Emerging Church

Horton: Missionale Gemeinde oder neues Mönchtum? (Teil 3)

»Zur Kirche gehen« oder »Kirche sein«?

Wenn wir Reich Gottes bauen, indem wir »Evangelium leben«, dann hat es durchaus Sinn, nicht länger zur Kirche zu gehen. Dann könnten wir unser Jüngersein vor Ort leben oder in nachbarschaftlichen Hilfsprojekte investieren. Willard merkt dazu an: »Es ist ein tragischer Fehler, zu denken, Jesus habe uns kurz vor seiner Himmelfahrt sagen wollen, wir sollten – nach modernem Verständnis – Gemeinden gründen … Er wollte vielmehr, dass wir ›Brückenköpfe‹ oder Operationsbasen für das Reich Gottes bauen, wo immer wir auch sind … Die äußerlichen Auswirkungen eines Lebens in Christus bedeuten eine andauernde, moralische Revolution, die solange geht, bis der Plan mit der Menschheit auf Erden vollendet ist.« Die Frage an echte Jünger muss daher lauten: »Werdet ihr eure Kirchen verlassen, um zu seiner Gemeinde zu werden?«

Kimball drückt es ähnlich aus: »Wir können nicht ›zur Kirche gehen‹, wir sind die Kirche.« Von hier aus zieht Kimball die bekannte Grenzlinie zwischen Evangelisation (Mission) und den Kennzeichen der Gemeinde (Gnadenmittel). Kimball hält die Entwicklung seit der Reformation für falsch:

In ihrem Bemühen, der Bibel zu ihrem Recht zu verhelfen und die gesunde Lehre aufzurichten, definierten die Reformatoren die Kennzeichen einer echten Kirche: Sie ist der Ort, an dem das Evangelium verkündet werden soll, die Sakramente richtig ausgeteilt und die Kirchenzucht ausgeübt werden soll. Diese Kennzeichen haben die Definition von Kirche allerdings im Laufe der Zeit immer mehr verengt: Die Kirche ist jetzt ein »Ort« [an dem sich Leute treffen] und keine »Daseinswirklichkeit« mehr. Der Begriff »Kirche« lässt nun an einen »Ort« denken, »an dem ganz bestimmte Dinge ausgeübt werden« wie predigen und Abendmahl halten.

Ironischerweise wird das Verständnis von Kirche als »›Ort, an dem ganz bestimmte Dinge ausgeübt werden‹ wie predigen und Abendmahl halten« von solchen Autoren dem missionarischen Aspekt gegenübergestellt, obgleich Jesus diese Gnadenmittel selbst als Missionsbefehl eingesetzt hat.
Die Verlagerung von der Evangeliumsverkündigung hin zum Gespräch über das Evangelium als weltveränderndem Werkzeug der Gemeinschaft tritt in den Versammlungen klar zutage. Jones spricht über Jacob’s Well, einer wegweisenden Gemeinschaft der Emerging Church in Kansas-City: »Die Gemeinde hat das klassisch-presbyterianische Heiligtum mit den gebeizten Kirchenbänken und der Chorbühne um die erforderlichen Bildschirme ergänzt und die Kanzel durch eine Musikkapelle ersetzt. Die Redner stehen nicht länger auf der Bühne – die gehört nur mehr den Musikern« (meine Hervorhebung). (Man fragt sich, wovon genau sich diese Gemeinde von den Megakirchen unterscheidet?) Bei den Versammlungen der vorwiegend weißen Zuhörerschaft steht auf einer Seite ein Tisch, auf dem sich ein Zitat des derzeitigen anabaptistischen Theologen John Howard Yoder befindet: »Die sichtbare Kirche ist nicht die Überbringerin der christlichen Botschaft, sie selbst ist die Botschaft.«

