Feminismus

Abtreibung, Ethik

Louise Perry geht zum Gottesdienst

Im September 2023 hatte ich darüber berichtet, dass die britische Journalistin Louise Perry vor der Rückkehr der Kindstötung warnte, die durch das Christentum verdrängt worden war. Die Feministin, die mit der Kritik der sexuellen Revolution in ihrem Buch The Case Against the Sexual Revolution bekannt geworden ist (vgl. hier), soll laut mehreren Quellen nun dabei sein, sich für den christlichen Glauben zu öffnen.

Jemimah Wright schreibt dazu: 

Louise Perrys Sichtweise lehnt den Feminismus nicht ab, sondern betrachtet ihn aus einer traditionelleren Perspektive. Ihre Kritik an der Hookup-Kultur, der Normalisierung von Pornografie und der liberalen Sexualmoral basiert auf ihrer Sorge um das Wohlergehen von Frauen in der realen Welt. Sie argumentiert, dass das, was einst als befreiend galt, in Wirklichkeit schädlich geworden ist und Frauen mehr denn je ausbeutet und ohne Unterstützung zurücklässt. Vor diesem Hintergrund erscheint das Christentum mit seiner Betonung von Monogamie, Selbstbeherrschung und Familie nicht mehr als rückschrittlich, sondern als erfrischend schützend.

Siehe dazu auch den Beitrag von Glen Scrivener:

Ethik, Gesellschaft, Zeitgeist

Der heterosexuelle Mann als Spielzeug

Wer sich heute dazu bekennt, kein Feminist zu sein, muss damit rechnen, in die rechte Ecke gestellt zu werden (vgl. hier u. hier). Schließlich können, so denken jedenfalls viele, nur Feministen demokratisch sein. Dabei hat der Feminismus den Mann inzwischen dermaßen dekonstruiert, dass es eigentlich progressiv wäre, für den Maskulismus einzutreten. 

Was meine ich damit?

Der alte Feminismus, obwohl ideologisch, vertrat meines Erachtens etliche schätzenswerte Anliegen, z.B. den Zugang zu Bildung oder das Wahlrecht für Frauen. Er wendete sich auch gegen die Verzweckung von Frauen. Die besten kritischen Bücher zum Thema Pornographie, die ich gelesen habe, stammen von Feministinnen.

Damals war der Mann noch nicht das Problem, sondern ein Gegenüber, mit dem sich Frauen auseinandersetzten.

Der Feminismus der sogenannten „dritten Welle“ ist hingegen intersektional, dekonstruktiv und queer. Es geht weniger um Gleichberechtigung als um Empowerment (also mehr Selbstbestimmung, Ermächtigung etc.). Dieser Feminismus begann, den Mann zu demontieren und zu bekämpfen. Und heute sind wir soweit, dass die Männer scheinbar nur noch als Spielzeuge zu gebrauchen sind. Das Model Emily Ratajkowski erklärte am 19. Juni 2025 etwa der Zeitschrift ELLE:

„Ich mag Männer immer noch“, fügt sie hinzu. „Ich habe nur keine heterosexuellen Männer in meinem Leben, es sei denn, sie sind romantisch interessant. In der Hierarchie der Bedürfnisse steht das ganz oben auf der Pyramide, was schön ist. [Männer sind] Vergnügen und Spaß, aber nicht Teil meines Kernlebens. Der Rest meines Lebens besteht aus der Gemeinschaft mit anderen Frauen und queeren Menschen und dem Muttersein.“ Mit diesen Frauen – darunter das Model und die Schauspielerin Adwoa Aboah – zu Abend zu essen und etwas zu trinken, gehört zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. „Es macht so viel Spaß, mit meinen Freundinnen zu quatschen“, sagt sie lachend. Die beiden fahren diesen Sommer zusammen in den Urlaub, und ja, „es wird brat“ [spöttische Bezeichnung für ein unartiges oder freches Kind]. 

