Richard Swinburne ist der wahrscheinlich renommierteste Vertreter eines probabilistischen Gottesbeweises. Jetzt hat Swinburne einen neuen Aufsatz mit dem Titel »Gott als die einfachste Erklärung des Universums« veröffentlicht. Er fasst dort seine Argumentation wie folgt zusammen:
Unbelebte Erklärung ist durch Bezug auf Substanzen mit Fähigkeiten und Dispositionen, ihre Fähigkeiten unter bestimmen Umständen auszuüben, zu analysieren; personale Erklärung ist durch Bezug auf Personen, ihre Überzeugungen, Fähigkeiten und Absichten zu analysieren. Ein entscheidendes Kriterium dafür, daß eine Erklärung wahrscheinlich wahr ist, ist, daß sie die einfachste ist (unter den Erklärungen, welche die Daten erwarten lassen). Einfachheit besteht in der Annahme weniger Substanzen, weniger Arten von Substanzen, weniger Eigenschaften (einschließlich Fähigkeiten und Dispositionen), weniger Arten von Eigenschaften und mathematisch einfacher Beziehungen zwischen Eigenschaften. Die Erklärung der Existenz des Universums durch das Handeln Gottes bietet die einfachste Art von personaler Erklärung, die es geben kann, und einfacher als jede unbelebte Erklärung. Im Lichte neuer Herausforderungen verteidige ich diese Sicht gründlicher als bisher.
Professor Daniel von Wachter, der unter anderem bei Swinburne promovierte, hat freundlicherweise eine deutsche Fassung des Aufsatzes besorgt. Die deutsche Ausgabe, erschienen in der Fachzeitschrift Logos, kann hier heruntergeladen werden: fzwp.de.
Wie bitte? Die Annahme eines unendlich komplexen Wesens (Gott) soll die einfachste Erklärung sein? Ich glaube, wir haben verschiedene Ansichten darüber, was „einfach“ ist.
Probabilistischer Gottesbeweis: „Die Wahrscheinlichkeit, dass Gott existiert, kann sehr kompliziert dargelegt werden. Sie ist sehr hoch. Ergo: Gott existiert!“ 🙂 Der Evidentialismus kann nur einen Teil der Christen (!) überzeugen. Nichtchristen überzeugt er nicht und kann es auch nicht, da das Problem des Nichtchristen kein epistemologisches, sondern ein moralisches ist. Swinburne ist natürlich intellektuell gesehen hoch interessant zu lesen, und ich bezweifle weder Intention noch Wirkung. Mir ist nur nicht klar, wohin der Versuch gehen soll? Wen soll er überzeugen? Die, die schon an Gott glauben? Ja, dann ist es eine Art Lob Gottes. Oder die, die nicht an ihn glauben? Aber da liegt das Kernproblem einer jeglichen Apologetik: Sie ist nicht dazu geschaffen, zu überzeugen, sie kann das auch gar nicht (Greg L. Bahnsen hat das in seinen Vorträgen immer wieder betont). Ich persönlich halte den evidentialistischen (oder probabilistischen) Ansatz, wenn er ernst gemeint ist, für ein gefährliches Spiel, auf das sich der Christ hier einlässt: Wenn er es… Weiterlesen »
@Schandor: Du machst auf eine Schwäche der philosophische Gotteslehre aufmerksam. Leider wird dort die Frage der noetischen Folgen von Sünde und die Frage des Herrschaftswechsels zu selten thematisiert. Eine Ausnahme ist hier die reformierte Religionsphilosophie (Plantinga, Woltertorff etc.). Dennoch können solche Auseinandersetzung in akademischen Kreisen hilfreich sein und Denkblockaden abbauen helfen. Das Interesse an der Religionsphilosophie steigt weltweit. Die Verkündigung des Evangeliums können die Debatte wahrlich nicht ersetzen. Wollen und sollen sie auch nicht.
Liebe Grüße, Ron
@Ron
Ja, ich dachte mir schon so etwas…
Dass das Interesse an religionsphilosophischen Fragen wächst, ist mir allerdings neu — aber es ist erfreulich!
lg
Schandor