Frauenordination

Will Jesus Frauen in der Küche sehen?

Die Plattform evanglisch.de zieht mal wieder über evangelikale Christen her, die der Meinung sind, dass Gott für Männer ein anderes Design geschaffen hat als für Frauen. Eine Mutter, die sich dafür entscheidet, ihre Kinder selbst zu erziehen, wird schon fast in eine Extremistenecke geschoben. Mindestens soll sie sich schlecht fühlen. 

Noch schlimmer aber ist, dass eine feministische Pastorin zitiert wird, die der Meinung ist: „Die Bibel enthält über 3.000 Stellen zum Thema soziale Gerechtigkeit: Das würde ich als Fingerzeig sehen, der auf Geschlechtergerechtigkeit hinweist.“ 

Ich vermute mal, die Zahl 3000 wurde aus der sogenannten Gerechtigkeitsbibel übernommen, die seinerzeit von der Micha Initiative herausgegeben worden ist. Da ist der Begriff „Soziale Gerechtigkeit“ aus dem 19. u. 20. Jahrhundert mal eben zurück in die Bibel projiziert worden. Hat das Konzept eigentlich schon mal jemand exegetisch untersucht? Fände das sehr interessant. 

Hier aber nun ein Absatz auf dem grandiosen (ironisch gemeint) Artikel: „Will Jesus Frauen in der Küche sehen?“:

Die Theologin Mira Ungewitter ist Pastorin einer freien baptistischen Gemeinde. Sie predigt und vertritt feministische Positionen. In ihrem Buch „Gott ist Feministin“ befasst sie sich vor allem mit Frauenfiguren und weiblichen Gottesbildern in der Bibel. „Die ersten Zeuginnen der Auferstehung waren Frauen, Frauen hatten führende Rollen in den ersten Gemeinden und sie waren Apostelinnen“, sagt Ungewitter. Für sie gehören Christentum und Feminismus untrennbar zusammen. „Die Bibel enthält über 3.000 Stellen zum Thema soziale Gerechtigkeit: Das würde ich als Fingerzeig sehen, der auf Geschlechtergerechtigkeit hinweist.“ 

Fritz [von der EZW in Berlin] betont, dass jeder Mensch die Bibel selektiv auslege. „Die Bibel ist ein großes Buch, ihre unterschiedlichen Aussagen sind in der Auslegung ideologisch dehnbar. Man hat mit der Bibel auch schon Polygamie und Sklaverei gerechtfertigt.“ Im Grunde sei die Rolle der Frau kein genuines Thema der Bibel, es würden einfach verschiedene Rollenvorstellungen vorausgesetzt. Die moderne Kleinfamilie, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, die in konservativ-christlichen Kreisen häufig als Ideal hochgehalten werde, finde sich nicht in der Bibel.

Lutherische Kirche Lettlands verlässt GEKE

Die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands tritt aus der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) aus und will sich dem theologisch konservativen Internationalen Lutherischen Rat (ILC) anschließen. Die Nachrichtenagentur Idea meldet: 

Die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands tritt aus der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) aus und will sich dem theologisch konservativen Internationalen Lutherischen Rat (ILC) anschließen. Das hat die Synode der rund 700.000 Mitglieder zählenden Kirche in Roja im Nordwesten des baltischen Landes auf einer Freilufttagung beschlossen.

Für den Austritt aus der GEKE (früher: Leuenberger Kirchengemeinschaft) stimmten am 6. August 198 Synodale. Zehn votierten dagegen und elf enthielten sich. Für eine Mitgliedschaft im ILC gab es 210 Stimmen bei einer Gegenstimme und acht Enthaltungen.

Der Leiter der Abteilung für internationale Angelegenheiten der lutherischen Kirche Lettlands, Pfarrer Andris Kraulins (Riga), erklärte dazu auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA: „Die Frage der Frauenordination war der Auslöser unseres Auszugs aus der GEKE.“

Zum Hintergrund: Die lutherische Kirche Lettlands hatte die Frauenordination 2016 offiziell abgeschafft. Erzbischof Janis Vanags (Riga) hatte bereits seit seiner Einsetzung 1993 keine Frauen mehr ordiniert. Nach seiner Ansicht entspricht die Praxis, ausschließlich Männer als Pastoren einzusetzen, den biblischen Grundlagen und der apostolischen Tradition.

Mehr: www.idea.de.

Karl Barths verlorener Kampf gegen die Frauenordination

Barth 1956 in Wuppertal (Bild CC BY-SA).

Karl Barth engagierte sich in den Nachkriegsjahren vielfältig ökumenisch. Als 1948 die konstituierende Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen stattfand, hielt er sogar am 23. August den Eröffnungsvortrag.

Auch in der ökumenischen Kommission „Leben und Arbeit der Frauen in der Kirche“, die überwiegend von Frauen besetzt war und für die Frauenordination kämpfte, wirkte er mit. Barth lehnte jedoch die Frauenordination auf Grundlage des biblischen Befundes ab. Christiane Tietz schreibt in ihrer Barth-Biographie dazu:

Außer Barth arbeiteten in dieser Kommission nur wenige Männer mit, unter ihnen der amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr (1892–1971) und Martin Niemöller. Die Frauen in der Kommission setzten sich für die generelle Zulassung von Frauen zum Pfarramt und zu anderen Führungsämtern ein. Barth sah in ihren Argumenten eine Tendenz wirksam, die er in seinem Einleitungsreferat kritisiert hatte: dass man nicht von biblischen Texten, sondern von humanistischen Gedanken aus argumentiere. Er habe, so erklärte er bei jenem Treffen der Reformierten, „aufrichtige … Sympathie“ für die Sache der Frauen. Aber die biblischen Texte sprächen von einer „Unterordnung der Frau unter den Mann, die Paulus der Unterordnung der Gemeinde unter Christus zur Seite stellt“. Bei Paulus sei nicht nur der Satz „in Christus ist nicht Mann noch Weib“ (Galater 3,27) zu finden, auf den sich die Frauen in der Kommission beriefen, sondern auch manches andere, das eben von diesen Ordnungsstrukturen spreche. Gegen das Argument, Paulus rede hier zeitgebunden und man müsse die Texte im „Geiste Jesu“ verstehen, polemisierte Barth heftig: „Wer sich wirklich und mit Recht auf den Geist Jesu beruft, darf sich keine Freiballonfahrten in den Himmel einer humanistischen Theologie gestatten. Der wirkliche Geist Jesu ist vom Wort der Apostel und Propheten nicht zu trennen.“

Freilich kommentiert Prof. Tietz diesen Vorfall eindeutig:

Man wird sich hier kritisch fragen müssen, ob Barth an dieser Stelle nicht doch der Vorstellung von einer wortwörtlichen Autorität der Bibel verfällt, die seine Schrifthermeneutik eigentlich zu vermeiden hilft. Wie wenig Barth die Anliegen der Frauen damals überhaupt nachvollziehen konnte, belegt ein Brief an Charlotte von Kirschbaum [Barths Sekretärin und Geliebte, Anm. von mir] vom 31. August 1948 über seine Teilnahme in dieser Kommission: „Ich habe mir die Lippen franzig geredet, um ihne um ihnen Gen. 1–2, 1.Kor. 11, Eph 5 etc. einleuchtend und annehmbar zu machen … Aber die women fallen immer noch zähnefletschend auf ihre equality zurück, wollen für Alles und Jedes ‚ordiniert‘ werden, auf Münsterkanzeln predigen und was noch Alles.“

Frauen in der Gemeinde

Das Buch Frauen in der Gemeinde ist in einer 3. Auflage erschienen als:

  • Andreas J. Köstenberger u. Thomas R. Schreiner (Hg.), Women in the Church: An Interpretation and Application of 1 Timothy 2:9–15, 3. Aufl., Wheaton, IL: Crossway, 2016.

Was ist neu? In der Einleitung steht:

9781433549618

Initially, we planned simply to update each of the chapters in the second edition and to replace the single-author chapter on application with a virtual roundtable in order to express the diversity of ways Christians apply the teaching of 1 Timothy 2:9–15.

Then, developments ensued in rapid fashion. First off, Henry Scott Baldwin gently but firmly declined revising his chapter, suggesting that Al Wolters, who has engaged in cutting-edge research on the term αὐθεντεῖν for the past decade, be pressed into service. After initial hesitation due to other commitments, Al kindly agreed to write for the current volume what we are convinced is now the definitive essay on αὐθεντεῖν. While building on Baldwin’s work, Al powerfully sharpens his argument and engages all the recent scholarship on the meaning of αὐθεντεῖν judiciously and compellingly. The inclusion of Al’s chapter alone warrants the production of this third edition.

