2018

Das Kreuz falsch verstehen

Ich bin dankbar, dass Stephen J. Wellum ein bei evangelikalen sehr beliebtes Buch zur Sühnetheologie gründlich gelesen hat. Seine Rezension zu The Crucifixion: Understanding the Death of Jesus Christ von Fleming Rutledge ist fair, bringt aber eklatante Schwächen zur Sprache. So deutet sie beispielsweise mit Hermann Cremer und Ernst Käsemann die Gerechtigkeit als überwiegend horizontalen Begriff und die Gerechtigkeit Gottes als Bundestreue.

In chapter 3, Rutledge rightly argues that God’s justice/righteousness is central to a correct view of the cross. Yet she does not think of divine justice first as an essential attribute of God so that in relation to sin, God, as the moral standard of the universe and the offended party, stands against sin in holy wrath that must be satisfied. She does not think that for sin to be forgiven, God must first satisfy his own righteous demand against sin. Instead, Rutledge views divine justice more “horizontally,” namely, as “rectification” or God making things right (133-134). God is truly outraged against sin (129-130) but more in terms of the effects of sin. Rutledge rejects any view of God as a “remote judge” who hands down pronouncements “according to some legal norm” (136).

Instead, God declares his “enmity against everything that resists his redemptive purposes” (136) so that his justice “is not retributive but restorative” (136). Similar to the New Perspective on Paul, Rutledge argues that divine justice “is not so much that God isrighteous but that he does righteousness” (137)—a display of “covenant faithfulness” (137). God’s wrath or outrage is really a display of his mercy because in the cross, God has taken injustice into himself and begun to make all things right in Christ’s resurrection. In fact, God has so rectified injustices in the cross that seemingly all wrongs are righted so that either “unrepentant monsters of history… will be either utterly transfigured or annihilated altogether, for no one is beyond the reach of God’s power” (603). In Christ, then, God rectifies all wrongs, obliterates any memory of injustices, and annihilates any unrepentant people (who seemingly are few) (610-12). Christ, as the “representative of all humanity” (including the elect and the reprobate [607]), suffers “condemnation in place of all humanity” and destroys the Power of Sin and Death and inaugurates a new creation (610-11).

Mehr: credomag.com.

Die neosexuelle Revolution

DIE ZEIT hat mit Volkmar Sigusch über seine hohen Erwartungen an die neosexuelle Revolution gesprochen. So gibt der Sexualwissenschaftler, der von 1973 bis 2006  an der Uni Frankfurt am Institut für Sexualwissenschaft gearbeitet hat, Einblicke in das postmoderne Geschlechterlabor.

Auszüge:

ZEIT Campus: Im amerikanischen Facebook kann man nicht nur zwischen „Mann“ und „Frau“, sondern zwischen fast 60 verschiedenen sexuellen Identitäten wählen. Wie viele unterschiedliche Geschlechter kennen Sie?

Sigusch: Unsere sprachlichen Einteilungen in Mann, Frau, Agender, Intergeschlechtliche, Transgender, Liquid Gender und so weiter ist immer noch grob. Ich sage: Es gibt so viele Geschlechter, wie es Menschen gibt.

ZEIT Campus: Wie meinen Sie das?

Sigusch: Keine Geschlechtlichkeit eines Menschen ist mit der eines anderen Menschen identisch. Das ist einzigartig wie ein genetischer Fingerabdruck. Wir sind auch grundsätzlich alle in der Lage, alle Formen des Sexuellen zu praktizieren, hetero-, homo-, bisexuell und so weiter. Wir sind alle polysexuell.

ZEIT Campus: Wohin wird sich die Sexualität in den kommenden Jahren noch entwickeln?

Sigusch: Das weiß kein Wissenschaftler.

ZEIT Campus: Gibt es Entwicklungen unseres Sexualverhaltens, die zunehmen werden?

