Zitate

Melanchthon: Vergebung ist unentgeltliche Wohltat Christi

Phlipp Melanchthon (Loci praecipui theologici 1559, Bd. 2, 2020, S. 173):

So also muss man denken: Die Vergebung der Schuld und die Vergebung des ewigen Todes sind verbunden. Dies nämlich ist die eine und dieselbe unentgeltliche Wohltat Christi, und die Schuld wegnehmen heißt den Zorn Gottes besänftigen, und nichts anderes ist der ewige Tod, als den fürchterlichen und den unsäglichen, andauernden Zorn Gottes zu spüren, so wie Johannes sagt: „Der Zorn Gottes bleibt üiberihm. Wir sollen also wissen, dass die Schuld und der ewige Tod zugleich weggenommen werden wegen Christus, nicht wegen irgend ciner Aufrechnung von uns. Deshalb sagt Paulus: „Der Stachel des Todesist die Sünde, Gott [sei) der Dank, der uns den Sieg gibt durch unsernHerrn Jesus Christus.“ Und Römer 6: „Das Geschenk Gottes [ist] das ewigeLeben durch Jesus Christus.“ Und Hosea 13: „Ich werde dein Tods sein,Tod, und dein Verderben, Hölle.“ Deswegen muss im Glauben erkannt werden,dass wir wegen Christus gnadenhalber befreit werden von Schuld und vom ewigen Tod. So wie Paulus sagt: „Gerechtfertigt durch den Glauben haben wir Frieden bei Gott.“ Die Wohltaten Christi sind die folgenden: Die Schuld wegzunehmen und den ewigen Tod, das heist, den gewaltigen Zorn Gottes zu besänftigen. Deshalb beleidigt einer Christus, wenn er den Erlass des ewigen Todes unserer Erstattung überträgt.

Augustinus: Über das Leben in der Lüge

Aurelius Augustinus (conf. 10,66): 

So habe ich denn meiner Sünden Siechtum, das dreifache Gelüst, erforscht und deine Rechte um Rettung angefleht. Mit wundem Herzen sah ich deinen Glanz, prallte zurück und sprach: Wer kann dahin gelangen? „Ich bin von deinen Augen verstoßen.“ Du bist die Wahrheit, die über allem thront. Aber ich in meiner Begehrlichkeit wollte dich zwar nicht verlieren, doch ich wollte die Lüge besitzen zugleich mit dir. Es will ja niemand so verlogen sein, daß er selbst nicht mehr wissen möchte, was wahr ist. So mußte ich dich verlieren, weil du mit der Lüge zusammen dich nicht besitzen lassen willst.

König David: „Denn da ich es wollte verschweigen“

„Wohl dem Menschen, dem der HERR die Schuld nicht zurechnet, in dessen Geist kein Falsch ist! Denn da ich es wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen“ (Ps 32,2–3). Beat Weber schreibt zu diesem Psalm (Werkbuch Psalmen, Bd. 1, Die Psalmen 1 bis 72, Verlag W. Kohlhammer, 2001, Logos-Ausgabe, S. 556): 

Der zweite (altkirchliche) „Busspsalm” (nach Ps 6) trägt seinen Namen zu Recht – das zeigt nicht zuletzt auch die Aufnahme von 1f. durch Paulus im Zusammenhang seiner Ausführungen über die Glaubensgerechtigkeit (Röm 4). Dabei führt Offenlegung von Schuld und Busse zur Vergebung vonseiten Gottes, und diese wieder bewirkt Freude und soll in den Gottes-Lobpreis ausmünden (1f.7c.11). Wo ein Mensch dagegen Schuld zu- und nicht aufdeckt, wird diese von Gott nicht zugedeckt bzw. weggenommen (vgl. 1. Joh 1,8f.). Wer Schuld verschweigt und ein Geständnis verweigert, verursacht (unnötiges!) Leid (3f.). „Depression” kann offensichtlich auch durch schuldhaftes Verhalten und Verharren darin zustande kommen. Die Absolution nach der Beichte ist mit nachfolgender ethischer Wegweisung verbunden (8), d.h. nach der Umkehr vom Fehlverhalten bedarf es der Wegleitung für das rechte Verhalten.

Vergebung ohne Reue?