Mirna Funk zeigt in ihrem sehr lesenswerten Artikel „Der heterosexuelle Mann als Fehler“, dass dieser Feminismus allerdings gar nicht den Sehnsüchten der meisten Frauen entspricht. Zitat:

Während medial Männerbashing als Empowerment gilt, wächst gleichzeitig das Interesse vieler junger Frauen an traditionellen Lebensmodellen. Laut einer Umfrage von 2021 wünschen sich 62 Prozent der Frauen unter 30 ein „klassisches Familienmodell“ mit einem Hauptverdiener und einer daheimbleibenden Mutter. In den USA zeigt eine Pew-Studie von 2022, dass fast die Hälfte aller jungen Frauen angibt, sich in Zukunft mehr um Kinder als um Karriere kümmern zu wollen. Ein Beweis dafür, dass weder die zweite noch die dritte Welle zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat. Denn emanzipiert ist eben nicht, wer Männer ausschließt. Emanzipiert ist, wer mit ihnen auf Augenhöhe leben kann. Wer nicht von der Unterwürfigkeit in die Überheblichkeit kippt. Von unterdrückt zu überlegen. Von Anpassung zu Arroganz. Wer denkt, Emanzipation bedeute die Machtverschiebung zugunsten der Frau, hat sie nicht verstanden. Wahre Gleichheit entsteht nicht im Machtkampf, sondern in der Beziehung. In der Verantwortung. In der Koexistenz.

Es ist anstrengender, mit Männern zu arbeiten, zu streiten, zu sprechen, als sie einfach auszuschließen. Es ist anstrengender, sich gegenseitig ernst zu nehmen, als sich gegenseitig zu canceln. Aber es ist genau diese Anstrengung, die Gesellschaft ausmacht. Alles andere ist Lifestyle. Und der kann noch so laut „Feminismus“ rufen. Er bleibt Eskapismus [d.h. die bewusste oder unbewusste Flucht aus der Realität] und vor allem Verweigerung. Die Verweigerung, sich ebenbürtig am gesellschaftlichen Geschehen zu beteiligen.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Apologetik, Evangelische Kirche

Christlicher Antifeminismus als Problem

Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (abgekürzt EZW) ist eine direkte historische Nachfolgeorganisation der Apologetischen Centrale (AC), die 1921 gegründet und 1937 unter Gestapo-Druck geschlossen wurde. Die AC wurde von dem Theologen Walter Künneth geleitet. Noch 1995 hat die EZW in ihrem Materialdienst auf diesen Entstehungszusammenhang hingewiesen. Ich zitiere (MATERIALDIENST DER EZW 5/1995, S. 156):

Walter Künneth war eine Schlüsselfigur, weil er ab 1932 die Apologetische Centrale leitete und ihr Profil prägte. Diese Centrale ist der unmittelbare Vorläufer der EZW, die ab 1960 ihre Arbeit fortsetzt – auch dank personeller und inhaltlicher Kontinuität. Die EZW versteht sich damit als Erbin der apologetischen, dokumentierenden und beratenden Arbeit, die Künneth in der AC geprägt hat.

Während einer Tagung der Evangelischen Notgemeinschaft in Deutschland e.V., die vom 31.3. bis 3.4. 1995 in Berlin-Spandau stattfand, wurde die im Aufbau befindliche Arbeit des im letzten Jahr gegründeten Walter-Künneth-Institutes vorgestellt. Das Institut hat die Aufgabe, „Strömungen des Zeitgeistes zu erkennen, seine verborgenen Tendenzen aufzuspüren, anhand biblisch-reformatorischen Schriftzeugnisses zu analysieren, kritisch zu beurteilen und die Ergebnisse für die Arbeit in Kirche und Gesellschaft umzusetzen“. Der erste Vorsitzende des Instituts, Adolf Künneth, verdeutlichte in einem Vortrag Aufgabenstellung und Arbeitsform des Instituts, das personell und institutionell eng der Evangelischen Notgemeinschaft zugeordnet ist und als Instrument zur Intensivierung der Arbeit verstanden werden kann. Künneth, pensionierter Jurist und Sohn des ehemaligen Leiters der Apologetischen Centrale in Berlin (von 1932 bis 1937) und späteren Erlanger Professors für Systematische Theologie, Walter Künneth, nannte in seinem Vortrag (Thema: „Von der , Apologetischen Zentrale‘ zum , Walter-Künneth-Institut‘. Wandel und Kontinuität christlicher Apologetik“) drei zentrale geistige Mächte, von denen sich die apologetische Arbeit heute insbesondere herausfordern lassen müsse und mit denen sich das Institut kritisch auseinandersetzen wolle: 1. Pluralismus bzw. Synkretismus, 2. Feminismus und 3. Sozialismus, der heute oft als Antifaschismus getarnt auftrete. Der Tagungsort, das Johannesstift in Berlin-Spandau, hatte auch symbolische Bedeutung. Bis Ende 1937 befand sich auf diesem Gelände die Apologetische Centrale, deren Arbeit das Walter-Künneth-Institut auf der inhaltlichen Ebene beerben möchte.

