November 2010

Geschichte eines Wegwerfmädchens

Die WELT AM SONNTAG hat am 28. November die Geschichte der 15-jährigen Yamina erzählt, die wie Ware als Zwangsprostituierte durch Deutschland geschoben wurde. Ein sehr bewegender Artikel, der nebenbei zeigt, dass die Legalisierung der Prostitution als Dienstleistung vor allem den Zuhältern geholfen hat.

Ein Gesetz, das die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2001 beschloss, hat die Situation in Deutschland kaum verbessert (Den Bericht zu den Auswirkungen des Gesetzes finden Sie hier). Im Oktober 2001 verabschiedete sie mit den Stimmen von FDP und PDS das Gesetz „zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“. Die Parlamentarier meinten es gut. Sie wollten Prostituierten den Zugang zur Sozialversicherung und den Ausstieg aus dem Milieu erleichtern und die Kriminalität in der Szene eindämmen. Frauen sollten ihren Lohn von Freiern einklagen können und ihre Arbeit in Verträgen regeln. Seit 2001 ist Sex gegen Geld keine »gewerbsmäßige Unzucht« mehr, sondern eine »sexuelle Dienstleistung«. So der Plan.

Längst weiß man, dass das Gesetz nicht den Frauen geholfen hat, sondern den Zuhältern. Es hat den Menschenhandel erleichtert, weil es die Vermittler von schnellem Sex legalisiert, es sei denn, ein Zuhälter zwingt Frauen zur Prostitution. Doch so etwas ist kaum nachzuweisen. Schon vor drei Jahren offenbarte eine Studie des Bundesfamilienministeriums, dass die Reform keine der Erwartungen erfüllt hat. Die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen, CDU, legte einen Sechs-Punkte-Katalog vor, um »den Schutz von Prostituierten wirksam zu verbessern«. Geschehen ist seither so gut wie nichts.

Der Artikel steht inzwischen online: www.welt.de.

Ist die christliche Publizistik am Ende?

In den 60er- und 70er-Jahren hatten kirchlich finanzierte Wochenzeitungen höchste Auflagen, sie waren mit ihrer Sicht auf Politik, Gesellschaft und Kultur Meinungsmacher. Am 25. November erschien zum letzten Mal die katholische Wochenzeitung der Rheinische Merkur. Das evangelische Pendant, das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt, wurde schon vor zehn Jahren eingestellt.

Steht die aktuelle Entwicklung bei der Publizistik exemplarisch für den Bedeutungsverlust der Kirchen? Die Kirchen heute sind mehr Gegenstand der Skandal-Berichterstattung, als dass es ihnen gelingt, eigene Themen zu setzen.

Hier ein kurzer SWR2-Beitrag zum Sterben der kirchlichen Publizistik in den Printmedien:

[podcast]http://mp3-download.swr.de/swr2/kontext/2010/11/25/swr2-kontext-20101125-1905.6444m.mp3[/podcast]

Es gibt keine Schwarzen Löcher

Es gibt keine Schwarzen Löcher – mit dieser Behauptung stellt der Frankfurter Physiker Walter Greiner Einsteins Relativitätstheorie auf den Kopf. Am Donnerstagabend hat der Physik bei seiner Geburtstagsfeier im »Frankfurt Institut for Advanced Studies« (FIAS) diese die moderne Physik umstürzende Behauptung in die Welt zu setzen gewagt.

Hans Riebsamen schreibt für die FAZ:

In einer neuen, über Einstein hinausgehenden Formulierung der Relativitätstheorie, die Greiner seit einiger Zeit mit dem in Mexiko lehrenden Physik-Ordinarius Peter Hess ausarbeitet, sind die Schwarzen Löcher verschwunden. Darüber dürfen sich nicht zuletzt der frühere Universitätspräsident Rudolf Steinberg und der Mäzen Carlo Giersch freuen, die bei Greiners Vortrag »Von Einstein zu Zweistein« in der ersten Reihe saßen.

Die beiden Herren, so behauptete der Physikprofessor nämlich listig, kämen gewiss in den Himmel. Aber sollten sie auf dem Weg dorthin in ein Schwarzes Loch fallen, könne ihnen selbst der liebe Gott nicht mehr helfen. Denn in einem Schwarzen Loch hätte ein Gott, der sich an seine eigenen Gesetze halte, alle Macht verloren. »Solchen Unsinn hat der Herrgott bestimmt nicht gemacht«, sagt Greiner, der angesichts der Wohlgeformtheit unserer Welt fest an einen Schöpfergott glaubt.

Weiter hier: www.faz.net.

Glauben und Denken heute – Ausgabe 2/2010

Gudh2010-2_Cover.jpgDie Ausgabe 2/2010 von Glaube und Denken heute ist soeben erschienen und enthält folgende Beiträge:

  • Daniel Facius (Editorial): Glauben und denken damals: Philipp Melanchthon
  • Daniel Facius: Das Herz des Evangeliums: »… damit nicht das Kreuz Christi zunichte werde«
  • Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher: Gewalt gegen Abtreibungskliniken
  • Bodo u. Rita Heller: Ein Jahr Studienzentrum Bielefeld
  • Johannes Otto: Martin Luther als Ausleger der Heiligen Schrift (M.J. Kürschner)
  • Ron Kubsch: Rezension: Der verschwenderische Gott (T. Keller)
  • Ron Kubsch: Rezension: Warum Gott (T. Keller)
  • Johannes Otto: Rezension: Accordance 9

Ich empfehle besonders den Artikel von Daniel Facius zum Stellvertretenden Sühneopfer von Jesus Christus. In der Einleitung des Aufsatzes heißt es:

Das »Wort vom Kreuz«, schon von Paulus als »Torheit« beschrieben, hat sich nie großer Popularität erfreut. In der Tat zeigen bereits die Berichte der Evangelien selbst, dass dieses Wort, das von Paulus nicht zufällig als Umschreibung für das von ihm verkündete Evangelium verwendet wird, nicht nur einfach abgelehnt wird, nicht einfach nur Desinteresse hervorruft, sondern solche Reaktionen provoziert, wie es üblicherweise eben Torheiten tun, nämlich Spott und Geringschätzung. Die Philosophen in Athen bezeichnen Paulus als Schwätzer und spotten (Apg 17,18.32), und der römische Statthalter Festus hält ihn schlicht für verrückt (Apg 26,24). Kein Wunder: weder die jüdischen noch die römischen5 Zeitgenossen konnten mit einem Kreuz etwas Positives verbinden. Die Rezeption des Kreuzeswortes als »Torheit« entsprach damit bereits dem unmittelbaren Erleben des Paulus selbst und weist nicht in die ferne Zukunft aufgeklärterer Mitmenschen.

Heute sind es vor allem bestimmte Aspekte des Kreuzestodes, die hinterfragt oder offen abgelehnt werden. Dies wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn es sich bei den Protagonisten nicht um christliche Theologen und Pfarrer handeln wür de, Personen, deren Ansichten und Lehren als christlich gelten und prägend für weitere Generationen von Studierenden und Gemeindegliedern sein werden.

Die hier zu behandelnde Kritik richtet sich dabei weniger gegen das Kreuz an sich, als vielmehr gegen das Verständnis des Todes Jesu als stellvertretenden Sühnetod6, in dem Gott sich in der Person seines Sohnes Jesus für die gefallene Menschheit hingibt, um Tod und Fluch als die Strafe für die Sünden der Menschheit zu tragen und durch dieses Opfer Versöhnung zwischen Gott und Mensch zu schaffen. Dieses Verständnis des Kreuzestodes Jesu ist bereits sehr frühzeitig beschrieben und von Christen zu allen Zeiten als biblisch akzeptiert und verteidigt worden.

Die Ausgabe 2/2010 Nr. 6 kann gratis hier herunter geladen werden: gudh-006.pdf.

Schneider: Kern des Evangeliums

Präses Nikolaus Schneider hat sich in einem Chat kritischen Fragen gestellt und dabei mitgeteilt, was für ihn Kern des Evangeliums ist. Chatten läuft sehr hektisch ab und niemand sollte erwarten, dass bei so einem Interview theologisch reife Erklärungen abgegeben werden. Aber was Präses Schneider hier über das Evangelium gesagt hat, eignet sich als Beleg dafür, dass das Evangelium unserer Tage gründlich vom therapeutischen Moralismus zur Stärkung des Selbstwertgefühls imprägniert ist. Ein Evangelium ohne Sünder, ohne Gericht, ohne Christus, ohne Kreuz. Was würde wohl Martin Luther dazu sagen?

Hier der Auszug aus dem Interview-Protokoll:

atemhaus: Sehr geehrter Präses Schneider, wir leben in einer Zeit kurzer prägnanter Botschaften. Wie würden Sie den Kern des Evangeliums kurz umschreiben?

PraesesSchneider: Kurz und knapp: Du bist ein von Gott geliebter Mensch, musst Dir Deine Würde nicht erarbeiten und kannst sie auch nicht verlieren. Das gilt auch für das Himmelreich! Gott ist in allenHöhen und Tiefen des Lebens an Deiner Seite.

kpuschmann: Das ist ja mal eine Prima Aussage präses Schneider. Wenn Sie nicht dagegen haben nehme ich selbige für die Nächste Sitzung im beschäftigungsfonds als Alternative zur Tageslosung

atemhaus: @Präses Schneider: Danke für diese wunderbare Formulierung. Ich glaube es lohnt sich, Menschen dazu zu ermutigen, das in und an ihrer eigenen Lebensgeschichte durchzubuchstabieren – und das natürlich auch selber zu tun.

Unterstützt Apple Evangelikale?

Die iPhone-App »Manhattan Declaration« sorgt momentan für hitzige Diskussionen im Internet. »Unterstützt Apple indirekt die Propaganda fundamentalistischer Christen?« fragt ein Journal für Computerspiele:

Durchs Apple’sche Raster gefallen sind bislang beispielsweise Anwendungen wie das, für europäische Verhältnisse, eher harmlose iBoobs und sogar ein Wörterbuch, in dem naturgemäß auch das ein oder andere unsaubere Wort vorkam (Ninjawords).

Kein Problem scheint Apple erstaunlicherweise aber mit der Propaganda fundamentalistischer Christen zu haben. So wurde die offensichtlich Homosexuellen-feindliche App Manhattan Declaration von DNS Media anstandslos durchgewunken und erhielt die niedrigste Alterseinstufung 4+. Das christliche Calvary Satellite Network sucht auf diesem Wege Unterzeichner für die sogenannte Manhatten-Erklärung.

Was soll man dazu sagen?

Vielleicht lassen sich einige Gemüter mit dem Hinweis beruhigen, dass Apple auch Software aus der Gay Kultur durchwinkt und vor nicht allzu langer Zeit 100.000 Dollar für eine Kampagne gegen das Verbot der Homo-Ehe gespendet hat.

Kam der Apostel Matthäus bis nach Kirgistan?

Der See Issyk-Kul war ein frühes Zentrum des Christentums. An seinen Ufern vermuten Archäologen das Grab des Jüngers Matthäus. DIE WELT schreibt:

Insgesamt vermutet der Forscher, der seit 1985 in der Region des Issyk-Kul arbeitet, zwölf städtische Siedlungen rund um den See. Auf eine starke christliche Präsenz lasse sich aus elf Fundstellen sowie einem erhaltenen Katakombensystem schließen, so Ploskych. An zwei Stellen fänden sich konkrete Hinweise auf ein armenisches Kloster. Erste Hinweise auf das Kloster gebe es in einer mallorcinischen Karte des Forschers Kreskes aus dem Jahr 1375, auf der von einem See „Ysicol“ als Ruhestätte der Reliquien des heiligen Matthäus die Rede sei.

Eine erste Suchexpedition im 19. Jahrhundert endete erfolglos. Während der sowjetischen Herrschaft waren keine weiteren Grabungen in dem damaligen militärischen Sperrgebiet möglich. Ploskych wird am Issyk-Kul personell insbesondere durch Studenten aus Deutschland unterstützt. Bei einer internationalen Konferenz 2006 konnte er erste Ergebnisse präsentieren, darunter zahlreiche Funde von Bronzegegenständen und mit christlichen Symbolen gekennzeichnete Keramiken.

Schade, dass der Autor apodiktisch voraussetzt, der Apostel sei jemand anderes als der Evangelist Matthäus.

Hier: www.welt.de.

Pakistanische Christin Asia Bibi frei

Die wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilte pakistanische Christin Asia Bibi ist aus dem Gefängnis entlassen worden und befindet sich bei ihrer Familie (siehe hier). Die Nachrichtenagentur idea schreibt:

Diese hält sich aus Angst vor Anschlägen muslimischer Extremisten versteckt. Ob Pakistans Staatspräsident Asif Ali Zardari ein Gnadengesuch der zum Tod durch den Strang Verurteilten angenommen hat, ist weiter unklar. Das teilte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt am Main der Evangelischen Nachrichtenagentur idea am 25. November mit. Die IGFM stützt sich auf Informationen eines katholischen Priesters, der in Kontakt mit der Familie Bibi steht. Der Fall der Christin hat international starkes Aufsehen erregt; unter anderem hat sich Papst Benedikt XVI. für ihre Freilassung eingesetzt.

Horton: Die Allgenugsamkeit der Schrift

Michael Horton hat für die aktuelle Ausgabe von Mordern Reformation einen Artikel über die Allgenugsamkeit der Heiligen Schrift geschrieben. Der Beitrag ist derzeit auf der Internetseite der Zeitschrift einsehbar. Horton schreibt:

However, a genuinely evangelical approach maintains that Scripture is sufficient, not just because it alone is divinely inspired (though that is true) but because these sixty-six books that form our Christian canon provide everything God has deemed sufficient for revealing his law and his gospel. Speculation will not help us find God, but will only lead us to some idol we have created in our own image. We may feel more secure in our autonomy (self-rule) when we pretend that our own inner voice of reason, spirituality, or experience is the voice of the Spirit. We may be excited about a new program for transforming our nation, our families, and our own lives, but there is no power of God unto salvation in our own agendas and efforts. We can find all sorts of practical advice for our daily lives outside of the Bible. The evangelical view of sola scriptura does not mean that we do not need anything but the Bible for math, science, the arts, politics, or even daily principles for a host of decisions we make in our callings. What an evangelical (i.e., Reformational as opposed to fundamentalist) view does mean by sola scriptura is that everything we need for salvation and true worship is found in the Scriptures. The church has authority only to pass on what it has heard; it is the servant, not the Lord, of the covenant of grace.

The sufficiency of Scripture recognizes that we have everything we need for salvation and life in the canonical Word. „Salvation is of the LORD“ (Jon. 2:9). It does not come from within us but to us from heaven, as the rescue operation of the triune God. And the form in which this gospel comes normatively to us here and now is Scripture. Even preaching is the Word of God only insofar as it proclaims the commands and promises issued by these sacred texts. The Bible is not the product of spiritual geniuses, sensitive gurus, and religious sages who can help us find God; it is the revelation from the God who seeks and saves the lost even while they are running from him.

Hier mehr: www.modernreformation.org.

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