Sigusch: Ich sage: Die Polyamorie wird kommen. Seit Jahren wird sie in den westlichen Ländern behutsam erprobt, oft abgelegen in einem Dorf. Da wir immer älter werden und alles, was möglich ist, auch besitzen möchten, wird sich die Polyamorie ausbreiten. Zum Beispiel werden sich alte Paare junge Liebhaber und Liebhaberinnen in ihr Haus holen und das Liebes- und Sexualleben dadurch wieder beleben. Noch aber sind das recht seltene Ereignisse. Manchmal ist das auch sehr überraschend. So erfuhr ich im Juni, dass in Kolumbien drei Männer geheiratet haben. Ein älteres Männerpaar holte sich einen jungen Mann in die gleichgeschlechtliche Ehe. So wird es auch bei uns demnächst sein, sagen wir in den nächsten 20 bis 30 Jahren.

ZEIT Campus: Ist die neosexuelle Revolution mit der Ausbreitung der Polyamorie an ihrem Ziel angekommen?

Sigusch: Nein. Denken Sie nur an den Internet- oder Robotersex. Da stehen wir ja noch fast am Anfang.

ZEIT Campus: Robotersex?

Sigusch: Unsere Personal Computer werden sicher bald durch Personal Robots ergänzt werden, im Haushalt, in der Pflege und so weiter. Erste Sexroboter sind bereits auf dem Markt. Sie kosten etwa 10.000 Euro und werden alte Liebes- und Sexpuppen ablösen. Als neue Sonderbarkeit, früher Perversion genannt, wird sich eine Robotophilie etablieren. Schließlich wird immer mehr Menschen das Zusammenleben mit einem Roboter sehr viel angenehmer sein als mit einem komplizierten, eigenwilligen und bösartigen Menschen.

Hier mehr von den düsteren Visionen: www.zeit.de.

Klimaschutz als Religion

Die Kirche soll vor allem Gläubigen eine Heimat geben und das Wort Gottes verbreiten. Für Wärmedämmung und Elektroautos sind andere zuständig, meint Gunnar Schupeliu von der BERLINER ZEITUNG:

Das kann sich die Kirche eigentlich nicht leisten. Sie spart an allen Ecken und Enden. Sie hat Pfarrstellen gestrichen und Gemeinden zusammengelegt. Sie hat sogar die meisten Küster eingespart. Vor diesem Hintergrund wirkt das Engagement gegen CO2 etwas unverhältnismäßig. Das soll man den Mitgliedern mal erklären, dass dafür so viel Kirchensteuergeld ausgegeben wird.

Der Klimaschutz wird in der evangelischen Kirche fast wie eine Religion gehandelt. Hier geht alle Energie hinein. Das „Klimaschutzkonzept“ umfasst 172 Seiten. Dazu kommt noch ein „Umweltschutzkonzept“ mit 189 Seiten. Beide Texte zusammen sind länger als das Neue Testament.

Man würde sich wünschen, dass sich die Kirche auch mit anderen Themen so intensiv befasst wie mit dem Klimaschutz, zum Beispiel mit dem Schutz des ungeborenen Lebens. Dafür hat sie gar kein Konzept. Die Kirche soll Gläubigen eine Heimat geben und das Wort Gottes verbreiten. Für Wärmedämmung und Elektroautos sind andere zuständig.

Mehr: www.bz-berlin.de.

VD: MT

Die Sünden sind erlassen

Martin Luther:

„Die Sünden sind erlassen, wenn du glaubst, dass sie erlassen sind, weil die Zusage des Retters Christus gewiss ist.“

Zum 73. Todestag von Dietrich Bonhoeffer

Vor 73. Jahren starb Dietrich Bonhoeffer. Aus diesem Anlass habe ich für die Herausgeber der deutschsprachigen Logos-Editionen beschrieben, wie ich im Laufe der Jahre Bonhoeffer schätzen gelernt habe:

