„Für Freiheit in Forschung und Lehre“ und die Ideologien der Ungleichwertigkeit

Sandra Kostner hat eine brillante Analyse der Stellungnahme „Für Freiheit und Forschung in der Lehre“ vorgelegt  (FAZ vom 25.11.2020, Nr. 275, S. N4). Worum geht es? Die Forschungsstelle für Interkulturelle Studien (FiSt) der Universität Köln veröffentlichte im Sommer ein Positionspapier, indem vordergründig mehr Freiheit in Forschung und Lehre eingeklagt wird. Es heißt dort etwa:

An Universitäten und Hochschulen gilt die Freiheit von Forschung und Lehre. Auf dieser Basis haben wir als Professor*innen oder Dozent*innen das Recht und die Pflicht, unsere Schwerpunkte in Forschung und Lehre frei zu wählen, Forschung und Lehre im Sinne guter wissenschaftlicher Praxis zu gestalten und im Rahmen wissenschaftlich fundierter Debatten Meinungen, die Ideologien der Ungleichwertigkeit beinhalten, zu widersprechen. 

Das klingt vordergründig zunächst ganz gut, so wie auch der folgende Auszug:  

Die Geschichte der Meinungsfreiheit zeigt, wie sich unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit Rassismus artikulieren und in Institutionen einschreiben konnte, der dazu beigetragen hat, bestimmte Sichtweisen und Menschen systematisch auszuschließen. Meinungsfreiheit ist eine Freiheit, die historisch hart erkämpft wurde und um die auch heute immer wieder neu gerungen werden muss.

Erstaunlich dabei ist, dass genau die Stellungnahme, die für mehr Freiheit in Forschung und Lehre eintritt, den Ausschluss bestimmter Sichtweisen fordert.

Wie geht das? Dies geht, indem bestimmte Positionen unter Ideologieverdacht gestellt werden. Das Dokument lässt beispielsweise vermuten, dass aus der Perspektive der „Initiator*innen“ bereits diejenigen Ideologen sind, die eine strenge gendergerechte Sprache z.B. aus ästhetischen, philosophischen oder ökonomischen Gründen meiden. Tatsächlich geht es den fünfzehn Strategen nämlich darum: Argumente, Thesen und Meinungen, die im Widerspruch zu ihrer eigenen Weltanschauung stehen, sollen aus dem Raum der universitären Diskurse herausgedrängt werden. Methodisch lässt sich diese Ziel dadurch erreichen, dass bestimmte Auffassungen als „rassistisch“, „rechtsextrem“ oder „menschenverachtend“ eingeordnet werden. Auf diese Weise wird im Namen der Toleranz die Freiheit Andersdenkender beschnitten. So lässt sich sehr schön zeigen, dass die Neue Toleranz doktrinär ist.

Sandra Kostner schreibt: 

Die in Anschlag gebrachte Begründung lautet: Grenzen der Freiheit sind notwendig, um Diskriminierung und menschen verachten de Äußerungen zu bekämpfen und dergestalt die Menschen- und Grundrechte zu verteidigen. Konkrete Beispiele für „diskriminierende bzw. menschenverachtende Äußerungen“ werden nur an einer Stelle genannt. Umso aussagekräftiger legen die angeführten Beispiele die Weltanschauung und Ziele der Autorengruppe offen. Die Beispielsätze lauten „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ und „Das Kopftuch ist ein Zeichen der Unterdrückung“. 

Mit Diskriminierung und Menschenverachtung werden schwere juristische und ethisch-moralische Geschütze aufgefahren, um inopportune Äußerungen als nicht unter den Schutz der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit fallend zu delegitimieren. Die Autorengruppe geht aber noch einen Schritt weiter und versucht sich an einer aktivistisch motivierten Instrumentalisierung der Grundrechte. Wie viele andere Antirassismus-Aktivisten nehmen sie Artikel 1 und Artikel 3 des Grundgesetzes ins Visier. So legen sie nahe, dass ein Satz wie „Das Kopftuch ist ein Zeichen der Unterdrückung“ eine Verletzung der in Artikel 1 verankerten Würde des Menschen sowie einen Verstoß gegen die in Artikel 3 festgeschriebene Gleichberechtigung der Geschlechter und gegen das Benachteiligungsverbot aufgrund der Religion darstelle. 

Mit dieser Vorgehensweise ist es sehr leicht möglich, bestimmte Akteure daran zu hindern, überhaupt Teilhaber kommunikativen Handels an den Hochschulen zu werden. Vielleicht deshalb, weil sie sachlich nicht widerlegt werden können? Wissenschaft muss offen bleiben für Anfragen, die nicht mit der eigenen Weltanschauung im Einklang stehen.

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