Sünde

„Der Mensch will nicht, dass er Sünder sei“

Gerhard Ebeling schreibt in Anlehnung an Luther über den christlichen Sündenbegriff (Dogmatik des christlichen Glaubens, Bd. 1, 1979, S. 365):

„Wie man die Sünde als ein Nichtwollen, daß Gott Gott sei, charakterisieren kann, so will auch der Sünder nicht, daß er Sünder sei, wie er gleichfalls nicht will, daß er Geschöpf sei. Der Sünder will also die Sünde nicht wahrhaben.

Der neue Sündenbegriff

Michael Herbst zitiert in seiner Seelsorgelehre bei Marianne Gronemeyer einen spätmodernen Sündenbegriff (Michael Herbst, Beziehungsweise  2012, S. 569):

„Ich werde an meinem einzigen Leben schuldig, wenn ich nicht ein Optimum an persönlicher Erfüllung erreiche.“

Vom Mut des Glaubens zur Umkehr

Wilfried Joest schreibt über den Ruf zur Umkehr unter Gottes Vergebung (Dogmatik, Bd. 2, 1986, S. 485):

Wer aus einem Leben, in dem er von Gottes Wort noch gar nicht berührt war, erstmals zum Glauben gerufen und erweckt wird, der wird das in der Tat als eine Bekehrung erfahren, durch die seine glaubensfremde Vergangenheit unterschieden wird von dem neuen Lebensweg, der ihm aufgetan wurde. Wer von Kindheit an zum Glauben geführt wurde und ihm nie ganz entfremdet war, dem kann nicht als Gesetz auf erlegt werden, auch er müsse zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens das Durchbruchserlebnis einer einmaligen Bekehrung erfahren, um in Wahrheit Christ zu sein. Aber niemand von uns ist so vollendet im Glauben und in der Liebe und so endgültig aller Sünde entnommen, daß er nicht dessen bedürftig bleibt, immer wieder den Ruf zur Umkehr unter Gottes Vergebung zu hören und ihm zu folgen. Das gilt für den von Kindheit an zum Glauben Geführten; aber auch für den, der zu einem späteren Zeitpunkt erstmals seine Bekehrung zum Glauben erfuhr.

Gottebenbildlichkeit und Sünde

Der Mensch wurde von Gott majestätisch ausgestattet. „Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und sieh, es war sehr gut.“ (Gen 1,31). „Du hast ihn wenig geringer gemacht als Gott, mit Ehre und Hoheit hast du ihn gekrönt“, schreibt der Psalmist in Ps 8,6. Allerdings ist der Mensch durch den Sündenfall aus dem status integritatis (d.h. Stand der Unversehrtheit vor dem Fall) in den status corruptionis (d.h. Stand der Verderbnis nach dem Fall) gefallen.

Damit ergeben sich allerlei Fragen: Welche Konsequenzen hatte der Sündenfall auf die Gottebenbildlichkeit? Ist uns Menschen unter der Sünde überhaupt die Gottebenbildlichkeit erhalten geblieben? Die kirchlichen Antworten fallen nicht einheitlich aus. Schon Augustinus hat mit dieser Frage gerungen. Der Kirchenvater schrieb in seiner Auslegung zur Genesis: „Adam hat durch die Sünde das Bild Gottes (lat. imaginem Dei) verloren, nach dem er erschaffen worden ist“ (27,38). In den Retractationen kommentierte er später korrigierend: Das „ist nicht so zu verstehen, als ob nichts vom Bilde in ihm zurückgeblieben wäre, sondern in dem Sinn, dass dieses Bild so verfremdet worden ist, dass es neu geformt werden musste“(II, 24).

Ich will hier einige der vorgeschlagenen Lösungen erörtern.

(1) Die altkirchliche Anthropologie versuchte das Problem dadurch zu lösen, dass sie streng zwischen Ebenbildlichkeit (imago) und Ähnlichkeit (similitudo) unterschied. Das Ebenbild umfasst die personalen Qualitäten des Menschen und bleibt ihm auch im status corruptionis erhalten. Die Gottähnlichkeit beinhaltet moralische Qualitäten, die dem Menschen durch den Sündenfall verloren gegangen sind. Die imago Dei ist gegenüber der Gottähnlichkeit also niederer aber dafür unverlierbar, die höhere similitudo ist dagegen verlierbar.

(2) Die Reformatoren verwarfen die patristisch-mittelalterliche imago-Lehre. Zum einen hielten sie die überkommene exegetische Begründung eines dualistischen imago-Begriffes für unhaltbar. Aus der Unterscheidung von demût und tsælæm in Gen 1,26 lasse sich kein doppelter Begriff ableiten, vielmehr handele es sich dort um einen hebräischen Parallelismus. „Der Mensch heißt ‚Ebenbild‘“, – so Calvin – „weil er eben Gott ‚ähnlich‘ ist!“ (Institutio I,15,3).

Auch aus systematischen Überlegungen heraus distanzierten sich die Reformatoren von der katholischen Fassung. Sie erkannten in der Unterscheidung von Ebenbild und Gottähnlichkeit einen Dualismus von Natur und Gnade, die Gefahr also, dass der Mensch in eine natürliche und übernatürliche Seinsweise geteilt werde. Demzufolge setze die Gottähnlichkeit auf die dem Menschen konstant gegebene Natur auf. Die natura würde in diesem Sinne weitgehend als ein neutrales Gebiet verstanden. Und genau hier, nämlich bei der Annahme einer vom Sündenfall unberührten Ebenbildlichkeit – die ja oft mit dem Verstand und der Willensfreiheit gleichgesetzt wurde – sahen die Reformatoren eine verhängnisvolle Verkürzung der biblischen Anthropologie. Die Natur ist gemäß reformatorischer Theologie kein neutraler Ort. Die Folgen des Falls haben den gesamten Menschen korrumpiert und ihm eine ihn in die Gottesferne treibende Dynamik verliehen. Der Mensch ist gerade kein ruhender Block, er ist viel „ärger dann ein Stein und Block, dann er widerstrebt dem Wort und Willen Gottes bis Gott ihne vom Tode der Sünden erwacht, erleuchtet und erneuert“. Es ist eben wirklich nichts Gutes im Menschen (vgl. Röm 7,18).

Tatsächlich vertritt die Lutherische Konkordienformel einen so engen imago-Begriff, dass sie die Gottebenbildlichkeit mit der iustitia originalis, also der Ursprungsgerechtigkeit, gleichsetzt und damit eine Gottesebenbildlichkeit des natürlichen Menschen bestreitet. Calvin kommt zu einem ähnlichen Schluss, wenn er schreibt (Institutio I,15,3):

„Das Ebenbild Gottes ist also die ursprünglich hervorragende Stellung der menschlichen Natur, die in Adam vor dem Fall hell erstrahlte, danach aber derart verderbt, ja schier zerstört worden ist, dass aus dem Untergang nur noch Verworrenes, Verstümmeltes und Beflecktes übrig geblieben ist.“

Um die Radikalität dieses Gedankens abzuschwächen, deuteten die Reformatoren gelegentlich einen Rest der Imago im natürlichen Menschen an. Insgesamt jedoch ist die Tendenz erkennbar, der Sünde und ihren Folgen eine die Gottebenbildlichkeit zersetzende Macht zuzugestehen.

(3) Hilfreich ist deshalb die von der altprotestantischen Orthodoxie (Quenstest u. Holla) eingeführte und später von Brunner weiterentwickelte Differenzierung zwischen einer Gottebenbildlichkeit im allgemeinen Sinn (imago Dei generaliter) und im besonderen Sinn (imago Dei specialiter). Die erste der beiden wird strukturell, die zweite materiell gefasst. Während dem Menschen mit seiner Personalität auch nach dem Fall ein „Strukturimago“ erhalten geblieben ist, ist die Urgerechtigkeit im status corruptionis verlustig gegangen. Erst dem Menschen im Stand der Gnade wird die besondere Ebenbildlichkeit wiedergeschenkt. Die dann neue Kreatur (2Kor 5,17) wird durch den Geist des Herrn zum vollkommenen Ebenbild des Sohnes Jesus Christus erneuert (vgl. Röm 8,29; 2Kor 3,18; Eph 4,24 u. Kol 3,10). Christus allein kann den durch Sünde entstandenen Schaden durch göttliche Rechtfertigung heilen. Joest, der die imago stark christozentrisch interpretiert, schreibt treffend:

„Er [Christus] ist die eikôn Gottes (2.Kor 4,4; Kol 1,15; dem Sinn nach auch Hebr 1,3). Man wird das in doppeltem Sinn zu verstehen haben: er ist es, weil in ihm als dem eingeborenen Sohn Gott selbst heilbringend gegenwärtig ist und darin sein das Rechte schaffendes Verhalten zum Menschen erweist. Und er ist es, sofern er als der erstgeborene Sohn das rechte Verhalten des Menschen zu Gott verwirklicht. In diesem zweiten Sinne kann dann gesagt werden, daß wir ‚seinem Bilde gleichgestaltet‘ werden sollen (Röm 8,29; Kol 3,10).“

Die völlige Gleichgestaltung mit dem Sohn bleibt dabei eschatologisches Ereignis. Seinen „vollen Glanz“ wird der Gerechtfertigte erst im Himmel bekommen (Institutio, I,15,4).

Die altkirchliche Unterscheidung zwischen Ebenbildlichkeit und Gottähnlichkeit ist also exegetisch fragwürdig und aufgrund des implizierten neutralen Bodens im Menschen euphemistisch. Die radikale reformatorische Behauptung einer Auflösung der imago Dei im natürlichen Menschen kann ebenfalls nicht überzeugen, da sie die in Gen 9,6 und Jak 3,9 allen Menschen zugestandene Gottebenbildlichkeit unberücksichtigt lässt. Die durch die Orthodoxie eingeführte Unterscheidung zwischen einer Struktur- und Materialimago kann begrifflich überzeugen und harmoniert mit dem Gesamtzeugnis der Schrift.

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Hier der Beitrag als PDF-Dabei mit den Quellenangaben: Gottebenbildlichkeit.pdf

Der Weg der Versuchung

Nachfolgend ein Beitrag von Professor Bauder über die Versuchung:

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Der Weg der Versuchung

Kevin Bauder

Christen haben manchmal eine nicht ganz richtige Vorstellung von der Versuchung. Manche halten die Versuchung selbst schon für das Böse, als ob allein das versucht werden bereits eine Sünde sei. Auf der anderen Seite könnte man glauben, die Versuchung allein sei nur der ursprüngliche Auslöser, der letztendlich zur eigentlichen Sünde oder auch zur wiederholten Sünde führt. In Wahrheit aber sind die anfänglichen Stadien der Versuchung gar nicht so heimtückisch, wie manche glauben, während die späteren Stadien der Versuchung viel finsterer sind, als manche erahnen. Die Versuchung geschieht in mehreren Stadien und jedes einzelne davon beinhaltet schrittweise, zunehmende Verstrickung in der Sünde. In den folgenden Absätzen werde ich die Stadien der Versuchung zusammenfassen und erklären, wie man von einem Schritt zum nächsten immer mehr dem Objekt der Versuchung unterworfen wird.

Die erste Stufe der Versuchung ist die Neigung. Zu diesem Zeitpunkt begegnet ein Mensch dem Objekt der Versuchung und wird auf gewisse Art und Weise davon angezogen. Das Objekt oder dessen Anziehungskraft allein sind nicht unbedingt schon Sünde. Ein Mensch empfindet einfach ein Verlangen, das unter den gegebenen Umständen nicht rechtens befriedigt werden kann. Eine ganz und gar grundlegende Form dieser Versuchung finden wir in der ersten Versuchung Jesu: Er war hungrig und er war versucht, Brot zu erschaffen. Das Verlangen nach Nahrung war nicht falsch, aber es konnte unter den gegebenen Umständen nicht legitim befriedigt werden. Wird die Versuchung in diesem Stadium abgewehrt, so wurde keine Sünde begangen.

Wenn man der Neigung jedoch nicht widersteht und sie zurückweist, dann entsteht Erwägung. In diesem Stadium greift das Objekt der Versuchung mehr und mehr von dem Menschen Besitz. Es wird ständig vor das geistige Auge gehalten und die davon ausgeübte Faszination kann fast schon an Besessenheit grenzen. Anstatt vor der Versuchung zu fliehen, nähert man sich ihr an. Dies ist das Stadium, in welchem die Versuchung ein gewisses Element der Sünde beinhaltet, denn unsere Gedanken müssten sich nicht zwangsweise so sehr mit dem Objekt der Versuchung beschäftigen. Im richtigen Umgang mit Versuchung könnte man an dieser Stelle ein Signal sehen, die Gedanken auf andere Dinge zu lenken, die in der Tat unserer Erwägung wert sind.

Wird die Erwägung nicht unterbrochen, so führt sie zur Erlaubnis. Ab einem gewissen Punkt hält man das Objekt der Versuchung für so begehrenswert, dass man danach greift. Das eigentliche Delikt ist noch nicht geschehen und wird vielleicht sogar niemals Wirklichkeit werden, denn vielleicht findet der Mensch keine richtige Gelegenheit das Zugelassene auch in die Tat umzusetzen. Dennoch hat er, indem er innerlich bereits die Erlaubnis gegeben hat, seiner Entscheidung Ausdruck verliehen, die Tat bei der nächstmöglichen Gelegenheit zu verwirklichen. Hier und da kann auch eine weniger direkte Ersatztat gegen die eigentlich beabsichtigte und direkte Sünde ausgetauscht werden. Wie Jesus selbst klarstellte, üble Nachrede ist Mord, Lust ist Ehebruch, und schlüpfrige Rede ist Meineid. Ist die Entscheidung einmal getroffen, so ist der Mensch bereits in die Sünde verwickelt.

Die natürliche Folge der Zulassung ist die Teilnahme. Dies ist die unverhohlene Ausführung der Sünde (oder die Unterlassung der Pflicht), nicht länger als eine Überlegung im Herzen, sondern als eine willentliche Tat. Selbst bei Sünden der Gesinnung vollzieht sich ein gewisser Wandel zwischen der Erwägung und der Teilnahme. Es gibt einen Punkt, an welchem der Mensch aufhört, gegen die verbotene Gesinnung anzukämpfen und ihr stattdessen frönt. Sehr oft repräsentiert die Teilnahme einen Wendepunkt in dem Verhältnis zu der Sünde. Wenn man sich erst einmal willentlich, aktiv und vorsätzlich der Sünde befleißigt hat, so wird der Wille geschwächt und Wiederholtes sündigen wird leichter. Weiteres Verbleiben in der Sünde ist daher zu erwarten.

Im fortgeschrittenen Stadium der Teilnahme wandelt sich die Versuchung nun zur Gewohnheit. Um es mit den Worten von John Donne zu sagen [ein englischer Schriftsteller, der von 1572–1631 lebte, Anmerkung des Übersetzers], bleibende Gewohnheiten bilden sich infolge von Inkonsequenz. Jeder Genuss der Sünde schwächt den Willen und führt damit zu weiterer Hingabe. Letztendlich wird die Sünde ein beständiger Teil des täglichen Lebens. Je mehr sich der Mensch an die Sünde gewöhnt, umso normaler erscheint sie ihm. Sie verschmilzt mit seiner Umwelt. Sie wird derart durchsichtig, dass sie wie eine Linse funktioniert, durch die der Sünder seine Wirklichkeit wahrnimmt. In diesem Stadium ist der Sünder nicht einfach nur ein Sünder, sondern ein Sklave. Die Sünde hält den Sünder gefangen und beginnt allen Dingen einen neuen Anstrich zu verleihen.

Das letzte und schlimmste Stadium ist erreicht, wenn die Versuchung zur Identifikation wird. Die Sünde wird so sehr ein Teil des Lebens, dass nach und nach die Identität des Sünders durch sie geformt wird. Die Sünde erreicht einen Punkt, an welchem der Sünder sein eigenes Selbst nur noch vor dem Hintergrund des begehrten Objekts wahrnimmt. Es ist ein Teil von ihm geworden. Er kann sich das Leben ohne die Sünde nicht länger vorstellen. Verlöre er sie, so wüsste er nicht mehr, wer er wirklich ist. Die Sünde beherrscht nicht nur sein äußeres Verhalten, sondern auch die inneren Bezugspunkte. Sich zu diesem Zeitpunkt der Sünde noch zu entledigen kann dem Sünder so vorkommen, als müsste er sich selbst umbringen, denn die Sünde ist Teil der eigenen Identität geworden.

Es gibt noch ein anderes Stadium, das jedoch keinen bestimmten Platz in dieser Reihenfolge einnimmt. Es ist der Schritt der Legitimierung. Ein Mensch, der eine Sünde legitimiert, sieht sie nicht länger als Sünde an, sondern hat einen Weg gefunden, sie zu rechtfertigen. Dieses Stadium tritt nicht immer ein. Viele Sünder wissen genau, dass sie sündigen und geben es offen zu, selbst wenn sie bereits bis zum Stadium der Identifikation fortgeschritten sind. Andere jedoch versuchen, sich zu rechtfertigen, indem sie einen Weg finden, die Sünde neu zu definieren, so dass sie nicht länger sündig ist, zumindest nach ihrer eigenen Auffassung.

Jeder Versuchung muss man im frühestmöglichen Stadium begegnen. Wartet man ab, bis die späteren Stadien eingesetzt haben, so wird es um ein Vielfaches schwieriger, der Sünde noch zu widerstehen. Ebenso führt es dazu, dass man sich selbst immer mehr mit der Sünde befasst. Das erste Stadium, die Neigung, bringt nicht unbedingt gleich Schuld mit sich, aber jedes weitere Stadium beinhaltet eine mehr und mehr zunehmende Teilhabe an der Sünde. Es gibt übrigens kein Stadium, in welchem Gott nicht mehr in der Lage wäre, den Sünder aus Gnade zu erretten, aber es wäre eine unschickliche Prüfung Gottes, sich auf Errettung aus einem fortgeschrittenen Stadium der Versuchung zu verlassen, wo doch Jesus selbst eine derartige Prüfung Gottes zurückgewiesen hat. Dementsprechend muss jeder Christ Gott frühzeitig um Gnade ersuchen und alle Mittel einsetzen, die Gott zur Heiligung im Angesicht der Versuchung angeordnet hat.

Professor Dr. Kevin Bauder ist Professor für Systematische Theologie am „Central Baptist Seminary“ in Plymouth, Minnesota (USA). Wiedergabe des Artikels mit freundlicher Genehmigung, Übersetzung von Oliver Seitz. 

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Hier der Artikel als PDF-Datei:  Versuchung_1.0.pdf.

Als Gott die Sünder schuf

In der aktuellen Ausgabe von chrismon stellt sich der Chefredakteur Arnd Brummer der Frage: »Warum soll Gott Geschöpfe bestrafen, die er als Sünder geschaffen hat?«. Da schon die Frage falsch gestellt ist, darf man von der Antwort nicht viel erwarten. Aber wieder einmal wurden meine Erwartungen untertroffen. Anknüpfend an die irreführenden Denkbahnen seines atheistischen Schulfreundes bekennt Brummer:

Also gut: Ich glaube nicht an einen strafenden Gott. Ich halte es da mit dem evangelischen Theologen Friedrich Schleiermacher. Ich glaube an einen Gott, der wusste, was er tat, als er Menschen schuf. Er hat nicht zufällig fehlbaren Typen das Leben eingehaucht, die einen freien Willen haben, nach Erkenntnis streben und dabei alle möglichen Torheiten begehen. Und den größten Mist machen sie, wenn sie es gut meinen. Warum aber soll Gott sie dafür bestrafen, dass er sie so geschaffen hat?

Hier die ganze Geschichte: chrismon.evangelisch.de.

Gaga: »Ich bin eben so geboren«

Es war wieder eine große Inszenierung. Lady Gaga wurde bei den Grammy Awards in einem Ei auf die Bühne getragen und performte ihren neuen Song »Born This Way«. Die Botschaft ist klar: Lebe so, wie es dir entspricht. Liebe dich selbst und tue das, was dein Herz dir sagt. Du bist als Superstar geboren. Also benimm dich wie eine Königin und alles ist gut. Es gibt keine falschen Wege. Das Brüten sei unabdingbar gewesen, »weil eine ganz neue Rasse auf die Welt kommen sollte – eine Rasse, die weder die Fähigkeit zu richten noch zu hassen in ihrer DNA habe« (FAZ vom 15.02.2011, Nr. 38, S. 7).

Gaga:

No matter gay, straight or bi
Lesbian, transgendered life
I’m on the right track, baby
I was born to survive
No matter black, white or beige
Chola or orient made
I’m on the right track, baby
I was born to be brave
I’m beautiful in my way,
‘Cause God makes no mistakes
I’m on the right track, baby
I was Born This Way

Alles ist gut so, wie es ist? Höre auf dein Herz? So einfach ist das nicht!

Es stimmt: Gott hat uns sehr gut geschaffen (Gen 1,31). Aber wir Menschen waren (in Adam) Gott ungehorsam, gehen als Abtrünnige unsere eigenen Wege (vgl. Röm 5). Unser Herz ist trügerisch, manchmal eine große Räuberhöhle. Unser »Dichten und Trachten« ist böse von Jugend an (Gen 8,12). »Verschlagener als alles andere ist das Herz, und unheilbar ist es, wer kann das verstehen?« (Jer 17,9). Da wir Gott nicht ehren, ist es in uns dunkel geworden. Paulus beschreibt das so (Röm 1,21):

Denn obwohl sie Gott erkannten, haben sie ihm nicht die Ehre gegeben, die Gott gebührt, noch ihm Dank gesagt, sondern sie verfielen mit ihren Gedanken dem Nichtigen, und ihr unverständiges Herz verfinsterte sich.

Machen wir unser eigenes Herz zum letzten moralischen Maßstab, kann das böse enden. Ich nehme Lady Gaga mal beim Wort. Wenn Gott unser Schöpfer ist, dann weiß er genau, was gut für uns ist und kann sich uns auch mitteilen. Genau das hat er getan. Er hat uns gute Gebote gegeben, die das Leben fördern. Deshalb bekennt Gott: »Ach dass sie ein solches Herz hätten, mich zu fürchten und zu halten alle meine Gebote ihr Leben lang, auf dass es ihnen und ihren Kindern wohlginge ewiglich!« (Dt 5,29).

Gottes Gebote schützen uns vor unseren verführbaren Herzen. Als Rebellen mögen wir diese Gebote nicht. Wir glauben, sie behindern uns an der Selbstentfaltung. Sogar dann, wenn wir an ihnen Gefallen finden und sie halten wollen, merken wir: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Der Prophet Ezekiel schreibt deshalb (18,31): »Werft all eure Vergehen von euch, mit denen ihr euch vergangen habt, und schafft euch ein neues Herz und einen neuen Geist!«.

Ein neues Herz schenkt Gott denen, die an ihn glauben. Gott kann uns in Jesus Christus unsere Schuld vergeben und unser Inneres neu machen: »Und ich werde euch ein neues Herz geben, und in euer Inneres lege ich einen neuen Geist. Und ich entferne das steinerne Herz aus eurem Leib und gebe euch ein Herz aus Fleisch« (Ez 36,26 ). Wer mit diesem neuen Herzen glaubt, ist gerettet. Und: Dieses neue Herz hat Freude an dem, was Gott gefällt. Dieses Herz vertraut auf Gott und bekennt, dass Jesus der Herr ist (Röm 10,9–13, vgl. auch 2Kor 5,15–19):

Denn wenn du mit deinem Mund bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, wirst du gerettet werden. Mit dem Herzen nämlich glaubt man, auf Gerechtigkeit hin; mit dem Mund bekennt man, auf Rettung hin. Denn die Schrift sagt: Keiner, der auf ihn vertraut, wird blossgestellt werden. Es ist ja kein Unterschied zwischen Juden und Griechen, denn sie haben alle ein und denselben Herrn, der alle reich macht, die ihn anrufen. Denn: Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.