„Dietrich Bonhoeffer ist darum glaubwürdig, weil sein Denken und Leben eine Einheit bilden“, haben die Herausgeber eines Buches über den deutschen Theologen einmal gesagt. Das stimmt. Ich selbst bekam Zugang zu Bonhoeffers Schriften, weil sein Lebenszeugnis eine bemerkenswerte Anziehungskraft auf mich ausübte. Der Mann, der 1906 in eine gut situierte Professorenfamilie hineingeboren wurde, hat später unter dem nationalsozialistischen Régime nicht nur über die „Nachfolge“ geschrieben, sondern sie selbst unter schwierigsten Bedingungen durchbuchstabiert. Als Adolf Hitler 1933 die Macht ergriff, erkannte er auf Anhieb die Bedrohung und reihte sich in den kirchlichen Widerstand ein. Er bezog Stellung zur „Judenfrage“ und übernahm eine leitende Funktion bei der Predigerausbildung innerhalb der Bekennenden Kirche. Im April 1943 wurde er wegen seiner Einlassungen in die Widerstandsbewegung verhaftet und in das Wehrmachtsgefängnis Berlin-Tegel gesteckt. Am 9. April 1945, vor genau 73 Jahren, also einen Monat vor der Kapitulation der Wehrmacht, ist er schließlich zusammen mit anderen Widerstandskämpfern im KZ Flossenbürg am Galgen hingerichtet worden.

Mehr hier: deutsch.logos.com.

Die professionelle Bibelsoftware Logos wird die historisch-kritische Ausgabe der Werke Dietrich Bonhoeffers mit 16 Bänden und einem Registerband erfreulicherweise in die digitale Bibliothek aufnehmen. Das dürfte Bonhoeffer-Liebhaber sehr freuen!

Mehr Informationen dazu gibt es an dieser Stelle: de.logos.com.

Interview mit Bill Edgar

Christian Heritage hat ein phantastisches Interview mit Bill Edgar über Francis Schaeffer, Edmund Clowney und andere geführt. Das Gespräch kann über iTunes abgerufen werden.

Hier ein kurzer Clip dazu:

 

Was die Ritschlianer lieben

Eduard Böhl schreibt in Von der Rechtfertigung durch Glauben (S. 151):

Die Ritschlianer lieben es, alle Anderen als Unmündige anzusehen, und sich allein als mündig. Aber wenn die Reformatoren solches gemeint haben sollten, was diese Leute unter ihrem Namen und ihrer Flagge vortragen, so sind sie nicht etwa bloß Unmündige, sondern Blödsinnige gewesen.

Jordan Peterson

Der kanadische Psychologe Jordan Peterson, ein Intellektueller der bürgerlichen Mitte, hat es in die FAZ geschafft. Schon im Februar schrieb Caroline Wiedemann:

Peterson ruft auf zum Kampf gegen alles, was die Menschen angeblich gleich machen will. Die Geisteswissenschaften und Großteile der Sozialwissenschaften hätten sich in einen postmodernen, neo-marxistischen Spielplatz für Radikale verwandelt. „Sie alle hier finanzieren diese Agenda über Steuern“, ruft er dem Publikum entgegen. Gender Studies gehören abgeschafft! Das erziehungswissenschaftliche Institut von Ontario sei jenseits der Human Rights Commission die gefährlichste Institution in ganz Kanada!

Thomas Thiel schreibt nun (FAZ vom 04.04.2018, Nr. 78, S. N4):

Jordan Petersons Stern ging auf, als er sich im vergangenen Sommer öffentlich gegen ein Gesetz der kanadischen Regierung zur Wehr setzte, das vorschreibt, Menschen mit dem von ihnen bevorzugten Personalpronomen anzureden. Sein Protest richtete sich nicht gegen Transgender-Personen, sondern dagegen, sich die Wortwahl vom Staat vorschreiben zu lassen. In geschlechtsneutralen Kunstwörtern wie „zhe“ oder „zher“ sieht Peterson die Vorboten „einer postmodernen, linksradikalen Ideologie“, die seiner Ansicht nach erschreckend marxistischen Lehren ähnele, denen im vergangenen Jahrhundert mindestens hundert Millionen Menschen zum Opfer gefallen seien. Lieber würde er ins Gefängnis gehen für die Redefreiheit, sagte er, als sich dieser Ideologie zu unterwerfen.

Der Vergleich mit dem Marxismus ist Peterson durchaus ernst. Zwar hat der Postmodernismus keine Menschenleben gefordert. Ähnlich seien sich beide Denkweisen aber darin, Menschen allein durch ihre Gruppenzugehörigkeit zu definieren.

Peterson sieht im Postmodernismus – dem er relativ freihändig Kulturmarxismus, radikalen Feminismus und Transgender-Aktivismus zuordnet – eine von Neid und Selbstverachtung getragene Bewegung, die den westlichen Universalismus unterminiere: eine Kraft des Chaos.