Also, one by one, the other contributors decided against giving their chapters a mere “face lift” and opted instead to write a fresh piece that is congruent with their work in earlier editions but presents the material in light of developments in the past two decades and in keeping with current research and cultural dynamics. S. M. Baugh and Robert Yarbrough, in particular, spent a considerable amount of time, with much careful thought, presenting the background of 1 Timothy 2:9–15 to apply it to our cultural context in a fresh, new light that is sure to connect both with readers of previous editions and with those new to the debate.

I, too, decided not merely to touch up my chapter but to completely rerun all my searches of the Thesaurus Linguae Graecae (TLG) database in an effort to isolate the most pertinent syntactical parallels for the grammatical construction found in 1 Timothy 2:12. More detailed search parameters and a more robust database now available have allowed me to narrow my investigation from its previous four-century span to include only authors who wrote in the first century AD, while simultaneously adding thirty-one examples. I also decided to integrate my interaction with the scholarly literature on the subject throughout my essay rather than collecting responses at the end as in the second edition.

Finally, we asked Denny Burk to write a brand-new chapter on Bible translation. This addition seemed necessary since the NIV 2011 translation committee retranslated αὐθεντεῖν in a rendering that went against the NIV 1984 and even the TNIV 2002.

Die ersten 28 Seiten können hier heruntergeladen werden: women-in-the-church-excerpt.pdf. Außerdem gibt es ein Interview mit Köstenberger: www.crossway.org.

„Ich nehme die Bibel sehr ernst“

Die Schweizer Ausgabe von ideaSpektrum publizierte am 15. Juni (Ausgabe 24/2016, S. 8–11) ein Interview mit Christian Haslebacher zur „Rolle der Frau in der Gemeinde“. Haslebacher arbeitete schon 2004 für das Werk Chrischona in einer Projektgruppe zur Frauenfrage und hat später eine wissenschaftliche Arbeit zum Thema verfasst und die egalitäre Position verteidigt (erschienen als: „Yes, she can!“, Fontis Verlag: Basel, 2016).

Haslebacher sprach in dem Interview auch über 1. Timotheus 2,12-14. Hier ein Auszug:

idea: Das Ringen geht darum, wie biblische Aussagen heute anzuwenden sind, um der Absicht des Textes gerecht zu werden. Wie verhält sich dies Ihrer Meinung nach bei der Stelle 1. Timotheus 2,12 – ich zitiere: „Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann Herr sei, sondern sie sei still.“?

Haslebacher: An dieser Schlüsselstelle entscheidet sich die Diskussion. Paulus argumentiert mit der Schöpfungsreihenfolge und dem Fall der Eva. Vertreter der historischen Position nehmen dies als Beweis, dass es sich hier um eine allgemeingültige Anweisung handelt.

idea: Wie nähern Sie sich dieser Stelle?

Haslebacher: Zum einen untersuchte ich, wie der Umgang mit Frauen in der Bibel ganz allgemein beschrieben wird. Wie handelt Gott mit den Frauen? Ich stellte fest, dass dies nicht immer so lief, wie in 1. Timotheus 2,12-14 beschrieben. Dies ist demnach nicht der von Gott generell angewendete Standard. Das ist der erste Punkt. Dann untersuchte ich, wie Paulus auf das Alte Testament verweist. Ich habe insgesamt elf solcher Stellen gründlich studiert.

idea: Was war die wesentliche Erkenntnis?

Haslebacher: Dass Paulus nicht mit der Logik des westlichen Exegeten argumentiert. Er denkt eher wie ein jüdischer Rabbiner, der einen freieren Umgang mit dem Text hat. Diese zwei Punkte führten mich zum Schluss, dass Paulus im 1. Timotheusbrief keine Aussage für alle Gemeinden, in allen Kulturen und zu allen Zeiten macht. Er präsentiert keine umfassende Exegese, sondern wendet die Schrift teilweise selektiv oder ergänzend an, um seine Argumentation zu unterstützen. Er geht nicht wie ein Historiker oder systematischer Theologe vor, sondern er benutzt Analogien zwischen der alttestamentlichen Geschichte und der Gegenwart. Seine Verweise haben einen bildhaften Charakter. Im jüdischen Sinn und Kontext ist das gestattet, während wir uns damit schwertun.

idea: Helge Stadelmann, der ehemalige Rektor der FTH Giessen, sagt: „Die Frage der Frauenordination ist ein Prüfstein der Bibeltreue.“ Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, mit Ihren Aussagen an der Autorität der Heiligen Schrift zu kratzen.

Haslebacher: Es ist möglich, dass dies für manche evangelikale Christen eine Zumutung ist. Für sie riecht das nach Bibelkritik. Aber wie gesagt, ich nehme die Bibel sehr ernst! Meine Begründung erfolgt im Gesamtzeugnis der Schrift. Ich verstehe sie als ein bibelfestes Plädoyer. Eigentlich sind alle NT-Briefe Reaktionen auf Situationen in örtlichen Gemeinden. Die Gemeinde in Ephesus litt unter einer Irrlehre, von der vor allem Frauen betroffen waren. Paulus wollte Ordnung schaffen. Sollte in einer Gemeinde heute eine ähnliche Situation auftreten, sind seine Weisungen für diese Gemeinde genauso gültig. Sie sind aber keine pauschale Ordnung für alle Gemeinden zu allen Zeiten.

Johannes S., fleißiger Kommentator auf dem TheoBlog, hat einen Leserbrief zum Interview und dem zugehörigen Editorial geschrieben, der allerdings nicht veröffentlicht wurde. Mit dem Einverständnis des Autors nachfolgend der Brief im Wortlaut:

Leserbrief

zum Interview „Ich nehme die Bibel sehr ernst“ (Christian Haslebacher) und dem Editorial „Was sagt die Bibel wirklich?“ (Rolf Höneisen)

 

Das hat Rolf Höneisen richtig erkannt: Christian Haslebacher, der neue Master-Apologet für Leitung und Lehre von Frauen in der Gemeinde ist wahrhaftig kein Feminist und Gender-Ideologe. Denn eine Ehefrau darf nach seiner und der aktuellen Chrischona-Erkenntnis nur leiten und lehren, wenn es ihr Ehemann erlaubt.

Es bedarf keiner prophetischen Begabung für die Einschätzung, dass die Mindesthaltbarkeitsfrist dieser Erkenntnis bald abgelaufen sein dürfte. Haslebacher denkt zwar in Generationen: „Jede Generation liest die Bibel durch die Brille ihrer Zeit.“ Zum Beispiel, wenn es heute um Leitung und Lehre von Frauen in der Gemeinde geht.

„Das hilft“ – wir lesen und staunen –, „gewisse Fehler nicht mehr zu machen …“! „… dafür werden wir wiederum unsere eigenen Fehler machen.“ Dann zitiert er das „Wrightsche Gesetz“, nach dem „20 Prozent seiner Theologie falsch seien – er wisse aber nicht welche. Diese demütige Haltung sollten wir uns alle aneignen …“

Schade, dass Luther nicht so demütig war! Dann hätte er uns die Reformation erspart. Allerdings hätten wir dann ein Event weniger, das gut bezahlte Theologen eine Dekade vorbereitet haben. (Als bescheidener Zeitgenosse wäre ich auch mit einem ökumenischen Kirchentag oder einem GRÜNEN-Parteitag zufrieden gewesen.)

Ich wage also die Prognose, dass wir nicht auf die nächste Generation warten müssen, bis ein Chrischona-Master feststellt, dass Haslebachers Auslegung der Bibelstellen über den Ehemann als Haupt seiner Ehefrau zu den 20 Prozent falscher Chrischona-Theologie im Jahr des Fortschritts 2016 unserer Zeitrechnung gehör(t)en.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass das „Wrightsche Gesetz“ nicht Ausdruck von Demut, sondern von Hochmut ist.

Wenn ich durch die Brille der letzten 200 Jahre Theologiegeschichte die Reformationstheologie betrachte, welche die Bibel noch für historisch zuverlässig hielt, dann erscheinen mir nicht 20 Prozent falsch, sondern 100 Prozent. Ich halte es für Hochmut, wenn Theologen heute meinen, dass ihre Theologie im Rückblick besser abschneiden wird.

Doch zurück in die wunderbare Chrischona-Gegenwart. Haslebacher: „Bei der Frage des Hauptseins komme ich nicht an den zwei bekannten Stellen im Epheser- und im 1. Korintherbrief vorbei.“ Im 1. Brief an Timotheus hat er es dagegen geschafft – bravo –, mit dem Vorwurf der „Scheinlogik“ und des „Zirkelschlusses“. Dabei „wünscht sich Haslebacher ein Ende der gegenseitigen Unterstellungen und ein gemeinsames Ringen um eine sachgemäße Anwendung der biblischen Aussagen.“

Im 1. Korintherbrief argumentiert Paulus ebenso mit der Schöpfungsgeschichte wie im 1. Brief an Timotheus …

Ein Glück, dass in Chrischona keine Ingenieure und Programmierer ausgebildet werden! Mit dem dort gepflegten Denken würden wir in die Steinzeit zurückgeworfen: Jedes Hochhaus und jede Brücke würden bereits beim Bau zusammenstürzen, kein Auto und kein Computer würden funktionieren.

Doch wie pflegte Tante Jolesch zu sagen (Torberg: Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten): Gott bewahre uns vor dem, was noch ein Glück ist.

Und noch ein Glück: Dass Höneisen Haslebacher Ernsthaftigkeit bescheinigt. Ich ziehe bei Non-sens Spaßhaftigkeit vor.

Johannes S.

Kurs der Evang.-lutherischen Kirche Lettlands

Während die EKD zeitgeistbeflissen Familie „neu denkt“ und auf der 11. Synode sogar eine Form der Frauenquote für ihre Gremien eingeführt hat, besinnt sich so manche europäische Kirche wieder auf ihren Bezug zum Wort Gottes. Auch in der Lutherische Kirche Lettlands hat es unter der Leitung von Erzbischof Vanags eine Rückbesinnung auf den geistlichen Auftrag gegeben. „Ich glaube“, sagte Vanags in eine Interview,  „dass in der Zukunft weiterhin Gesetz und Evangelium gepredigt werden muss, Gottes Wort.“ Zur Ideologie des Relativismus, die in vielen westlichen Gesellschaften eingezogen ist, sagt er im gleichen Gespräch:

Die Herausforderungen für die Kirche haben sich radikal verändert. Unter den Kommunisten gab es Verfolgung und militanten Atheismus, aber nun haben wir die Säkularisierung und die Ideologie der Postmoderne. Unser Volk hat diese neue Ideologie sehr schnell aufgenommen, besonders die junge Generation. Der Unter-schied im Vergleich mit dem Westen ist, dass die Jungen dort besser erkennen, was sie verlassen, wenn sie die neue Ideologie annehmen. Sie sind sich bewusster, dass sie nun die Wertvorstellungen der Eltern verlassen, die christlichen Wertvorstellungen, und sich auf ein anders Wertesystem einlassen. Die jungen Menschen in Lettland haben dieses Empfinden nicht, da sie keinen christlichen Hintergrund haben, sondern ihre Eltern waren schon während der Sowjetzeit säkularisiert. Sie haben den Postmodernismus ­ den totalen Relativismus – als einen Teil der neuen Freiheit übernommen, als einen Teil des Gutes der freien Welt.

Ich glaube, dass dies die große Herausforderung für die Kirche in unserer Zeit ist. Wir sollten uns in erster Linie nicht mit den Kirchen der westlichen Welt während der 60-er Jahre vergleichen, sondern mit der ersten christlichen Kirche in ihrem Gegenüber zum Heidentum.

Professor Reinhard Slenczka (Erlangen), der nach seiner Emeritierung in Riga die theologische Ausbildung der Evangelisch-lutherischen Kirche Lettlands als Rektor der Luther-Akademie leitete, hat in den protestantischen Kirchen des Westen ebenfalls einen tiefen Abfall von den Grundlagen diagnostiziert. IdeaSpektrum meldete 2010:

Einen „Abfall von den Grundlagen christlicher Gemeinschaft“ wirft der lutherische Theologieprofessor Reinhard Slenczka (Erlangen) den Leitungsgremien von protestantischen Kirchen in Europa und Nordamerika vor. Mit zahlreichen Erklärungen und Resolutionen schadeten sie der Einheit der Christenheit, schreibt er in einem Sonderdruck der konservativen Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“. Als Beispiele für umstrittene Beschlüsse nennt er die Einführung der Frauenordination und die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Viele Veröffentlichungen hätten keine biblische Begründung oder stünden in offenem Widerspruch zur Heiligen Schrift. Theologen, die dagegen unter Berufung auf die Bibel und kirchliche Bekenntnisschriften protestierten, würden als fundamentalistisch und unwissenschaftlich disqualifiziert und diffamiert oder durch Androhung oder Durchführung von Ordinationsverweigerung beziehungsweise Amtsenthebung diszipliniert. Mahnende Stimmen aus russischen, baltischen und afrikanischen Kirchen würden im Westen kaum verbreitet und schon gar nicht ernst genommen. Stattdessen werde mit materiellem Druck versucht, kritische Kirchen zur Einführung der Frauenordination oder zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zu veranlassen. So seien der Theologischen Hochschule in der lettischen Hauptstadt Riga, der Luther-Akademie, Ende der neunziger Jahre aufgrund von Eingriffen aus Deutschland bereits bewilligte Mittel wieder gestrichen worden.

Der DLF hat kürzlich über die Kehrung der Evangelisch-lutherischen Kirche Lettlands berichtet. Freilich bleibt die Perspektive der Betrachtung den EU-Dispositionen treu.

Das erste Paar und die Postmoderne

41UnW+fnr-L._SL500_AA300_.jpgKaum ein Thema wird in Gesellschaft und Gemeinde heute kontroverser diskutiert als die Frage nach der Rolle von Mann und Frau. Jacqueline Bee hat ihre bemerkenswerte Arbeit zur Geschlechteridentität 2009 als Buch veröffentlicht.

Der Verlag schreibt über den Inhalt:

Der biblische Schöpfungsbericht schildert Mann und Frau als Geschöpfe und Ebenbilder Gottes. Durch ihre Kreatürlichkeit sind sie unaufhebbar an ihren Schöpfer gebunden und relational auf ihn verwiesen. Die Gottebenbildlichkeit von Mann und Frau ist auch für die Beziehung und Abhängigkeit der Geschlechter von konstitutiver Bedeutung. Basierend auf einer absoluten Gleichwertigkeit umfasst die ursprüngliche Schöpfungsintention eine ontologische und funktionale Komplementarität. Mann und Frau sind aufeinander hin erschaffen, sie bedürfen und ergänzen einander. All dies steht in krassem Gegensatz zum postmodernen Verständnis, wonach die Geschlechteridentität des evolvierten, aufgeklärten und nach absoluter Freiheit und Unabhängigkeit strebenden Individuums nur noch biologisch verankert ist. Die Identität als Mann oder Frau vollzieht sich ausschliesslich in Erfüllung spezifischer Rollenerwartungen und wird damit als rein soziokulturelle Konstruktion verstanden, die beliebig modellier- und veränderbar ist. Ein sehr interessantes und entscheidendes Forschungsergebnis der vorliegenden Studie ist das Vorhandensein eines schöpfungsbedingt angelegten anthropologischen Grundskriptes, welches die Beziehung und Abhängigkeit der Geschlechter existentiell prägt. Die Autorin plädiert deshalb aufgrund der zunehmend problembelasteten Paarbeziehungen dafür, ein erneutes Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass – entgegen dem postmodernen Verständnis – eben nicht alles unter der Sonne wandelbar ist.

 

 

Die Bedeutung von »antrōpois« in 2Tim 2,2

Denny Burke und Craig Blomberg diskutieren über die akkurate Übersetzung von »antrōpois« in 2Tim 2,2.

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Im deutschen Kontext ist die Diskussion zunächst schwer nachvollziehbar. Die meisten Übersetzungen hierzulande nennen »Menschen« oder »Personen«, auch die Elberfelder Übersetzung oder die Einheitsübersetzung. Sogar die Lutherausgabe von 1914 spricht von »Menschen«. Nur das von dem Genius Fridolin Stier übersetzte Neue Testament schreibt:

Und was du – durch viele Zeugen verbürgt – von mir gehört hast, das vermache vertrauenswürdigen Männern, die fähig genug sein werden, auch andere zu lehren.

Hier die »pro Männer«-Argumente von Denny Burke: www.dennyburk.com.

Die Feminisierung der Theologie

Während einige Evangelikale über die Benachteiligung von Frauen im Raum der Kirche sinnieren (vgl. z.B. hier), spricht der evangelische Theologe Friedrich Wilhelm Graf (München) offen über die Konsequenzen einer einseitig verweiblichten Theologie.

Folgendes Zitat habe ich beim Deutschlandradio aufgeschnappt:

Sie sind zumeist weiblich und eher »Muttityp als wirklich intellektuell«. So hat der evangelische Theologe Friedrich Wilhelm Graf evangelische Theologiestundenten kritisiert. Auf einer Tagung in Dresden erklärte der Professor für Systematische Theologie, das evangelische Pfarramt werde zunehmend zu einem Frauenberuf. Besonders häufig entschieden sich Studentinnen aus nichtakademischen Haushalten für diesen Beruf. Sie verbänden zumeist eher schlichte Gedanken mit der Vorstellung von einem »Kuschelgott«. Das sei auf Dauer eine bedrohliche Entwicklung für die evangelische Theologie, sagte Graf.

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