Glaubst du?

Calvin über Sündenerkenntnis und Sündenvergebung

Johannes Calvin schrieb 1536 über Sündenerkenntnis und Vergebung der Sünden:

Nunmehr lässt sich leicht einsehen, was man aus dem Gesetze zu lernen hat. Es sind folgende Wahrheiten: Gott ist unser Schöpfer, Herr und Vater; aus diesem Grunde schulden wir Ihm Lob, Ehrfurcht und Liebe. Da aber niemand von uns seine Aufgabe erfüllt, so verdienen wir alle Fluch und Verdammnis und schließlich den ewigen Tod. Einen andern Weg des Heils also müssen wir suchen, als den durch die Gerechtigkeit unserer Werke. Dieser aber ist die Vergebung der Sünden. Sodann, da es nicht in unserer Tüchtigkeit noch Fähigkeit liegt zu leisten, was wir dem Gesetze schuldig sind, so müssen wir an uns verzweifeln und anderswoher Hilfe suchen und erwarten. Sind wir in diese Demut und Erniedrigung herabgestiegen, alsdann leuchtet uns sofort Gott entgegen und zeigt sich gefällig, gütig, milde und nachsichtig, wie denn von Ihm geschrieben steht: »Er widersteht den Hoffärtigen, den Demütigen aber gibt Er Gnade« (Jak 4,6; 1 Petr 5,6). Und sobald wir Seinen Zorn mit vertrauensvollem Bitten abwenden und Verzeihung erflehen, gewährt Er dieselbe zweifellos, erlässt alles, was auch nur unsere Sünden verdient, und nimmt uns zu Gnaden an.
Doch damit nicht genug. Wenn wir erst einmal Seine Hilfe und schützende Hand anflehen, in der festen Überzeugung, dass wir, mit Seinen Schutzmitteln ausgerüstet, alles können, so schenkt Er uns nach Seinem gütigen Willen ein neues Herz mit (Ezechiel 36, 26ff), durch welches wir wünschen, eine neue Kraft, durch welche wir vermögen Seine Aufträge zu befolgen. Und zwar spendet Er uns dieses alles um Jesu Christi willen, unseres Herrn, der, als Er allein beim Vater war (Joh 1,1–14), unser Fleisch annahm, um dadurch einen Bund mit uns einzugehen und uns mit Gott aufs Innigste zu verbinden, die wir durch Sünden in weitem Abstand von Ihm getrennt waren (Jes 53,4–6). Er hat sogar durch Seines Todes Verdienst unsere Verpflichtungen gegenüber der Gerechtigkeit Gottes ausgelöst und Seinen Zorn besänftigt, indem Er uns von Fluch und Verdammnis, der wir verfallen waren, loskaufte und die Strafe der Sünde an Seinem Leibe ertrug, um uns von derselben loszusprechen (Eph 2,4–6; Kol 1,13.14). Er hat alle Fülle himmlischer Güter zur Erde herniedersteigend mit sich gebracht, um dieselbe mit reichlich spendender Hand auf uns auszugießen (Joh 1,14.16; 7,38; Röm 8,32). Dies sind aber die Gaben des Heiligen Geistes, durch welchen wir wiedergeboren, aus der Gewalt und den Fesseln des Teufels befreit, zu Söhnen Gottes aus Gnaden (unentgeltlich) angenommen und zu jedem guten Werke geheiligt werden. Durch Ihn ersterben auch, solange wir in diesem sterblichen Leibe gehalten werden, in uns die schlechten Begierden und Fleischeslüste, kurz, alles Böse, was nur noch die verdrehte und verkehrte Verderbtheit unserer Natur erzeugt; durch Ihn werden wir von Tag zu Tag erneuert, um in einem neuen Leben (in der Erneuerung des Lebens) zu wandeln und der Gerechtigkeit zu leben.

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