Es gibt einen Unterscheid zwischen der Vergebungsbereitschaft und dem Zuspruch der Vergebung. John Stott bringt das gut auf den Punkt:

In Lukas 17,3-4 wird eine ähnliche Lehre Jesu aufgezeichnet, jedoch mit einem wichtigen Zusatz: „Wenn dein Bruder oder deine Schwester gegen dich sündigt, so weise sie zurecht; und wenn sie es bereuen, so vergib ihnen. Auch wenn sie siebenmal an einem Tag gegen dich sündigen und siebenmal zu dir zurückkommen und sagen: ‚Ich bereue‘, musst du ihnen vergeben.“

Der Abschnitt im Matthäusevangelium konzentriert sich auf das Zurechtweisen eines Bruders; dieser Abschnitt im Lukasevangelium konzentriert sich eher auf das Vergeben. Wir sollen einen Bruder zurechtweisen, wenn er gegen uns sündigt; wir sollen ihm vergeben, wenn er bereut – und nur, wenn er bereut.

Wir müssen uns davor hüten, die Vergebung zu bagatellisieren. Obwohl Gottes Vergebung für uns und unsere Vergebung füreinander ganz unterschiedlich sind (da Gott Gott ist und wir nur Privatpersonen und außerdem Sünder sind), sind beide doch von der Reue abhängig. Wenn ein Bruder, der gegen uns gesündigt hat, sich weigert, Buße zu tun, sollten wir ihm nicht verzeihen.

Erschreckt Sie das? Es ist das, was Jesus gelehrt hat. Oh, wir müssen ihm in dem Sinne „vergeben“, dass unsere Gedanken ihm gegenüber frei von jeder Feindseligkeit und voller Liebe sind. Aber das ist nicht die christliche Vergebung. „Vergebung“ bedeutet mehr als das; sie beinhaltet die Wiederherstellung der Gemeinschaft. Wenn wir einem sündigenden und unbußfertigen Bruder die volle und innige Gemeinschaft mit uns selbst wiedergeben können, offenbaren wir nicht die Tiefe unserer Liebe, sondern ihre Oberflächlichkeit, denn wir tun das, was nicht zu seinem höchsten Wohl ist. Eine Vergebung, die die Notwendigkeit der Reue umgeht, entspringt nicht der Liebe, sondern der Sentimentalität.

Gott steht hinter seinem Wort

Hans von Campenhausen sagt in seinen Ausführungen zu Luthers Beichtverständnis (Hans von Campenhausen, „Die Schlüsselgewalt der Kirche“, EvTh 1937 (4), S. 143–169, hier S. 149):

Gott steht weder hinter dem Meinen noch hinter dem Fühlen des eigenen Herzens, sondern hinter seinem Wort. Darum findet ein Mensch, der sich auf seine eigenen Überzeugungen und Empfindungen stützen möchte, niemals den Frieden und niemals die Vergebung. Er verzehrt sich höchstens in immer neuen sittlichen Anläufen und Versuchen zur Selbsterziehung, die ihn doch nicht besser und nicht frei und nicht froh machen.

Michael Green: Frühe Christen hatten Sinn für historische Korrektheit

Michael Green schrieb einmal über die Glaubwürdigkeit des Neuen Testaments (I Believe in the Holy Spirit, Hodder and Stoughton, 1975, S. 48):

Viele Gelehrte des Neuen Testaments scheinen zu glauben, dass die frühen Christen keinen Sinn für historische Korrektheit hatten und es ihnen ein Leichtes war, sich irgendeinen Spruch auszudenken und ihn Jesus zuzuschreiben oder eine Botschaft von einem der christlichen Propheten in der Gemeinde zu hören, um sie dann dem historischen Jesus in den Mund zu legen … Es ist ein verblüffendes Kompliment für ihre historische Zuverlässigkeit, dass wir fast nichts von den großen Problemen, die die Urkirche beschäftigten, in den Evangelien wiederfinden. Wie leicht hätten sie versuchen können, ihre Probleme in Bezug auf Gesetzestreue, Geistbesitz, Beschneidung, Gesetz und Gnade zu lösen, indem sie ‚Worte Jesu‘  erfanden, um die fraglichen Angelegenheiten zu regeln.

Das Zitat habe ich übrigens in diesem Logos-Lexham-Produkt gefunden: John Stott, The Preacher’s Notebook: The Collected Quotes, Illustrations, and Prayers of John Stott, Lexham Press, 2018, das es gerade im Sonderangebot gibt: www.logos.com.

Bullinger: So groß ist die Liebe Gottes zum Menschen

Heinrich Bullinger über Christus, der sein eigenes Kreuz trägt (Schriften I, 2006, S. 159): 

Über all dies hinaus nimmt er auch noch sein eigenes Kreuz auf die Schultern und trägt es hinaus zur Richtstätte. Hier wird er unter größten Schmerzen ans Kreuz genagelt, aufgerichtet und, während seine Kräfte schwinden, den schwersten Todesqualen überlassen. Nackt und bloß hängt er etwa drei Stunden bei lebendigem Leib unter den heftigsten Schmerzen da [vgl. Joh 19,17–29]. Dies soll sich der Kranke in seinen Nöten und Schmerzen vor Augen halten. Und weil der Sohn Gottes diese Folter um des Menschen willen erlitten hat, soll der Kranke auch daran denken, dass die Liebe Gottes zum Menschen groß und dieses Opfer, die Wiedergutmachung unserer Sünden, vollkommen ist.