Auch Jones’ eigene Gemeinde in Minneapolis (Solomon’s Porch, geleitet von Doug Pagitt) geht vom herkömmlichen Gottesdienst zum Gespräch über: »Es geht darum, das Predigtwesen über Bord zu werfen, das den Protestantismus fünfhundert Jahre lang beherrscht hat«, erklärt er. »Die Predigt wird hier dekonstruiert, auf den Kopf gestellt. Die Bibel gilt uns als ,Mitglied der Gemeinschaft‘, mit dem wir im Gespräch stehen; die gemeinschaftliche Auslegung einer Bibelstelle sprudelt nur so aus dem Leben der Gemeinschaft.« Brot, Traubensaft und Wein werden in einer »lauten Partyatmosphäre angeboten; daneben gibt es noch einen stillen Raum zur Meditation.«

[Aber] dieser Teil des Gottesdienstes steht nicht unter irgend jemandes Leitung … Das Abendmahl wird von verschiedenen Leuten eingeleitet – die eine Woche mit einem Gedicht, ein andermal mit einem Zeugniss über »das, was das Herrenmahl mir bedeutet« und die Woche darauf mit den traditionellen »Einsetzungsworten« aus dem allgemeinen Gebetsbuch. [Danach] setzen wir uns, um die Ankündigungen zu hören. Die Kinder kämpfen inzwischen um die letzten Krümel »Abendmahlsbrot«, meistens Zimtkuchen mit Rosinen, Schokoladenkekse oder ein Hartkäsebrot mit Jalapeño.[Es ist ein ziemliches Durcheinander], aber echter Gottesdienst ist eben eine chaotische Sache. Daraus mache ich keinen Hehl. Es soll gar nicht »anständig und ordentlich« zugehen, sondern chaotisch und nur mit einem Anschein von Ordnung, dafür aber mit großer Freude.

Das ist nun freilich alles nicht neu: Der Pietismus ordnete die Kennzeichen der Kirche, wie sie im Missionsbefehl unseres Herrn definiert sind (Predigt, Sakrament und Kirchenzucht) einer ganzen Reihe geistlicher Disziplinen unter, die Jesus nicht angeordnet hatte; einige Erweckungsbewegungen haben dieser Entwicklung noch Vorschub geleistet. Charles Finney, der berühmt-berüchtigte Erweckungsprediger der »Zweiten großen Erweckungsbewegung«, schrieb, der Missionsbefehl laute einfach: »Geht hin … Wir unterliegen hier keinen bestimmten Vorgehensweisen; es wird keine besondere Form verlangt … Der Auftrag [an die Jünger] lautete einfach, das Evangelium auf die effektivste Weise bekannt zu machen … und dadurch Aufmerksamkeit zu erregen und den Gehorsam einer möglichst großen Zahl von Menschen zu sichern. Niemand kann der Bibel irgendwelche Methoden entnehmen.« Das scheint eine doch recht eigenwillige Auslegung zu sein, da der Missionsbefehl die »Methoden« ganz genau angibt – sie finden sich gleich nach der Aufforderung: »Gehet hin!« Nichtsdestoweniger kam es zu jenen praktischen Ergebnissen der anthropozentrischen Theologie Finneys. Derzufolge ist die Kirche nicht Gottes »Botschaft«, der der Dienst am Wort und die Sakramente anvertraut sind, sondern »eine Gesellschaft von Moralreformern«. Wie Finney brauchen die Erwecker keine besondere Ausbildung für ihre Berufung, da es ja mehr die Taten als die Glaubensbekenntnisse sind, die den Auftrag der Kirche in der Welt vorantreiben. Eine ziemlich »chaotisches« Bestreben, in der Tat. Der katholische Historiker Garry Wills schreibt:

Die Versammlung im Feld setzte den Maßstab für die Qualifizierung zum Dienst: Die Prediger wurden durch den Beifall der Menge bestätigt. Institutionelle Qualifikationen, Reinheit der Lehre und persönliche Ausbildung wurden nicht gebraucht – tatsächlich mussten einige gelehrte Diener Unwissenheit vorspielen. Der Diener wurde von den Laien ordiniert, von den Leuten also, die er bekehrt hatte … Der »do-it-yourself«-Glaube verlangte nach einem »do-it-yourself«-Gottesdienst.

Wills zeigt die Verbindung zwischen Botschaft und Methode auf: Statt Evangelium Christi heißt es nun »gute Werke« – das führt logischerweise zur Erniedrigung der Gnadenmittel Gottes zugunsten einer Methodik innerer oder gesellschaftlicher Wandlung.

Fügen wir die Teile zusammen, dann zeigt sich folgendes: Wie das neue Mönchtum das Evangelium ins Gesetz verwandelt und nicht weiter »zur Kirche geht«, sondern »Kirche ist«, so macht sie aus der versammelten Gemeinde eine versprengte Gemeinde. Oder um eine hilfreiche Kategorie Abraham Kuypers zu bemühen: Die Kirche als Institution verschwindet zugunsten »organischer« Gemeinden. Die Christen sind in dieser Welt zu vielerlei aufgerufen: Sie sollen Eltern, Berufstätige, Bürger, Freunde und Nachbarn sein. Wie alle Menschen, die nach Gottes Bild geschaffen sind, so sind auch die Gläubigen zum Gehorsam gegenüber dem Gebot aufgerufen: Liebe Gott und deinen Nächsten! Die Kirche als Gottes offizielle Botschaft der Gnade jedoch ruft die Menschen von überallher zum Fest. Um eine andere Metapher zu gebrauchen: Die versammelte Gemeinde dient den Einzelnen als »Versalzungsort«; so können wiedergeborene Sünder, die die Vergebung erlangt haben, jede Woche neu als Salz in die Welt »gestreut« werden. Ohne Wort und Sakrament verliert das Salz seine Kraft und ist zu nichts mehr nütze, als dass man es ausschüttet, damit es zertrampelt werde.

Horton: Missionale Gemeinde oder neues Mönchtum? (Teil 1)

Michael S. Horton, J. Cresham Machen Professor für Theologie und Apologetik am Westminster Seminar in California (Escondido), hat in der aktuellen Ausgabe von Modern Reformation einen Aufsatz über das »Neue Mönchtum« veröffentlicht. Die Zeitschrift hat freundlicherweise erlaubt, den Beitrag in deutscher Sprache im Theoblog zu veröffentlichen. Ivo Carobbio hat, wieder einmal, den Aufsatz übersetzt.

Ich werde:

  • Michael S. Horton: »Missional Church or New Monasticism«, Modern Reformation, Vol. 20, No. 2, March/April 2011, S. 14–21

in vier Teilen ohne Quellenangaben publizieren. Nach Veröffentlichung des letzten Teils werde ich auch eine PDF-Datei mit dem gesamten Text und den Literaturangaben anbieten. Ich bedanke mich bei Michael S. Horton, Modern Reformation und Ivo Carobbio!

 

Das neue Mönchtum

Einige von uns erinnern sich an den Song von Tears for Fears: »Everybody Wants to Rule the World« [zu deutsch: »Jeder will die Welt beherrschen«]. Heute heißt das Mantra eher »Veränderung«, nicht »Herrschaft«. Viele jüngere Christen haben genug vom geistlichen Konsumismus und von Evangelisationseinsätzen mit dem Aufruf: »Lass Jesus in dein Herz, damit du nach dem Tod in den Himmel kommst.« Das Christentum muss doch mehr sein als nur »Seelenheil«, oder? Was verbirgt sich denn hinter der Phrase »Auferstehung des Leibes und ewiges Leben«? Geht es da nicht um eine neue Schöpfung? Singen wir nicht: »Joy to the World«, ja, erwarten wir nicht, dass sich das Reich Christi erstreckt, »so weit der Fluch reicht«?

Man wird dennoch fragen dürfen: »Ist dieses neuentdeckte Interesse an einer erlösten Schöpfung nicht von einem Paradigma motiviert, das sich eher dem Mönchtum verdankt als der weltbejahenden Frömmigkeit der Reformationszeit?

Das mittelalterliche Mönchtum war geteilt: Da waren jene, die das kontemplative Leben schätzten (spiritueller Aufstieg zum Himmel durch meditative Übungen). Dann waren da noch die anderen, die dem aktiven Leben den Vorzug gaben (spiritueller Aufstieg durch gute Werke, insbesondere für die Armen). Franz von Assisi – und später der nach ihm benannte Orden – betonte die »vita activa«.

