel entscheiden und die den Glauben eben nicht komplett aufgeben wollen.
Und ja, diese Leute verlassen oftmals ihre ursprünglichen Gemeinden nicht und stellen für die „Rechtgläubigen“ eine Herausforderung dar. Es ist für alle Beteiligten eine Chance.
Waren Luther und Calvin für die katholische Kirche damals auch. Ob sie die Chance genutzt hat, ist eine andere Frage.
@Alex aus Cloppenburg
Leider irrst Du hier. Bei den postevangelikalen/progressiven und liberalen Christen werden Lehren verbreitet die große Teile der Schrift massiv in Zweifel ziehen. Damit ist man keine Herausforderung sondern führt Menschen in die Irre. Es bewahrheiten sich hier leider einige Bibelstellen, dass in der Endzeit eine große Gefahr von Irrlehren ausgeht, die sich innerhalb der Gemeinde Jesu bilden. Dass dies nicht einmal mehr in vielen bibeltreuen Gemeinden so gesehen wird ist eine fatale geistliche Entwicklung. Es hilft der Gemeinde Jesu überhaupt nichts dem Zeitgeist und jeder Lehre hinterher zu rennen sondern es muss das Zeugnis der Schrift klar verkündigt werden.
@Alex aus Cloppenburg
„Es ist für alle Beteiligten eine Chance. Waren Luther und Calvin für die katholische Kirche damals auch. Ob sie die Chance genutzt hat, ist eine andere Frage.“
Die Postevangelikalen mit Luther und Calvin vergleichen …
You made my day!
Liebe Grüße
Schlotti
@Schlotti:
Vergleiche eher die Evangelikalen heute mit der katholischen Kirche damals. So „schlimm“ wie Calvin und Luther sind die Postevangelikalen nun wirklich nicht.
@Alex aus Cloppenburg an Schlotti:
Ja, die Verführung kommt oft sehr nett, freundlich und harmlos daher Aber wenn es nicht so wäre wärs auch keine Verführung…