Eine kritische Analyse zu Petersons Lebensphilosophie aus christlicher Perspektive hat Coe Carter verfasst: www.thegospelcoalition.org.

Wer Peterson mal hören möchte, kann sich diesen Vortrag über diesen Postmodernismus anhören (mit dt. Untertiteln):

 

Die Götzenfabrik

A.W. Tozer schreibt über die selbstgemachten Götter (The Knowledge of the Holy, S. 5):

Das götzendienerische Herz geht davon aus, dass Gott anders ist als Er in Wirklichkeit ist. Das ist an sich schon eine monströse Sünde. Aber der Mensch ersetzt den wahren Gott dann auch noch durch den „Gott“, den er nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Dieser Gott wird immer dem Bild desjenigen entsprechen, der es erschaffen hat. Er wird niederträchtig oder rein, grausam oder freundlich sein, je nach dem moralischen Zustand des Geistes, aus dem es hervorgeht. Ein im Schatten eines gefallenen Herzens erzeugter Gott wird deshalb selbstverständlich kein Abbild des wahren Gottes sein. 

Das EU-Parlament und die Grundrechte

Wie stehen die Europa-Abgeordneten in Brüssel und Straßburg, insbesondere die deutschen, zu einigen Kernpunkten der gesellschaftspolitischen Debatte in Europa? Das Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie (iDAF) hat einige Punkte zusammengestellt. Besonders alarmierend finde ich folgende drei Hinweise:

Meinungs- und Gewissensfreiheit. Die Europa-Abgeordneten lehnten die Feststellung ab, dass das Grundrecht auf Verweigerung aus Gewissensgründen in Artikel 10 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der EU verankert und dass die Praxis der Verweigerung aus Gewissensgründen in den Mitgliedstaaten der EU durch einen umfassenden rechtlichen und politischen Rahmen angemessen geregelt ist. Vor allem lehnten sie die Feststellung ab, „dass ein umfassender und klarer rechtlicher und politischer Rahmen für die Praxis der Verweigerung aus Gewissensgründen seitens der Gesundheitsdienste vorliegt, mit dem sichergestellt wird, dass die Interessen und Rechte Einzelner, die um legale medizinische Versorgung ersuchen, gewahrt, geschützt und erfüllt werden.“

Gender-Ideologie und Homo-Ehe und die Zuständigkeiten der EU. Wer hier mit Widerstand der C-Parteien gerechnet hatte, wurde enttäuscht. Die deutschen Europa-Abgeordneten von CDU und CSU stimmten für die Homo-Ehe und für die verpflichtende gegenseitige Anerkennung der Homo-Ehe auch in Mitgliedsstaaten, in denen es dieses Rechtsinstrument gar nicht gibt, sie stimmten für „Lehrpläne der Toleranz“ und Gender-Unterricht an Schulen ohne elterliches Einverständnis. Der Hinweis in diesem Zusammenhang, dass die Hauptverantwortung für die Bildung eines Kindes in erster Linie bei seinen Eltern liege (Änderungsantrag 45),wurde von den Deutschen genauso abgelehnt wie die Forderung, dass im Bereich der Kinderrechte der Vorrang der von Mutter und Vater geteilten Vorbildfunktion für ihre Kinder und ihre einzigartige und privilegierte Position im Hinblick auf den Schutz des Kindeswohls in vollem Umfang berücksichtigt werden müssen, und dass der harmonischen und vollständigen Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes und dem Schutz seiner psychischen Gesundheit besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist (46).

Abtreibung als Menschenrecht. Der Grundrechte-Bericht des christdemokratischen Berichterstatters Frank Engel (Luxemburg) stellt Abtreibung als Menschenrecht dar, und die Abwesenheit von Abtreibungsmöglichkeiten als Folter. Das erinnert an die langwierigen Verhandlungen über das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Rom. Dort wurde bereits erfolglos versucht, fehlende Abtreibungsmöglichkeiten mit Folter gleichzustellen (aufgrund der erzwungenen Mutterschaft). Der kollektive Aufschrei der Christdemokraten blieb jedoch aus.

Hier mehr: www.i-daf.org.

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