Wir erleben heute erstens eine Wiedergeburt der kontemplativen Spiritualität. Traditionell evangelikal, legt sie die Betonung auf die »persönliche Frömmigkeit«: Jüngerschaft als innere Veränderung durch geistliche Übung. Richard Fosters »Nachfolge feiern – Geistliche Übungen neu entdeckt« (1979) hat vielen Christen die mittelalterliche Mystik und einige Schriftsteller der »vita contemplativa« zugänglich gemacht. Dallas Willard hat den Aufruf zur Jüngerschaft in seinen beiden Büchern The Divine Conspiracy (1998) und The Great Omission: Reclaiming Jesus‘ Essential Teachings on Discipleship (2006) wiederholt: Es geht um die innere Veränderung durch geistliche Übung.

Willard fordert Pastoren auf, sich zu fragen: »Besteht mein wichtigstes Ziel wirklich darin, Jünger zu machen? Oder sorge ich bloß für eine ‚reibungslosen Ablauf‘?« Kenntnisreich urteilt Willard, die Jüngerschaft habe ihre spezifische Prägung:

Die theologische Rechte sieht in der Jüngerschaft die Vorbereitung zur Rettung von Menschenseelen. Diese Vorbereitung steht heute allerdings eher unter der Leitung parakirchlicher Bestrebungen, da die örtlichen Gemeinden sich nicht wirklich darum gekümmert haben. Die Linken sehen in der Jüngerschaft eher so etwas wie soziales Engagement, von der Ausspeisung sozial Benachteiligter bis hin zu politischen Protesten oder ähnlichen Tätigkeiten. Was solide psychologische oder biblische Inhalte betrifft, hat der Begriff »Jüngerschaft« alle Bedeutung verloren.

Sei es nun in Form soteriologischer Bestrebungen oder in Form sozialen Engagements – die Christen seien zu »aktivistisch«. Was sie wirklich bräuchten, sei innere Veränderung durch geistliche Übungen, besonders durch »Abgeschiedenheit, Schweigen und Fasten«. Das, so Willard, seien die »Schlüssel des Reiches Gottes«. Er schreibt: »Ich habe noch niemanden getroffen, der regelmäßig Gebrauch dieser geistlichen Übungen macht – wie sie übrigens jeder kennt, der mit dem Inhalt des Neuen Testaments vertraut ist – und dabei geistlich abgekühlt, ratlos, bekümmert oder gescheitert wäre.«

Nach der Disziplin gefragt, die derzeit am stärksten geübt werden sollte, lautet Fosters Antwort: »Die Abgeschiedenheit«:

Die Abgeschiedenheit verkörpert die grundlegendste Disziplin des Verzichts – die »via negativa«. Das christliche Bestreben nach Engagement in der Welt ist löblich, aber wie Thomas von Kempten sagt: Sicher reist nur, wer auch zu Hause bleiben kann. Und Pascal sagte, wir könnten die Probleme der Welt nur lösen, wenn wir gelernt hätten, allein zu bleiben. Abgeschiedenheit ist für ein rechtes Engagement unabdingbar.

Zweitens ist innerhalb der Christenheit heute eine stärkere Betonung auf das »franziskanische Moment« (vita activa) echter Jüngerschaft als gesellschaftlicher Wandlung spürbar, insbesondere da, wo man sich um die Benachteiligten kümmert. Zwar werden geistliche Übung und innere Veränderungen nicht völlig ignoriert; viele Verfechter dieser Lebensart – ganz besonders in der Emerging Church-Bewegung – anerkennen den Ein­fluss von Autoren wie Foster und Willard. Doch die Gebets­labyrinthe, Gesänge, Kelten­kreuze, Kerzen und »Aufzeichnungen« dienen letztlich allesamt mehr der Schaffung von Gemeinschaft, als dass sie die Abgeschiedenheit förderten; sie drängen die Gemeinschaft zum Zeugnis durch den Dienst. Die Leiter dieser Richtung zitieren gerne jenen Satz, der Franz von Assisi zugeschrieben wird: »Predige stets das Evangelium; wenn nötig, auch mit Worten.«

In diesen zwei Formen der mönchischen Frömmigkeit sind bei aller Verschiedenheit die Gemeinsamkeiten heute genauso erkennbar wie einst.

– – –

Nachtrag vom 24.03.2011: Ursprünglich lautete der Titel dieser Reihe »Missionarische Gemeinde oder neues Mönchtum«. Nach einer kleinen Diskussion über den Begriff »missional« habe ich mich entschieden, den Titel leicht zu ändern. Der Begriff »missional« soll ein Missionsverständnis etablieren, das sich nicht nur darauf konzentriert, »Menschen für den Himmel« zu gewinnen und in Gemeinden zu sammeln, sondern Christen ganzheitlich für Teilhabe und Mitgestaltung dieser Welt zurüstet. Eine missionale Gemeinde bestärkt Christen, in Familie, Berufswelt und Freizeit eine »natürliche« missionarische und prägende Ausstrahlung zu entwickeln.

Velvet Elvis

Gestern lag wieder Werbung für den Jugendplus-Kongress 2011 mit Rob Bell im Briefkasten (Willow Creek Deutschland). In einer Rezension über Bells Velvet Elvis schreibt Greg Gilbert (9Marks):

For example, take Bell’s reconception of the idea of doctrine. Bell argues that the doctrines of Christianity should be thought of as the „springs“ that hold up the trampoline on which we jump and live in Christ. The springs are not the main point; they merely facilitate the greater goal of „us finding our lives in God“ (25). Now that analogy has some truth to it. But it’s also more dangerous than it might first appear. Conceiving of Christian doctrines as springs allows Bell to say that getting the doctrines right is not really that important. If you don’t like one or two of the springs, you can just take them out of the trampoline and keep on jumping.

Here is Bell’s take on the doctrine of the Trinity, for instance: „It is a spring, and people jumped for thousands of years without it. It was added later. We can take it out and examine it. Discuss it, probe it, question it. It flexes, and it stretches“ (22). And what about Christ’s birth to a virgin? Bell asks, „What if that spring was seriously questioned? Could a person keep jumping? Could a person still love God? Could you still be a Christian?“ (26).

Bell affirms his belief in both the Trinity and the Virgin Birth, but he also says he wants to carve out some room to „question“ those doctrines.

But what does he mean by that? Is he saying that one can study them, ask questions of them, learn from them? I wish he was. Yet why does Bell even pose the question? Why does he ask, „Could a person keep jumping?“ and then not answer it? I can only conclude that Bell is saying that it wouldn’t matter very much if someone stopped affirming them. „Yes, of course you can keep jumping, even if you stop believing in the Trinity or the Virgin Birth.“

Hier die vollständige Rezension: www.9marks.org.

Ken Wilbers »I’mness«

Ken Wilber ist nicht nur ein großer Guru innerhalb der Szene für Integrale Religiosität, sondern auch Impulsgeber für die Emerging Church-Bewegung. Brian McLaren empfiehlt seine Bücher. Rob Bell, Hauptredner auf dem Willow Creek JUGENDPLUS-KONGRESS im Mai 2011, überschlägt sich mit Lob für Wilbers Buch Eine kurze Geschichte des Kosmos (Velvet Elvis, S. 192, Endnote 143):

For a mind-blowing introduction to emergence theory and divine creativity, set aside three months and read Ken Wilber’s A Brief History of Everything.

Wer gern einen Blick auf Wilbers Theorie des »Ich bin« werfen möchte, kann sich diesen Vortragsmitschnitt anschauen:




Sehr interessant finde ich einen Beitrag von Frank Visser über das Universum von Ken Wilber. Visser steht von der Tradition von Wilber und schrieb sogar eine Biografie über ihn. Der Theosoph hat sich aber inzwischen von Wilber distanziert und vertritt einen selbstkritischeren Ansatz der integralen Spiritualität. Warum? Er erklärt es in diesem Video:

Velvet Elvis

Hier eine gute Rezension von Greg Gilbert über das Buch Velvet Elvis von Rob Bell:

On its surface, Bell’s first book, Velvet Elvis, might seem rather innocuous. His stated goal is to rethink the Christian faith in terms that will „strip it down to the bare bones“ and get it back to „the most basic elements.“ For the most part, he pursues that goal in a style that is reasonable and to-the-point. He talks about humility, about asking questions, about wrestling with the biblical text—phrases that many evangelicals use daily.

But I am convinced that when Bell brings all these things together, the result is something far more revolutionary than what appears on the surface. In fact, it is hard to avoid the conclusion that Bell actually ends up throwing the entire Christian gospel up for grabs. God is made so mysterious, doctrine is deemed so questionable, and biblical interpretations are so relativized that in the end, Bell leaves us wondering if anything can be known for sure, or if any understanding of the Christian faith and gospel is any better than any other.

For example, take Bell’s reconception of the idea of doctrine. Bell argues that the doctrines of Christianity should be thought of as the „springs“ that hold up the trampoline on which we jump and live in Christ. The springs are not the main point; they merely facilitate the greater goal of „us finding our lives in God“ (25). Now that analogy has some truth to it. But it’s also more dangerous than it might first appear. Conceiving of Christian doctrines as springs allows Bell to say that getting the doctrines right is not really that important. If you don’t like one or two of the springs, you can just take them out of the trampoline and keep on jumping.

Here is Bell’s take on the doctrine of the Trinity, for instance: „It is a spring, and people jumped for thousands of years without it. It was added later. We can take it out and examine it. Discuss it, probe it, question it. It flexes, and it stretches“ (22). And what about Christ’s birth to a virgin? Bell asks, „What if that spring was seriously questioned? Could a person keep jumping? Could a person still love God? Could you still be a Christian?“ (26).

Bell affirms his belief in both the Trinity and the Virgin Birth, but he also says he wants to carve out some room to „question“ those doctrines.

But what does he mean by that? Is he saying that one can study them, ask questions of them, learn from them? I wish he was. Yet why does Bell even pose the question? Why does he ask, „Could a person keep jumping?“ and then not answer it? I can only conclude that Bell is saying that it wouldn’t matter very much if someone stopped affirming them. „Yes, of course you can keep jumping, even if you stop believing in the Trinity or the Virgin Birth.“

Hier der vollständige Text: www.9marks.org.

Rob Bell wird übrigens beim Willow Creek Jugendkongress im Mai 2011 in Düsseldorf einer der Hauptredner sein. Ich staune, alles andere ist Interpretation.

Subkulturelles Christentum

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Brett McCracken hat mit Hipster Christianity: When Church and Cool Collide ein Buch über subkulturelle Formen des Christentums geschrieben. Hier das Inhaltsverzeichnis:

  1. Is Christianity Cool?
  2. The History of Hip
  3. Hipsters Today
  4. The History of Hip Christianity
  5. Christian Hipsters Today
  6. Christian Hipster Churches
  7. The Emerging Church
  8. Social Justice, Missional, and the New Christian Left
  9. Reframing Christian »Art«
  10. Wannabe Hip Churches
  11. What’s So Wrong with Cool?
  12. Authentic Christian Cool
  13. Reversing the Ripple Effect

Scot McKnight schreibt zum Buch:

Brett McCracken courageously and accurately sketches the perennial temptation to sacrifice faithfulness on the altar of “cool.” Every pastor, youth pastor, college chaplain, and Christian college professor needs to sit down with Hipster Christianity, read it carefully, and take a good hard look at whether we are being faithful or being cool. The best example of generous orthodoxy I’ve seen yet.

Das erste Kapitel kann hier heruntergeladen werden: freeChapter.pdf.

Das vollständige Buch:

  • Brett McCracken: Hipster Christianity: When Church and Cool Collide, Baker Book House, 210 S., ca. 13 Euro

gibt es hier:

VD: JT

Widerwärtiger Dünkel

Die Kritik an den biblischen Sühnevorstellungen ist kein neues Phänomen. Dass ein kluger Weltmensch den Kreuzestod von Jesus Christus nicht als ein Not wendendes (also notwendiges) Heilswerk deuten könne, behaupteten schließlich schon einige Widersacher des Apostels Paulus (vgl. z.B. 1Kor). Neu ist, so jedenfalls mein Eindruck, dass die Infragestellung des stellvertretenden Sühneopfers auch in den bekennenden Christenkreisen immer häufiger zur Sprache kommt. Ich habe in den letzten Jahren mehrfach Leute getroffen, die Bücher von Anselm Grün, Steve Chalke, Brian McLaren oder William Young (Die Hütte) gelesen hatten und mich fragten: »Kann denn ein Gott, der seinen Sohn am Kreuz gewaltsam sterben lässt, ein liebender Gott sein?« »Warum kann ein allmächtiger Gott nicht einfach vergeben?« Erinnert so eine Sühnevorstellung nicht vielmehr an einen »kosmischen Kindesmissbrauch«? (siehe auch hier).

Angesichts dieser »Vertrauenskrise« bin ich angenehm überrascht, dass der Theologieprofessor Werner Thiede (Erlangen) kürzlich klare Worte fand. Thiede zeigt, dass das Neue Testament die Liebe Gottes »exakt im Kontext der Rede vom Sühnetod Jesu ansiedelt« und bekennt, dass ihm dieses doktrinäre Drängen nach Entmythologisierung inzwischen ziemlich auf die Nerven geht:

Offen gestanden: Er widert mich inzwischen nur noch an – dieser zeitgeistbeflissene Dünkel all jener Theologinnen und Theologen, die dem Kreuzestod Jesu den überlieferten Tiefensinn rationalistisch absprechen. Dieses arrogante Kaputtreden der überkommenen Heilsbotschaft, das sich über den Glauben der Väter und Mütter der letzten beiden Jahrtausende so erhaben dünkt, dass es ihn nur noch verabschieden möchte. Dieses Kokettieren mit der intellektuellen Redlichkeit, die Andersdenkenden in Theologie und Kirche zumindest indirekt abgesprochen wird, aber mit merkwürdigen Alternativen zum Ganz- und Heilwerden des Menschen oft kompatibel genug zu sein scheint.

Dieses doktrinäre Drängen nach Entmythologisierung ohne hinreichende Anzeichen dafür, die Sinn-Dimension des angeblich zu Streichenden überhaupt angemessen erfasst und durchdrungen zu haben. Solcher Mangel wäre so lange keine Schuld, als er eine Ahnung von sich selbst hätte. Weil er sich aber verkennt und für lauter Fülle hält, deren Köstlichkeit er auch anderen aufzudrängen habe, darum wird er schuldig an dem Glauben, den er kraftspendend weiterzugeben hätte, schuldig an der Kirche, deren Kerntradition er leichtsinnig verrät, ja, schuldig am Gekreuzigten, dessen Lebenshingabe er nicht mehr nötig zu haben meint.

Hier der vollständige Beitrag: zeitzeichen.net.

Emerging Churches und die Predigt

John S. Bohannon hat die Predigten von Mark Driscoll, Dan Kimball, Brian McLaren und Doug Pagitt untersucht. Resultat dieser Arbeit ist das Buch:

  • John S. Bohannon: Preaching and The Emerging Church, 2010, 367 S.

Kenton C. Anderson, Professor für Homiletik an der Trinity Western University (U.S.A.) schreibt dazu:

Much has been written about the emerging church, but little thought has been given to the preaching of this movement. John Bohannon offers us a thorough taxonomy of the homiletics of the emerging church, showing how the movement’s leaders measure up as expositors. In so doing, he offers each of us the opportunity to take the pulse of our own preaching. If the health of the church depends upon the quality of its preaching, we will want to pay attention to this critique.

Das Buch kann in der PDF Version hier gratis herunter geladen werden: preaching-and-the-emerging-ebook.pdf.

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Anmerkung: Die Abbildung ist dem Buch entnommen.