Die menschliche Vernunft bei Calvin

Günter Frank schreibt über die natürliche Gotteserkenntnis bei Johannes Calvin („Gläubige Vernunft – vernünftige Glaube“, in: Herman J. Selderhuis, Calvinus clarissimus theologus, RHT 18, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2012, S. 141–157, hier S. 155):

Zu Anfang seines dritten Kapitels des 1. Buches der „Institutio“ untersucht Calvin genauer die Struktur der von Natur aus eingestifteten Gotteserkenntnis. Dass dem menschlichen Geist ein natürlicher Instinkt (instinctus naturalis) und ein Samen der Religion (semen religionis) innewohnt, steht danach – wie Calvin betont – außer jedem Zweifel. Dies beinhaltet das Wissen, dass Gott existiert und er der Schöpfer der Welt ist. Und dieses Wissen ist nach Calvin auch durch den Sündenfall nicht zerstört worden. Es ist, als von Gott dem Geist des Menschen eingestiftet, unzerstörbar. Gerade auch der Widerspruch der Gotdosen ist – wie Calvin fortführt – ein Beweis dafür, dass diese Überzeugung auf natürliche Weise allen eingestiftet ist. Das heißt aber auch: eine Vernunft, die sich nicht auch in Ihrer Offenheit gegenüber der Transzendenz begreift, verfehlt sich prinzipiell. Die menschliche Vernunft wird auch nach Calvin erst dann richtig begriffen, wenn sie zugleich jene Offenheit mit bedenkt, welche die Grenze der „ratio“ übersteigt.

Natürlich war Calvin insgesamt weniger an einer philosophischen Argumentation interessiert ist. Dennoch hatte Van Houten m.E. zu Recht seine Untersuchung insgesamt darin zusammengefasst, dass die intellektuelle oder konzeptuelle Erkenntnis der Existenz Gottes auch nach dem Sündenfall im menschlichen Geist bleibe, auch wenn es sich – wie Calvin hervorhebt – nur um ein verworrenes und kein vollständiges Wissen von Gott in Form der Idolatrie handelt. Diese Gotteserkenntnis ist Kern einer bleibenden und unverlierbaren strukturellen Gottebenbildlichkeit des menschlichen Geistes. Was ihm in dieser Erkenntnis mangele, ist die Erkenntnis von Gottes wahrer Natur und die dieser korrespondierenden Antwort des Glaubens und der Frömmigkeit.

Gott hat sich sprachlich offenbart

Francis Schaeffer sagte über die Kommunikation Gottes (Gott ist keine Illusion, 1974, S. 106):

Was Gott dem Menschen mitgeteilt hat, ist wahr, aber nicht erschöpfend — diese wichtige Unterscheidung müssen wir stets beachten. Für ein erschöpfendes Wissen müßten wir unendlich sein wie Gott. Das werden wir aber nicht einmal im Himmel sein.

Gott hat zum Menschen gesprochen — nicht nur über den Kosmos und die Geschichte, sondern auch über sich selbst. Die auf diese Weise mitgeteilten Wesenszüge Gottes sind für Gott selbst, den »Sender« dieser Kommunikation, wie für den Menschen, den »Empfänger« dieser Kommunikation, sinnvoll. Was Gott von seinen Wesenszügen offenbart hat, hat nicht nur unterhalb der Linie des Menschen Gültigkeit (als werde Gott ins Bild des Menschen hineingepreßt). Die anthropologische Linie verläuft nicht wie ein eherner Himmel undurchdringlich über unseren Köpfen, und der Gott, der gesprochen hat, ist nicht das unerkennbare Unendliche oberhalb dieser Linie. Der Gott, der den Menschen in seinem eigenen Bilde geschaffen hat, teilt ihm wahre Wahrheit über sich selbst mit — und zwar nicht lediglich im Rahmen existentieller Erfahrungen oder inhaltsloser »religiöser Ideen«. Wir haben Zugang zu wahrer Erkenntnis — das zeigt die Heilige Schrift an einfachen, aber überzeugenden Beispielen: Als Gott die Gebote auf Steintafeln schrieb oder als Jesus den Paulus auf der Straße nach Damaskus in hebräischer Sprache anredete8, bedienten sie sich dazu einer wirklichen, grammatikalisch und lexikalisch gefaßten Sprache, einer Sprache, die der Angeredete, der »Empfänger«, verstehen konnte.

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