Ethik

Beiträge aus dem Bereich Ethik.

Google will alles über dich wissen

Die Suchmaschine verkauft es als Super-Service, Datenschützer sind skeptisch. Google will alle persönlichen Nutzerdaten verknüpfen und zu einem neuen Dienst kombinieren. Das Unternehmen soll zum Assistenten des Nutzers werden, dem man sich ganz und gar anvertraut – und der sogar Gedanken liest. Christian Stöcker macht auf ein gewaltiges Problem aufmerksam:

Google will mit den aggregierten Daten künftig auch Theorien darüber aufstellen, was der Nutzer gerade denkt, „zum Beispiel darauf kommen, was Sie wirklich meinen, wenn Sie Apple, Jaguar oder Pink eintippen“. Das mag nützlich sein, klingt aber auch furchteinflößend. Google aber betrachtet auch diesen Vorstoß als Dienst am Nutzer: ¡Die Menschen müssen sich ohnehin viel zu sehr anstrengen, wir möchten ihnen dabei künftig besser helfen können.“ Und natürlich personalisierte Werbung noch besser auf die einzelnen Nutzer zuschneiden, schließlich ist Reklame Googles Haupteinnahmequelle.

Mehr: www.spiegel.de.

Die Ehe und die Religionsfreiheit

Leiter verschiedenster amerikanischer Kirchen haben sich am 12. Januar 2012 in einem Offenen Brief mit dem Titel „Mariage and Religious Freedom: Fundamental Goods That Stand or Fall Together“ entschieden für den besonderen Schutz der Ehe (im herkömmlichen Sinne) ausgesprochen. In dem Schreiben heißt es:

Die Förderung und der Schutz der Ehe – also der Bund eines Mannes und einer Frau als Ehemann und Ehefrau – ist eine Sache des Gemeinwohls und dient dem Wohlergehen des Ehepaares, der Kinder, der Zivilgesellschaft sowie aller Menschen. Bedeutung und Wert der Ehe sind vorrangig und jeder einzelnen Gesellschaft, Regierung oder religiösen Gemeinschaft übergeordnet. Sie ist von allumfassenden Nutzen und die grundlegende Einrichtung für alle Gesellschaften. Sie wird mit der Natur der menschlichen Person als Mann und Frau und mit der lebenswichtigen Aufgabe des zur Welt Bringens und Versorgens von Kindern verbunden.

Als religiöse Leiter verschiedenster Glaubensgemeinschaften sind wir darin übereingekommen, zu bekräftigen, dass die Ehe in ihrer wahren Definition um ihretwegen und um des Wohles der Gesellschaft wegen geschützt werden muss.

Hier der Brief: Marriage-and-Religious-Freedom-Letter-Jan-12-2012-4.pdf.

VD: EP

Dass es dich gibt

Kurz vor Lottas Geburt wurde in ihrem Gehirn eine Fehlbildung entdeckt. Ihre Mutter schreibt hier von Momenten tiefer Verzweiflung. Und großen Glücksgefühlen. Ein beeindruckender Text!

Viele Ehen zerbrechen an Sorgenkindern wie Lotta, dessen sind wir uns bewusst. Ein Graben tut sich auf, zwischen mir bei den Ärzten und meinem Mann im Büro. Jeden Abend versuchen wir, ihn zu überbrücken. Schon seit Benns Geburt gibt es diesen Graben, doch mit Lotta wird er zu groß, um einfach darüberzuspringen. Harry bleibt einen Monat zu Hause, um den Alltag mit Lotta zu erleben. Gemeinsam müssen wir Entscheidungen treffen, die an Leben oder Tod rühren. Gehen wir das Risiko einer weiteren OP ein? Gehen wir das Risiko ein, nicht zu operieren? In beiden Fällen droht schlimmstenfalls der Tod, extrem unwahrscheinlich, aber dennoch. Über die Anschaffung unseres Sofas haben wir länger diskutiert. In diesen Extremsituationen bilden wir sofort eine Front, wir sind das Team Lotta. Nicht auszudenken, wenn einer sagen würde: »Warum nicht ins Pflegeheim?«, oder: »Du wolltest ja unbedingt ein zweites Kind.«

Lesen: Kind-Behinderung.pdf.

Ekelhaft symptomatisch

Um unerwünschte Schwangerschaften während der häufig alkoholseligen Festtage zwischen den Jahren zu vermeiden, erhalten britische Frauen auf Wunsch in den kommenden Wochen kostenlose Rationen mit einer „Pille danach“. Auf diese Weise sollen ungewollte Schwangerschaften zu den Feiertagen eingedämmt werden.

Das ist ekelhaft und zugleich symptomatisch für eine Gesellschaft, die die Wertschätzung des Lebens gegen rastlose Lustbefriedigung eingetauscht hat. Anstatt grenzenlose Selbstverwirklichung, bei der Kinder als Störfaktoren empfunden werden, kritisch unter die Lupe zu nehmen, gibt’s eine Abtreibungspille, staatlich subventioniert.

Hier die Meldung: www.welt.de.

Grüne Meinungsfreiheit

Soll die Diakonie zwei theologisch konservativ ausgerichtete Organisationen ausschließen? Das fordert der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck. Er wandte sich in einem Brief an den Präsidenten des Diakonischen Werks der EKD, Johannes Stockmeier (Berlin). Der Vorstoß des prominenten Grünen richtet sich gegen die ökumenische Kommunität „Offensive Junger Christen“ und den evangelischen Fachverband für Sexualethik und Seelsorge „Weißes Kreuz“. Die Nachrichtenagentur idea schreibt:

In seinem – von Beck veröffentlichten – Antwortbrief versichert Präsident Stockmeier, dass er auch weiterhin dafür eintreten werde, dass es keine Diskriminierung Homosexueller in Kirche und Diakonie geben dürfe. Er erhalte immer wieder Anfragen, inwieweit die Offensive Junger Christen, das ihr angeschlossene Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft und das Weiße Kreuz diese Position teilten. Deshalb suche er mit ihnen das regelmäßige Gespräch, um die Haltung des Diakonischen Werkes der EKD zu verdeutlichen. Dessen Mitglieder seien aber rechtlich selbstständige Organisationen. Das Diakonische Werk verfüge deshalb weder über eine Fach- noch eine Dienstaufsicht. Gemäß der Satzung sei das Diakonische Werk der EKD nicht befugt, in die Arbeit der Mitglieder einzugreifen. Ein Ausschluss könne nur dann erfolgen, wenn Mitgliedsorganisationen nicht mehr in Verbindung zur diakonischen oder volksmissionarischen Arbeit ihrer Kirche stünden. Abschließend schreibt Stockmeier: „Vor diesem Hintergrund ist das Gespräch mit den genannten Fachverbänden ein wichtiger Beitrag, um hier Klarheit zu erlangen und gegen eine mögliche Diskriminierung von Homosexualität einzutreten.“

Ich kann aufmerksame Staatsbürger nur bitten, genau hinzuschauen. Die Desinformationen, die Volker Beck seit Jahren verbreitet, und die politischen Forderungen, die er nachhaltig einklagt, bedrohen – finden sie Gehör – die Meinungsfreiheit, auf die er sich selbst über viele Jahre berufen hat. Gehören nicht Wissenschaftsfreiheit und Lehrfreiheit zu den bürgerlichen Grundrechten? Will Volker Beck die offene Gesellschaft tatsächlich stärken (vgl. auch den Beitrag: Die Tyrannei der liberalen Moral)?

Hier der vollständige idea-Beitrag: www.idea.de.

Die Maßgeblichkeit der Bibel für die Ethik heute

Die nächste Ausgabe von Glaube & Denken heute wird wieder einige sehr interessante Beiträge enthalten. Unter anderem wird der Aufsatz „Die Maßgeblichkeit der Bibel für die Ethik heute“ von Klaus Bockmühl dabei sein. Dieser bereits 1967 gehaltene Vortrag ist heute fast noch aktueller als damals. Nicht biblische Autorität, „sondern vielmehr Erfahrung, Experiment“ müssen demnach die Quelle der Ethik sein. Die Wende in der christlichen Ethik, die Bockmühl als eher elitäres Phänomen beschreibt und tadelt, vollzieht sich heute in Teilen der evangelikalen Szene.

Hier ein Auszug:

Im Griechischen ist das Gute Ziel einer philosophischen Erörterung oder sozialpolitischen Erforschung, zum Beispiel in Platons Staat. In der Bibel ist das Gute vielmehr Inhalt göttlicher Offenbarung: „Es ist dir gesagt, Mensch“ (er braucht nicht mehr zu experimentieren), „es ist dir gesagt, Mensch,“ es ist nicht mehr unbekannt, „was gut ist“, nämlich, „was der Herr von dir fordert“. Der Ton liegt hier in der Tat auf der Offenbarung des Willens des souveränen Gottes. Der biblischen Ethik geht es um die Frage der Autorität auf der einen und der Annahme und des Gehorsams auf der anderen Seite.

Wie erklärt man sich aber eine Haltung, für die die Heilige Schrift in ihrer Weisung unzulänglich und überholt ist? Die Reformatoren waren über eine solche Einstellung nicht erschrocken. Denn die Klarheit der Heiligen Schrift, lehrten sie, sei gar nicht für jeden vorhanden. So schreibt Luther: „Vielmehr der Geist ist erfordert, dass man die ganze Schrift oder irgend ein Stück daraus verstehe“. Darum kann die Göttlichkeit und Autorität der Schrift auch nur von dem Christen, der das Zeugnis des Heiligen Geistes über die Schrift zu erfahren vermag, erkannt werden.

So sagt Luther 1522: „Es ist nicht genug, dass du sagest, Luther, Petrus oder auch Paulus hat dies und dies gesagt, sondern du musst bei dir selbst im Gewissen fühlen, Christus selbst und unwänklich empfinden, dass es Gottes Wort sei, auch wenn alle Welt dawider stritte. Solange du das Fühlen noch nicht hast, solange hast du auch Gottes Wort noch nicht geschmeckt und hängst noch mit den Ohren an Menschenmund.“ Ebenso Calvin: „Durch die wir zum Gehorsam gezogen werden, das ist eine solche Überzeugung, die der Gründe nicht bedarf, eine solche Erkenntnis, der der allerbeste Grund feststeht. Ich rede von nichts anderem, als was jeder Gläubige bei sich selbst auch erfährt“. Nicht umsonst haben die alten reformatorischen Bekenntnisse und auch jetzt die neueste katholische Erklärung davon gesprochen, dass alles dies für das Volk Gottes gelte.

Allein die Kirche ist es, die so in Glaubens- und Lebensdingen von Gott gelehrt wird. Die wahre Erkenntnis der Heiligen Schrift ist also nur, wie es dort in der Reformation heißt, dem heilsbegierigen und dem gehorsamen Leser möglich. Der Gehorsam wird allerdings vorausgesetzt. In der Tat, ein Kreis, eine Kreisbewegung! Gott gibt nur da Weisung, wo die Bereitschaft zu gehorchen vorhanden ist, während, wie die Reformatoren sagen, der Unbekehrte sich höchstens eine theoretische und rein äußerliche Erkenntnis der biblischen Weisung aneignen kann: „… ecclesiam plene et perspicue erudiat“. Also allein die Kirche, die die Schrift als von Gott gegeben annimmt, genießt auch die Klarheit und Genügsamkeit der Heiligen Schrift. Wenn man den Satz umkehrt, dann folgt daraus, dass der, der die Autorität der Heiligen Schrift leugnet, sich außerhalb der Kirche gestellt hat. Wo die Heilige Schrift in ihrer Autorität geleugnet wird, liegen bereits andere Grundvoraussetzungen vor; und da soll der Gläubige, heißt es bei Luther, keinen Richter suchen, sondern die anderen dem Urteil Gottes überlassen, wenn sie sich schon nicht dem Urteil des geschriebenen Wortes Gottes fügen wollen. Die Autorität, die Klarheit, die Genügsamkeit der Heiligen Schrift beweist sich nur dem Glauben und die Richtigkeit der göttlichen Weisung beweist sich in ihrer Ausführung. Nach dem Gebot hat die Erfahrung ihren Platz.

Beihilfe zur Selbsttötung ein Menschenrecht?

Vor einigen Tagen wurde hier über Carine diskutiert, die nach einem Schlaganfall auf eigenen Wunsch hin aktive Sterbehilfe in Anspruch nahm und dabei einige ihrer Organe zur Verfügung stellte (siehe hier).

Ich empfehle zur ethischen Diskussion über aktive Sterbehilfe einen Vortrag, den Ulrich Eibach vor einiger Zeit gehalten hat. Eibach zeigt, dass die Debatte über Sterbehilfe immer (!) weltanschaulich aufgeladen ist. Der Wunsch, »in Würde« sterben zu wollen, setzt den Anschluss an philosophisch-theologische Denkströmungen voraus, ist also gar nicht so selbstbestimmt, wie dies vorgegeben wird. Eibach: »Das Tabu der ›aktiven Euthanasie‹ erscheint als ein letztes, religiös begründetes Bollwerk gegenüber einer Lebenseinstellung, die für das ›autonome‹ Individuum die uneingeschränkte Verfügung über das eigene Leben postuliert. Damit verbunden ist die Vorstellung, dass das Leben durchgehend nach menschlichen Wünschen planbar sein sollte.« Dem Tötungswunsch voraus geht ein bestimmtes Selbstverständnis und damit verbunden die Leugnung der Geschöpflichkeit.

Nach Nietzsche soll Sterben und Tod nicht erlitten werden. Vor allen Dingen soll die Persönlichkeit nicht entmächtigt werden. Das Schicksal wollte es, dass Nietzsche den rechten Zeitpunkt verpasst hat und 10 Jahre auf die Pflege seiner Schwester und anderer angewiesen war, als er in geistiger Umnachtung lebte. Die Fiktion des durchgehend selbst bestimmten Lebens ist Ausdruck eines Größenwahns, dem der technische Machbarkeitswahn entspricht, eines oft blinden Kampfes gegen den Tod und der Leugnung der Übermacht des Todes über menschliches Wollen und Können. Beide entspringen der geistigen Wurzel der Selbsteinsetzung des Menschen als uneingeschränkter Herr und Besitzer seines Lebens. Beide leugnen die Tatsache der Geschöpflichkeit, der Abhängigkeit vom Unverfügbaren von Gott, der Natur, auch von den Mitmenschen und das Unterworfensein des Menschen unter die Macht des Unverfügbaren Todes, in der auch die Freiheit mehr oder weniger immer zusammenbricht. Sie kennen keine Ethik des Verzichts, des Erleidens, sie kennen nur eine Ethik der autonomen aktiven Lebensgestaltung des Herrseins des Ichs über das Leben. Das Erleiden von Krankheit bis hin zur Entmächtigung des Ichs wird als eine große Demütigung des Selbstverständnisses des Selbstwertgefühls erfahren, aus dem heraus dann geleugnet wird, dass letztendlich der Tod zu einer Entmächtigung des Ichs und seiner Freiheit führt, auch dann, wenn der Mensch sich selbst den Tod gibt, ist das ein Geschehen aus Angst und nicht aus Freiheit.

Hier der Vortrag: btg13-eibach.pdf.

Carine, 43, lässt sich töten

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit ereignete sich in Belgien eine Weltpremiere: Ärzte leisteten bei einer 43 Jahre alte Patientin auf deren Wunsch hin aktive Sterbehilfe. Sofort danach entnahmen andere Mediziner ihr die Nieren, die Leber und die Bauchspeicheldrüse. Wie üblich nach einer Tötung auf Verlangen wird auf Carmens Totenschein »natürlicher Tod« vermerkt.

Willkommen in der Welt der utilitaristischen Ethik in der Kultur des Todes, mitten im (noch) reichen Europa.

An ihrem selbst gewählten Todestag wirkt Carine Geerts* aufgeregt und glücklich. Die 43-jährige Frau aus Belgien hat ein Krankenzimmer in der Universitätsklinik Antwerpen bezogen, für wenige Stunden nur, bald braucht sie es nicht mehr. Bei Carine sind ihre drei Kinder, 17 bis 21 Jahre alt, und ihr Freund. Sie trinken gemeinsam ein letztes Glas Weißwein. Seit einem Schlaganfall ist Carine behindert. Über ein Jahr lang hat sie versucht, sich in ihr altes Leben zurückzukämmen, doch nun hofft sie nicht mehr auf Besserung oder Heilung. Sie will sterben, hier in der Klinik, durch die Hand eines Arztes. »Ich will meinen Körper los sein. Er geht nicht mehr«, hat sie zwei Tage vor ihrem Tod dem Hausarzt gesagt.


Als eine internationale Medizinerschaft 2009 beim europäischen Anästhesiekongress in Mailand mit Carines Fall konfrontiert wird, hält sich die Kritik in Grenzen. Ein Anästhesist allerdings fragt, warum die Chirurgen nicht auch noch Carines Herz transplantiert hätten, erinnert sich Cras. Die Frage ist als Provokation gemeint: Herzen sind besonders empfindlich gegen Sauerstoffmangel. Wenn sie einmal zu schlagen aufgehört haben, ist es nahezu ausgeschlossen, sie zu transplantieren. Hätte man auch Carines Herz verpflanzen wollen, so hätte man es der jungen Frau unter Narkose entnehmen müssen – vor ihrem Tod. Carine wäre dann nicht durch die Medikamente getötet worden, sondern infolge der Organentnahme. Die Antwerpener Ethikkommission hatte diese Möglichkeit im Vorfeld tatsächlich diskutiert – und sich dagegen entschieden. Weil die Tötung von der Organentnahme komplett getrennt sein musste, sagt Cras.

Hier: www.zeit.de.

Embryonenselektion: Gezielte Abtreibung von Mädchen

Der DLF informiert über eine bedrückende Entwicklung mitten in Europa. Es zeigt sich, dass moderne Diagnoseverfahren bereits als Instrument für die geschlechterspezifische Selektion von Embryonen benutzt werden.

[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/10/20/dlf_20111020_0936_4b91ce12.mp3[/podcast]

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner