Das göttliche Ich

Michael Schumacher, Thomas Hitzlsperger, Christian Wulff: Das ganz Private der Promis ist maximal öffentlich geworden, Millionen nehmen Anteil daran. Das Internet ist die Vollendung des Menschenkults. Mathias Müller von Blumencron hat für die FAZ den mediengestützten Narzissmus, der zum Götzendienst werden kann, und das Phänomen der geliehenen Identitäten, treffend auf’s Korn genommen:

Das Privatfernsehen schuf neue Formen der irdischen Anbetung. Wie eine Prominentenmanufaktur machte es Menschen einfach nur deshalb berühmt, weil sie von den TV-Machern dazu erkoren wurden, berühmt zu werden. Einer ganzen Generation wurde vorgegaukelt, dass das Sosein genüge, um berühmt zu werden.

Nichts allerdings hat die Vergötterung des Ichs so befördert wie das Internet. Plötzlich hatte jeder Mensch ein multimediales Werkzeug an der Hand, das nicht etwa die Verbindung zur Transzendenz erleichtert, sondern eine fast göttliche Aura verschafft, wenn man nur die richtige Melodie trifft. Das Netz ist die Vollendung des Menschenkults, irdisch in seinen Schwächen, aber fast überirdisch kraftvoll. Das griechische Universum ist endgültig auf der Erde angekommen.

Interessant finde ich die Leserfrage von W. Klein:

Diese Art von Religion bewegt sich auf niederstem geistigen Niveau, weil es hier noch nicht einmal um metaphysische Fragestellungen geht sondern nur noch um primitive Projektionen der eigenen Psyche (möchte sein, möchte haben). Warum befasst sich die Kirche nicht mal mit dieser Art modernen Heidentums und arbeitet sich stattdessen am Kapitalismus ab?

Mehr: www.faz.net.

VD: RN

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6 Kommentare
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Jutta
10 Jahre zuvor

Die Frage ist wirklich gut. Ein bisschen kann ich bei diesem Thema sogar wirklich mitreden, sprich aus dem Nähkästchen plaudern, denn ich war früher mal in der Unterhaltungsbranche tätig, als ausgebildete Schauspielerin. Immerhin 17 Jahre und habe doch auch so manchesmal meinen Lebensunterhalt damit bestreiten können. Es ist abartig, was da abgeht. Ich habe unter anderem abgebrochen, weil ich mich nicht gut genug verkaufen konnte und lediglich durch meine Leistung überzeugen wollte, und nicht dadurch, dass ich als Person ( ich bin nämlich ziemlich normal und langweilig ) hofiert werden wollte. Aber das ist nicht gefragt. Sie treiben Personenkult als Götzendienst, wie im Artikel erwähnt. Ein Beispiel: ich hatte in einer Serie zu tun, und jeder Schauspieler ist verpflichtet – nicht vertraglich, aber es ist so Usus – seinen Teil an ( unbezahlter ) Pressearbeit zu leisten, damit potientielle Zuschauer aufmerksam werden. Nun hab ich aber nichts hergegeben: keine Affairen mit Promis, kein aufregendes Hobby, besonders schön war/bin ich auch… Weiterlesen »

schandor
10 Jahre zuvor

@Jutta

Klingt schaurig! Ich weiß zufällig von jemandem, der ebenfalls hautnah mit diesen Menschen zu tun hatte, dass Deine Beschreibung sehr akkurat ist. Wenn du diese Menschen einmal hinter der Kamera erlebst, dann siehst du, was das für Menschen sind, hat mir dieser Jemand gesagt. Und ein wenig erzählt. Es ist schauderhaft. Ja, diese Menschen sind zu bedauern, da stimme ich zu.

a.w.
10 Jahre zuvor

Das kennen wir ja schon von Lady Gaga.
Das Time-magazine hat sie zur „second most influencial person“ der letzten 10 Jahre gekrönt. (Quelle: http://www.fuse.tv/2013/04/lady-gaga-time-magazine-second-most-influential-icon)
Und das erschreckende hierbei ist natürlich auch, für was sie sich einsetzt und welchen Hype sie auslöst.

Jedoch müsste man anmerken, dass sie das auch eigenem Antrieb geschafft hat. Nicht so sehr durch Medien- und Journalisten-Hilfe.

Jutta
10 Jahre zuvor

Lady Gaga mag den Antrieb haben, aber diesen Hype um eine einzige Person schafft man nicht aus sich selbst. Das gehört zum Mythos, zu behaupten, dass man das ganz alleine geschafft hat. Man strickt Lebensläufe und das meiste stimmt gar nicht. So wie die meisten Blonden Braunhaarige sind, und das Märchen vom Tellerwäscher zum Millionär gepflegt wird. Ausserdem gibt es wohl Hinweise darauf, dass Lady Gaga sich ebenfalls dem Teufel verschrieben hat um Karriere zu machen… Das alles ist eine gigantische Maschinerie, deren Geflecht eigentlich nicht zu durchschauen ist … Ich habe ebenfalls mal eine Sendung auf youtube gesehen, die nannte sich „Hollywood exposed „.. ich glaube, es war Pastor Joe Schimmel, der sich ja u.a. auch mit dem Harry Potter Phänomen beschäftigt hat. Auffällig ist nämlich – und ich habe mich ja auch in dieser Szene bewegt, wenn auch nur am Rande und ohne große „Ergebnisse“ – dass so ziemlich alle Künstler sich im esoterischen Bereich bewegen, und deshalb… Weiterlesen »

Jutta
10 Jahre zuvor

gefunden: http://www.heirate-dich-selbst.de/

… radikal Selbstliebe !!! ist das a und o, und wird natürlich so verkauft, dass nur wer sich selbst radikal liebt, ein guter Mensch sein kann und Gutes tun … das ist wahrlich heidnischstes Gedankengut ….

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