Hendrik Kraemer schreibt (Die Kommunikation des christlichen Glaubens, 1958, S. 101):
Es kann sogar Vorkommen, und kommt auch tatsächlich vor, dass ein Phänomenologe, obschon ohne Glauben daran, ein schärferes Auge für die besondere Struktur der biblischen Offenbarung hat als ein gläubiger Theologe, der zu sehr durch seine einengende und verzerrende Einstellung bestimmt ist.
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Etwas nebelig, dieses Zitat. Ein praktisches Beispiel würde helfen, besser zu verstehen, was Krämer genau meint. Will er sagen, dass ein „gläubiger Theologe“ immer oder meistens wegen seines Glaubens eine „einengende und verzerrende“ Einstellung hat und somit dann auch im Gegensatz zum nicht gläubigen Wissenschaftler ein Handicap beim Verstehen biblischer Offenbarung hat? Wer definiert eigentlich, was einengend und verzerrend ist? Der nicht glaubende Mensch wird hier zu anderen Ergebnissen kommen als der glaubende und vom Heiligen Geist inspirierte Mensch. Freilich weiß auch Letztgenannter um seine Bedürftigkeit bzgl. theologischer Erkenntnis, der Gefahr von Einseitigkeit und Überheblichkeit und der Notwendigkeit der Beleuchtung durch den Heiligen Geist im Gesamtzeugnis der Bibel.
Hallo Ron
was willst Du uns damit sagen?
Ich verstehe es so, dass Menschen ohne geistlichen Hintergrund oft Geschehnisse besser entsprechend der Schrift einordnen können als mancher Theologe. Für mich heisst das ganz praktisch, dass Aussagen von Menschen, die aktuell hinter den Corona Maßnahmen eine große Gefahr sehen sich zumindest teilweise endzeitlichen Abschnitten der Schrift zuordnen lassen. Meinst Du das so?
@Matze: Mit Covid-19 hat das nichts zu tun. 😉 Im Grunde ist das, was der Autor sagt, selbstverständlich. Theologen sehen manchmal vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr und Phänomenologen oder auch Historiker können mit dem profanen Sinngehalt von biblischen Texten oft mehr anfangen.
Nebenbei und nur für Leute, die sich mit Kraemer beschäftigt haben: Ich teile seine Sicht von der Kommunikation des Glauben im Ganzen nicht, auch wenn das, was er gesagt hat, in vielerlei Hinsicht besser ist als das, was Theologen heute dazu sagen.
Liebe Grüße, Ron
Als Matthias Media in Australien „Just for Starters“, kleine Bibelarbeiten für Nichtchristen, entwarf, fanden sie, dass die Nichtchristen oft schneller gewisse Stellen verstanden, weil sie einfach das gelesen haben, was da stand, ohne theologische Voraussetzungen, mit denen viele kommen, ob HK, postmodern, dispensational, sogar aus unseren Kreisen. Um Philip Jensen in der selben Vorlesung zu zitieren (aus dem Kopf, etwas frei, auch in der Übersetzung), „wir kennen die Bibel so gut, wir lesen sie nicht mehr, sondern überfliegen und finden unsere Sicht bestätigt. Calvinisten sind die schlimmsten, weil sie schon ganz viel richtig haben.“ Das von einem Calvinist! Zwei eigene Beispiele. Als ich in Leipzig Proseminar AT gemacht habe, habe ich mich ganz besonders mit der literarischen Form des Textes beschäftigt und alle liberale Kommentare, die ich in der Bibliothek gefunden habe, erfolgreich widersprochen: mein Text war einheitlich, sogar der ganze Kapitel, und mein Dozent gab mir Recht. Die Eins wurde mir verwehrt, weil ich zu viel und zu detailliert… Weiterlesen »
Mich hat das Buch von James Stuart Russel (The Parousia) überzeugt. Nicht 100%, aber fast. Es ist im Netz frei zugänglich. Hilfreich fand ich auch David Chiltons Monumentalwerk (The Days of Vengeance). Ich verstehe das Zitat so: Wenn man jahrzehntelang mit einer bestimmten Hermeneutik an die Sache herangegangen ist, scheint ein Umdenken fast unmöglich. Die Offenbarung muss zwingend unsere Zukunft beschreiben, es gilt nur noch, den Schlüssel zu finden. Zur Struktur hat meines Wissens Meredith Kline ein Buch geschrieben. Der Schlüssel findet sich Offb 1,1.3; 3,11; 22,6.7.10.12.20. Chilton schreibt einmal: „It is interesting – but not surprising — that those who interpret the book “futuristically” always seem to focus on their own era as the subject of the prophecies. Convinced of their own importance, they are unable to think of themselves as living at any other time than the climax of history.“
„Es kann sogar vorkommen“, klar kann es das. Es gibt nichts, was es nicht gibt.
Aber gibt es nicht auch Phänomenologen, die unscharfe Augen für solche Themen haben, schließlich glauben die ja auch an so manche Dinge, die eine einengende und verzerrende Einstellung offenbaren.
Somit gehört das Zitat in: Wir erkennen alle nur teilweise – jeder hat seine Stärken und Schwächen. Ein guter Grund demütig zu bleiben und mitfühlend miteinander umzugehen.
Ihr Lieben, es geht nicht um das Buch der Offenbarung, sondern um die schriftliche Offenbarung allg., also die Struktur der Anrede Gottes durch die Heilige Schrift.
Ich hätte das wohl deutlicher framen müssen. Sorry.
Liebe Grüße, Ron
Thahaha – alles klar! 🙂
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