Wie sehr sich das Profil der EZW gewandelt hat, geht aus einem aktuellen Beitrag von Katharina Portmann hervor. Während früher die EZW den Feminismus noch als Problem eingestuft hat, ist es heute genau umgekehrt. Wer nicht für den Feminismus kämpft, hat ein Problem. Ich zitiere:

Nach biblizistischer Lesart sind biblische Aussagen direkt verständlich und zeitlos gültig. Am antifeministischen Motiv der Geschlechterkomplementarität, das der biblischen Schöpfungserzählung entnommen wird, lässt sich aufweisen, dass dieses hermeneutische Axiom einer Selbsttäuschung unterliegt. Denn die fragliche biblische Begründung ist blind für den massiven Einfluss der kulturellen Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts, die unser heutiges Verständnis von Mann- und Frausein maßgeblich prägen. Im Zuge der industriellen Revolution und des damit wachsenden Wohlstands der Bevölkerung haben sich Arbeitswelt und häusliche Sphäre scharf getrennt und wurden unter den Geschlechtern aufgeteilt. Den Frauen wurden aufgrund ihres Geschlechts und insbesondere aufgrund ihrer Fähigkeit, Kinder zu gebären, spezifische Eigenschaften zugeschrieben, die ihren Aktionsradius auf den häuslichen bzw. privaten Bereich beschränkten, während Männer der Erwerbsarbeit nachgingen und den öffentlichen Raum bestimmten (vgl. Schößler und Wille 2022, 15).

Die Überzeugung, Männer und Frauen seien gleichwertig, aber nicht gleichartig geschaffen, ist folglich kein Resultat der Bibelauslegung, sondern eine Projektion kultureller Selbstverständlichkeiten des 19. und 20. Jahrhunderts in die biblischen Texte. Es tritt klar zutage, dass die Bibel eben nicht losgelöst von kulturellen Vorverständnissen interpretiert werden kann. Die betreffende Geschlechterethik orientiert sich also nicht allein an der biblischen Überlieferung, sondern sucht das zu Beginn des 21. Jahrhunderts ins Wanken geratene Weltbild der beiden vorherigen Jahrhunderte zu zementieren.

Ein weiteres Kernproblem des Biblizismus ist die Ausblendung innerbiblischer Ambivalenzen oder Widersprüchlichkeiten. Auch hiervon ist die Überzeugung von der wertgleichen, aber nicht wesensgleichen Beschaffenheit von Männern und Frauen betroffen. Sie harmonisiert die Fülle von biblischen Beispielen für ein konfliktreiches und ambivalentes Geschlechterverhältnis. Und sie ignoriert dabei die vorhandenen diskriminierenden und sexistischen Passagen der Bibel – man denke nur an das zehnte Gebot, das Frauen als Besitz des Mannes definiert. Die Bibel stammt aus einer Zeit, die von patriarchalen Familien- und Gesellschaftsstrukturen geprägt war – diese Strukturen konsequent zur Norm für unsere Zeit zu erheben, würden sich auch die konservativsten Christen, jedenfalls die Frauen unter ihnen, kaum gefallen lassen.

Schade. Die EZW hat früher gute Materialien geliefert. Inzwischen betreibt die Zentralstelle jedoch vor allem die Apologie des Zeitgeistes. Ich vermute, dass die Experten gar nicht mehr wissen, was ein biblisch-reformatorisches Schriftverständnis ist. 

Mehr: www.ezw-berlin.de.

Bibelwissenschaft, Ethik

Will Jesus Frauen in der Küche sehen?

Die Plattform evanglisch.de zieht mal wieder über evangelikale Christen her, die der Meinung sind, dass Gott für Männer ein anderes Design geschaffen hat als für Frauen. Eine Mutter, die sich dafür entscheidet, ihre Kinder selbst zu erziehen, wird schon fast in eine Extremistenecke geschoben. Mindestens soll sie sich schlecht fühlen. 

