Sex in der Familie – fällt der letzte Schutzraum?

Die Forderung des Deutschen Ethikrates, das Verbot des Beischlafs zwischen Geschwistern aufzuheben, irritiert die gesunde Seele. Dominik Klenk kommentiert die jüngste Empfehlung:

Vordergründig geht es in dieser Debatte, wie so oft in den letzten Jahren, um die Entkriminalisierung intimer Beziehungen. Hintergründig wird damit das Gefüge von Ehe und Familie für beliebig erklärt und grundsätzlich in Frage gestellt. Die Familie als Schutzraum und sexuell jagdfreie Zone für Kinder und Jugendliche steht zur Disposition. Nein, wird der Ethikrat hier einwerfen, es gehe lediglich um den „einvernehmlichen Beischlaf“ unter volljährigen Geschwistern. Aber wie will man, wenn das Tabu erstmal fällt, zwischen sexuellem Übergriff in der Familie, Unzucht mit Abhängigen und einvernehmlicher Geschwisterliebe unterscheiden?

Der Einvernehmlichkeit wird entscheidendes Gewicht zugemessen. Warum nicht mit der eigenen Schwester in die Kiste springen, wenn beide ausdrücklich nüchtern, in der Sache einig und scharf aufeinander sind? Werden aber Einvernehmlichkeit und Freiwilligkeit zum gültigen Maßstab, dann wären nicht nur all jene jetzt schon auf der sicheren Seite, die eine rechtliche Anerkennung von polygamen Beziehungen fordern, sondern auch der Kannibale von Rotenburg, der im Einvernehmen mit seinem Opfer dieses erst tötete und dann verspeiste.

Mehr: www.fontis-verlag.com.

Quotenquatsch

Die Quotenregelungen schaffen nur neue Ungerechtigkeiten. Deshalb hat ein niederländischer Konzern nun die Notbremse gezogen:

Doch vor eineinhalb bis zwei Jahren hat der Konzern seine Quotenpolitik eingestellt, wie sein Gleichstellungsbeauftragter Jasper Rynders jetzt in einem Interview mit einem Online-Magazin sagte. „Letztlich sehen Sie da vor allem weiße, höher ausgebildete Frauen reinkommen, zwischen 40 und 50 Jahre alt, mit demselben sozialen Hintergrund.“ Mehr noch, es stellte sich heraus: Viele Frauen glichen in ihrem Verhalten stark den Männern, „einschließlich ihrer Schwächen“. Der „höher qualifizierte, multikulturelle Mann“ sei hingegen völlig vernachlässigt worden.

Mehr: www.faz.net.

Wer ist Marina Silva?

Seit heute Nacht wissen wir es: Die evangelikale Kandidatin Marina Silva wird bei der Wahl um die neue Präsidentschaft Brasiliens keine Rolle mehr spielen. Amtsinhaberin Dilma Rousseff hat die Präsidentschaftswahl mit 41,5 Prozent der Stimmen gewonnen. Sie wird gegen den konservativen Kandidaten Aécio Neves in einer Stichwahl antreten, der 33,5 Prozent der Stimmen erhielt. Marina Silva bekam 21,3 Prozent der Stimmen und landete damit auf dem dritten Platz.

Ich habe meinen Freund Cristiano aus Brasilien vor einigen Tagen zu Marina Silva befragt (vgl. a. hier). Cristiano hat wiederum Gutierres Fernandes Siqueira um einen kurzen Kommentar gebeten. Gutierres Fernandes Siqueira ist ein bekannter christlicher Blogger in Brasilien. Er bloggt unter Teologia Pentecostal insbesondere über Entwicklungen in den pfingstlerischen Kirchen. Ivo C. hat freundlicherweise den Kommentar schnell übersetzt. Ich danke  Cris, Gutierres Fernandes und Ivo für ihre Unterstützung!

Wer ist Marina Silva?

Wer ist Marina Silva? Es ist keine leichte Aufgabe, die evangelikale Umweltschützerin zu verstehen, die bald die nächste Präsidentin Brasiliens sein könnte. In einer bitterarmen Familie Amazoniens aufgewachsen, eine der ärmsten Regionen des Landes, lernte sie erst mit sechzehn Jahren lesen. In jungen Jahren war sie stark dem römischen Katholizismus zugewandt und dachte sogar daran, Nonne zu werden, doch kaum erwachsen, wollte sie ihren Traum verwirklichen und Lehrerin werden. Ihre politische Karriere setzte mit ihrem Beitritt zur wichtigsten Linkspartei Brasiliens ein, der Partido dos Trabalhadores („Arbeiterpartei“). Später fand sie durch das Pfingstlertum zum Protestantismus. Erfolgreich vertrat sie die Interessen Acres, eines kleinen brasilianischen Bundesstaates – zunächst als Kongressabgeordnete, später als Senatorin. Unter der Ära Lula wurde sie zur Umweltministerin ernannt. Aufgrund des tödlichen Unfalls ihres politischen Partners Eduardo Campos ist sie nun zum zweiten Mal Kandidatin fürs Präsidentenamt. Das erste Mal war sie für die „Grünen“ (Partito Verde) an den Start gegangen, jetzt steht sie für die „Sozialistische Partei PSB“ (Partido Socialista Brasileiro) im Rennen.

Weshalb fällt ein Verständnis Marina Silva so schwer? Sie gehört dem „Dritten Weg“ der brasilianischen Politik an: Sie zählt sich weder zu den Konservativen noch zu den Fortschrittlichen. Sie ist gegen die Schwulenehe, ist aber Mitglied einer sozialistischen Partei, die die Schwulenehe verteidigt. Sie setzt sich für Nachhaltigkeit als Musterbeispiel der öffentlichen Verwaltung ein, schätzt aber auch die Vorzüge der freien Marktwirtschaft. Sie befürwortet die vollständige Autonomie der Central Bank of Brazil und sieht sie auch durchaus aus „orthodox-wirtschaftlichem“ Blickwinkel, gleichzeitig verspricht sie aber, den Wohlfahrtsstaat voranzubringen. Mit anderen Worten: Der Vorschlag ihres Regierungsplans könnte deutschen Christdemokraten und französischen Sozialisten, Republikanern und Demokraten der Vereinigten Staaten, Mitgliedern der englischen Arbeiterpartei und der Konservativen gleichermaßen gefallen. Marina Silvas Diskurs versucht den Dualismus zwischen links und rechts, zwischen Progressiven und Konservativen zu überwinden; im Endeffekt führt er zu einer Art weltanschaulicher Ratlosigkeit.

In Bezug auf den christlichen Glauben versucht Marina Silva, Leute verschiedener theologischer Sichtweisen um sich zu vereinen. Sie ist Mitglied und ordinierte „Missionarin“ der „Igreja Evangélica Assembleia de Deus“ („Evangelikale Versammlung Gottes“), der größten protestantischen Kirche Brasiliens. Die pfingstlerische Lehre dieser Kirche hindert Marina nicht daran, gute Beziehungen zu anderen Kirchen zu unterhalten. Zu ihren Freunden zählen Baptisten, Presbyterianer, Lutheraner und Anhänger kleinerer neopfingstlerischer bzw. charismatischer Gemeinden. Als Katholikin stand sie der Befreiungstheologie nahe, der lateinamerikanischen Version des Social Gospel, nach ihrem Übertritt zum Pfingstlertum trat sie in eine pietistisch-fundamentalistische Kirche ein („pietistisch“ resp. „fundamentalistisch“ im historischen Sinn gefasst).

Marina Silva ist ein Rollenvorbild unter evangelikalen Politikern. Geschichtlich betrachtet haben evangelikale Kandidaten den Glauben stets mit politischem Bekehrungseifer in eins gesetzt; bis jetzt jedoch macht sich Marina sehr gut, denn sie nützt die kirchlichen Strukturen nicht zu eigenem Vorteil aus. Ihr evangelikaler Glaube wird stets hervorgehoben, ihre Haltung zeugt jedoch keineswegs von „theonomischer Bedrohung“.

Zieht man all dies ins Kalkül, könnte man Marina Silva am besten als typisch „postmodern“ bezeichnen.

Gutierres Fernandes Siqueira

Sigmund Freud und die Religion

Will man heute Freud angemessen gedenken, so braucht es ein gehöriges Maß “Entmythologisierung”. Besondere Beachtung verdiene laut Bonelli, Leiter der Forschungsgruppe Neuropsychiatrie an der Sigmund Freud Universität Wien, Freuds Verhältnis zur Religion sowie seine ausgeprägte Wissenschaftsgläubigkeit. Die Nachrichtenagentur KATHPRESS hat mit ihm gesprochen und meldet:

“Freud hat Religion schlichtweg abgelehnt, sie gar als Pathologie behandelt.” Religion sei für ihn immer “ein Reibebaum” gewesen: “Er hat sie abgelehnt, aber zugleich hat ihn Religion auch fasziniert”. Der Grund für diese Ablehnung sei “schlichtweg der Zeitgeist” gewesen: Es entsprach der Stimmung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, dass Technik alles und Religion nichts war. “Darwin hat die Entstehung des Menschen erklärt, alles schien technisch machbar.” Gefangen im geschlossenen System Freud sei ganz dieser Weltanschauung verfallen gewesen, so Bonelli. Das werde nicht zuletzt bei Freuds Skizze der menschlichen Psyche als “psychischer Apparat” deutlich. “Bei Freud gibt es keinerlei Freiheit”, bringt Bonelli das Problem auf den Punkt: “Der Mensch ist eine Maschine, alles hat seinen Grund im Ich, Es oder Über-Ich”. Hinzu komme, dass Freuds Thesen – entgegen seinem eigenen Beharren auf strenger Wissenschaftlichkeit – bis heute “weder beweisbar noch falsifizierbar sind”, so Bonelli, sondern “ein eigenes, in sich geschlossenes System” darstellen. Dieses System habe Freud so sehr gegen Kritik immunisieren wollen, dass er sogar einzelne Fälle, die er selbst zur Stützung seiner Thesen heranzog, “gefaked” hat, so Bonelli. Damit jedoch sei klar, dass Freud nicht etwa nüchterner Beobachter gewesen sei, sondern “seine Weltanschauung, vor allem seinen Materialismus, tief hineingesenkt hat in seine Theoriebildung”. Als Person sei Freud ein schwieriger Charakter gewesen, so der Psychiater Bonelli weiter – “wie man es oft bei narzistischen Persönlichkeiten feststellen kann”: So verbat der aus jüdischer Familie stammende erklärte Atheist Freud etwa nach der Heirat mit seiner Frau Martha, einer gläubigen Jüdin, dieser jede Form der Religionsausübung. Seinen Kindern gegenüber sei Freud eher distanziert gewesen, wenngleich er sich für sie und ihre Entwicklung aus wissenschaftlich-psychologischer Sicht interessiert zeigte. Seinen Schülern und Mitarbeitern sei Freud “mal großväterlich, mal wie ein Tyrann” erschienen, der keine anderen Meinungen neben seinen eigenen duldete, so Bonelli.

Hier ein DLF-Gespräch über Freud mit Raphael Bonelli:

Überschreitungen

An der renommierten Odenwaldschule hatte der charismatische und bis in die höchsten Kreise der deutschen Gesellschaft (einschließlich des hessischen Bildungsministeriums) vernetzte Schulleiter Gerold Becker Kinder missbraucht. Viele verstörende Details sind im Laufe des Jahres 2010 über den Missbrauch an der Odenwaldschule bekanntgeworden. Der vorläufige „Abschlussbericht“ der beiden Anwältinnen, die die Ereignisse im Auftrag der Schule aufarbeiteten, verzeichnet mindestens 132 Fälle seit 1969.

Der Film „Geschlossene Gesellschaft“ zeigt das große Leid, das den Opfern der sexualisierten Gewalt widerfahren ist. Die Dokumentation von Regina Schilling und Luzia Schmid ist 2012 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden.

Ich habe den Film gestern Abend gesehen. Er dokumentiert nicht nur das Scheitern der Odenwaldschule, sondern mittelbar auch die obliterierenden Momente der deutschen Reformpädagogik. Gerold Becker war ein Schützling des bekannten Pädagogen Hellmut Becker, dem Mitbegründer und ersten Direktor des Max-Planck-Institutes für Bildungsforschung. Aus einer Aussage im Film erfahren wir, dass Hellmut Becker Gerold Becker zum Schulleiter der Odenwaldschule machte, obwohl er von seinen pädophilen Neigungen und homosexuellen Übergriffen auf einen Minderjährigen wusste.

Wer starke Nerven hat, kann sich den Film noch ansehen. Er wird heute (Do., den 2. Oktober 2014) noch zweimal ausgestrahlt:

  • Einsfestival 15:50 – 17:20 (90 Min.)
  • WDR Fernsehen 23:15 – 00:45 (90 Min.)

Trailer anlässlich der Grimme-Preis-Verleihung:

Wir verwöhnten Kinder der Neuzeit

Nachdem ich hier in den letzten Wochen schon zwei Beiträge zur „Generation Y“ empfohlen habe, jetzt noch ein dritter. Ohne Frage, der NZZ-Kommentar von Milosz Matuschek, selbst 1980 geboren, gefällt mir besser als die Kommentare von Oliver Jeves oder Klaus Hurrelmann und Erik Albrecht. Aber auch er übertreibt.