Emerging Church (1989–2010)

Anthony Bradley meint, das Ende der Emerging Church-Bewegung sei gekommen:

The emerging church movement has ended. Andrew Jones, a leader of the movement in the U.K., wrote about the demise at the end of 2009. Rob Bell, the founding pastor of Mars Hill Bible Church in Grand Rapids, Mich., delivered an April 4 sermon on the Resurrection that marks, in my opinion, the end of an era. Bell recounts how Mars Hill started out to be a different kind of church without the baggage of watered-down “seeker” churches and the religious legalism of “traditional” churches. In a moment of wonderful honesty Bell admitted that Mars Hill had become a big institution that wounded people in similar ways as the churches many Gen-Xers swore they would not mimic. Jones affirms much of Bell’s experience on his blog.

Bedeutsamer scheint mir diese Anmerkung zu sein:

Because post-modernism as movement is dead as scientific realism emerged as a recent culture-shaping philosophical movement, the generation of Christians struggling to meet the challenges of post-modernism, instead of yelling at it hoping it would go way, are shifting as well to address a world asking different questions. While the effects of the emerging church movement will linger for some time we will begin to see books praising and attacking the movement go out of movement go out of print.

Für Christen eröffnete sich die Chance, vorauszudenken, anstatt hinter her zu laufen.
Hier der vollständige Artikel von Anthony Bradley: online.worldmag.com.

Die Christusbotschaft des Ken Wilber

In ihrem neuen Buch Spirituelle Kräfte des Neuen Zeitalters beschreiben Martin und Elke Kamphuis die Christusbotschaft des in den Emerging Church-Kreisen so geschätzten Ken Wilber wie folgt (siehe auch hier):

Inhalt seiner Verkündigung solle die sogenannte Christusschaft aller Menschen gewesen sein, die gemäß Ken Wilber zum Märtyrertod am Kreuz führte. Ein Medium will folgende Botschaft von Jesus bekommen haben: «Ich lebte, um die Möglichkeiten der Menschen zu zeigen. Was ich getan habe, können alle Menschen tun, und was ich bin, können alle Menschen sein.» Darum solle er seinen Jüngern den folgenden Auftrag gegeben haben: «Gehet hin in alle Welt und predigt den Menschen das Evangelium von der Allmacht der Menschen.»

Wilber ist der Meinung, die damaligen Menschen hätten Jesu Botschaft nicht verstanden, weil sie in ihrer evolutionären Bewusstseinsentwicklung noch nicht auf seiner Ebene angekommen waren. Dies solle auch für seine Jünger gegolten haben, die sich gemäß Wilber noch auf einer niedrigeren Bewusstseinsebene befanden, indem sie noch an einen Gott außerhalb von sich selbst glaubten. Da Jesus den spirituellen Stand seiner Jünger erkannte, solle er es für notwendig gehalten haben, sie über Gott als den Vater zu unterrichten, statt über ihre eigene Göttlichkeit. Zeichen der Höherentwicklung der Menschen des Neuen Zeitalters soll die Erkenntnis über «die wahre Botschaft Jesu» sein. Diese könne folgendermaßen lauten: «Jesus war nicht Mensch wie wir, sondern wir sind Götter (Gott) wie er.»

Für Wilber steht fest, dass der wesentliche Inhalt der Lehre Christi «reine Gnostik war». Die Gnostik bietet Erlösung über die eigene Erkenntnis der Wahrheit an. Die Wahrheit solle z.B. lauten: «Gib die Suche auf nach Gott, der Schöpfung und anderen Dingen. Suche ihn, indem du dich selbst als Ausgangspunkt nimmst. … Dich selbst kennen, heißt Gott kennen».

Das Buch, das sich kritisch mit der Esoterik und dem New Age-Denken auseinandersetzt:

  • Martin und Elke Kamphuis: Spirituelle Kräfte des Neuen Zeitalters: Von der Wirklichkeit Gottes und der Gefahr kosmischer Kräfte, Basel u. Gießen: Brunnen Verlag, 2010, 160 S., 9,95 Euro

kann hier bestellt werden:

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