Noch schlimmer aber ist, dass eine feministische Pastorin zitiert wird, die der Meinung ist: „Die Bibel enthält über 3.000 Stellen zum Thema soziale Gerechtigkeit: Das würde ich als Fingerzeig sehen, der auf Geschlechtergerechtigkeit hinweist.“ 

Ich vermute mal, die Zahl 3000 wurde aus der sogenannten Gerechtigkeitsbibel übernommen, die seinerzeit von der Micha Initiative herausgegeben worden ist. Da ist der Begriff „Soziale Gerechtigkeit“ aus dem 19. u. 20. Jahrhundert mal eben zurück in die Bibel projiziert worden. Hat das Konzept eigentlich schon mal jemand exegetisch untersucht? Fände das sehr interessant. 

Hier aber nun ein Absatz auf dem grandiosen (ironisch gemeint) Artikel: „Will Jesus Frauen in der Küche sehen?“:

Die Theologin Mira Ungewitter ist Pastorin einer freien baptistischen Gemeinde. Sie predigt und vertritt feministische Positionen. In ihrem Buch „Gott ist Feministin“ befasst sie sich vor allem mit Frauenfiguren und weiblichen Gottesbildern in der Bibel. „Die ersten Zeuginnen der Auferstehung waren Frauen, Frauen hatten führende Rollen in den ersten Gemeinden und sie waren Apostelinnen“, sagt Ungewitter. Für sie gehören Christentum und Feminismus untrennbar zusammen. „Die Bibel enthält über 3.000 Stellen zum Thema soziale Gerechtigkeit: Das würde ich als Fingerzeig sehen, der auf Geschlechtergerechtigkeit hinweist.“ 

Fritz [von der EZW in Berlin] betont, dass jeder Mensch die Bibel selektiv auslege. „Die Bibel ist ein großes Buch, ihre unterschiedlichen Aussagen sind in der Auslegung ideologisch dehnbar. Man hat mit der Bibel auch schon Polygamie und Sklaverei gerechtfertigt.“ Im Grunde sei die Rolle der Frau kein genuines Thema der Bibel, es würden einfach verschiedene Rollenvorstellungen vorausgesetzt. Die moderne Kleinfamilie, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, die in konservativ-christlichen Kreisen häufig als Ideal hochgehalten werde, finde sich nicht in der Bibel.

Gesellschaft

Der moderne Mann – außen weich und innen ganz leer

Franziska Zimmerer nimmt den Gegenentwurf zum alten, weißen Mann aufs Korn:

Selbstreflexion ist eine Superkraft für den modernen Mann. Der reflektierende Mann muss keine Verantwortung übernehmen, denn er reflektiert ja. Wie der Internet-Schreck Sebastian Hotz, bekannt als El Hotzo, zum Beispiel. Der Witzeschreiber von Jan Böhmermann wünschte Donald Trump den Tod, macht Witze gegen Andersdenkende.

Zuletzt veröffentlichte Hotz auf X ein Geständnis, das zeitgenössischer nicht sein könnte: „Ich habe gelovebombt, gegaslighted, manipuliert und von Exklusivität gesprochen, Frauen hingehalten und Beziehungen verheimlicht, um nicht aufzufliegen. Ich habe damit meine Position und mein Image als reflektierter Medienmann ausgenutzt, und viele damit verletzt.“
Auffallen mit Bescheidenheit

Übersetzt heißt das: Er hat Frauen beschissen behandelt, obwohl er permanent über toxische Maskulinität philosophiert und darüber ein Buch geschrieben hat.

Ebendieser moderne, reflektierte Medienmann nannte vor drei Monaten in einem Artikel auf „Zeit Online“ das Wort „Entschuldigung“ das „Gaffer-Tape“ des deutschen Wortschatzes: „Man sollte nie unterschätzen, wie phänomenal nützlich dieses Wort ist. Und es ist ja wirklich so, dass mir jede winzige Unannehmlichkeit, die ich bereite, entsetzlich leidtut. Garantiert für den kurzen Zeitraum, den es braucht, um ein ‚Entschuldigung‘ auszusprechen. Eventuell sogar lang genug, um eines Tages mein Verhalten zu ändern. Wer weiß!“ Sorry, not sorry.

Was den modernen Mann vom viel gescholtenen alten, weißen Mann unterscheidet? Er ist unehrlich. Er gibt vor, etwas zu sein, was er nicht ist. Er reflektiert öffentlich, um andere schlecht behandeln zu können. Er möchte auffallen, mit Bescheidenheit. Er fördert Frauen. Solange er die Kontrolle über sie hat. Der moderne Mann hat es leicht, aber macht es sich schwer. Außen weich und innen ganz leer.

