Tim Keller beschreibt in einem Artikel seinen anhaltenden Kampf um ein konsequentes Gebetsleben:
Wie viele andere Gläubige habe ich seit jeher versucht, mir jeden Morgen Zeit für Hingabe und Gebet zu nehmen. Und wie die meisten anderen Gläubigen habe ich es immer als Kampf empfunden, konsequent dran zu bleiben.
Stell dir meine Überraschung vor, als ich in Calvins Institutio auf eine Stelle stieß, wo er erklärt, dass es nicht ausreicht, nur einmal am Tag zu beten. Calvin verweist auf die Ermahnung, „Betet ohne Unterlass“ (1Thess 5,17) und sagt, dass jeder Christ danach streben sollte, beständig im Gebet zu verharren. Aber er fügt hinzu: „Da wir so schwach sind und Hilfe brauchen, und so lustlos, dass wir angetrieben werden müssen, ist es sinnvoll, dass jeder von uns bestimmte Stunden zum Gebet einplanen sollte.“
Mehr: www.evangelium21.net.
Kellers Anregungen installieren das Gebet als religiöse Pflicht im Gewissen.
Gebet ist dann keine persönliche Hinwendung zu Gott, sondern eine religiöse Übung zur Justierung des Gewissens.
Muss und Calvin zum Gesetzgeber werden, ja?
Ist es denn mit dem Gebet nicht wie mit dem Miteinander-Reden?
Der eine schwätzt unentwegt, der andere spricht weniger. Wen nimmt man ernster?
Der eine spricht ein Gebet und braucht dafür nicht stundenlang.
Der andere betet sich sozusagen in einen Trancezustand hinein und läuft Gefahr, sich das Gefühl, das er dabei empfindet, wie einen Erleuchtungszustand zu erleben und den Eindruck zu bekommen, „genug“ gebetet zu haben.
Kurz und klein: Bei Keller wie bei vielen anderen scheint mir das Gebet vom persönlichen Anliegen zur religiösen Marathonübung zu werden.
Muss Gott stundenlang bestürmt werden, damit es „was bringt“, er, der doch weiß, was wir brauchen, ehe wir ihn bitten? Wie geht das zusammen?
Ich war erstaunt, dass J. Calvin sofort ! sagt, ich zitiere: „…..Er fügt jedoch sofort hinzu: „Es darf keine abergläubische Einhaltung dieser Zeiten sein“ – um damit „unsere Schuld bei Gott bezahlen“ und ihn zwingen zu können, dass er uns hört…. “ Ich finde das sehr hilfreich .. und niemand muss das ja einszueins übernehmen .. sondern man kann es sich ja dienen lassen zum überprüfen. Und wir sollen ja ohne Unterlass beten. Die Frage für viele ist ja, wie auch für mich: was ist das denn nun genau … ohne Unterlass .. ? Und ich glaube manchmal können auch rein „äußerliche“mechanische Stützen hilfreich sein .. es darf halt nicht dabei bleiben und man darf sich nicht zurücklehnen, auf die Schulter klopfen und meinen, das wars … Ich glaube, auch seit ich mich mit Bonhoeffer Büchlein über das Psalmenbeten beschäftige ( übrigens gibt es da im Buch von G Penner, Im Schatten des Kreuzes einen Einschub über das Psalmenbeten von… Weiterlesen »
@Schandor: Ich antworte mal mit dem Heidelberger: Warum ist den Christen das Gebet nötig? Weil es die wichtigste Gestalt der Dankbarkeit ist, die Gott von uns fordert, Ps 50, 14-15 und weil Gott seine Gnade und seinen Heiligen Geist nur denen geben will, die ihn herzlich und unaufhörlich darum bitten und ihm dafür danken. Mt 7, 7-8; 13, 12 / Lk 11, 9.10.13 Frage 117 Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird? Erstens, dass wir allein den wahren Gott, der sich uns in seinem Wort geoffenbart hat, Joh 4, 22-24 von Herzen anrufen Joh 4, 23.24 um alles, was er uns zu bitten befohlen hat. Röm 8, 26 / 1. Joh 5, 14 Zweitens, dass wir unsere Not und unser Elend gründlich erkennen, 2. Chron 20, 12 um uns vor seinem göttlichen Angesicht zu demütigen. Ps 2, 11; 34, 19 / Jes 66, 2 Drittens, dass wir diesen festen Grund haben, Röm 10,… Weiterlesen »
@Ron
Da bin ich aber erleichtert!
Gerade das „um des Herrn Christus willen“, das Melanchthon in seiner Apologetik mehr als 180 Mal erwähnt, ist nicht wenig tröstlich.
Ich danke für diese ermutigende Weisung in die rechte Richtung!
Liebe Grüße, Schandor