Boris Nikitin im Gespräch mit Stefan Beyer

Boris Nikitin hat in er Zeit vom 16.06.2017 – 18.06.2017 in der Stadt Jena das Martin Luther Propagandasymposium kuratiert. Theatergastspiele, Gesprächsrunden und Lectures wurden dabei miteinander verknüpft.

Die Evangeliumsgemeinde Jena (FeG) hat im Rahmen dieses Propagandasymposiums einen öffentlichen Gottesdienst auf der Bühne des Theaterhauses Jena gefeiert. Für die Dokumentation zum Symposium hat sich der Kurator Nikitin mit dem Pastor Stefan Beyer (siehe seinen Blog Inara) unterhalten. Das Interview zeugt davon, dass respektvolles Miteinanderreden gelingen kann.

Hier ein Auszug (Martin Luther Propaganda Symposium – Eine Dokumentation, 2018, S. 204–206):

BORIS NIKITIN … Ich beschäftige mich ja seit vielen Jahren mit Propaganda und habe mitunter einen sehr positiven Begriff davon. Für mich impliziert dieser, dass man als Individuum bestimmte Ideen und Überzeugungen leben kann und damit auch Angebote an die Mitmenschen macht. Die Frage, ob der Kern dessen, was man vorlebt, also die Wahrheit, real wirklich existiert oder ob es etwas ist, das nur innerhalb der Kommunikation entsteht, ist vielleicht unentscheidbar. Mich würde interessieren, ob eine solche Reflexion einen Teil auch Deiner Glaubenswertung darstellte. Hast Du jemals überlegt: glaube ich einfach nur, dass das stimmt oder glaube ich wirklich von ganzen Herzen, dass das stimmt? Ist es eine Fiktion, der ich anhänge? Hat das vielleicht damit etwas zu tun, dass ich nun mit Menschen zu tun habe, die ich sehr mag und die ich vielleicht auch gerne glücklich machen möchte, indem ich z.B. den Weg gehe, den sie auch gehen? Gab es solche Überlegungen?

STEFAN BEYER Also ich würde sagen, dass es beides ist. Ich war, wie man bei uns sagt, total religiös unmusikalisch, als ich dahin gekommen bin. Ich kannte weder die Bibel, noch haben mir Gottesdienstformen irgendwas gesagt, noch hatte ich wirklich christliche Freunde. Und ja, ich habe das kennengelernt, ich habe das auch genossen, dass es Rituale gab, dass wir jeden Mittwoch zum Gottesdienst sind, davor gab es immer Abendessen, dann jeden Sonntagmorgen und Sonntagabend, wir haben in der Familie da drüber geredet, wir haben Ausflüge gehabt. Mit der Zeit habe ich das kennengelernt und mochte es, es gab mir Stabilität und ich wuchs ein Stück weit da rein. Aber ich würde trotzdem sagen, dass es einen Punkt gab, wo ich mich entscheiden musste, wo ich sagen musste: Reicht mir das jetzt? Die Bibel wurde uns ja z. B. dort nicht gelehrt als etwas, das nur für manche Leute wahr ist, sondern …

BORIS NIKITIN Für alle.

STEFAN BEYER … das ist wahr und Jesus ist nicht nur in unserem Kopf auferstanden, sondern er ist wirklich, im Sinne eines historischer Faktes, auferstanden. So wurde uns das dort gelehrt. Und das heißt, für mich kam der Punkt, an dem ich mich entscheiden musste: Reicht mir das jetzt, die Indizien, die ich hab, die schöne Gemeinschaft, die ich erlebt hab, das, was ich inhaltlich bekommen hab, reicht mir das, dass ich sage, ja, dazu kann ich mich entschließen und ich sehe, dass es für mich wirklich wahr ist? Oder ist es nur eine schöne Geschichte und es war vielleicht eine gute Zeit hier in den USA, aber es ist nicht etwas, wo ich mich voll dahinter stellen kann? Ich habe diese Entscheidung bewusst getroffen. Und ich wusste auch, was das heißt. Ich wusste, wenn ich mich jetzt für das Christentum entscheide, wird das Konsequenzen haben, dann werde ich die Bibel als Autorität annehmen müssen. Was z. B. heißt, dass ich nicht vor der Ehe mit jemanden schlafen kann, weil ich wusste, dass die Bibel auch da etwas Klares dazu sagt. Das heißt, es war eine bewusste Entscheidung, deren Konsequenzen – nicht alle, aber doch manche -mir klar waren. Daher würde ich sagen, es ist ein Stück weit beides: ich habe das kennengelernt, aber ich musste mich dann eben auch an einem gewissen Punkt entscheiden: Will ich das? Reicht mir das an Beweisen oder Indizien, die dafür jetzt gegeben wurden oder eben nicht? Und: Fahr ich jetzt wieder nach Hause, ohne diesen Schritt wirklich gemacht zu haben?

BORIS NIKITIN War diese Entscheidung für den Glauben eine Erleichterung?

STEFAN BEYER Ich hatte davor jetzt nicht, wie man es vielleicht von manchen klassischen Berichten her kennt, so eine Sündenlast verspürt. Dass ich mich vor Gott irgendwie schuldig gefühlt habe und jetzt so einen gnädigen Gott, wie Luther, brauchte oder erkannte und dadurch endlich Vergebung für meine Sünden fand. Es war nicht in dem Sinne eine Erleichterung, es war eher das Gefühl des Ankommens. Ich war verloren, ich habe alles mal ausprobiert, war so ein bisschen wie Treibholz und jetzt bin ich irgendwie an einem festen Anker und bin angekommen.

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