Was wird meine Generation der Nachwelt hinterlassen? Kinder sind es nicht. Vermutlich sind es vor allem Statusmeldungen; die klingen so: «Ich musste heute zwei Blocks entfernt von zu Hause parkieren, furchtbar.» Oder: «Der Kellner liess mich zehn Minuten warten, noch nie wurde ich so gedemütigt.» Und schliesslich: «In meinem Salat war definitiv zu viel Ziegenkäse.» Die Statements finden sich auf der Website «First World Problems». Es sind digitale Feldpostbriefe einer «Bored Generation», die nie existenzielle Not kannte, ein Ticker der Belanglosigkeiten einer selbstbetitelten digitalen Bohème, die erstmals alles hatte und genau an diesem Überfluss zu ersticken droht.

Das Problem der zwischen 1980 und 2000 geborenen «Generation Y» sind nicht die zu vielen Optionen oder das seichte Lebensgefühl des «vielleicht dies, vielleicht das». Ihr Problem ist, dass sie keine Probleme mehr kennt. Erst noch die Welt retten oder lieber gleich einen Master machen? Wir streiten über Lifestyle-Themen, über glutenfrei oder gleich vegan, über zu viele Hipster in der Stadt und zu lange Schlangen vor den Klubs. NSA, Gaza, Syrien? Das sind Probleme der anderen. Wir hingegen, die mit dem Glauben an die eigene Grossartigkeit aufgewachsen sind, beschäftigen uns lieber mit dem Warten auf die Belohnung, die uns immer versprochen wurde für das Abhaken der grossen Lebensziele, wie Ausbildung, Abitur und Studium.

Hier: www.nzz.ch.

VD: IC

Iran will regimekritischen Ajatollah hinrichten

Der im Iran sehr bekannte hochrangige Geistliche Ajatollah Borudscherdi kämpft seit Jahren friedlich für die Trennung von Staat und Religion und gegen die politische Herrschaft von Geistlichen. Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, steht seine Hinrichtung unmittelbar bevor. Am Morgen des 1. Oktober wurde er bereits aus seiner Zelle im Teheraner Evin-Gefängnis an einen unbekannten Ort gebracht. Ein Sondergericht für die Geistlichkeit verurteilte ihn 2007 zum Tode, wandelte das Urteil aber aufgrund seiner Bekanntheit und internationaler Proteste in eine elfjährige Haftstrafe um.

Die internationale Gemeinschaft sollte nicht nur in Fällen extremer Gewalt gegen islamische Extremisten vorgehen. „Extremisten sind nicht erst dann gefährlich, wenn Hunderttausende vor ihnen auf der Flucht sind und westliche Geiseln enthauptet wurden“, erklärte IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin. Die Herrschaft von islamischen Extremisten im Iran und in Saudi-Arabien werde seit Jahren bagatellisiert, die Opfer dieser Regierungen in ihren eigenen Ländern wirtschaftlichen und diplomatischen Interessen geopfert.

Im Iran sei mehr als ein Jahr nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Hassan Rohani, die Hoffnung auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage tief enttäuscht. Das Regime in Teheran verfolgt Andersdenkende, Demokratieaktivisten, Frauenrechtlerinnen und Angehörige von Minderheiten. Folter und willkürliche Haft werde weiter systematisch eingesetzt.

„In der islamischen Republik sind schiitische Geistliche die herrschende Kaste. Staatsoberhaupt ist offiziell der im ‚Verborgenen lebende Mahdi‘, der eines Tages die Weltherrschaft des Islam errichten soll. Doch schon seit der Machtergreifung der Mullahs im Jahr 1979 gibt es namhafte Kritiker aus den eigenen Reihen. Ajatollah Borudscherdi ist der wahrscheinlich bekannteste noch lebende unter ihnen“, so die IGFM. Im Iran sind alle Schlüsselpositionen vom „Führer“ bis zum Geheimdienstminister in der Hand von Geistlichen. Säkularismus oder gar Religionslosigkeit ist für sie ein direkter Angriff auf die Fundamente des Staates und ihrer Herrschaft.

Ajatollah Sayyed Hossein Kazemeyni Borudscherdi leidet unter unmenschlichen Haftbedingungen; immer wieder misshandelten Gefängniswärter ihn mit Schlägen. Im Jahr 2012 verübte das Gefängnispersonal zwei Mordanschläge auf Borudscherdi. Seine Mutter, die sich zur selben Zeit in Haft befand, wurde vergiftet und starb infolgedessen. Um ihn weiter unter Druck zu setzen, vergewaltigten iranische Strafvollzugsbeamte seine Frau. Trotz eines am 29. September 2013 erlittenen Herzinfarktes verweigerte ihm die Gefängnisleitung jede medizinische Behandlung. Sein Gesundheitszustand hat sich seit Januar 2014 dramatisch verschlimmert. Zeitweise lag er stundenlang bewusstlos am Boden.

Das Schleifen der Tabus

Leszek Kolakowski (1927–2009) gehörte in den 1960er Jahren zu den führenden Reformmarxisten; 1968 erteilte ihm die Kommunistische Partei Polens Lehrverbot, er emigrierte und lehrte ab 1970 als Professor für Philosophie in den Vereinigten Staaten (u. a. am All Solls College in Oxford); 1977 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Leszek Kolakowski schreibt in Die Moderne auf der Anklagebank (Zürich 1991, S. 68) über das Aufbrechen der letzten Tabus:

Gewiss wäre es verfehlt, tout court «für» oder »gegen« die Moderne zu sein; nicht nur weil es sinnlos wäre zu versuchen, die Entwicklung von Technik, Wissenschaft und ökonomischer Rationalität aufzuhalten; sondern weil beide, Moderne und Antimoderne sich in barbarischen und unmenschlichen Formen ausdrücken können. […] Wenn ich dennoch versuchen soll, die gefährlichste Seite der Moderne zu bezeichnen, würde ich meine Sorgen in einem Schlagwort zusammenfassen: das Verschwinden der Tabus. Wir können nicht zwischen «guten» und «schlechten» Tabus unterscheiden und die einen künstlich aufrechterhalten, während wir die anderen beseitigen. Wenn wir ein Tabu abschaffen, bringen wir in einer Art «Domino-Effekt» die anderen zu Fall. Die meisten sexuellen Tabus sind abgeschafft worden, und die wenigen verbliebenen, wie das Verbot von Inzest und Pädophilie, liegen unter Beschuss; es reicht zu sehen, dass in verschiedenen Ländern Gruppen offen ihr «Recht» auf sexuellen Verkehr mit Kindern (d. h. ihr Recht sie zu vergewaltigen) einklagen und, bislang ohne Erfolg, die Abschaffung der entsprechenden Sanktionen fordern. […] Die verschiedenen traditionellen menschlichen Bande, die ein Leben in Gemeinschaft erst möglich machen und ohne die unsere Existenz nur noch von Gier und Furcht regiert würde, werden wohl kaum ohne ein System von Tabus überleben; es ist vielleicht besser, an die Gültigkeit selbst offensichtlich törichter Tabus zu glauben, als sie alle preiszugeben.

Quelle: IdaF.

Die Evangelikalen sollten Buße tun

Wie recht der Os Guinness, ein ehemaliger Mitarbeiter von Francis Schaeffer, doch hat:

Die Seichtheit der Evangelikalen sei vergleichbar mit der Korruption der Kirche vor der Reformation im 16. Jahrhundert. „Wir lassen uns mehr von der amerikanischen Kultur prägen als vom Evangelium, und das ist unser Problem“, erklärte der 72-jährige Brite, der seit 30 Jahren in den USA lebt. Was vielen amerikanischen Christen fehle, sei die „Unterscheidung der Geister“. Zwar könnten sie einen Säkularisten auf 30 Meter Entfernung erschnüffeln, aber sie fielen immer wieder auf die Konsumkultur herein.

Mehr hier: www.idea.de.

Berlin schweigt zum Anschlag auf Kirche

Auf die Herz Jesu-Gemeinde in Prenzlauer Berg wurde ein Anschlag verübt, weil sie Abtreibungsgegner einen Raum anbot. Niemand empört das. Gunnar Schupelius von der Berliner Zeitung fragt, warum so etwas in Deutschland kein nennenswerter Delikt ist und schreibt erfreulich klar:

Das letzte Wochenende hat tief blicken lassen. Wir wissen jetzt, dass Christen, wenn sie ihre Überzeugungen zum Ausdruck bringen wollen, mit wütenden Reaktionen rechnen müssen. Wir wissen, dass sie von einem breiten linken Bündnis an Politikern öffentlich diffamiert und von linksradikalen Tätern angegriffen werden.

Wir wissen, dass sich dann niemand dazwischenwirft und, schlimmer noch, dass alle Rechtsbrüche und Attacken von der Öffentlichkeit ignoriert werden.

Hier: www.bz-berlin.de.

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