Mehr: www.welt.de.

Gesellschaft

Eine Welt ohne Männer – endlich

Birgit Schmid hat mal zusammengetragen, wie Feministinnen den Mann zum Sündenbock machen und sich eine Welt ohne Männer vorstellen. Hier ein Auszug: 

Die Vision des heutigen Feminismus ist das Ende des Mannes. Damit verspricht man sich auch ein Ende von Sexismus und sexueller Gewalt. Aktivistinnen sehen in Männlichkeit ein Krebsgeschwür, das entfernt werden müsse. Werdende Mütter sind entsetzt über das männliche Geschlecht ihres ungeborenen Kindes, ein Bub wird als „waste of space“ im Uterus angesehen. Der Hashtag #MenAreTrash verweist die Männer an ihren Ort: in den Abfall.

Diese radikalfeministischen Positionen knüpfen an Vernichtungsphantasien früherer Feministinnen an. Die Amerikanerin Andrea Dworkin bezeichnete Sex zwischen Mann und Frau in den 1970er Jahren als Vergewaltigung der Frau. „Terror strahlt aus dem Mann“, schrieb sie, „Terror erleuchtet sein Wesen, Terror ist sein Lebenszweck.“ Sie stellte sich vor, wie man Männer ausschalten könnte – mit Highheels als Waffe. Die Schriftstellerin Valerie Solanas träumte von einer Welt, in der ausschliesslich Frauen leben. Sie veröffentlichte 1971 ihr „Manifest der Gesellschaft zur Vernichtung der Männer“. Die allerdings psychisch angeschlagene Männerhasserin setzte ihr Anliegen in die Tat um, als sie auf Andy Warhol schoss. Mit Solanas befasste sich Michel Houellebecq in seinem Text „Wozu sind Männer gut?“. Der Mann sei „zu so gut wie nichts mehr gut“, schreibt Houellebecq. „Vorstellbar ist, dass in vergangenen Zeiten, als es zahlreiche Bären gab, die Männlichkeit eine spezifische und unersetzliche Rolle spielte. Und heute, fragt man sich?“ Heute sind sogar Bären die besseren Männer.

Nun lassen sich die Männer nicht auf Knopfdruck aus der Welt entfernen. Hier übernimmt die Literatur. Die Literatur führt die Phantasien von einer Welt ohne Männer aus. Schriftstellerinnen entwerfen feministische Utopien. In diesen Science-Fiction-Romanen bilden Frauen eine Gesellschaft, in der es keine Ungleichheit, keine Kriege mehr gibt. Güter werden geteilt, Frauen und Kinder leben in Sicherheit, die Wirtschaft ist nachhaltig, auch die Umwelt erholt sich.

Mehr: www.nzz.ch.

[#ad]

Evangelikale

Das Phänomen Antifeminismus

Stellen wir uns mal vor, bei der ARD würde eine evangelikale Redakteuerin sagen: Ich bin eine Evangelikale und möchte jetzt mal wissen, warum es Frauen gibt, die die gefährliche Ideologie des Feminismus bejahen. Undenkbar, oder?

Umgekehrt geht. Eine Feministin knüpft sich einige mutige christliche Frauen vor und malt uns Zuschauern (natürlich mit Deutungshoheit und cleverem Schnitt) ihre vermeintliche ideologische Verblendung vor Augen. Die Botschaft: Wer von einer natürlichen Geschlechterordnung ausgeht, ist demokratiefeindlich. Wer den Feminismus nicht unterstützt, potentiell gefährlich. 

Hier mal reinschauen: www.ardmediathek.de.

Gesellschaft, Ethik

Unlearn Patriarchy

Unlearn„Die Welt ist stark von patriarchalen Werten und Normen geprägt, und ich glaube, dass wir uns das sehr selten bewusst machen“, sagt Lisa Jaspers, Autorin und Mitherausgeberin des Sammelbands Unlearn Patriarchy (vgl. hier). Seit einigen Monaten wird viel über das Buch gesprochen. Die Klimaaktivistin Luisa-Marie Neubauer, die gefühlt in den deutschen Medien omnipräsent ist, schreibt darüber: „Große strukturelle Denkhindernisse werden in diesem Buch von klugen Köpfen analysiert. Sie helfen zu verlernen, was Gegenwart und Zukunft zerstört.“

Was zerstört Gegenwart und Zukunft? Die Autorinnen des Buches eint die Überzeugung, dass patriarchale Verhaltensmuster und Glaubenssätze unser Leben prägen und daher aufgesprengt werden müssen. Dazu gehören beispielsweise Vernunft, Wahrheit und Wissenschaft, kurz: der Logos. Magnus Klaue schrieb treffend:

Denn für „Unlearn Patriarchy“ und alle Feinde des Westens, in deren Namen der Band spricht, sind Erziehung, Bildung, Sprache, Logos, Reflexions- und Urteilsfähigkeit nichts als Ausdruck des falschen Ganzen, das, weil alle wissen, dass damit immer das Schlechte gemeint ist, „Patriarchat“ heißt. Um dieses falsche Ganze zu bekämpfen, das sich in Form kollektiver schlechter Gewohnheiten niedergeschlagen hat, müsse man sich alle Spuren westlicher Sozialisation im Habitus, Denken und Sprechen abgewöhnen: Man muss buchstäblich den Glauben an Vernunft und Wahrheit verlernen, damit eine diverse Welt möglich ist.

Friederike Otto schreibt in ihrem Beitrag tatsächlich: „Wissenschaft ist daher das, was weiße Männer dafür halten, und das, was alle anderen von weißen Männern als wissenschaftlich zu erkennen gelernt haben“ (S. 95).

Doch Gegenwart und Zukunft wird nicht nur vom Logos, sondern auch von der bürgerlichen Familie und ihrer Heterosexualität zerstört. Emilia Roig treibt dieses Narrativ sendungsbewusst in ihrem Buchbeitrag „Unlearn Liebe“ voran (S. 60–61):

Die überwältigende Mehrheit der Menschen lebt in heterosexuellen Ehen oder Partnerschaften. Dies mag sich für viele Menschen natürlich anfühlen, aber die Heterosexualität ist größtenteils erlernt und wird gesellschaftlich gefördert und begünstigt. Warum? Weil sie wichtige Funktionen in unserer Gesellschaft erfüllt.

Die Frauen und ihre Sexualität, ihre Körper und Reproduktionsfunktion sowie ihre Arbeitskraft, ihren Besitz und ihr Kapital zu kontrollieren, ist die wichtigste Funktion der Heterosexualität – die durch die Ehe institutionalisiert wird. Diese Kontrolle kann nur kollektiv, institutionell, systemisch ausgeübt werden, auch wenn Frauen individuell das Gefühl haben, dass sie dieser Logik entkommen können und gar nicht in ihr gefangen seien. Unsere Sozialisation kultiviert in uns das Gefühl, dass die von uns erfahrene Liebe losgelöst sei von jeglichen gesellschaftlichen Mustern, von Hierarchien, Dominanz oder Unterdrückung. »Das mag alles draußen passieren, aber nicht bei mir, mein Mann ist anders. Uns betrifft das nicht.« Solche Sätze höre ich oft, wenn ich mich mit heterosexuellen Frauen über das Patriarchat unterhalte. Doch was in unseren intimen Leben geschieht, ist politisch und strukturell, nicht nur individuell -Frauen werden in eine Falle gelockt, wenn sie glauben, sie blieben verschont vom Patriarchat. So entwickelt sich ein Tabu: Das Patriarchat wird innerhalb der heterosexuellen Paarbeziehung nicht gern angesprochen. Feminismus ja, aber nur, wenn es die öffentliche Sphäre betrifft: Gender Pay Gap, sexuelle Belästigung auf der Straße, mangelnde Repräsentation der Frauen in Politik und Wirtschaft. Aber was zu Hause passiert, ist zu empfindlich, zu privat, zu fragil. Der Affekt ist zu groß. Patriarchale Muster innerhalb von heterosexuellen Beziehungen werden zudem oft individualisiert und nicht als systemisch betrachtet. Es handelt sich dann um »Beziehungsprobleme«, nicht um patriarchale Unterdrückung.

Da kommt die Liebe ins Spiel. Für Shulamith Firestone erfüllt die Liebe eine Schlüsselfunktion im Patriarchat. Sie könne mit einer Droge verglichen werden, die Frauen von der patriarchalen Unterdrückung abhängig mache.

Hier haben wir die klassische marxistische Sichtweise von der kleinbürgerlichen Familie, die die Unterdrückung des Menschen durch den Menschen aufrechterhält und daher beseitigt werden muss, um den Menschen zu befreien.

Carl Trueman schreibt dazu: „Die sexuelle Revolution hat letztlich ein großes Ziel, nämlich die Zerstörung der Familie. Das leuchtet ein, denn die Familie ist das wichtigste Instrument, mit dem Werte von einer Generation zur nächsten tradiert werden. Aus marxistischer Sicht ist die Familie somit das Mittel, mit dem das falsche Bewusstsein weitergegeben und im Laufe der Zeit reproduziert wird. Ihre Zerschlagung ist daher unerlässlich. Die Werkzeuge für diese Zerstörung finden sich für Firestone in den Mitteln der Technik“ (Der Siegeszug des modernen Selbst, 2022, S. 311).

Bücher, Evangelikale

Evangelikaler Feminismus

Die Evangelikalen in Deutschland entdecken nun auch den Feminismus. Sie sind etwas spät dran. Dafür sind sie aber forsch. Gefordert wird zum Beispiel eine 50:50 Quotenregelung. Und ich zitiere mal die Theologin Daniela Mailänder (erinnert so ein bißchen an das „Mutterherz Gottes“):

Ich bin 1982 geboren und im Bereich Theologie bin ich sicherlich stärker von Männern geprägt worden. Wir sprechen seit Jahrtausenden von Gott, dem Vater, und eben nicht von Gott, der Mutter, und werden noch lange brauchen, bis wir diese Einseitigkeit aufbrechen.

Interessant finde ich, wer sich alles hinter das Projekt „Gleichstellung“ stellt, darunter Christine und Steffen Kern (Gnadauer Verband), Agnes und Matthias Brender (BibelTV) sowie Mareike und Jörg Dechert (ERF).

Wer ein gutes Buch zum Thema „feministische Exegese“ sucht, sollte sich Jesus and the Feminists: Who Do They Say That He Is? von Margaret E. Köstenberger mal anschauen.

Hier geht es zur Meldung von PRO: www.pro-medienmagazin.de.

Feuilleton

Zusammenleben in einer post-männlichen Zivilisation

Die Biologin Meike Stoverock ist davon überzeugt, dass die Evolution früher oder später ein Matriarchat herbeiführen wird. Ihrer Meinung nach steuern wir mit Volldampf auf eine post-männliche Weltordnung zu. Die stellt sie sich folgendermaßen vor:

Nun macht Meike Stoverock Vorschläge, wie das Zusammenleben von Männern und Frauen in einer post-männlichen Zivilisation aussehen könnte, einer Weltordnung, in der Frauen im Lauf ihres Lebens tendenziell mehrere Alphamänner auswählen, in der aber nicht jeder Topf einen Deckel findet. Sie rechnet ab mit der Institution der Ehe, in der sie ein Instrument der Unterdrückung von Frauen sieht, fordert eine Abkehr von der romantischen Vorstellung, dass Männer und Frauen in lebenslanger Monogamie glücklich werden können.

Männer, die in dieser neuen Weltordnung keine Frauen mehr finden, sollen auf andere Weise versorgt werden – Stoverock denkt über Sexualassistentinnen nach und über die Rolle von Prostitution, sie bezeichnet Pornografie als mögliche „gesellschaftsverträgliche Stütze“ für Männer.

„Männer, die nie oder nur sehr selten Sexpartnerinnen finden, müssen ethische und gesellschaftlich akzeptierte Möglichkeiten bekommen, ihre sexuellen Bedürfnisse zu erfüllen.“

Meike Stoverock hat ein aufwühlendes Buch geschrieben. Es ist radikal und provoziert manchen Widerstand. Damit geht sie klug und vorausschauend um und entkräftet Gegenargumente, die beim Lesen aufsteigen können. Man muss das nicht alles mögen, was sie schreibt, man kann sich empören über ihr Bild von Männern und Frauen, ihre Ablehnung der Ehe, die Art ihrer Religionskritik. Aber gerade deshalb ist ihr Buch so lesenswert – weil es dazu auffordert, völlig neu über das Verhältnis von Männern und Frauen nachzudenken und auch: zu streiten.

Ich finde die Thesen weder überzeugend noch originell, wie wohl die meisten Leute. Trotzdem sehe ich vor meinem inneren Auge Frau Dr. Meike Stoverock schon von einer Talkshow zur anderen tingeln. Die Moderatorinnen werden so begeistert sein wie Monika Dittrich, die das Buch für das DLF-Format „Ausdruck“ besprochen hat:

VD: WH

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner